Leitsatz
[1] Der Abschluss eines Garantievertrages für die Haltbarkeit einer Sache mit einer Laufzeit von 40 Jahren ist mit den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vereinbar. Die Werbung mit einer solchen Garantie ist nicht wettbewerbswidrig, wenn sie sich auf eine Sache bezieht, die bei normaler Benutzung eine entsprechend lange Lebensdauer hat (Abgrenzung zu , GRUR 1994, 830, 831 = WRP 1994, 732 Zielfernrohr).
Gesetze: UWG § 3; UWG § 5 Abs. 1; BGB § 202 Abs. 2
Instanzenzug: LG Frankfurt/Main, 3/8 O 153/03 vom OLG Frankfurt/Main, 6 U 185/04 vom
Tatbestand
Die Klägerin ist eine zum L. -Konzern gehörende Gesellschaft, die unter der Marke "B. " Dachsteine und Dachziegel in Deutschland vertreibt.
Die Beklagte stellt Aluminiumdächer her und vertreibt diese. Sie hat dafür mit einem Prospekt geworben, in dem es unter anderem heißt:
"Extreme Garantie
weil es 40 Jahre Garantie nur auf das Material der Zukunft gibt".
Die Klägerin hat diese und weitere Aussagen des Prospekts als wettbewerbswidrig beanstandet und nach erfolgloser Abmahnung Klage erhoben. Zeitgleich hat eine "K. AB", die - wie dort vorgetragen - ebenfalls zum L. -Konzern gehört, durch dieselben Rechtsanwälte wie die Klägerin des vorliegenden Verfahrens vor demselben Landgericht eine Klage eingereicht, mit der sie gleichlautende Klageanträge verfolgt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten und/oder zu verbreiten, P. gewährt für ihr Aluminium-Dach 40 Jahre Garantie.
Es hat insoweit auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt und der Klägerin einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Verbreitung des Prospekts gewährt, der die Garantieaussage enthält.
Gegen diese Verurteilung wendet sich die Beklagte mit der vom Senat nur insoweit zugelassenen Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage nicht unter dem Aspekt missbräuchlicher Mehrfachverfolgung (§ 8 Abs. 4 UWG) für unzulässig gehalten. Für die Einreichung gleichlautender Klagen durch zwei Gesellschaften desselben Konzerns hätten sachliche Gründe gesprochen. Die Klägerin vertreibe in Deutschland zwar in erheblichem Umfang Dachziegel und Dachsteine, nicht aber Aluminiumdächer. Sie sei damit zwar ein großer, sachlich aber eher entfernter Wettbewerber der Beklagten. Demgegenüber sei die Klägerin im Parallelverfahren als Herstellerin von Metalldächern eine unmittelbare Konkurrentin der Beklagten, die jedoch nach eigener Darstellung bisher nur in geringem Umfang auf dem deutschen Markt vertreten sei. Deshalb sei zu erwarten gewesen, dass sich die Beklagte jeweils mit unterschiedlichen Argumenten gegen die Aktivlegitimation der jeweiligen Klägerinnen verteidigen würde. Hätten diese in einem Verfahren als Streitgenossen geklagt, hätte unter Umständen eine Klägerin trotz bestehender Entscheidungsreife des sie betreffenden Teils des Rechtsstreits länger auf das Urteil warten müssen, wenn hinsichtlich der Aktivlegitimation der anderen Klägerin eine Beweisaufnahme erforderlich geworden wäre.
Die Werbung mit der 40-jährigen Garantie sei irreführend, da eine entsprechende Verpflichtung gegen § 202 Abs. 2 BGB verstoße und deshalb nicht wirksam eingegangen werden könne. Eine Haltbarkeitsgarantie ergänze lediglich die Gewährleistungshaftung des Verkäufers, weshalb die Garantiefrist wie eine Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche zu behandeln sei. Dies gelte unabhängig davon, ob eine solche Garantie vom Verkäufer oder von einem Dritten, etwa dem Hersteller, übernommen werde. Die durch die Werbung mit einer unwirksamen Garantiezusage hervorgerufene Täuschung der Abnehmer sei auch eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung. Ein Dach sei ein besonders langlebiges Erzeugnis, bei dem von der Ankündigung einer mehr als 30-jährigen Garantie eine nicht unerhebliche Anlockwirkung ausgehe.
II. Die Revision ist in dem Umfang, in dem der Senat sie zugelassen hat, begründet.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Unterlassungsklage nicht als rechtsmissbräuchlich i.S. von § 13 Abs. 5 UWG a.F., § 8 Abs. 4 UWG angesehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die zeitgleiche Verfolgung desselben wettbewerbsrechtlichen Anspruchs durch zwei Konzernunternehmen in zwei gesonderten Verfahren zwar missbräuchlich sein. Dies gilt jedoch nur, wenn kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich ist, den Anspruch in zwei getrennten Verfahren geltend zu machen (BGHZ 144, 165, 170 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; , GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I).
Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Missbrauch scheide im vorliegenden Fall aus, weil die jeweils als Kläger auftretenden Unternehmen durch die beanstandeten Verletzungshandlungen unterschiedlich betroffen seien, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vertreibt die Klägerin des vorliegenden Verfahrens in Deutschland in großem Umfang herkömmliche Dachziegel und Dachsteine, sie stellt jedoch keine Metalldächer her. Demgegenüber ist die Klägerin des Parallelverfahrens nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt als Herstellerin von Metalldächern eine unmittelbare Konkurrentin der Beklagten, die jedoch nach eigener Darstellung nur in geringem Umfang auf dem deutschen Markt tätig ist. Danach bestand die Möglichkeit, dass sich die Klagen auch bei Streitgenossenschaft unterschiedlich entwickelten und möglicherweise in dem einen Fall eine Beweisaufnahme hinsichtlich des Wettbewerbsverhältnisses zu der Beklagten erforderlich werden konnte, in dem anderen jedoch nicht. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen vernünftigen Grund für die getrennte Verfolgung des behaupteten Wettbewerbsverstoßes in zwei Parallelverfahren angenommen hat.
2. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Werbung mit der 40-jährigen Garantie sei irreführend, weil eine entsprechende Verpflichtung gegen § 202 Abs. 2 BGB verstoße und deshalb nicht wirksam eingegangen werden könne.
a) Nach § 202 Abs. 2 BGB kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Diese Vorschrift hat nur für Ansprüche Bedeutung, die gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung unterliegen. Mit der beanstandeten Werbung bietet die Beklagte für ihre Aluminiumdächer jedoch den Abschluss eines Garantievertrags an, der als solcher nicht der Verjährung unterliegt.
aa) Die Beklagte wirbt mit einer Haltbarkeitsgarantie, die sie als Herstellerin der Aluminiumdächer abgibt. Eingebaut werden die Dächer von Fachbetrieben, gegen die dem Bauherrn die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche zustehen. Die Beklagte will also eine von gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen unabhängige, selbständige Garantie übernehmen, die auf einer eigenständigen vertraglichen Grundlage beruht.
Dieses Garantieverhältnis, das für die Dauer von 40 Jahren abgeschlossen werden soll, unterliegt anders als ein aus einem Kauf- oder Werkvertrag fließender Gewährleistungsanspruch nicht der Verjährung. Ähnlich einem Instandhaltungsvertrag (vgl. , NJW-RR 2002, 946, 947) handelt es sich bei dem selbständigen Garantievertrag um ein Dauerschuldverhältnis, das - anders als die aus ihm erwachsenden Ansprüche - unverjährbar ist (Jauernig/Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 194 Rdn. 2; Palandt/Hein-richs, BGB, 67. Aufl., § 194 Rdn. 7; Staudinger/Frank Peters, BGB [2004], § 194 Rdn. 15; Lakkis, jurisPK-BGB, § 194 Rdn. 4). Ebenso wie die von der Gewährleistung des Verkäufers unabhängige kaufvertragliche Haltbarkeitsgarantie eines Dritten nach § 443 Abs. 1 BGB (vgl. Haas in Haas/Medicus, Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rdn. 394) hat eine entsprechende Garantie des Herstellers für seine von Werkunternehmern bei Bestellern eingebauten Produkte nichts mit der Verjährung zu tun. Nur die Ansprüche verjähren, die sich innerhalb der vereinbarten Garantiezeit aus dem Garantieverhältnis ergeben. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Ansprüche aus der Garantie der gesetzlichen Gewährleistungsfrist des § 438 BGB oder der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterliegen (vgl. MünchKomm.BGB/Westermann, 5. Aufl., § 443 Rdn. 22; Jauernig/Berger aaO § 443 Rdn. 14; Faust in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 443 Rdn. 31 und 36).
bb) Der Abschluss eines Garantievertrags für die Haltbarkeit einer Sache mit einer Laufzeit von 40 Jahren ist daher mit den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vereinbar. Dem steht die Entscheidung des Senats vom (I ZR 91/92, GRUR 1994, 830, 831 = WRP 1994, 732 - Zielfernrohr) nicht entgegen. In jenem Fall wurde die unbefristet erteilte Garantiezusage als Verlängerung der kaufvertraglichen Gewährleistung und der werbende Hinweis hierauf als irreführend angesehen, weil eine entsprechende Verpflichtung wirksam nicht eingegangen werden konnte. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Verlängerung der Verjährungsfrist für gesetzliche Gewährleistungsansprüche, sondern um die Gewährung einer selbständigen Garantie.
b) Die Garantiezusage ist auch nicht aus anderen Gründen als wettbewerbswidrig anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine langjährige Garantieübernahme wettbewerbsrechtlich im Allgemeinen nicht zu beanstanden, wenn sich die Gewährleistung auf die Haltbarkeit eines Materials oder Werks bezieht, das bei normaler Abnutzung eine entsprechend lange Lebensdauer besitzt, und die Garantiezusage für den Besteller nicht praktisch bedeutungslos ist (, GRUR 1976, 146, 147 = WRP 1975, 735 - Kaminisolierung; Urt. v. - I ZR 182/56, GRUR 1958, 455, 457 = WRP 1958, 151 - Federkernmatratzen). So liegt es hier. Eine Haltbarkeit von 40 Jahren kommt bei Metalldächern ohne weiteres in Betracht. Für einen Hauseigentümer ist eine langfristige Garantie für ein Dach auch offensichtlich von Interesse.
3. Da die Klägerin hinsichtlich der Werbung mit einer 40-jährigen Garantie keinen Unterlassungsanspruch hat, stehen ihr insoweit auch keine Schadensersatz- oder Auskunftsansprüche zu.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2008 S. 1912 Nr. 35
NJW 2008 S. 2995 Nr. 41
WM 2008 S. 2066 Nr. 44
CAAAC-88832
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja