Bewertung und Erbschaft-/Schenkungsteuer; Bewertung von Sachvermögen in anderen EU-Mitgliedstaaten oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums und Berechnung der Erbschaftsteuer
Der dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob es mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist, dass bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer ausländisches Sachvermögen mit höheren Werten angesetzt wird als inländisches Sachvermögen. Diese Frage war in einem Verfahren von Bedeutung, in dem der Kläger neben Inlandsvermögen auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen in Frankreich geerbt hat.
Die Belastungsunterschiede ergäben sich aus § 31 BewG und § 13a ErbStG. So sehe § 31 Abs. 1 Satz 1 BewG für die Bewertung ausländischen Betriebsvermögens, Grundvermögens und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens als Wertansatz den gemeinen Wert (Verkehrswert) vor, während entsprechendes inländisches Vermögen mit erheblich günstigeren Werten bemessen werde. Darüber hinaus sehe § 13a ErbStG den besonderen Freibetrag sowie den Bewertungsabschlag nur für Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen vor, sofern sich dieses Vermögen im Inland befindet.
Mit diese Rechtsfrage entschieden. Das Gericht sieht in der Bewertung von in anderen EU-Mitgliedstaaten belegenem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen mit dem gemeinen Wert nach § 31 BewG gegenüber der Bewertung von inländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach §§ 140 ff BewG eine nach Art. 73b Abs. 1 des EG-Vertrages verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Auch die Begrenzung des Anwendungsbereiches des § 13a ErbStG auf inländisches Vermögen steht nach Ansicht des Gerichts im Widerspruch zu Art. 73b Abs. 1 des EG-Vertrages.
Das Urteil ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. Gegenstand der Entscheidung war zwar nur das land- und forstwirtschaftliche Vermögen. Die Grundsätze des Urteils sind jedoch auch auf in anderen Mitgliedstaaten belegenes Betriebsvermögen und Grundvermögen sowie auf Anteile an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten anzuwenden.
Solches Auslandsvermögen ist nicht mehr mit dem gemeinen Wert anzusetzen, sondern mit dem vergleichbaren Wert, der sich nach den Bewertungsvorschriften für Inlandsvermögen ergäbe. Die Steuerbegünstigungen der §§ 13a und 19a ErbStG sind ggf. entsprechend zu gewähren. Bei fehlenden Daten ist der Steuerwert im Wege einer sachgerechten Schätzung unter Berücksichtigung der Vermögensart und der individuellen Verhältnisse des Einzelfalls zu ermitteln.
Dieser Erlass wird in das AIS eingestellt.
Ohse-Griem
FinBehörde Hamburg v. - 53 - S 3831 - 002/06
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HAAAC-90160