Inanspruchnahme des Arbeitnehmers für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch Einkommensteueränderungsbescheide keine Ermessensentscheidung
Gesetze: EStG § 38, FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen, weil die geltend gemachten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gegen das angefochtene Urteil wegen Verfahrensmängeln nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegen.
1. Kein Verfahrensverstoß ist erkennbar, soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend macht, das Finanzgericht (FG) habe unter Verstoß gegen die §§ 76 und 96 FGO Ermittlungen zu der Frage unterlassen, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) bei der Inanspruchnahme des Klägers wegen der nachträglich bekannt gewordenen Einnahmen aus Stock-Options bzw. aus sonstigen Zuwendungen ermessensfehlerfreie Erwägungen zugrunde gelegt habe. Denn die hier streitige Inanspruchnahme des Arbeitnehmers für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch Einkommensteueränderungsbescheide ist keine Ermessensentscheidung (, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660); auf die Ausführungen des Klägers zu seiner Unkenntnis von der fehlenden Lohnsteuerabführung durch seinen Arbeitgeber kommt es danach ersichtlich nicht an.
2. Ein Verstoß gegen die §§ 76, 96 FGO kann schließlich nicht bejaht werden, soweit das FG keine weiteren Ermittlungen zum Zufluss der Vorteile aus den Stock-Options sowie zum Zeitpunkt des Zuflusses der streitigen Zuwendungen vorgenommen hat.
a) Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotene schlüssige Darlegung einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) fehlt es nämlich schon in verfahrensrechtlicher Hinsicht an Angaben,
- weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines —insoweit maßgeblichen— Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, sowie
- welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. , BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93; , BFH/NV 2006, 350).
b) Unabhängig davon kann —ausgehend von der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung durch das FG— nicht angenommen werden, dass sich dem FG die seitens der Beschwerde für erforderlich gehaltene weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen, nachdem der Kläger als Empfänger der Bonuszahlungen keine substantiierten Einwendungen gegen die vom FA angesetzte Höhe dieser Zahlungen erhoben hatte. Zu Recht durfte das Gericht insoweit auf die Darlegungslast des Klägers verweisen, weil er als Empfänger der —nach den tatsächlichen Feststellungen des FG durch Scheckzahlungen vollzogenen— Bonusleistungen durch entsprechende Gutschriften auf seinen Konten den Nachweis zur Höhe dieser Zahlungen hätte führen können. Denn zumutbarer Inhalt und Intensität der richterlichen Ermittlung stehen in einem zwingenden Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten. Danach ist das Gericht zwar berechtigt, aber keineswegs stets verpflichtet, unter Inkaufnahme eines unverhältnismäßig großen Aufwands Umstände zu ermitteln, die wie hier hinsichtlich der vereinnahmten Scheckzahlungen im Wissensbereich der Beteiligten (somit „in ihrer Sphäre”) liegen und die diese unter Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht nicht preisgeben (vgl. , BFH/NV 1987, 105, m.w.N.). Dies gilt insbesondere, wenn —wie hier im Hinblick auf den Streit über die Höhe der erhaltenen Zahlungen— Anlass für entsprechende substantiierte Darlegungen und Nachweise besteht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1664 Nr. 10
XAAAC-87999