Festsetzung eines Verspätungszuschlags
Leitsatz
Die Finanzbehörde darf bei ihrer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung, in welcher Höhe ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden soll, das Verhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren berücksichtigen. Bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags sind grundsätzlich alle in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien zu berücksichtigen. Ausnahmsweise kann nach den Umständen des Einzelfalls ein Merkmal letztlich auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung des Verspätungszuschlags bleiben.
Gesetze: AO § 152
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben keinen Revisionszulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt.
1. Wird eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so setzt die Darlegung des Zulassungsgrundes schlüssige Ausführungen dazu voraus, dass die angefochtene Entscheidung auf der Beantwortung einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Dazu ist eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren. Deren Bedeutung für die Allgemeinheit muss substantiiert und konkret dargetan werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. aus jüngerer Zeit , BFH/NV 2005, 2008, m.w.N.).
Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten sei, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben würden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 85/99, BFH/NV 2000, 472, und vom II B 64/91, BFH/NV 1992, 676, m.w.N.).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerde nicht.
a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob das Verhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren bei der Festsetzung der Höhe des Verspätungszuschlags zu seinen Lasten berücksichtigt werden dürfe. Der BFH hat diese Frage —wie die Kläger selbst eingeräumt haben— bereits dahin entschieden, dass die Finanzbehörde das Verhalten des Steuerpflichtigen in den Vorjahren bei ihrer nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung, in welcher Höhe ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden soll, berücksichtigen darf (, BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II.4. der Gründe; vom VI R 101/84, BFHE 157, 1, BStBl II 1989, 749, unter II.2. der Gründe, und vom IV R 8/85, BFH/NV 1989, 1, unter 3. der Gründe). Gründe, die gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage erforderlich erscheinen lassen, haben die Kläger nicht dargetan. Ihr Vortrag beschränkt sich auf die Darlegung ihrer eigenen, von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtsmeinung. Die Kläger verkennen jedoch, dass der Umstand, dass Steuererklärungen über Jahre immer wieder verspätet abgegeben werden, für die Pflichtvergessenheit des Steuerpflichtigen spricht. Mit dem Grad des Verschuldens des Steuerpflichtigen darf auch der von der Finanzverwaltung durch die Höhe des Verspätungszuschlags entgegenzusetzende Druck wachsen (Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 152 AO Rz 27). Das Verschulden gehört zu den von der Finanzbehörde nach § 152 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigenden Kriterien.
b) Die Kläger haben auch die grundsätzliche Bedeutung der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage, ob bei der Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs auf die gesamte Abschlusszahlung oder nur auf die Einkommensteuerabschlusszahlung abgestellt werden dürfe, nicht schlüssig dargelegt. Die Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sich die Antwort zum einen ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt (vgl. dazu , BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, unter II.1. der Gründe) und sie zum anderen von der Rechtsprechung des BFH bereits entschieden ist. Hiernach ist für die relative Höchstgrenze des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 2 Satz 1 AO der Betrag der festgesetzten Steuer maßgebend und nicht der Betrag einer sich ggf. aus der Steuerfestsetzung ergebenden Abschlusszahlung (allgemeine Meinung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II.4.c der Gründe, m.w.N.; Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung § 152 Rz 65; Klein/ Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 152 Rz 10; Schmieszek in Beermann/ Gosch, AO § 152 Rz 23; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 152 AO Rz 32). Ob und in welcher Höhe es zu einem Nachzahlungs- oder Erstattungsanspruch gekommen ist, kann sich demgegenüber nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsziehung und des Verschuldens bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags auswirken. Dabei ist durch die Rechtsprechung des BFH ebenfalls bereits geklärt, dass die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile die Vorteile sind, die der Steuerpflichtige dadurch erlangt hat, dass er eine bestimmte Steuererklärung (hier: die Einkommensteuererklärung) nicht fristgemäß abgab und deshalb Steuern (hier: Einkommensteuer) später als bei Einhaltung der Abgabefrist festgesetzt wurden. Für die Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags ist es demgegenüber ohne Bedeutung, welche Vorteile oder Nacheile dem Steuerpflichtigen durch die verspätete Abgabe einer anderen Steuererklärung entstanden sind (, BFHE 163, 299, BStBl II 1991, 384, unter II.4.a der Gründe, und vom V R 44/87, BFH/NV 1992, 78). Gründe, die gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH erforderlich erscheinen lassen, ergeben sich aus der Beschwerde nicht.
2. Die Rüge, das angefochtene Urteil weiche von der Rechtsprechung des BFH ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), ist ebenfalls nicht ordnungsgemäß erhoben.
Eine schlüssige Divergenzrüge erfordert die Darlegung tragender, abstrakter Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils, die —bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt— mit tragenden Rechtssätzen eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (, BFH/NV 2006, 51, unter 1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48). Daran fehlt es im Streitfall.
a) Entgegen der Auffassung der Kläger hat das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung nicht —auch nicht konkludent in scheinbar fallbezogenen Ausführungen— den Rechtssatz zugrunde gelegt, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) müsse für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO aufgeführten Kriterien lediglich benennen. Vielmehr ist die Vorinstanz, wie sich aus S. 7 Abs. 5 des Gerichtsbescheids ergibt, auf den das angefochtene Urteil Bezug genommen hat, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (z.B. , BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929, unter B.1. der Grunde, m.w.N.) davon ausgegangen, dass bei der Bemessung der Höhe eines Verspätungszuschlags die nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO „maßgeblichen Ermessenskriterien allesamt erkennbar berücksichtigt” werden müssen. Nur in diesem Zusammenhang ist die Bemerkung des FG auf S. 7 Abs. 6 des Gerichtsbescheids zu würdigen, nach der das FA „alle maßgeblichen Kriterien benannt” habe.
b) Das FG hat —anders als die Kläger meinen— auch nicht den die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt, das FA dürfe bei der Ausübung seines Ermessens „auch andere als die in § 152 Abs. 2 AO aufgeführten Kriterien” berücksichtigen. Soweit die Vorinstanz es nicht als ermessensfehlerhaft angesehen hat, dass das FA die vorherige Androhung eines Zwangsgelds berücksichtigt hat, hat sie Ermessenserwägungen des FA im Zusammenhang mit dem nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO zu berücksichtigenden Verschulden bei der nach Maßgabe des § 102 FGO vorzunehmenden Prüfung der Ermessensentscheidung nicht beanstandet. Damit weicht das FG nicht von der angeblichen Divergenzentscheidung des BFH in dem (BFHE 149, 429, BStBl II 1987, 543) ab.
c) Die Kläger haben die von ihnen gerügte Abweichung der Vorentscheidung von den BFH-Urteilen vom X R 14/95 (BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642), in BFHE 157, 1, BStBl II 1989, 749 und in BFH/NV 1992, 78 ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Die Kläger entnehmen den vorgenannten BFH-Urteilen den Rechtssatz, die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien seien grundsätzlich gleichwertig, jedoch könne nach den Umständen des Einzelfalls ein Kriterium stärker als ein anderes hervortreten. Die von den Klägern als angebliche Divergenz herausgestellte Aussage des FG, die Ermessensentscheidung des FA sei nicht ermessenswidrig, wenn einzelne Kriterien ohne Auswirkung blieben, bezieht sich erkennbar auf die vom FG als rechtsfehlerhaft bewertete Auffassung der Kläger, seitens des FA müsse jedem Ermessenskriterium ein bestimmter Betrag zugeordnet werden. Diese Ansicht des FG entspricht der Rechtsprechung des BFH (s. z.B. , BFH/NV 2002, 475, unter 2. der Gründe, m.w.N.). Im Übrigen geht das FG —wie oben bereits dargelegt wurde— in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung im Grundsatz davon aus, dass die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien sämtlich zu berücksichtigen sind. Ausnahmsweise kann nach den Umständen des Einzelfalls ein Merkmal letztlich auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung des Verspätungszuschlags bleiben (BFH-Urteil in BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II.2.d der Gründe). Im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger weist der Senat außerdem noch darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BFH Zinshöhe und Zeitdauer der Verspätung nicht stets festliegen und in der Entscheidung über den Verspätungszuschlag enthalten sein müssen (BFH-Urteil in BFHE 192, 213, BStBl II 2001, 60, unter II.3. der Gründe).
3. Die Rüge, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO), weil die Entscheidung des FG greifbar gesetzwidrig sei, ist unschlüssig.
Der BFH hat die Revisionszulassung wegen schwerwiegender Rechtsfehler dann bejaht, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sind (, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen (, BFH/NV 2005, 2031). Der bloße Hinweis auf erhebliche Rechtsfehler reicht nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung darzulegen (z.B. , BFH/NV 2004, 1060, m.w.N.), sofern es sich nicht um das Übersehen einer im Streitfall offensichtlich einschlägigen entscheidungserheblichen Norm handelt (s. dazu , BFH/NV 2003, 1597).
Soweit die Kläger eine fehlerhafte Ermessensausübung des FA rügen, machen sie schon keine Fehler des Gerichts geltend. Zudem wäre auch ein Fehler des FG bei der im Rahmen von § 102 FGO erfolgten Überprüfung der Ermessensentscheidung kein schwerwiegender Fehler im Sinne der oben genannten Definition des Revisionszulassungsgrundes (, BFH/NV 2005, 1215). Ob sich die Vorentscheidung im Übrigen als materiell-rechtlich fehlerhaft darstellt, kann in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren dahinstehen. Selbst wenn ein solcher Mangel vorliegen würde, könnte er nicht zur Zulassung der Revision führen (BFH-Beschlüsse vom IX B 79/05, BFH/NV 2006, 802, und vom VII B 334/03, BFH/NV 2004, 974; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55, m.w.N.).
4. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO haben ebenfalls keinen Erfolg.
Die Kläger haben die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ergeben (vgl. , BFH/NV 2006, 2297, m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.
a) Zur schlüssigen Rüge, das FG habe das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, muss ein Beteiligter, der wie hier in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten war, darlegen, inwiefern ihm das Gericht das rechtliche Gehör versagt hat, zu welchen der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen oder Rechtsfragen er sich nicht hat äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß beim FG gerügt hat und inwiefern durch sein —lediglich infolge des Verfahrensfehlers— unterbliebenes Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG anders hätte ausfallen können (vgl. z.B. , BFH/NV 1998, 196).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Prozessstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie ihre Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81; , BFH/NV 2008, 242). Dazu gehört auch, dass das Gericht die wesentlichen, der Rechtsverfolgung dienenden Tatsachenbehauptungen und Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet, sofern sie nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 1 BvR 1365/78, BVerfGE 54, 43, und vom 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133; , BFH/NV 2002, 493; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10a, jeweils m.w.N.). Das Recht auf Gehör verlangt jedoch nicht, dass sich das Gericht in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich befassen müsste (vgl. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1996, 153, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom III B 5/03, BFH/NV 2004, 164, und vom I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532, m.w.N.). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat (BVerfG-Beschluss in HFR 1996, 153; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10a, m.w.N.).
Gemessen daran haben die Kläger einen Verstoß des FG gegen das Recht auf Gehör nicht schlüssig dargelegt. Das FG hat das Vorbringen der Kläger ersichtlich zur Kenntnis genommen und ihre wesentlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der umfangreichen Darlegungen der Kläger in Bezug auf den Zinsvorteil und dessen Bedeutung für die Ermessensentscheidung des FA. Der Umstand, dass das FG diese Ausführungen auf der Grundlage seiner —für die Prüfung von Verfahrensfehlern maßgeblichen— materiell-rechtlichen Rechtsauffassung letztlich als „ins Leere” gehend beurteilt hat, stellt keinen Verstoß gegen das Recht der Kläger auf Gehör dar.
b) Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten, den die Kläger ebenfalls geltend machen, ist nur dann ein Revisionszulassungsgrund, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Die hierfür erforderliche Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die Entscheidung darauf beruhen kann (vgl. , BFH/NV 2006, 1846; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 80, m.w.N.). Entsprechend setzt die schlüssige Rüge eines „Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten” insbesondere die Darlegung voraus, dass ein von den Beteiligten vorgetragener oder aus den Akten erkennbarer Sachverhalt vom FG nicht zur Kenntnis genommen worden sei (, BFH/NV 1994, 551).
Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Kläger nicht gerecht. Das FG hat die Einspruchsentscheidung des FA zur Kenntnis genommen, wie sich bereits aus deren Inbezugnahme im Tatbestand des Gerichtsbescheids ergibt. Im Übrigen waren die Ermessenserwägungen, die das FA in der Einspruchsentscheidung angestellt hatte, wesentlicher Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Zwar hat das FG zu der von den Klägern hervorgehobenen Formulierung auf S. 7 der Einspruchsentscheidung nicht weiter Stellung genommen. Daraus folgt aber nicht, dass das FG diese Passage nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn das FG hat —wie die Kläger selbst einräumen— aus anderen Formulierungen der Einspruchsentscheidung geschlossen, dass das FA dem Zinsvorteil entgegen der insoweit möglicherweise missverständlichen Passage auf S. 7 der Einspruchsentscheidung letztlich doch keine Bedeutung beigemessen hat.
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das FG den Vortrag des FA in der Klageerwiderung nicht zur Kenntnis genommen hat, haben die Kläger ebenfalls nicht vorgetragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1642 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2008 S. 4
RAAAC-87359