Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung einer Vorschusszahlung auf eine Kapitalherabsetzung als Kapitalrückzahlung; Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze sind materielle Rechtsfehler
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitpunkt ist, ob die Vereinbarung des Wegfalls der Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens in Zusammenhang mit einer beabsichtigten Kapitalherabsetzung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt. Streitjahre sind 1992 bis 1994.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, gewährte ihrem alleinigen Gesellschafter X im November 1991 ein mit 6 % p.a. zu verzinsendes Darlehen über 4,2 Mio. DM. Im schriftlichen Darlehensvertrag wurde Folgendes vereinbart:
„Die (Klägerin) beabsichtigt, ihr Stammkapital von DM 5 Mio. auf DM 800.000 herabzusetzen. Der Herabsetzungsbetrag…ist mit dem Darlehen…zu verrechnen. Die Verrechnung erfolgt zum Zeitpunkt der notariellen Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung. Von diesem Zeitpunkt an entfällt auch die Verzinsung”.
Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloss am zu notarieller Urkunde eine Kapitalherabsetzung von 5 Mio. DM auf 800 000 DM. Die Klägerin forderte den beurkundenden Notar im April 1998 auf, die Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister zu veranlassen; die Eintragung erfolgte am .
Die Klägerin berücksichtigte in ihrer Bilanz zum eine Zinsforderung gegen X in Höhe von 251 587,40 DM. In den Bilanzen zum 31. Dezember der Jahre 1993 und 1994 aktivierte sie keine Zinsforderungen mehr.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) übernahm im Rahmen der körperschaft- und gewerbesteuerlichen Erfassung der Streitjahre für 1992 den Ansatz der von der Klägerin aktivierten Zinsforderung gegen X. Für die Jahre 1993 und 1994 rechnete es dem Gewinn der Klägerin außerbilanziell jeweils 252 000 DM —6 % der Darlehenssumme— als vGA hinzu.
Mit ihrer deswegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine Reduzierung des Bilanzgewinns für das Streitjahr 1992 um 244 683 DM; das ist jener Teilbetrag der aktivierten Zinsforderung, der über die Zinsen für die Zeit vom 1. bis zum hinausgeht. In Bezug auf die Streitjahre 1993 und 1994 wendet sich die Klägerin gegen die Hinzurechnung der vGA.
Das Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern hat die Klage mit Urteil vom 1 K 45/04 als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abgewiesen.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und zieht zur Begründung alle in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgeführten Zulassungsgründe heran.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. 1. Der Senat geht aufgrund der Bezeichnung der Klagegegenstände in der Beschwerdebegründung davon aus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde sich nicht auch auf die Streitgegenstände bezieht, hinsichtlich derer das FG die Klage als unzulässig abgewiesen hat (Gewerbesteuermessbeträge 1992 und 1993).
2. Die so verstandene Beschwerde ist unzulässig und deshalb zurückzuweisen. Die Klägerin hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO keinen der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe hinreichend dargetan.
a) Die Rüge, das FG habe bei der Auslegung des Darlehensvertrages gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze und gegen die Logik verstoßen, ist zur Darlegung eines Verfahrensfehlers i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO grundsätzlich ungeeignet. Derartige Verstöße wären keine Verfahrensfehler, sondern materielle Rechtsfehler, die —jedenfalls soweit es um die Auslegung einer individuellen Vertragsbestimmung geht— als Revisionszulassungsgrund nicht in Betracht kommen (, juris; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82 f., jeweils m.w.N.).
Im Übrigen sind die Einwände der Klägerin auch sachlich nicht begründet. Die Auslegung der streitigen Vertragsbestimmung dahin, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch mit dem künftigen, mit Wirksamwerden der beabsichtigten Kapitalherabsetzung entstehenden Rückzahlungsanspruch des X verrechnet werden sollte, ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelung. Dass die Verrechnung und der Wegfall der Verzinsung nach dem Inhalt der Vereinbarung bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung und nicht erst mit deren Eintragung im Handelsregister erfolgen sollten, steht dem nicht zwingend entgegen. Denn die Vertragsparteien könnten —wie das FG angenommen hat— rechtsirrtümlich davon ausgegangen sein, dass die Kapitalherabsetzung zivilrechtlich bereits mit dem entsprechenden Herabsetzungsbeschluss der Gesellschafterversammlung wirksam wird. Mithin ist das vom FG gefundene Auslegungsergebnis zumindest möglich; der Senat wäre gemäß § 118 Abs. 2 FGO in einem Revisionsverfahren daran gebunden.
b) Demnach kommt es auf die Angriffe der Klägerin gegen die Hilfserwägung des FG, dass eine vGA auch vorliegen würde, wenn die streitige Vereinbarung so zu verstehen wäre, dass damit ein Anspruch des X auf vorschüssige Auszahlung des künftigen Rückzahlungsanspruchs aus der Kapitalherabsetzung und dessen Verrechnung mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin vereinbart worden sei, nicht mehr an.
Davon abgesehen wären insoweit die von der Klägerin geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht gegeben. Denn die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die BFH-Rechtsprechung hinreichend geklärt: Danach setzt eine steuerliche Anerkennung der Vorschusszahlung auf eine Kapitalherabsetzung als echte Kapitalrückzahlung voraus, dass die Beteiligten im Zeitpunkt der Zahlung (hier: Verrechnung) alles unternommen haben, was zur Herbeiführung der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung erforderlich ist (, BFHE 118, 230, BStBl II 1976, 341; vom VIII R 69/93, BFHE 178, 166, BStBl II 1995, 725; Senatsbeschluss vom I B 20/06, BFH/NV 2007, 108). Davon kann im Streitfall, in dem die Eintragung der Kapitalherabsetzung nach den Feststellungen des FG erst mehr als sechs Jahre nach dem Gesellschafterbeschluss zum Handelsregister angemeldet worden ist, nicht die Rede sein.
Plausible Gründe dafür, dass dies —wie die Klägerin offenbar meint— anders gesehen werden müsste, wenn die Vorschusszahlung gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verstoßen und deshalb einen Erstattungsanspruch der Gesellschaft nach § 31 Abs. 1 GmbHG auslösen würde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ein Verstoß der Vorschusszahlung gegen § 30 Abs. 1 GmbHG wäre vielmehr ein zusätzlicher Grund für die Annahme einer vGA (vgl. Senatsurteil vom I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69 zum Verstoß gegen das aktienrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1362 Nr. 8
TAAAC-81875