Die Frage der abweichenden Steuerfestsetzung bei nachträglich der Umsatzsteuer unterworfenen Schönheitsoperationen ist geklärt
Gesetze: AO § 163, UStG § 4 Nr. 14
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, der in den Streitjahren 1996 bis 2000 als Arzt medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen durchgeführt hatte.
Im Anschluss an eine Außenprüfung gelangte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zu der Rechtsauffassung, dass medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) fielen, und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest.
Nachdem ein für die Jahre 1996 bis 1998 durchgeführtes Klageverfahren sowie die Revision mit (BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862) und eine Verfassungsbeschwerde () erfolglos geblieben waren, beantragte der vormalige Kläger ein Absehen von der Besteuerung aus Billigkeitsgründen nach § 163 der Abgabenordnung (AO). Zur Begründung führte er aus, weder aus Verwaltungsanweisungen noch aus der Rechtsprechung habe sich ergeben, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nur die heilberufliche Tätigkeit eines Arztes umfasse. Auch nach Ergehen des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom Rs. C-384/98 (Slg. 2000, I-6795, Umsatzsteuer-Rundschau 2000, 432) sowie des Erlasses des (BStBl I 2001, 157) hätten einzelne Oberfinanzdirektionen (OFD) aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Besteuerung angeordnet, nicht jedoch die für den vormaligen Kläger zuständige OFD Berlin.
Nachdem das FA den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO abgelehnt sowie einen hiergegen eingelegten Einspruch u.a. mit der Begründung zurückgewiesen hatte, § 4 Nr. 14 UStG diene der Entlastung der Sozialversicherungsträger, die jedoch bei medizinisch nicht indizierten Maßnahmen nicht leistungspflichtig seien, wies das Finanzgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, ein Ermessensfehler des FA sei nicht erkennbar, weil die Steuerfestsetzungen nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwider liefen. Der BFH habe bereits mit Urteil vom V R 95/76 (BFHE 123, 199, BStBl II 1977, 879) zu Arzneimittelverkäufen eines Arztes aus der Hausapotheke entschieden, dass nicht jegliche Tätigkeit eines Arztes, sondern nur die Ausübung der Heilkunde nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit sei. Das FA habe auch keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, aufgrund dessen der vormalige Kläger auf eine Steuerbefreiung dieser Umsätze nach Treu und Glauben hätte vertrauen dürfen. Der Kläger habe weder eine Auskunft beim FA eingeholt noch eine verbindliche Zusage erhalten. Es hätten in den Streitjahren auch keine entsprechenden Verwaltungsrichtlinien bestanden. Auf eine Billigkeitsregelung der OFD Karlsruhe könne er sich nicht berufen, weil es keinen Anspruch auf Ausdehnung einer gesetzwidrigen Billigkeitsregelung in den Bereich einer anderen OFD gebe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Zu klären sei die Rechtsfrage, ob sich aus Billigkeitsregelungen einzelner OFD ein Anspruch auf Gleichbehandlung ergebe. Drei süddeutsche OFD hätten „in nahezu gesetzwidriger Weise” ihre Schönheitskliniken von der Besteuerung ausgenommen. Der Grundsatz, wonach es keine Gleichbehandlung im Unrecht gebe, gelte in diesem Falle nicht.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde —wie im Streitfall— auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt, so muss der Beschwerdeführer darlegen, dass die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Hierzu muss er nach ständiger Rechtsprechung des BFH in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert darlegen, aus welchen Gründen und in welchem Umfang die Rechtsfrage umstritten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 2/96, BFH/NV 1997, 411; vom VII B 282/98, BFH/NV 2000, 74). Daran fehlt es. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes kein Anspruch auf Ausdehnung einer gesetzwidrigen Verwaltungspraxis entnommen werden (, BFH/NV 2007, 966). Aus welchen Gründen im Streitfall etwas anderes gelten soll, hat die Klägerin nicht substantiiert ausgeführt.
2. Im Übrigen hat der Senat in einem gleich gelagerten Fall, in dem es ebenfalls um eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach Schönheitsoperationen ging, mit Beschluss vom V B 8/06 (BFH/NV 2008, 320) bereits entschieden, dass schlichtes Verwaltungsunterlassen durch jahrelanges Unterlassen der Besteuerung von Schönheitsoperationen keine hinreichende Vertrauensgrundlage für einen Billigkeitserlass begründet und sich zudem aus der unterschiedlichen Verwaltungspraxis einzelner OFD kein Anspruch auf Ausdehnung einer gesetzwidrigen Besteuerung herleiten lässt. Auch im Hinblick auf diese Entscheidung fehlt es an der von der Klägerin geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1373 Nr. 8
OAAAC-82772