Besuchsfahrten zur betagten Mutter als außergewöhnliche Belastung
Gesetze: EStG § 33
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) machte ohne Erfolg den Abzug seiner Aufwendungen für 15 bzw. 18 Besuchsfahrten zu seiner betagten Mutter als außergewöhnliche Belastung (§ 33 des Einkommensteuergesetzes) geltend.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, derartige Aufwendungen könnten nach den Urteilen des (BFHE 140, 556, BStBl II 1984, 484) und vom III R 28/89 (BFH/NV 1992, 96) als Krankheitskosten zu beurteilen sein, wenn sie zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen würden, was durch ein ärztliches Attest nachzuweisen sei. Das vorgelegte Attest reiche insoweit jedoch nicht aus, weil es nicht mitteile, ob der ausstellende Arzt die Mutter im streitigen Zeitraum selbst behandelt habe. Die Besuchsfahrten seien zudem nicht ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit durchgeführt worden, sondern auch zur Hilfeleistung bei anstehenden Erledigungen, zum Beispiel dem Umzug der Mutter, der Haushaltsauflösung und dem Hausverkauf. Aus dem Attest gehe auch nicht hervor, dass die Besuche entscheidend zur Linderung ihres depressiven Leidens beigetragen hätten oder welche Art von Therapie der Kläger durchgeführt habe; Besuche zur Abwehr drohender Vereinsamung alter Menschen erfüllten nach dem Senatsurteil in BFH/NV 1992, 96 nicht das Merkmal der Außergewöhnlichkeit.
Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, das ärztliche Ergänzungsattest vom genüge den Anforderungen der Aufklärungsanordnungen des FG vom 23. Oktober und und belege, dass die Besuche in den Streitjahren therapeutisch notwendig gewesen seien. Indem das FG keine Fristverlängerung gewährt und damit die Möglichkeit abgeschnitten habe, dieses Attest beizubringen, beruhe sein Urteil auf dem Verfahrensfehler mangelnder Sachaufklärung.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Das FG hat seine Sachaufklärungspflicht nicht verletzt.
Auf die Einhaltung des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 76 FGO) kann ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Ist für ihn erkennbar, dass das FG einen Beweis nicht erheben will und unterlässt er es, dies zu rügen, so hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des , BFH/NV 2005, 1330, und vom III B 119/05, BFH/NV 2006, 1844, jeweils m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 101 und § 116 Rz. 49). Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich nicht, dass der Klägervertreter oder der Kläger die Einholung eines weiteren Attestes oder die Gewährung einer Frist zu dessen Beibringung beantragt haben.
Das FG hat allerdings zur Erfüllung seiner Sachaufklärungspflicht den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d.h. unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, aufzuklären (, BFH/NV 2000, 1097; BFH-Beschlüsse vom VII B 19/99, BFH/NV 1999, 1635, und vom II B 109/02, BFH/NV 2004, 156) und im Zweifel auch unabhängig von den Beweisanträgen der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO) von sich aus Beweise zu erheben (, BFH/NV 1989, 38, und vom IX R 101/90, BFHE 174, 301, BStBl II 1994, 660). Lässt das FG Tatsachen oder Beweismittel außer Acht, deren Ermittlungen sich ihm hätten aufdrängen müssen, so verletzt es seine Sachaufklärungspflicht (, BFH/NV 2004, 1498).
Im Streitfall hat das FG den Kläger mit —nicht zugegangener— Aufklärungsanordnung vom sowie der am zugestellten Anordnung vom aufgefordert, ein ärztliches Attest vorzulegen, das für die Streitjahre 2000 und 2001 nachweist, dass die vom Kläger unternommenen Besuche therapeutisch notwendig gewesen seien und entscheidend zur Förderung des Heilungsprozesses oder Linderung der Krankheit beigetragen hätten. Nachdem der Kläger am , drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung, mitteilte, das angeforderte Attest könne nicht vorgelegt werden, da der behandelnde Arzt verstorben sei, bestand für das FG kein Anlass, den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären.
Fundstelle(n):
JAAAC-82765