BFH Beschluss v. - I B 27/08

Fehlen der erforderlichen Begründung als Verfahrensmangel

Gesetze: FGO § 119 Nr. 6, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Streitig ist der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA).

Vor dem Eintritt einer Rechtsnachfolge betrieb die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in den Streitjahren 2001 bis 2004 als GmbH (Unternehmensbereich: Steuerungstechnik und Elektroinstallationen) am Betriebssitz eine Fischteichanlage. Eine Außenprüfung für die Vorjahre hatte insoweit einen betrieblichen Sachzusammenhang (Vertrieb von Teichsteuerungsanlagen als weiterer Geschäftszweig) anerkannt (im Anlageverzeichnis ist insoweit zum ein Betrag von umgerechnet ca. . € erfasst). In den Streitjahren fielen weitere Aufwendungen für die Teichanlage an (u.a. Erwerb von Koi-Karpfen sowie Pflanzen); darüber hinaus schloss die Klägerin einen Mietvertrag über Räumlichkeiten (Büroräume, Garagen) einschließlich einer weiteren Teichanlage (deren Filteranlage und Teichsteuerungsanlage von der GmbH bezahlt worden war) auf einem Grundstück der Ehefrau des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH, wobei der GmbH für die Privatnutzung der Teichanlage wiederum ein Nutzungsentgelt von . € p.M. zufloss. Der Geschäftsbereich Teichsteuerungsanlagen, für den auf den betrieblichen Internetseiten der Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht (FG) nicht geworben wurde, wirtschaftete in den Streitjahren mit einem Gesamtbetrag von ca. . € defizitär. Der Gesellschafter-Geschäftsführer war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim FG Verantwortlicher eines Vereins „Koi . e.V.”.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die in den Streitjahren getätigten Aufwendungen für Fisch- und Pflanzenkäufe sowie für die Anmietung weiterer Räumlichkeiten als vGA. Die Klage war teilweise erfolgreich (Anerkennung einer fortgeführten Abschreibung des zum vorhandenen Fisch- und Anlagenbestandes; Anerkennung der laufenden Heizungs- und Stromkosten und sonstiger Kosten - ).

Die Klägerin macht Revisionszulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend und beantragt, die Revision gegen das angefochtene Urteil zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO nicht gemäß den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der gerügte Begründungsmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.

1. Die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert u.a., dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärbar ist. Dazu gehören insbesondere Ausführungen, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (s. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom X B 162/06, BFH/NV 2007, 1501, und vom X B 147/06, BFH/NV 2007, 2073).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift der Klägerin nicht gerecht; die Klägerin trägt lediglich vor, dass die Beschwerde, „soweit der Kernbereich des entschiedenen Sachverhalts betroffen” sei, „im Übrigen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt” werde.

2. Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erfasst die Fälle der sog. Divergenzrevision im Sinne der dazu von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798; vom XI B 136/01, BFH/NV 2002, 1479). Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz gestützt, erfordert die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendige Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen, dass die Entscheidung des anderen Gerichts, von der nach der Behauptung des Beschwerdeführers das Urteil des FG abweicht, genau bezeichnet und dass kenntlich gemacht wird, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegen soll. Dem ist nur genügt, wenn abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und abstrakte Rechtssätze der Divergenzentscheidung(en) so genau bezeichnet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (z.B. Senatsbeschluss vom I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, 480; , BFH/NV 1988, 239).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift der Klägerin ebenfalls nicht gerecht; sie trägt lediglich vor, dass Aufwendungen für Gartenanlagen nach der Rechtsprechung des BFH im Wege der Absetzung für Abnutzung zu berücksichtigen seien und dass die in der BFH-Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen zur Anerkennung von Mietverhältnissen zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und seiner GmbH bzw. nahen Angehörigen eines beherrschenden Gesellschafters und der GmbH im Streitfall erfüllt seien. Mit diesem Vortrag könnte allenfalls die Behauptung aufgestellt sein, dass das FG den Sachverhalt rechtlich fehlerhaft gewürdigt hat. Der Umstand eines materiellen Fehlers allein könnte aber für eine Revisionszulassung nicht ausreichen. Dass das Urteil insoweit an einem derart schwerwiegenden Fehler leidet, dass es willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (z.B. , BFH/NV 2004, 166), ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass das FG in dem angefochtenen Urteil von einer eigenen Entscheidung (Urteil vom 6 K 16/05, Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1627) abgewichen sei, liegt schon keine Darlegung eines für eine Divergenz erheblichen Abweichens des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung eines anderen Gerichts vor. Darüber hinaus ist der Gegenstand des angeführten Urteils ein anderer; eine Entscheidung zur Frage der Unangemessenheit von Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes) wird von anderen Rechtsgrundsätzen getragen als eine im Bereich des Ansatzes einer vGA zu treffende Entscheidung zur Frage der betrieblichen (in Abgrenzung zur gesellschaftlichen) Veranlassung der Aufwendungen „dem Grunde nach”.

3. Das FG-Urteil ist hinreichend mit Gründen versehen. Wie sich aus § 105 Abs. 2 Nr. 5 und § 119 Nr. 6 FGO ergibt, muss ein finanzgerichtliches Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht begründet werden. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom V B 48/01, BFH/NV 2002, 369; vom VI B 98/01, BFH/NV 2002, 810). Ein solcher Mangel liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn die vom FG gegebene Begründung lückenhaft ist (Senatsurteil vom I R 74/95, BFHE 181, 410, BStBl II 1997, 132, m.w.N.). Er ist vielmehr nur dann gegeben, wenn es entweder an Urteilsgründen überhaupt fehlt oder das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass es die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (, BFH/NV 2002, 363; BFH-Beschlüsse vom II R 91/97, BFH/NV 1999, 1106; vom VII R 24/01, BFH/NV 2002, 660). Damit ist ein FG-Urteil dann i.S. des § 119 Nr. 6 FGO „mit Gründen versehen”, wenn es den Gedankengang erkennen lässt, auf Grund dessen das FG zu dem von ihm gefundenen Ergebnis gelangt ist (Senatsbeschluss vom I B 172/02, BFH/NV 2004, 491). Das gilt auch dann, wenn die Begründung des Urteils inhaltlich angreifbar ist (Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 491).

Die Voraussetzungen für eine Urteilsbegründung sind im Streitfall erfüllt. Das FG hat die betriebliche Veranlassung der geltend gemachten Aufwendungen als Maßstab für die Entscheidung, ob vGA anzusetzen sind, erkannt und diese Veranlassung teilweise bejaht (Nr. 1 der Entscheidungsgründe) und teilweise abgelehnt (Nr. 2 der Entscheidungsgründe). Dabei hat es sich darauf gestützt, dass es an einer klaren und eindeutigen Trennung der privaten Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers als Koi-Liebhaber und als aktives Mitglied des einschlägigen Vereins einerseits und der GmbH als Wirtschaftsunternehmen andererseits gefehlt habe. Da ein eindeutiger und zweifelsfreier Bezug der strittigen Aufwendungen zur GmbH nicht dargelegt worden sei, sei von einer gesellschaftlichen Veranlassung auszugehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
YAAAC-90111