BSG Urteil v. - B 10 EG 3/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BEEG § 27 Abs 1; GG Art 3 Abs 1; GG Art 6 Abs 1; BErzGG § 24 Abs 4

Instanzenzug: SG München, S 30 EG 34/07 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für ihre am geborene Tochter Stella Kim ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Nach § 27 Abs 1 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz <BEEG>) gelte für vor dem geborene Kinder grundsätzlich weiterhin das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG); Anspruch auf Elterngeld bestehe in diesen Fällen nicht.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). § 27 Abs 1 Halbsatz 2 BEEG versage Elterngeld für vor dem geborene Kinder eindeutig und absolut. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Gesetzgeber damit gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen habe. Er habe vielmehr eine im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG sachgerechte Lösung gewählt und auch darauf verzichten dürfen, Elterngeld (bei Geburten im Jahre 2006 für die Zeit ab ) anteilig zu gewähren, weil das zu außerordentlichem Verwaltungsaufwand geführt hätte.

Mit ihrer Sprungrevision macht die Klägerin geltend: § 27 Abs 1 BEEG lasse sich - anders als vom SG angenommen - verfassungskonform so auslegen, dass Elterngeld für die Zeit ab Inkrafttreten des BEEG anteilig zu gewähren sei. Mit anderem - aus wörtlicher Interpretation folgendem - Inhalt verstoße die Norm gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung sowie der Verhältnismäßigkeit und sei deshalb verfassungswidrig.

Sie werde ohne sachlichen Grund gegenüber Vätern und Müttern benachteiligt, deren Kinder zwischen dem 1.1. und (etwa) geboren worden seien. Diese nach dem BEEG anspruchsberechtigten Eltern könnten ebenso wenig wie sie durch Aussicht auf Elterngeld zur Zeugung von Kindern motiviert worden sein. Denn das Gesetz sei mit dem Ziel, "Paaren die Familiengründung zu erleichtern und Menschen Mut zu mehr Kindern zu machen", erst am vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Der Ausschluss vom Elterngeld auch für die im Jahr 2007 liegenden ersten 12 Lebensmonate der vor dem geborenen Kinder sei darüber hinaus unverhältnismäßig. Es gebe keinen stichhaltigen Grund gegen anteiliges Elterngeld ab , wie es im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen aber mehrheitlich abgelehnt worden sei (Hinweis auf BT-Drucks 16/2785 S 33).

Die Klägerin beantragt,

das sowie den Bescheid des Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr vom 1.1. bis zum Elterngeld für ihre Tochter Stella Kim zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält § 27 Abs 1 BEEG für verfassungsgemäß und stützt sich dafür auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Stichtagsregelung bei Einführung des (Bundes-)Erziehungsgeldes (Erzg) - (Beschluss <Kammer > vom - 1 BvR 1233/87 -SozR 7833 § 1 Nr 3).

II

Die Revision ist zulässig.

Nach § 161 Abs 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der Beklagte hat der Einlegung einer "(Sprung-)Revision" zugestimmt. Seine schriftliche Erklärung, auf die die Klägerin in ihrer Revisionsschrift Bezug genommen hat, ist beim Bundessozialgericht (BSG) zusammen mit der Prozessakte erster Instanz innerhalb der Revisionsfrist eingegangen.

Ob das SG die Revision bereits im Urteil vom zugelassen hat, erscheint zweifelhaft. Der Tenor enthält keine Zulassungsentscheidung. Eine Zulassung in den Entscheidungsgründen genügt nur, wenn sich aus dem Wortlaut ergibt, dass das Gericht die Zulassung beschlossen hat (BSG SozR 1500 § 161 Nr 16 und BSG SozR 1500 § 150 Nr 30). Dazu hat das SG im vorletzten Absatz der Entscheidungsgründe zwar ausgeführt: Weil sich eine zusätzliche Sachverhaltsermittlung erübrige und damit auf die Einschaltung einer weiteren Tatsacheninstanz verzichtet werden könne, sei dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision nach § 161 Abs 1 Satz 1 SGG zu folgen. Dieser Formulierung lässt sich aber eine bereits am nach Beratung mit den ehrenamtlichen Richtern beschlossene Zulassung nicht sicher entnehmen.

Zweifelhaft ist auch, ob die Revision wirksam durch einen - nur vom Vorsitzenden unterzeichneten - Beschluss zugelassen worden ist, den das SG auf einem gesonderten, nur mit dem Aktenzeichen versehenen Blatt im Anschluss an die Niederschrift des - auch von den ehrenamtlichen Richtern unterzeichneten - Tenors seines ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils festgehalten hat.

Diese Zweifel scheint das SG geteilt zu haben. Denn nachdem die Klägerin die schriftliche Zustimmung des Beklagten zur Einlegung der Revision vorgelegt hatte, hat es die Revision gegen das am zugestellte Urteil auf Antrag der Klägerin außerdem durch einen weiteren Beschluss vom zugelassen. Jedenfalls in diesem in gehöriger Form (§ 142 Abs 1 iVm § 136 SGG) ergangenen und den Beteiligten zugestellten Beschluss des SG liegt eine wirksame Revisionszulassung. Die falsche Besetzung des SG - allein mit dem Vorsitzenden -macht diesen Beschluss nicht unwirksam (vgl BSGE 45, 138 = SozR 1500 § 161 Nr 20).

Die Revision ist nicht begründet, weil das BEEG nach der Stichtagsregelung in dessen § 27 Abs 1 auf Geburten vor dem grundsätzlich nicht anzuwenden ist. Diese Vorschrift lässt sich nur so verstehen, dass Eltern vor dem geborener Kinder - wie die Klägerin -keinen Anspruch auf Elterngeld haben. Das ist nicht verfassungswidrig.

§ 27 Abs 1 BEEG und § 24 Abs 4 BErzGG (jeweils idF vom <BGBl I 2748>) regeln den Übergang vom Erzg auf das Elterngeld, indem sie - abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen einer Aufnahme des Kindes mit dem Ziel der Adoption - bestimmen: Für nach dem geborene Kinder gilt das BEEG (§ 24 Abs 4 BErzGG), für vor dem geborene Kinder sind die Vorschriften des BErzGG weiterhin anzuwenden; ein Anspruch auf Elterngeld besteht in den letztgenannten Fällen nicht (§ 27 Abs 1 Halbsatz 2 BEEG). Es handelt sich insoweit mithin, abgegrenzt nach dem Geburtsjahr des Kindes, um ein ausnahmslos exklusives zeitliches Nacheinander der Leistungssysteme. Das bestätigt die Gesetzesgeschichte. Der Antrag, Eltern vor dem geborener Kinder von diesem Tage an fakultativ Elterngeld zu gewähren, hat im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend keine Mehrheit gefunden (BT-Drucks 16/2785, S 33). Auslegungsspielräume bestehen danach nicht (vgl BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 1075/07 - RdNr 4).

Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass § 27 Abs 1 BEEG mit diesem Inhalt gegen die Verfassung verstößt.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 101, 239, 270). § 27 Abs 1 BEEG behandelt die Eltern - noch - im Jahr 2006 und - erst - im Jahr 2007 geborener Kinder unterschiedlich: Anspruch auf das zum eingeführte Elterngeld hat nur die zweite Gruppe. Angehörige der ersten Gruppe sind davon ausgeschlossen, auch wenn sie - ab - sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Diese ungleiche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt.

Art 3 Abs 1 GG verbietet dem Gesetzgeber nicht, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfG <Kammer> SozR 7833 § 1 Nr 3). Ungleichheiten, die durch einen Stichtag entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines solchen notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (BVerfGE 75, 78, 106; 87, 1, 43; 101, 239, 270; 117, 272, 301). Das ist hier der Fall, obwohl der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber um so engere Grenzen zieht, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundgesetzlich - hier durch Art 6 Abs 1 GG - geschützter Freiheitsrechte auswirken kann (BVerfGE 111, 160, 169).

Mit dem BEEG hat der Gesetzgeber die familienpolitischen Leistungen neu ausgerichtet und dazu das bedürftigkeitsabhängige Erzg durch ein verstärkt Einkommenseinbußen ersetzendes Elterngeld mit dem Ziel abgelöst, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn Eltern vorrangig ihre Kinder betreuen (BT-Drucks 16/1889, S 2). Bei diesem Systemwechsel war - abgesehen von dem Zeitpunkt seiner Einführung - auch darüber zu entscheiden, wie Lebenssachverhalte zu behandeln sind, die vor Geltung des neuen Rechts begonnen, aber nach altem Recht noch nicht abgewickelt waren. Der Gesetzgeber hat sie ab Inkrafttreten des neuen Rechts am nicht abrupt diesem unterworfen, sondern es insoweit für die Geburtsjahrgänge 2006 und früher übergangsweise bei der Weitergeltung des alten Rechts belassen.

Er ist damit dem Grundsatz gefolgt, neues Recht nur auf neue Fälle anzuwenden (Leistungsfallprinzip). Die Rechtsprechung hat in Regelungen nach diesem Prinzip selbst dann keine verfassungswidrige Härte erkannt, wenn die Betroffenen den Eintritt des Leistungsfalles (ebenso wenig wie die Eltern das genaue Geburtsdatum ihres Kindes) nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen konnten (vgl zu diesem Gesichtspunkt BVerfGE 111, 160, 169 f) und sogar "Altfälle" von lebenslang zu gewährenden existenzsichernden Dauerleistungen ausgeschlossen wurden (vgl zum Opferentschädigungsgesetz BSGE 56, 90 ff= SozR 3800 § 10 Nr 1; nachgehend BVerfG SozR 3800 § 10 Nr 2). Elterngeld ist demgegenüber eine relativ kurzzeitige Leistung, die Eltern regelmäßig ab der Geburt ihres Kindes zusteht. Deshalb liegt es schon von der Natur der Sache her nahe, insoweit neues Recht nur auf Geburtsfälle ab Geltung des neuen Rechts anzuwenden.

Diesem Grundsatz ist der Gesetzgeber schon bei Einführung des Erzg gefolgt. Anspruchsberechtigt nach dem am in Kraft getretenen Gesetz waren nur die Eltern - und sonstigen Berechtigten - nach dem geborener Kinder (vgl § 1 Abs 1 Nr 2 BErzGG idF vom <BGBl I 2154>; siehe dazu BVerfG <Kammer> SozR 7833 § 1 Nr 3). Auch die Anspruchsdauer war jeweils abhängig vom Geburtsjahrgang des Kindes. Nach § 4 Abs 1 BErzGG idF vom wurde Erzg vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 10. Lebensmonats gewährt, für Kinder vom Geburtsjahrgang 1988 an dann bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats. An das Leistungsfallprinzip hat der Gesetzgeber sich auch bei späteren Leistungsverbesserungen (Verlängerungen der Anspruchsdauer, vgl § 4 Abs 1 BErzGG idF vom <BGBl I 1550> und vom <BGBl I 2142>) sowie bei Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen (Senkung der anspruchsausschließenden Einkommensgrenze, vgl § 5 Abs 3, § 24 Abs 2 BErzGG idF vom <BGBl I 3076, 3087 f, 3090>) gehalten.

Eine an den Geburtsjahrgang anknüpfende Stichtagsregelung hätte sich beim Übergang von Erzg auf Elterngeld allerdings verbieten können, wenn mit dem BEEG eine verfassungswidrige Rechtslage hätte beseitigt werden sollen (vgl dazu BVerfGE 68, 155, 173 f; 88, 203, 258 ff) oder damit soziale Härten für die Betroffenen verbunden gewesen wären. Beides ist nicht der Fall. Das abgelöste BErzGG ist nicht verfassungswidrig, insbesondere die Einkommensgrenze, bei deren Überschreiten der Anspruch auf Erzg übergangslos entfällt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 22 = FamRZ 2008, 145 ff). Zu sozialen Härten führt der Übergang von Erzg auf das Elterngeld nicht. Im Gegenteil: Gerade einkommensschwache Eltern mit Kindern des Geburtsjahrgangs 2006 und früher erhalten weiterhin Leistungen für 24 statt nur für höchstens 14 Monate.

Zugleich sind damit allerdings Eltern vor dem geborener Kinder von jeglicher Leistung - auch erst ab dem - ausgeschlossen, wenn sie die Einkommensgrenze des BErzGG überschritten und deshalb weiterhin keinen Anspruch auf Erzg haben, die Anspruchsvoraussetzungen des neuen Elterngeldes aber an sich erfüllen. Dieses Ergebnis hätte sich durch die von der Klägerin geforderte zusätzliche Übergangsregelung zwar vermeiden lassen. Der Gesetzgeber hat sich unter hinreichender Würdigung der in Betracht kommenden Faktoren aber gegen eine solche differenzierte zeitliche Anknüpfung entschieden und allein auf den Tag der Geburt des Kindes abgestellt.

Entscheidende Gesichtspunkte dafür sind Mehrkosten und erhöhter Verwaltungsaufwand. Das finanz- und haushaltspolitische Konzept beim Wechsel der Leistungssysteme ging davon aus, dass in einem Übergangszeitraum von 2007 bis 2009 die Ausgaben für Elterngeld sich schrittweise aufbauen und - kompensierend - die Ausgaben für das abgelöste Erzg sinken würden (vgl BT-Drucks 16/1889, S 3, 17). Die Ausgaben für diese Jahre wurden mit 3.520, 4.380 und 3.778 Millionen Euro angenommen. Dieses Ablösungskonzept wäre durch die von der Klägerin geforderte Übergangsregelung empfindlich gestört worden. Die Ausgaben für Elterngeld hätten sich - beginnend mit dem Jahresanfang 2007 - nicht schrittweise aufgebaut. Sie hätten übergangslos auf einem hohen Niveau eingesetzt, ohne dass dem - entsprechend verstärkte -Minderausgaben für Erzg gegenübergestanden hätten. Mehrausgaben wären zwar nicht auf Dauer, sondern nur - in abnehmender Höhe - für 14 Monate entstanden. Sie hätten aber nach Einschätzung der gesetzgebenden Organe mindestens 520 Millionen Euro betragen. Dementsprechend wurde eine solche Übergangsregelung im Rahmen der für das Elterngeld bereitgestellten Mittel als nicht finanzierbar angesehen (vgl BT-Petitionsausschuss, Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig., öffentliche Petition Nr 191; siehe dazu auch BT-Drucks 16/6954, S 4).

Die von der Klägerin angestrebte Lösung hätte zudem aus Vertrauensschutzgründen Vergleichsberechnungen erforderlich gemacht, um zu ermitteln, ob im jeweiligen Einzelfall altes oder neues Recht vorteilhafter wäre: Ist es günstiger, 24 Monate 300 Euro zu erhalten oder für die Monate ab Elterngeld nach dem Einkommensersatzprinzip? Das hätte zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand geführt (vgl BT-Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Protokoll der 16. Sitzung vom , S 27), der von den für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlichen und dadurch ohnehin schon personell geforderten Ländern (vgl Oettinger, BR-Plenarprotokoll 827 S 336 <D>) hätte geleistet werden müssen und deren Zustimmung zum BEEG im Bundesrat hätte fraglich erscheinen lassen (vgl BT-Petitionsausschuss, aaO). Ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch Vergleichsberechnungen hätte allerdings all jenen Eltern schon 2006 geborener Kinder ab Elterngeld gewährt werden können, die nach ihrem Einkommen vom Erzg - eindeutig oder in Grenzfällen durch ablehnenden Bescheid - ausgeschlossen waren. Gerade diese Fälle hätten aber den Großteil der Mehrkosten ausgemacht.

Die von der Klägerin darüber hinaus als Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG geltend gemachte, je nach Geburtsdatum unterschiedliche Behandlung solcher Eltern, die ihr Kind gleichermaßen vor Verabschiedung des Gesetzes und damit ohne konkrete Aussicht auf Elterngeld gezeugt haben, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die fehlende Aussicht auf Elterngeld im Zeitpunkt der Zeugung ist kein Merkmal, das den Gesetzgeber zu einer Gleichbehandlung aller betroffenen Eltern veranlassen musste. Denn Elterngeld soll nach der Zielsetzung des BEEG keine Zeugungs- oder Geburtsprämie sein; es soll vielmehr ganz allgemein Paaren die Familiengründung erleichtern, einen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung von Familien leisten und die Wahlfreiheit zwischen den verschiedenen Lebensentwürfen mit Kindern unterstützen (BT-Drucks 16/1889 S 1). Auch wenn der Gesetzgeber daneben das bevölkerungspolitische Ziel höherer Geburtenraten mitgedacht haben mag, versteht er sein Elterngeld jedenfalls nicht vorrangig als Instrument zur Korrektur demografischer Fehlentwicklungen. Es geht ihm vor allem um diejenigen, die ohnehin Eltern werden (vgl Seiler, NVwZ 2007, 129, 133). Bei diesem Konzept ist es verfassungsrechtlich nicht verboten, innerhalb der Gruppe von Eltern, bei deren Familienplanung sich staatliche Anreize - noch - nicht auswirken konnten, nach dem Geburtsdatum des Kindes zu unterscheiden.

Gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt schließlich nicht, dass das Gesetz natürliche Eltern und Adoptionseltern unterschiedlich behandelt, indem es den vierzehnmonatigen Leistungszeitraum bei natürlichen Eltern mit dem Tag der Geburt des Kindes beginnen lässt, bei Adoptionseltern aber erst mit dessen "Aufnahme bei der berechtigten Person" (§ 4 Abs 1 BEEG). Adoptionseltern können deshalb zwar - anders als natürliche Eltern - auch für ein vor dem geborenes Kind Elterngeld beanspruchen, vorausgesetzt, sie haben es erst nach 2006 aufgenommen. Damit werden aber, dem Gebot des Art 3 Abs 1 GG folgend, lediglich unterschiedliche Sachverhalte ihrer Eigenart entsprechend unterschiedlich geregelt, weil der "Beginn des Zusammenlebens", der mit "besonderen Anforderungen an die fürsorglichen Leistungen der Eltern verbunden ist" (BT-Drucks 16/1889, S 23) und als Frühphase der Elternschaft durch Gewährung von Elterngeld erleichtert werden soll (BT-Drucks, aaO, S 2), bei natürlichen Eltern regelmäßig mit dem Tag der Geburt des Kindes, bei Adoptionseltern aber erst mit dessen Aufnahme einsetzt.

Das Fehlen einer die Klägerin begünstigenden Übergangsregelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem aus Art 6 Abs 1 GG hergeleiteten Gebot zur Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich (vgl dazu BVerfGE 111, 160, 172). Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklichen will. Das konnte gleichermaßen durch das - allerdings nur bis zu bestimmten Einkommensgrenzen gewährte - Erzg wie durch das stärker als Einkommensersatzleistung konzipierte Elterngeld geschehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
ZAAAC-84384