BFH Beschluss v. - VIII B 158/07

Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit von Vollstreckungshandlungen im Verfahren wegen Billigkeitserlasses kein Revisionszulassungsgrund; keine Überraschungsentscheidung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3AO, AO § 249

Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 1 K 542/07

Gründe

I. In der Vorinstanz begehrte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) zum Erlass von Einkommen- und Umsatzsteuer für mehrere Jahre zu verpflichten.

II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.

2. Mit seiner gegen das abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) gerichteten Beschwerde macht der Kläger zwar in abstrahierter Form die Zulassungsgründe für eine Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geltend, ohne indes die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen darzutun. Vielmehr wendet er sich in der Sache nun im Kern gegen eine vom FA betriebene „Vollstreckung auf breiter Front”. Jedoch konnte die Vollstreckung schon im vorinstanzlichen Verfahren nicht zulässiger Streitgegenstand sein; ausdrücklich und zutreffend hat das FG in den Gründen seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit von Vollstreckungshandlungen nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erlass der Steuerschuld überprüft werden kann (FG-Urteil Bl. 6, vorletzter Abs.). Vollstreckung und Steuererlass sind strikt auseinanderzuhalten. Die Gewährung oder Versagung eines Billigkeitserlasses ist eine Maßnahme im steuerlichen Erhebungsverfahren, geregelt im Fünften Teil der Abgabenordnung (AO), 1. Abschn., 2. Unterabschn., § 227. Vom Erhebungsverfahren zu unterscheiden ist —u.a.— das Vollstreckungsverfahren, das im Sechsten Teil der AO in den §§ 249 ff. geregelt ist. Die Ausführungen des Klägers zur Vollstreckung sind aus diesem Grund von vornherein ungeeignet, das Erfordernis einer revisionsrechtlichen Überprüfung des finanzgerichtlichen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung darzulegen. Die ausdrücklich vom Kläger als Zulassungsgrund hervorgehobene „zu entscheidende Frage”, ob —so sinngemäß— eine Finanzbehörde im Wege der Vollstreckung systematisch eine wirtschaftliche Existenz vernichten dürfe, wäre deshalb entgegen seiner Auffassung im Revisionsverfahren weder klärungsbedürftig noch –fähig.

3. Auch soweit der Kläger einzelne Einwände gegen das angefochtene Urteil bezüglich des begehrten Steuererlasses vorbringt, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.). Besonders schwerwiegende, offensichtliche materielle oder formelle Fehler des FG im Sinne einer willkürlichen Rechtsanwendung, die ausnahmsweise die Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative FGO gebieten könnten, liegen ersichtlich nicht vor.

4. Die eher beiläufig erhobene Verfahrensrüge, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen, ist nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger weist hierzu auf den länger währenden Bezug von Krankentagegeld in einer bestimmten Höhe hin, der dem FG habe bekannt sein müssen, ohne dass er selbst aber diesen Umstand zum Gegenstand seiner Klagebegründung gemacht hätte. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung in der Sache ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Fundstelle(n):
HAAAC-85310