Steuerliche Behandlung eines Darlehensverzichts bei sog. Schrottimmobilien
Zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung eines Darlehensverzichts durch die finanzierende Bank bei sog. Schrottimmobilien nimmt das Landesamt wie folgt Stellung:
Sachverhalt:
A erwarb in 1997 eine am fertig gestellte Eigentumswohnung (ETW). Die Anschaffungskosten (AK) der ETW in Höhe von insgesamt 100.000 EURO (davon 10.000 EURO Bodenanteil) refinanzierte A in vollem Umfang durch ein Darlehen der Bank XY. Im Zeitraum 1997 bis 2005 bezahlte A für dieses Darlehen insgesamt 40.000 EURO Schuldzinsen (einschließlich Damnum).
Bei der ESt-Erklärung für 2006 macht A ergänzend zur Anlage V folgende Angaben:
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Schuldzinsen Bank XY, Darlehen Nr. 123456789 | ||
Darlehensstand am | – 104.473 EURO | |
Abzüglich Tilgung Januar 2006 | 161 EURO | |
Abzüglich Tilgung (Einmalbetrag) | 52.000 EURO | |
Schulderlass laut Vereinbarung vom | 52.312 EURO | |
Stand | 0 EURO |
Auf Befragen bezüglich des Schulderlasses teilt A Folgendes mit:
Im Jahr 2004 wurden gegen die Bank XY Schadensersatzforderungen angemeldet. Diese beruhten darauf, dass die Bank in der Vergangenheit im engen Zusammenwirken mit einem Anlageberater zahlreiche Immobilienkäufe finanziert hatte, die im Regelfall überteuert waren und auf falschen Zusagen des Beraters basierten. Die von der Bank im Rahmen der Schadensersatzverhandlungen gemachten finanziellen Zugeständnisse dienten letztlich der Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen. Im Rahmen der mit der Bank getroffenen Vereinbarung vom ist bis zu einem bestimmten Stichtag (hier: ) eine Einmalzahlung (52.000 EURO) zu leisten und im Gegenzug verzichtet die Bank nach Eingang der Zahlung auf die restlichen Forderungen aus dem Darlehensvertrag. Mit der Vereinbarung sind sämtliche etwaigen Schadensersatzansprüche des Darlehensnehmers im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb abgegolten und erledigt.
Frage:
Welche Auswirkungen hat der Schulderlass in Höhe von 52.312 EURO bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung?
Ergebnis:
Der Schulderlass im Jahr 2006 ist wie folgt aufzuteilen:
Soweit in der Vergangenheit berücksichtigte Werbungskosten (zu viel bezahlte Schuldzinsen) ersetzt werden, liegen negative Werbungskosten – und damit im Ergebnis Einnahmen – vor (hier: 14.946 EURO);
Soweit der Erlass zu hohe AK abdeckt, kommt es zu einer Minderung der AK der ETW (hier: 37.365 EURO). Hinsichtlich des Gebäudeanteils (90 % = 33.628 EURO) mindert sich ab VZ 2006 die AfA-Bemessungsgrundlage und das AfA-Volumen.
Dieses Ergebnis basiert auf nachfolgenden Erwägungen:
Der zu beurteilende Schulderlass ist vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Grundstückskaufverträgen über Schrottimmobilien zu würdigen (vgl. Urteil vom XI ZR 6/04, DB 2006 S. 1424). In den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der Kredit gebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts können sich die Erwerber danach unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Erwerbers durch unrichtige Angaben der Vermittler oder Verkäufer über das Anlageobjekt berufen. Im vorliegenden Sachverhalt leistete die finanzierende Bank XY mit dem Schulderlass in Anbetracht der o.g. BGH-Rechtsprechung offenbar Schadensersatz für alle dem A durch den Erwerb der ETW entstandenen Schäden.
Der Schaden des A besteht sowohl aus dem überhöhten Kaufpreis der ETW als auch in den zuviel bezahlten Schuldzinsen für diesen Teilbetrag nebst der dem A entgangenen Verzinsung der zuviel bezahlten Schuldzinsen. Aus diesem Grund muss der erlassene Schuldbetrag aufgeteilt werden, und zwar
in einen Teilbetrag für ersetzte Schuldzinsen zuzüglich entgangener Verzinsung, der zu Einnahmen aus Vermietung führt,
und
in einen Teilbetrag für den überhöhten Kaufpreis der ETW, der nur zur Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage und des AfA-Volumens führt. Dadurch kommt es im Ergebnis dazu, dass sich der überhöhte Teil des Kaufpreises, der schon über die AfA als Werbungskosten abzogen wurde, als Minderung künftiger Werbungskosten auswirkt.
Sachgerecht (und pragmatisch) dürfte wohl eine Aufteilung des Erlassbetrags nach dem Verhältnis der AK der ETW zu den bis zum Erlasszeitpunkt entstandenen Schuldzinsen sein. Es ergibt sich demnach folgende Berechnung:
Darlehensforderungserlass 52.312 Euro × Schuldzinsen 40.000 Euro |
(AK 100.000 Euro + Schuldzinsen 40.000 Euro) |
Danach entfallen von dem Erlassbetrag (52.312 Euro) 14.946 Euro ( 40/140 ) auf ersetzte Schuldzinsen, die bei A im Jahr 2006 als negative Werbungskosten, d.h. im Ergebnis als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln sind.
Zur Minderung der AK der ETW führt dementsprechend ein Teilbetrag von 37.365 Euro (
100 |
140 |
Soweit bisher hinsichtlich des Darlehenserlasses die Auffassung vertreten wurde, dieser Betrag vermindere im Jahr des Erlasses nur die AK der Immobilie, wird hieran ab sofort nicht mehr festgehalten.
Rechtsanwaltskosten, die durch das Aushandeln der Vereinbarung mit der finanzierenden Bank anfallen, sind WK bei den Einkünften aus VuV. In der Sache geht es darum, den wirtschaftlichen Schaden aufgrund einer Investition in eine überteuerte Immobilie zu begrenzen. Im Ergebnis kommt es zum Ersatz der überhöhten AK und der Finanzierungskosten. Die in diesem Zusammenhang angefallenen Rechtsanwaltskosten sind der einkunftsrelevanten Sphäre zuzuordnen und damit als Werbungskosten abziehbar.
Die im Rahmen der Arbeitshilfe zur ESt-Vlg 2007 (NfD) unter Tz. VII. 11 mitgeteilten Verfahren beim FG Nürnberg (V 225/2005 und V 135/2006) sind beide erledigt. Nach der Rücknahme der gegen die Entscheidung des eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde erfolgte im anderen Verfahren die Rücknahme der Klage.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2211.1.1-2/2 St 32/St 33
Fundstelle(n):
CAAAC-85287