„Vollständige” Unterschrift oder Paraphe bei einer Klageschrift
Verspätungszuschlag bei zusammenveranlagten Ehegatten
Gespaltene Bekanntgabevollmacht bei zusammenveranlagten Ehegatten
Leitsatz
1. Dem Schriftformerfordernis des Klageschriftsatzes wird genügt, wenn sich aus dem Namenszug der handschriftlichen Unterschrift
in Zusammenschau mit der maschinenschriftlichen Wiederholung des Namens unter der Unterschrift mindestens einzelne Buchstaben
erkennen lassen und es sich eindeutig um die Wiedergabe eines Namens und nicht nur eines Namenszeichens handelt.
2. Auch eine hohe Anzahl von Fehlleistungen des Finanzamts würde es nicht rechtfertigen, bei wiederholter und erheblicher
Vernachlässigung öffentlich-rechtlicher Erklärungspflichten von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen.
3. Der steuerliche Mandatsträger hat den tatsächlich gegebenen Verhältnissen Rechnung zu tragen, indem er seine Tätigkeit
auch unter Berücksichtigung steigender Lasten durch kompliziertere Steuergesetzgebung und die dadurch verursachten umfangreicheren
Mitwirkungspflichten gegenüber der Verwaltung insgesamt so einrichtet, dass er den jährlich sich wiederholenden Abgabepflichten
aus den übernommenen Mandaten turnus- und fristgerecht nachkommen kann.
4. Die Unschuldsvermutung gilt nur bei der Verhängung von Strafen, nicht jedoch bei der Festsetzung steuerlicher Nebenleistungen.
5. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags bei zusammenveranlagten Ehegatten setzt nicht voraus, dass beide Ehegatten Einkünfte
erzielen.
6. Ermessenvorschriften verstoßen nicht per se gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG).
7. Auch bei einer sog. „gespaltenen Bekanntgabevollmacht”, bei der nur einer der zusammenveranlagten Ehegatten dem gemeinsamen
Bevollmächtigten eine Bekanntgabevollmacht erteilt, reicht es aus, wenn der zusammengefasste Steuerbescheid in einer Ausfertigung
an den Bevollmächtigten bekannt geben wird, da § 122 Abs. 1 S. 3 AO nicht die Erteilung einer ausdrücklichen Bekanntgabevollmacht
erfordert.
8. Legt der Steuerpflichtige gegen einen Bescheid Einspruch ein, ohne die Bekanntgabe des Bescheids an den Verfahrensbevollmächtigten
zu rügen, gibt er schlüssig zu erkennen, dass er auch die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an den Bevollmächtigten duldet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStRE 2009 S. 1077 Nr. 17 EFG 2008 S. 1674 Nr. 11 XAAAC-91170
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