Kein gesetzliches Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren; kein Verwertungsverbot bei Unterlassen der Belehrung nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO
Gesetze: AO § 393, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, StPO § 136a
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) zuzulassen, noch beruht das Urteil des Finanzgerichts (FG) auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
1. Die Frage, ob die „bewusste Nichtbelehrung des Betriebsprüfers über den strafrechtlichen Ermittlungszweck der AP” (Außenprüfung) eine Täuschung i.S. des § 136a der Strafprozessordnung (StPO) darstellt, führt nicht zur Zulassung der Revision. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Außerdem wäre sie in einem zukünftigen Revisionsverfahren nicht klärbar.
a) An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, weil die Frage bereits durch die Rechtsprechung entschieden ist. Es ist geklärt, dass ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind, im Besteuerungsverfahren nicht besteht und dass insbesondere das Unterlassen der Belehrung nach § 393 Abs. 1 Satz 4 der Abgabenordnung nicht zu einem Verwertungsverbot führt (, BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328; , BFH/NV 2007, 1273).
Ob das auch gilt, wenn eine Verletzung des § 136a StPO vorliegt, hat der BFH in der Entscheidung in BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328 zwar offen gelassen. Es liegt aber keine Verletzung des § 136a StPO vor. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass der Begriff der Täuschung i.S. des § 136a StPO eng auszulegen ist (, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 2904; , BGHSt 42, 139, 149) und dass die Täuschung durch Unterlassen (das Unterdrücken von Tatsachen zu deren Offenbarung keine Rechtspflicht besteht) nicht unter § 136a StPO fällt, wobei insbesondere das Verschweigen von Rechten und Tatsachen keine Täuschung in diesem Sinne ist (vgl. , BGHSt 39, 335, 348). Selbst wenn der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobene Vorwurf, der Betriebsprüfer habe bewusst den steuerstrafrechtlichen Ermittlungszweck seiner Prüfung verschwiegen, zutreffen würde, läge kein Verstoß gegen § 136a StPO vor, weil allenfalls von einem Verschweigen von Rechten oder Tatsachen auszugehen wäre.
b) Im Übrigen würde sich die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren auch nicht stellen. Sie wäre nicht klärbar, denn das FG hat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass die Schwelle des § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO nicht überschritten worden ist. Das FG hat ausdrücklich ausgeführt, dass kein Verstoß gegen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Klägers vorliegt und deshalb die Voraussetzungen eines qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverbotes nicht erfüllt sind. Die Behauptung des Klägers, es liege seitens des Betriebsprüfers eine bewusste Nichtbelehrung über den strafrechtlichen Zweck der Außenprüfung vor, beruht darüber hinaus auf seinen eigenen Schlussfolgerungen, entspricht aber nicht den Feststellungen des FG.
2. Auch die Rüge des Klägers, das FG habe gegen seine aus § 96 Abs. 1 FGO folgende Pflicht zur Entscheidung nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung verstoßen, führt nicht zur Zulassung der Revision.
Zwar liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis der Verhandlung zugrunde legt (, BFH/NV 2000, 214). Wird gerügt, das FG habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, so sind unter genauer Bezeichnung des jeweiligen Schriftstückes und Angabe der Seitenzahlen in den Akten die nicht berücksichtigten Tatumstände zu benennen (, BFH/NV 2004, 1303). Der Kläger macht geltend, das FG habe weder seinen Hinweis auf die Korrespondenz des Fahndungsprüfers mit dem Betriebsprüfer noch die Einlassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt), wonach der Fahndungsprüfer mit den vom Betriebsprüfer ermittelten Adressen weitere strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn, den Kläger, habe durchführen wollen, gewürdigt. Das genügt nicht. Im Übrigen kann daraus, dass das FG auf einen bestimmten Beteiligtenvortrag in seinem Urteil nicht eingegangen ist, nicht geschlossen werden, dass insoweit keine Würdigung stattgefunden hat. Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das FG die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat, sofern nicht besondere Umstände des konkreten Falles auf einen diesbezüglichen Verstoß hindeuten (, BFH/NV 2000, 235). Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1441 Nr. 9
KAAAC-86774