BGH Urteil v. - IX ZR 47/05

Leitsatz

[1] Zur insolvenzrechtlichen Unzulässigkeit der Verrechnung von Zahlungseingängen auf dem Geschäftskonto des Insolvenzschuldners durch die Bank vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn die von den Drittschuldnern beglichenen Forderungen der Bank im Rahmen einer Globalzession abgetreten worden waren.

Gesetze: BGB § 676 f; InsO § 96; InsO § 130

Instanzenzug: LG Oldenburg, 2 O 935/04 vom OLG Oldenburg, 4 U 57/04 vom

Tatbestand

Der Kläger, der am zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war, ist Verwalter in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Maschinenfabrik J. GmbH (fortan: Schuldnerin).

Die Schuldnerin und die beklagte Bank hatten am einen Sicherungsübereignungsvertrag zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Forderungen der Beklagten aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung abgeschlossen. Darin sind als Gegenstand der Übereignung "sämtliche Vorräte incl. Abtretung der Forderungen" bezeichnet. Der Vertrag enthält außerdem eine Verarbeitungsklausel und eine Verlängerungsklausel mit Vorausabtretung.

Ferner hatte die Schuldnerin mit Globalabtretung vom an die Beklagte zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A bis Z abgetreten.

Der Kläger setzte den Betrieb der Schuldnerin fort und führte vorhandene Aufträge aus. Vom bis zum wurden 27 Rechnungen über insgesamt 105.850,72 € erteilt und von den Drittschuldnern im Zeitraum vom bis zum beglichen. So zahlte die W. GmbH & Co. oHG (fortan: W. ) am den Betrag von 62.292 € auf eine Rechnung vom für die Lieferung eines Krans. Die Beklagte verrechnete die auf dem bei ihr geführten Geschäftskonto der Schuldnerin eingehenden Zahlungen mit ihrer Forderung aus dem Kontokorrent, das in dem betreffenden Zeitraum einen Sollsaldo von mehr als 400.000 € aufwies.

Der Kläger hat sich auf die insolvenzrechtliche Unzulässigkeit der Verrechnungen berufen und von der Beklagten Zahlung von 105.850,72 € nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage insoweit abgewiesen, als der Kläger Zahlung von 43.558,72 € nebst Zinsen verlangt. Durch Schlussurteil hat es die Beklagte zur Zahlung von 62.292 € nebst Zinsen an den Kläger verurteilt. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Schlussurteil abgeändert und die Klage wegen des über 3.550 € nebst Zinsen hinausgehenden Betrages abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nach Verbindung der Verfahren sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Gründe

Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, auf Grund der Globalzession und des Sicherungsübereignungsvertrages stünden die von den Drittschuldnern eingezahlten Beträge zum überwiegenden Teil der Beklagten zu. Nur für nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Forderungen greife die Sperrwirkung des § 91 InsO ein. Auch die dem Schlussurteil zu Grunde liegende Forderung sei jedoch bis auf einen vom Berufungsgericht auf 3.550 € geschätzten Teilbetrag mit der Auftragsbestätigung und damit vor Eröffnung entstanden, weil der von der Schuldnerin bereits vollständig hergestellte Kran nur noch auf das Fahrzeug der W. habe montiert werden müssen.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich die insolvenzrechtliche Zulässigkeit der Verrechnungen der Beklagten gegenüber dem Herausgabeanspruch aus § 667 BGB nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO richtet.

Die Berufungsurteile sind deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

1. In Bezug auf die Zahlungseingänge der Drittschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Höhe von insgesamt 75.845,17 € (Positionen 9, 10, 16, 19 bis 27 nach der Aufstellung in der Klageschrift), also auch die Zahlung der W. in Höhe von 62.292 €, ist die Sache nach den im Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist die Verrechnung von Zahlungseingängen durch die Beklagte mit dem von dem Kläger geltend gemachten Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO insolvenzrechtlich unzulässig. Über die bereits vom Berufungsgericht zugesprochenen 3.550 € hinaus ist daher das landgerichtliche Schlussurteil in Höhe von weiteren 58.742 € wiederherzustellen und die Beklagte ferner zur Zahlung weiterer 13.533,17 € (insgesamt weitere 72.295,17 €) zu verurteilen.

a) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt nach § 115 Abs. 1, § 116 Satz 1 InsO der Girovertrag (so schon BGHZ 70, 86, 93; 74, 253, 254 zur Konkursordnung), sofern er bis dahin noch nicht gekündigt worden ist (BGHZ 170, 206, 213 Rn. 19). Die kontoführende Bank ist grundsätzlich nicht verpflichtet, nachträglich eingehende Beträge auf dem Konto des Schuldners zu verbuchen (BGHZ 170, 121, 125 Rn. 12; G. Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 531, 589 Rn. 94). Ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO auf Erfüllung des Girovertrags besteht nicht; denn die Bestimmungen der § 115 Abs. 1, § 116 Satz 1 InsO ordnen das Erlöschen des Vertrages mit Wirkung für die Zukunft an und verdrängen damit das Verwalterwahlrecht nach § 103 InsO (RGZ 71, 76, 77 f zu §§ 17, 23 KO; BGHZ 168, 276, 280 f Rn. 12; Uhlenbruck/Berscheid, InsO 12. Aufl. §§ 115, 116 Rn. 12; Kübler/Prütting/Tintelnot, InsO §§ 115, 116 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl. § 103 Rn. 104 f; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, aaO § 116 Rn. 37). Will der Verwalter die Geschäftsverbindung mit der Bank fortsetzen, so muss er - woran es hier fehlt - einen neuen Vertrag mit ihr abschließen (MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, aaO § 116 Rn. 37).

b) Auch bei einem rechtlich erloschenen Girovertrag ist eine Bank in dessen Nachwirkung noch befugt, auf den Namen des früheren Kunden unter Angabe der bisherigen Kontonummer eingehende Zahlungen weiterhin für ihn entgegenzunehmen, muss sie dann aber auf dem bisherigen - intern weitergeführten - Konto entsprechend § 676 f Satz 1 BGB verbuchen bzw. nach § 667 BGB herausgeben (BGHZ 170, 121, 125 Rn. 12). Der Verrechnung der Beklagten mit ihrer Saldoforderung steht nunmehr das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO entgegen, weil sie die Herausgabe des durch die Überweisung erlangten Betrages erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig geworden ist (BGHZ 74, 253, 255 f; , NJW 1995, 1483, 1484, jeweils zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 7. Aufl. Rn. 3.141a; Kübler/Prütting/Lüke, aaO § 96 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Brandes, aaO § 96 Rn. 15).

c) Der Herausgabeanspruch ist gemäß § 291 Satz 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. § 288 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung, weil keine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift erhoben wird. Damit sind nur solche Forderungen gemeint, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind (OLG Karlsruhe MDR 2006, 101; MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl. § 288 Rn. 19 in Verbindung mit § 286 Rn. 75; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 288 Rn. 8 in Verbindung mit § 286 Rn. 27).

Die Verzinsung beginnt mit dem Tag nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit (, WM 1990, 890, 892; Palandt/Heinrichs, aaO § 187 Rn. 1 a. E.), hier also mit dem .

2. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus in Bezug auf die von dem Teilurteil betroffenen Zahlungseingänge vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Höhe von insgesamt 30.005,55 € (Positionen 1 bis 8, 11 bis 15, 17 und 18 nach der Aufstellung in der Klageschrift) nicht beachtet, dass sich der Kläger insbesondere in der Klageschrift und in der Berufungsbegründung auf die Anfechtbarkeit der Verrechnungen der Beklagten berufen hat. Da es insoweit an den für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen fehlt, ist die Sache in diesem Umfange an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger diese Möglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Vorschrift findet auch auf die Herstellung von Verrechnungslagen Anwendung (BGHZ 169, 158, 161; G. Fischer WM 2008, 1). Der insoweit maßgebliche Zeitpunkt ist nach § 140 Abs. 1 InsO zu bestimmen. Da es sich um die Verknüpfung gegenseitiger Forderungen handelt, kommt es darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Forderung des Schuldners oder des Insolvenzgläubigers früher entstanden oder fällig geworden ist (BGHZ 159, 388, 396; , ZIP 2007, 1507, 1508 Rn. 12).

b) Mit Einzahlung der Drittschuldner auf das streitbefangene Konto erwarb die Schuldnerin einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gegen das Kreditinstitut. Die Zahlungseingänge sind nach den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ab dem erfolgt.

Zur Fälligkeit der Forderung der Beklagten hat das Berufungsgericht zwar keine Feststellungen getroffen. Es ergibt sich aber aus den zu den Akten gereichten und in Bezug genommenen Unterlagen, dass die Verrechnungslage erst nach dem Eröffnungsantrag, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die Beklagte bereits Kenntnis von dem Eröffnungsantrag hatte, hergestellt worden ist. Die Beklagte hat mit Schreiben vom , das den Eingangsstempel des trägt, unter Beifügung ihres Kündigungsschreibens vom ihre Forderung mitgeteilt.

c) Allerdings ist die Anfechtbarkeit der Verrechnung eines Zahlungseingangs zugunsten des späteren Insolvenzschuldners mit dem debitorischen Saldo auf dessen Konto ausgeschlossen, wenn die Forderung, die der Überweisende begleichen wollte, der Bank zur Sicherheit abgetreten war, die Bank durch die Verrechnung also nur das erhalten hat, was ihr auf Grund der Sicherungszession ohnehin zugestanden hätte. Dann fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 InsO (, ZIP 2000, 1061, 1063; v. - IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2371). Die Einzahlung der Drittschuldner auf das bei der Bank geführte Konto des Schuldners erfolgt jeweils unmittelbar in das Vermögen des Kreditinstituts, welches den Erlös auch im Falle einer noch nicht offen gelegten Abtretung als wahrer Berechtigter erhält (vgl. aaO). Zwar erlischt mit der Zahlung die der Bank als Sicherheit abgetretene Forderung (§§ 362, 407 Abs. 1 BGB). Die Bank hat jedoch an deren Stelle ein Pfandrecht an dem neu entstandenen Anspruch der Schuldnerin aus § 667 BGB gemäß Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken erworben. Ein solcher unmittelbarer Sicherheitentausch benachteiligt die Gläubiger nicht, sofern das Kreditinstitut auf Grund der Globalabtretung an den während des Drei-Monats-Zeitraums vor dem Eingang des Eröffnungsantrags entstandenen oder werthaltig gewordenen Forderungen ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) erworben hatte (, ZIP 2008, 183, 184 Rn. 13, z.V.b. in BGHZ 174, 297). Dabei ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Forderungen begründet worden sind (vgl. BGHZ 157, 350, 354; , WM 2003, 896, 897; v. - IX ZR 183/03, ZIP 2004, 1819, 1821; v. - IX ZR 127/05, NZI 2007, 337 f Rn. 16; v. - IX ZR 30/07 aaO Rn. 13).

d) Globalzessionsverträge sind auch hinsichtlich der zukünftig entstehenden Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung gemäß § 130 InsO anfechtbar ( aaO Rn. 14). Zu den Voraussetzungen der Anfechtbarkeit, insbesondere zum Zeitpunkt des Eingangs des Eröffnungsantrags, fehlt es an Feststellungen der Vorinstanzen.

e) Das Berufungsgericht wird außerdem zu berücksichtigen haben, dass das Werthaltigmachen einer abgetretenen Forderung anfechtbar ist. Allgemein sind Rechtshandlungen, die zur Werthaltigkeit einer abgetretenen Forderung führen, als selbständig anfechtbar anzusehen. Anfechtbar sind danach Erfüllungshandlungen wie die Herstellung eines Werkes, die Übergabe der Kaufsache oder die Erbringung von Dienstleistungen ( aaO, S. 187 Rn. 36; , ZIP 2008, 372, 373 Rn. 14). Daran hält der Senat fest.

Die Erfüllungshandlung des Schuldners stellt eine Rechtshandlung dar, die unter Berücksichtigung der Globalzession gegenüber mehreren Personen Rechtswirkungen entfaltet. Einerseits werden dadurch vertragliche Verpflichtungen des Schuldners im Verhältnis zu seinen Kunden erfüllt. Andererseits erhält der Zessionar eine Wertauffüllung seiner Sicherheit ( aaO, S. 373 Rn. 16). Bei einer derartigen Doppelwirkung einer Leistung hat der Verwalter die Wahl, welchen Leistungsempfänger er in Anspruch nimmt. Anfechtungsrechtlich sind im Verhältnis zum Zessionar die Leistungen des Schuldners nicht anders zu behandeln, als sei im Zeitpunkt der Werthaltigmachung eine neu entstandene bereits werthaltige Forderung von der Globalzession erfasst worden ( aaO S. 373 Rn. 17).

f) Die Insolvenzanfechtung von global abgetretenen, zukünftig entstehenden Forderungen scheitert grundsätzlich nicht am Vorliegen eines Bargeschäfts ( aaO, S. 188 Rn. 40).

Auch die Anfechtung von Verrechnungen, welche eine Bank im Rahmen eines dem Schuldner eingeräumten Kontokorrentkredits vornimmt, ist nur solange und soweit gemäß § 142 InsO eingeschränkt, wie die Entgegennahme der Leistungen durch die Duldung von Verfügungen ausgeglichen wird, die der Bankkunde zur Tilgung der Forderungen von Fremdgläubigern trifft. Belastungsbuchungen, die eigene Forderungen der Bank betreffen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BGHZ 150, 122, 128; , ZIP 2008, 237, 238 Rn. 6).

g) Die Sicherungsübereignung mit Verlängerungsklausel vermag eine Anfechtung hier von vorneherein nicht zu hindern; denn der Vertrag vom enthält entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine hinreichend bestimmte Einigung über die zu übereignenden Gegenstände.

aa) Soll bei der Sicherungsübereignung - wie hier - nicht lediglich eine einzelne Sache, sondern eine Sachgesamtheit zur Sicherheit übereignet werden, ist dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nur dann genügt, wenn klar ist, auf welche einzelnen Gegenstände aus der Sachgesamtheit sich der Übereignungswille der Parteien erstreckt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt hinreichende Bestimmtheit dann vor, wenn es infolge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGHZ 73, 253, 254; , NJW 1992, 1161). Bei der Sicherungsübereignung eines Warenlagers, auch eines solchen mit wechselndem Bestand, werden die einzelnen Gegenstände, aus denen sich die Sachgesamtheit zusammensetzt und auf die sich das dingliche Recht bezieht, durch eine so genannte "All-Formel" hinreichend konkretisiert; denn daraus folgt, dass sich die Übereignung auf sämtliche in dem Lager vorhandenen Waren erstreckt (, NJW 1994, 133, 134). Formeln, die nur mit Hilfe außervertraglicher Erkenntnisquellen geeignet sind, die übereigneten von den anderen Gegenständen zu unterscheiden, oder Kennzeichnungen durch rein funktionale Begriffe machen für einen Dritten nicht deutlich, welche Gegenstände übereignet werden sollen (Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowsky, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 95 Rn. 40 f).

bb) Diesen Anforderungen genügt der Sicherungsübereignungsvertrag vom nicht. Was mit sämtlichen "Vorräte(n) incl. Abtretung der Forderungen" bei dem Maschinenbauunternehmen der Schuldnerin gemeint sein soll, ist nicht für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich. Der Begriff "Vorräte" lässt nicht erkennen, welche konkreten Gegenstände erfasst sein sollen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff "Vorrat" im weitesten Sinne für etwas für den späteren Bedarf Aufgespeichertes oder Aufgehobenes verwendet (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch (1984) "Vorrat"), also insbesondere für einen Lagerbestand oder eine Rücklage (Reserve). Das Handelsrecht kennt Vorräte als Teil des auf der Aktivseite der Bilanz zu verzeichnenden Umlaufvermögens. Nach § 266 Abs. 2 B. I. umfasst der Begriff der Vorräte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Nr. 1), unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen (Nr. 2), fertige Erzeugnisse und Waren (Nr. 3) und geleistete Anzahlungen (Nr. 4). Eine Beziehung zu bestimmten Sachen lässt sich damit nicht herstellen. Davon abgesehen kann dem Sicherungsübereignungsvertrag nicht eindeutig entnommen werden, ob mit dem Zusatz "incl. Abtretung der Forderungen" die Abtretung von - nicht näher bestimmten - Forderungen vereinbart oder nur an die in den Vertragsbedingungen an anderer Stelle enthaltene Verlängerungsklausel angeknüpft werden sollte. Im Übrigen sind auch die Sicherungsräume in Ziffer 2.4 der Vereinbarung nicht bestimmt bezeichnet.

h) Soweit die Schuldnerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung des Klägers in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter Leistungen erbracht und in Rechnung gestellt hat, steht diese Zustimmung einer Anfechtung der Werthaltigmachung der an die Beklagte abgetretenen Forderungen nach § 130 InsO nicht entgegen.

aa) Eine Erfüllungswahl kommt von vorneherein erst ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, d.h. ab dem in Betracht. Das Wahlrecht aus § 103 Abs. 1 InsO steht ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu, nicht dem vorläufigen Insolvenzverwalter (BGHZ 97, 87, 90; 130, 38, 42, jeweils zur Konkursordnung; , ZIP 2007, 2322, 2323 Rn. 9; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 103 Rn. 149; G. Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung aaO, S. 539 f Rn. 9). Auf das Verhältnis der Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO zur Abtretung künftiger Forderungen (vgl. im Übrigen aaO, S. 374 Rn. 27) kommt es deshalb nicht an.

bb) Die Anfechtung der Werthaltigmachung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand beim Empfänger begründet hätte und dieser infolgedessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) damit rechnen dürfte, ein nicht mehr entziehbares Recht errungen zu haben (BGHZ 161, 315, 319; , ZIP 2008, 372, 374 Rn. 30).

(1) In den Fällen des beabsichtigten Erhalts des Schuldnerunternehmens (§ 1 Abs. 1 InsO) wird der vorläufige Insolvenzverwalter die für die Unternehmensfortführung notwendigen Vertragspartner nur finden, wenn diese grundsätzlich darauf vertrauen können, dass die mit dem vorläufigen Verwalter getroffenen Vereinbarungen auch in der Insolvenz Bestand haben (Ganter in Festschrift für Gerhardt, 237, 243). Die deshalb nach Sinn und Zweck notwendige Einschränkung der Anfechtbarkeit von Erfüllungshandlungen erfordert es jedoch nicht, Rechtshandlungen generell der Deckungsanfechtung zu entziehen, wenn ihnen der vorläufige, mit Zustimmungsvorbehalt ausgestattete Insolvenzverwalter zuvor zugestimmt hat. Der Vertrauensschutz steht der Anfechtbarkeit vielmehr nur entgegen, wenn der Leistungsempfänger - hier die von der Wertauffüllung begünstigte Bank - auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens des vorläufigen Verwalters tatsächlich vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist (BGHZ 161, 315, 320; 165, 283, 286; aaO, S. 374 Rn. 31). Dies ist in aller Regel nicht der Fall, wenn der mit Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter einer Erfüllungshandlung des Schuldners zustimmt, die nicht im Zusammenhang mit einem neuen Vertragsschluss steht (BGHZ 161, 315, 322; aaO). Dabei ist unerheblich, ob zwischen dem vorläufigen Verwalter und dem späteren Insolvenzverwalter Personenidentität besteht (BGHZ 161, 315, 322).

(2) Das Verhalten des Klägers in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter berechtigte die Beklagte nicht zu der Annahme, eine Anfechtung des Erwerbs zukünftiger Forderungen im Rahmen der Globalzession werde unterbleiben. Das gilt insbesondere für die Erklärung in dem Schreiben an die Beklagte vom , der vorläufige Insolvenzverwalter erkenne die Globalzession als weiteren Sicherungsvertrag an. Für einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten ist auch sonst nichts ersichtlich, wenn die Voraussetzungen des § 130 InsO vorliegen (vgl. aaO, S. 374 Rn. 31).

3. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, ihren Vortrag zu den unter 2 a - h angeführten Punkten zu ergänzen.

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 1792 Nr. 33
WM 2008 S. 1442 Nr. 31
WPg 2008 S. 912 Nr. 18
ZIP 2008 S. 1437 Nr. 31
RAAAC-85953

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja