Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB II § 11; SGB II § 11 Abs 1 Satz 3; SGB II § 11 Abs 2 Nr 3; EStG § 31; EStG § 32; EStG § 62; GG Art 6 Abs 1; GG Art 3 Abs 1; Alg II-V § 3 Nr 1
Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen, L 8 AS 191/05 vom SG Oldenburg, S 46 AS 133/05 vom
Gründe
I
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis .
Die 1971 geborene Klägerin zu 1 lebt zusammen mit ihrem 1995 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einem Haushalt. Für den Kläger zu 2 erhält die Klägerin zu 1 monatlich 154 € Kindergeld; andere Einnahmen hat sie nicht. Die vom Vater des Klägers zu 2 für den streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Unterhaltszahlungen von insgesamt 700 € hat die Klägerin zu 1 an die Beklagte weitergeleitet.
Mit Bescheid vom bewilligte die Beklagte den Klägern zunächst Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 787,20 € monatlich. Auf Widerspruch erhöhte die Beklagte durch Änderungsbescheid vom den monatlichen Leistungsbetrag für die Zeit vom 1. Januar bis auf 828,20 €. Dieser Betrag errechnete sich aus den Regelleistungen von 345,00 € bzw 207,00 €, aus 41,00 € als Mehrbedarf für Alleinerziehung und aus den angegebenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 € abzüglich 154,00 € Kindergeld. Soweit die Kläger auch geltend machten, es sei ein Pauschbetrag für Versicherungen von 30,00 € vom Kindergeld abzuziehen, blieb der Widerspruch erfolglos (Widerspruchsbescheid vom ).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Gerichtsbescheid vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Die Beklagte habe die den Klägern zustehenden Leistungen von 828,20 € monatlich zutreffend errechnet. Entgegen der Auffassung der Kläger seien vom Kindergeld keine Beträge abzusetzen. Kindergeld sei gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II einem minderjährigen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt werde. Dies sei beim Kläger zu 2 unabhängig von den Unterhaltsleistungen von 700,00 € für fünf Monate (= 140,00 € monatlich) der Fall, da zur Sicherung des Lebensunterhalts von 401,60 € (Regelleistung 207,00 € zuzüglich hälftige Unterkunftskosten von 194,60 €) sowohl der Unterhalt als auch das Kindergeld notwendig sei. Da die Kläger nicht geltend gemacht hätten, Beiträge für Versicherungen aufbringen zu müssen, sei eine Reduzierung des Einkommens des Klägers zu 2 weder nach § 11 Abs 2 SGB II möglich noch könne der Pauschbetrag von 30,00 € nach § 3 Nr 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-V) in Ansatz gebracht werden. Die Bestimmung in § 3 Nr 1 Alg II-V sei ermächtigungskonform. Die Verordnung halte sich auch insoweit im Rahmen der Ermächtigungsnorm, als der Pauschbetrag bei Personen ohne Einkommen nicht abgesetzt werden könne. Nicht zu beanstanden sei auch der Ausschluss einer Absetzung des Pauschbetrages bei minderjährigen Hilfebedürftigen wie dem Kläger zu 2; die vorgenommene Differenzierung sei sachgerecht.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger jeweils Verletzungen des § 11 SGB II, der §§ 31, 32 und 62 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie ua der Art 6 Abs 1 und 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Die Regelungen in § 11 Abs 1 Satz 3 und Abs 2 Nr 3 SGB II sowie in § 3 Nr 1 der Alg II-V mit der Konsequenz, dass bei Zahlung von Kindergeld volljährige Hilfebedürftige wie die Klägerin zu 1 nicht über Einkommen, minderjährige Hilfebedürftige wie der Kläger zu 2 dagegen über Einkommen verfügten, letzteren jedoch kein pauschaler Abzug für Versicherungen gewährt werde, begegneten durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ausgangspunkt dieser Bedenken sei die mit § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II vorgenommene Abkehr von der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in ständiger Rechtsprechung bestätigten Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindergeldberechtigten. Dies stelle einen Eingriff in das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG dar. Denn § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II führe bei entsprechender Bedürftigkeit des Kindes von vornherein zu einer Zweckbindung des Kindergeldes, die es dem Kindergeldberechtigten unmöglich mache, das Kindergeld für den Lebensunterhalt der Familie bzw für die Teilnahme am kulturellen Leben zu verwenden. § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II fördere entgegen dem Willen des Gesetzgebers indirekt die Kinderarmut. Die Regelung stelle sich auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum steuerfreien Existenzminimum als nicht verhältnismäßig dar; denn dem Kindergeldberechtigten werde die Möglichkeit genommen, das Kindergeld in einer von ihm als sinnvoll empfundenen Weise zu verwenden. § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II verstoße auch gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Regelung stehe in unlösbarem Widerspruch zu den Vorschriften der §§ 31, 32, 62 ff EStG, die den Anspruch auf das Kindergeld dem Kindergeldberechtigten und Steuerpflichtigen zuwiesen. Kindergeldberechtigte, die zur Sicherstellung ihres und ihrer Kinder Lebensunterhalt in der Lage seien, würden durch die Regelung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II gegenüber den Kindergeldberechtigten, die den Lebensunterhalt des Kindes nicht mit eigenen finanziellen Mitteln sicherstellen könnten, besser gestellt. Die Regelung sei auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich beim Kindergeld um eine Sozialleistung in Form einer Steuervergünstigung handle, und auch unter Berücksichtigung des § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) unverhältnismäßig. Außerdem sei § 3 Nr 1 Alg II-V von der Verordnungsermächtigung des § 13 SGB II nicht gedeckt. Auch könne eine verfassungskonforme Auslegung des § 3 Nr 1 Alg II-V nur dahingehend vorgenommen werden, dass entgegen dem Wortlaut der Vorschrift der Kreis der Begünstigten auch auf diejenigen minderjährigen Hilfebedürftigen erweitert werde, die in Bedarfsgemeinschaft mit volljährigen Hilfebedürftigen lebten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundessozialgericht (BSG) hat sich die Beklagte durch Teilanerkenntnis bereit erklärt, an die Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis statt bisher zuerkannter 828,00 € einen monatlichen Gesamtbetrag von 829,00 € zu zahlen. Die Kläger haben das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom und das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom bzw in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom bis Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Pauschale für Versicherungen von monatlich 30,00 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Den Klägern stehen, wie das LSG zu Recht entschieden hat, keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines monatlichen Pauschbetrages von 30,00 € für Versicherungen zu.
1. Zu entscheiden ist über Ansprüche der Klägerin zu 1 und des minderjährigen Klägers zu 2, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden (§ 7 Abs 3 Nr 1 und 4 SGB II; zum Anspruch des einzelnen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft vgl BSGE 97, 217, 219 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12). Zu prüfen sind die geltend gemachten Ansprüche auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt dem Grunde und der Höhe nach (vgl BSGE 97, 242, 243 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 9). Nach dem Inhalt der angefochtenen Bescheide und den gestellten Anträgen geht es jedoch ausschließlich um den Zeitraum 1. Januar bis und ist folglich die Überprüfung auf diesen Zeitraum begrenzt.
2. Dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des LSG einschließlich der im Tatbestand des Urteils in Bezug genommenen Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum die Klägerin zu 1 die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld II (Alg II) und der Kläger zu 2 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialgeld erfüllen (§§ 7 ff, 19, 28 SGB II).
Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich ferner ein monatlicher Gesamtbedarf der Kläger von 982,60 € (Regelleistung 345,00 € für die Klägerin zu 1 gemäß § 20 Abs 2 SGB II in der im Jahre 2005 geltenden Fassung, Regelleistung 207,00 € für den Kläger zu 2 gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II, Mehrbedarf für die Klägerin zu 1 nach § 21 Abs 3 Nr 2 SGB II in Höhe von 12 % aus 345,00 € = 41,40 €, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 €). Weiter ergibt sich aus den Feststellungen des LSG unter Einbeziehung der in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten, dass für die von den Klägern bewohnte Wohnung tatsächliche Aufwendungen von 339,20 € für Miete, von 30,00 € für Heizung und von 20,00 € für sonstige Nebenkosten angefallen sind. Unter Berücksichtigung des als Einkommen allein zur Verfügung stehenden Kindergeldes von 154,00 € sowie unter Beachtung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II, die sich auf die Individualansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bezieht ( B 11b AS 23/06 R, RdNr 25), haben somit die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 monatliche Ansprüche in einer Gesamthöhe von 829,00 € (581,00 € für die Klägerin zu 1. und 402,00 € für den Kläger zu 2, insgesamt 983,00 €, abzüglich 154,00 €). Dem hat die Beklagte durch ihre Bescheide und das ergänzende, von den Klägern angenommene Teilanerkenntnis Rechnung getragen.
3. Höhere Ansprüche stehen den Klägern nicht zu. Weder die Klägerin zu 1 noch der Kläger zu 2 haben Anspruch auf Berücksichtigung eines Pauschbetrages von monatlich 30,00 € für Versicherungen gemäß § 3 Nr 1 Alg II-V. Für die Klägerin zu 1 kommt eine Absetzung des Pauschbetrages nicht in Betracht, da das Kindergeld von 154,00 € dem Kläger zu 2 als Einkommen zuzuordnen ist, sie selbst also über kein Einkommen verfügt. Beim Kläger zu 2 ist die Berücksichtigung einer Pauschale nicht möglich, weil dies nach § 3 Nr 1 Alg II-V für minderjährige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft mit volljährigen Hilfebedürftigen nicht vorgesehen ist.
a) Dass das Kindergeld im Rahmen der Vorschriften des SGB II zur Einkommensberücksichtigung als Einkommen des Klägers zu 2 und nicht als Einkommen der Klägerin zu 1 anzusehen ist, folgt aus § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II in der auf den streitgegenständlichen Zeitraum anzuwendenden Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom , BGBl I 2014. Danach ist das Kindergeld für minderjährige Kinder dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es zur Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird. Da zur Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers zu 2 nach den Feststellungen des LSG monatlich 401,60 € anfallen (Regelleistung 207,00 €, hälftige Unterkunftskosten 194,60 €), wird auch das Kindergeld von 154,00 € in vollem Umfang benötigt. Dies gilt auch dann, wenn man annehmen wollte, der Unterhalt des Klägers zu 2 sei durch die vom Vater erbrachten - später an die Beklagte weitergeleiteten - Unterhaltsleistungen von 140,00 € monatlich bereits teilweise gedeckt.
Entgegen dem Revisionsvorbringen führt die Anwendung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II in der vorbezeichneten Fassung nicht zu einer Verletzung von Vorschriften des EStG. Durch die Regelungen des SGB II zur Einkommensberücksichtigung ändert sich grundsätzlich nichts an der insbesondere in § 62 EStG für das Kindergeld geregelten Anspruchsberechtigung (vgl Brühl in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 11 RdNr 19). Für die Frage der Zurechnung von Einnahmen im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit sind jedoch die besonderen Vorschriften des SGB II sowie der Alg II-V einschlägig und maßgebend. Die Regelung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II ist auch sachgerecht, da die Unterhaltssicherung für minderjährige Kinder zunächst im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft erfolgt (vgl B 14/11b AS 7/07 R, RdNr 21 und vom , B 14/7b AS 54/06 R, RdNr 12), die Zuordnung des Kindergeldes zum Kind jedoch im Zusammenhang mit der Regelung zum Kinderzuschlag (§ 11 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes vom , aaO) dazu führen kann, eine Abhängigkeit des Kindes von Alg II bzw Sozialgeld zu beseitigen (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 121, 122; Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl, § 11 RdNr 98; Hänlein in Gagel, § 11 SGB II RdNr 31).
b) Da das monatliche Kindergeld Einkommen des Klägers zu 2 iS des SGB II ist, verfügt die Klägerin zu 1 insoweit über keinerlei Einkommen. Für die Klägerin zu 1, die auch keine sonstigen Einnahmen hat, scheidet deshalb eine Berücksichtigung des Pauschbetrages gemäß § 3 Nr 1 Alg II-V in der hier anzuwendenden Fassung vom (BGBl I 2622) aus. Denn der Pauschbetrag stellt keine zusätzliche, den Bedarf erhöhende Leistung dar, sondern soll nur dann in Abzug gebracht werden, wenn tatsächlich Einkommen erzielt wird ( - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 28; Urteil vom , SozR 4-4200 § 11 Nr 2, RdNr 30). § 3 Nr 1 Alg II-V kann auch nicht etwa dahingehend ausgelegt werden, das Kindergeld sei entgegen der Zuordnung durch § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II allein für die Möglichkeit der Absetzung als Einkommen der Mutter zu behandeln (so offenbar Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl, § 11 RdNr 34); einem solchen Verständnis steht der eindeutige Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II entgegen.
Ein Abzug von 30,00 € vom Einkommen des minderjährigen Klägers zu 2 ist ebenfalls nicht möglich, da in § 3 Nr 1 Alg II-V Pauschbeträge nur vorgesehen sind für volljährige Hilfebedürftige oder für minderjährige Hilfebedürftige, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II leben. Eine von der Revision für möglich gehaltene "verfassungskonforme Auslegung" des § 3 Nr 1 Alg II-V im Sinne einer Einbeziehung auch von mit volljährigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Minderjährigen kommt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 3 Nr 1 Alg II-V ist auch entgegen der Auffassung der Revision von der Verordnungsermächtigung in § 13 Satz 1 Nr 3 SGB II gedeckt.
4. Entgegen dem Vorbringen der Revision bestehen gegen die Regelungen in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II und § 3 Nr 1 Alg II-V sowie ihre Anwendung im vorliegenden Fall auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der von der Revision vor allem gerügte Verstoß gegen Art 6 Abs 1 GG liegt nicht vor. Art 6 Abs 1 GG verlangt zwar die Förderung der Familie auch in wirtschaftlicher Hinsicht und grundsätzlich auch den Ausgleich familienbedingter Lasten (vgl BVerfGE 75, 382, 392; 103, 242, 259); der Gesetzgeber ist jedoch nicht verpflichtet, jede diesbezügliche Belastung auszugleichen, und er hat folglich bei der Ausgestaltung von Rechtsvorschriften - zumal im Bereich der Leistungsgewährung - einen weiten Spielraum (BVerfGE 103, 242, 260; , RdNr 21 mwN = BVerfGK 4, 267, 271). Dass dieser Spielraum durch die Zuordnung des Kindergeldes zum minderjährigen Kind gemäß § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II und den sich in der Folge daraus ergebenden Ausschluss der Berücksichtigung eines Pauschbetrages von 30,00 € gemäß § 3 Nr 1 Alg II-V überschritten sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt um so mehr, als für die Regelung in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II - wie ausgeführt - hinreichende sachliche Gründe im Sinne der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit der Kinder bestehen.
Entgegen dem Vorbringen der Revision ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die beanstandeten Regelungen des SGB II bzw der Alg II-V nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG zum steuerfreien Existenzminimum (vgl zuletzt Beschluss vom , 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604) zu vereinbaren sein könnten. Denn unter den Umständen des vorliegenden Falles stellt sich nicht die Frage, inwieweit Aufwendungen für Versicherungsbeiträge Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein können (dazu aaO); für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 sind im streitgegenständlichen Zeitraum vielmehr keinerlei Aufwendungen für Versicherungsbeiträge angefallen. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob eine andere Beurteilung dann geboten wäre, wenn die Beklagte den Klägern den Abzug der Pauschale des § 3 Nr 1 Alg II-V trotz nachgewiesener Aufwendungen für eine Versicherung verweigert hätte.
Wegen hinreichender Sachgründe ist auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG im Ergebnis zu verneinen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf den in § 3 Nr 1 Alg II-V geregelten Ausschluss minderjähriger Kinder von der Geltendmachung eines Pauschbetrages, soweit diese mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit mindestens einem Elternteil zusammenlebende Kinder in der Regel nicht über eigene Versicherungen verfügen, sondern allenfalls am Versicherungsschutz von Versicherungen teilhaben, die von den Eltern abgeschlossen sind (vgl - B 7b AS 18/08 R - aaO RdNr 27). Die Regelung des § 3 Nr 1 Alg II-V bewegt sich insofern im Rahmen der vom BVerfG zur Ordnung von Massenerscheinungen stets für zulässig gehaltenen typisierenden und pauschalierenden Regelungen (vgl BVerfGE 87, 234, 255).
Eine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, dass ein über keinerlei Einkommen verfügender Elternteil, wie im vorliegenden Fall die Klägerin zu 1, im Gegensatz zu einem Hilfebedürftigen mit relativ geringem Einkommen nicht auf den Pauschbetrag zurückgreifen kann. Denn es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetz- bzw Verordnungsgeber an unterschiedliche Sachver-halte unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft (vgl BVerfGE 84, 133, 157; 87, 1, 36; 95, 143, 154; B 7b AS 18/06 R, aaO, RdNr 28; LSG NiedersachsenBremen, Urteil vom , L 8 AS 191/05). Bei über keinerlei Einkommen verfügenden Eltern bzw einem Elternteil konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie auch über keine finanziellen Mittel verfügen, um die Beiträge für Versicherungen zu bezahlen. Dagegen ist es sachgerecht, im Fall, dass Hilfebedürftige über Einkommen verfügen, dieses nicht in vollem Umfang zu berücksichtigen, sondern hiervon die in § 3 Nr 1 Alg II-V genannte Pauschale abzusetzen. Diese rechtliche Unterscheidung entspricht auch dem bereits erwähnten Sinn und Zweck des Pauschbetrages, der gerade keine zusätzliche bedarfserhöhende Leistung darstellen soll ( B 7b AS 18/06 R, aaO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstelle(n):
FAAAC-91270