BAG Urteil v. - 8 AZR 77/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 613a

Instanzenzug: ArbG Celle, 2 Ca 128/05 vom LAG Niedersachsen, 5 Sa 2105/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Arbeitsvergütung und anteiligem Urlaubsgeld.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der C GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin betrieb in C mehrere Hotels, darunter das Hotel "B". In diesem ist die Klägerin seit dem als Etagenhilfe beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag vom enthält ua. folgende Vereinbarungen:

"1. Auf das Arbeitsverhältnis finden die tariflichen Bestimmungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Niedersachsen Anwendung, sofern hier keine anderen Abmachungen getroffen sind.

...

5. Das Arbeitsentgelt beträgt EUR -863,42- Brutto pro Monat bei einer 25,0 Std./Woche. Mehrstunden soweit erforderlich, werden mit dem Tariflohn von EUR -7,97- abgerechnet"

Neben dem Arbeitsentgelt entsprechend Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erhielt die Klägerin monatlich ein anteiliges Urlaubsgeld in Höhe von 20,90 Euro brutto.

Am schloss der Beklagte mit der Hotel F G mbH & Co. KG einerseits und der A mbH S einen "Betriebsstättenkaufvertrag". Mit diesem veräußerte er an die Hotel F G mbH & Co. KG, die als Besitzgesellschaft fungieren sollte, das Sachanlagevermögen der Insolvenzschuldnerin sowie deren Geschäftsunterlagen für Vertriebsorganisation, Marketing, Materialbeschaffung und den Kundenstamm. Der A mbH S, die als Betriebsgesellschaft fungieren sollte, veräußerte er die auf dem Betriebsgrundstück der Insolvenzschuldnerin vorhandenen und in ihrem Eigentum stehenden Warenbestände. Weiter sollten nach dem "Betriebsstättenkaufvertrag" am der Besitz sowie die Nutzungen und Lasten auf die Erwerber übergehen. Zeitgleich sollte die A mbH S den Auftragsbestand übernehmen. Ferner sollte die A mbH S im Zuge des Betriebsübergangs die in der Anlage 2 zum "Betriebsstätten-kaufvertrag" benannten Arbeitnehmer, zu denen die Klägerin zählte, übernehmen. § 2 des "Betriebsstättenkaufvertrags" lautet - soweit hier von Interesse -:

"Die Käuferin hat das Wahlrecht, ob sie ab dem mit allen Rechten und Pflichten in die bestehenden Leasing-/Mietverträge eintritt, oder ob sie die Übernahme dieser Verträge ablehnt. ...

Das Wahlrecht kann für jeden einzelnen Leasing-/Mietvertrag unterschiedlich ausgeübt werden. Der Eintritt in die Verträge muss bis spätestens erklärt werden, anderenfalls gilt die Vertragsübernahme seitens der Käuferin als abgelehnt."

Weder die Hotel F G mbH & Co. KG noch die A mbH S trat in den mit den Eigentümern des Hotels B bestehenden Mietvertrag ein. Erst auf Grund eines neuen Mietvertrags übernahm die A mbH S das Hotel "B" mit Wirkung zum . In der Zwischenzeit betrieb der Beklagte das Hotel "B" weiter. Er übte das Direktionsrecht in Bezug auf die Arbeitnehmer aus und wickelte den Zahlungs- und Rechnungsverkehr ab, wobei er die erzielten Erlöse vereinnahmte. Die Klägerin erbrachte im Februar 2005 ihre Arbeitsleistung, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung der Vergütung für den Monat Februar 2005 und eines anteiligen Urlaubsgeldes. Sie meint, der Beklagte schulde diese Zahlungen, da er das Hotel B im Februar 2005 betrieben habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 863,42 Euro brutto sowie weitere 20,90 Euro brutto anteiliges Urlaubsgeld für Februar 2005 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, Entgeltansprüche der Klägerin für den Monat Februar 2005 richteten sich nicht gegen ihn, sondern gegen die A mbH S. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsfortführung komme es nicht an, wenn sich der Betriebsübernehmer vertraglich verpflichtet habe, den Betrieb zu einem früheren Zeitpunkt fortzuführen; er übernehme dann die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Zeitpunkt. Eine dem § 613a BGB widersprechende Benachteiligung des Arbeitnehmers läge nur dann vor, wenn Veräußerer und Erwerber für den Betriebsübergang vertraglich einen Zeitpunkt nach dem tatsächlichen Übergang des Betriebs festgelegt hätten. Er habe sich mit der A mbH S jedoch auf die Übernahme des Hotels zum und damit auf einen vor der tatsächlichen Betriebsfortführung liegenden Zeitpunkt verständigt. Der Umstand, dass er den Betrieb bis zur tatsächlichen Fortführung durch die A mbH S aufrechterhalten habe und damit den Betriebsübergang zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht und den Arbeitsplatz der Klägerin für die Zwischenzeit gesichert habe, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht gegen die A mbH S, sondern gegen den Beklagten zu.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich die Entgeltansprüche der Klägerin für den Monat Februar 2005 gegen den Beklagten richten. Er sei in seiner Funktion als Insolvenzverwalter der C GmbH & Co. KG im Februar 2005 noch Arbeitgeber der Klägerin gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei nicht vor dem durch Betriebsübergang auf die A mbH S übergegangen. Der Betriebsübergang trete mit dem tatsächlichen Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Die Inhaberschaft gehe dann über, wenn der Erwerber die wirtschaftliche Einheit nutze und fortführe. Nach diesen Grundsätzen sei von einem Betriebs(teil-)übergang erst zum auszugehen, weil die A mbH S die wesentlichen Betriebsmittel des Hotels "B" und dessen Leitung erst zum übernommen habe. Vor Abschluss der Mietverträge habe es an einer grundsätzlichen Voraussetzung für den Übergang des Betriebs bzw. Betriebsteils gefehlt. Im Februar 2005 habe der Beklagte den Betrieb geführt. Er habe den Rechnungs- und Zahlungsverkehr abgewickelt, die Erlöse vereinnahmt und das Direktionsrecht in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse ausgeübt. Die Verpflichtung der A mbH S, die Arbeitnehmer des Hotels "B" bereits zum zu übernehmen, führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar könne die Verpflichtung des Erwerbers, die Arbeitnehmer eines Betriebs weiterzubeschäftigen, im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse für die Übernahme eines Betriebs sprechen. Gehe aber der Betrieb entgegen der Abrede nicht auf den Erwerber über und führe der Veräußerer den Betrieb (vorübergehend) fort, bleibe der Veräußerer bis zur tatsächlichen Übergabe der wesentlichen Betriebsmittel und der Übernahme der Leitung durch den Erwerber gegenüber den Arbeitnehmern im Obligo. Der Zeitpunkt des Betriebsübergangs könne nicht nach Gutdünken des Veräußerers oder des Erwerbers auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden. Sofern vertragliche Vereinbarungen aus einem Betriebsübernahmevertrag nicht erfüllt würden, hätten der Veräußerer und der Erwerber sich darüber im Innenverhältnis auseinanderzusetzen. Auf die Arbeitnehmer wirke sich das nicht aus, wenn sie - wie die Klägerin - am Vertrag nicht beteiligt gewesen seien.

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Der Klägerin steht für den Monat Februar 2005, in dem sie ihre Arbeitsleistung erbracht hat, Arbeitsentgelt und anteiliges Urlaubsgeld gegen den Beklagten zu.

1. Ihr Anspruch auf Arbeitsentgelt folgt aus § 611 Abs. 1, § 614 Satz 2 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag vom . Der geltend gemachte Betrag iHv. 863,42 Euro brutto entspricht der vertraglichen Vereinbarung.

Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsgelds iHv. 20,90 Euro. Ihre Klage ist insoweit nicht deshalb unschlüssig, weil sie keine Anspruchsgrundlage dargelegt hat. Zwischen den Parteien besteht nämlich über das Bestehen und die Höhe des Anspruchs als Teil der monatlichen Vergütung kein Streit. Auch nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist das Urlaubsgeld in der geltend gemachten Höhe bis Januar 2005 monatlich an die Klägerin gezahlt worden.

2. Diese Ansprüche richten sich gegen den Beklagten. Er war im Februar 2005 in seiner Funktion als Insolvenzverwalter der C GmbH & Co. KG (noch) Arbeitgeber der Klägerin. Es besteht keine vertragliche Vereinbarung mit der Klägerin über einen Wechsel zur A mbH S. Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht vor dem auf Grund eines Betriebsübergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die A mbH S übergegangen. Der unstreitig vollzogene Übergang des Hotels B hat erst am stattgefunden. Davon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

a) Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff "wirtschaftliche Einheit" bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit unter Wahrung ihrer Identität übergegangen ist, sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen. Zu diesen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr. vgl. Senat - 8 AZR 431/06 - AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64 mwN).

Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Betriebsinhabers ein, also mit dem Wechsel der Person, die für den Betrieb der übertragenen Einheit als Inhaber verantwortlich ist. Verantwortlich ist die Person, die den Betrieb im eigenen Namen führt und nach außen als Betriebsinhaber auftritt (vgl. Senat - 8 AZR 202/05 - AP BGB § 613a Nr. 294 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 45). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der neue Inhaber die Geschäftstätigkeit tatsächlich weiterführt oder wieder aufnimmt. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung der Betriebstätigkeit genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Fortführung des Betriebs nicht. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen (Senat - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324 mwN).

Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Bei Übertragungen von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betriebstechnischen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Betriebsteilübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder Betriebsteil gründet (Senat - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass das Hotel B erst am vom Beklagen auf die A mbH S übergegangen ist.

aa) Das Landesarbeitsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei dem Hotel B um einen Betrieb oder Betriebsteil und damit um eine übergangsfähige Einheit iSv. § 613a BGB handelt. Diese Annahme ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Hotel B, dem die Klägerin organisatorisch zugeordnet war, stellt entweder eine organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung dar (vgl. Senat - 8 AZR 282/97 - BAGE 90, 163 = AP BGB § 613a Nr. 186 = EzA BGB § 613a Nr. 170) und damit einen selbständigen Hotelbetrieb unter mehreren Hotelbetrieben der Insolvenzschuldnerin oder zumindest einen Betriebsteil, dh. einen übertragungsfähigen, selbständigen und organisatorisch abgrenzbaren Teilbereich (vgl. Senat - 8 AZR 350/03 - BAGE 111, 283 = AP BGB § 613a Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 27) eines Gesamthotelbetriebs.

Dass in den anderen Hotels der Insolvenzschuldnerin ebenfalls der Zweck der Beherbergung von Gästen verfolgt wird, schließt die Annahme eines Betriebsteils nicht aus. Der arbeitstechnische Zweck des Hotels B ist die Beherbergung der Gäste, die dieses Hotel als Unterkunft gewählt haben. Dieser Zweck stellt, auch wenn die Hotels zusammen einen Betrieb bilden, einen Teilzweck innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks dar. Das Merkmal des Teilzwecks dient nur zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden (Senat - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185).

bb) Das Hotel B ist erst am auf die A mbH S übergegangen.

Der Übergang erfolgte zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beklagte seine Geschäftstätigkeit in diesem Hotel eingestellt und die A mbH S die Geschäftstätigkeit fortgeführt hat. Das war am . Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die A mbH S das Hotel B erst ab dem fortgeführt und somit übernommen. Erst zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte seine wirtschaftliche Tätigkeit im Hotel B eingestellt. Er hat nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch im Februar 2005 das Direktionsrecht in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse und damit die Organisations- und Leitungsmacht im eigenen Namen ausgeübt. Zudem ist er nach außen hin als Inhaber des Betriebs aufgetreten, indem er den Rechnungsund Zahlungsverkehr abgewickelt und die Erlöse vereinnahmt hat.

Der Einwand des Beklagten, die A mbH S sei auf Grund des "Betriebsstättenkaufvertrags" verpflichtet gewesen, das Hotel B schon am zu übernehmen, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Gleiches gilt für die Behauptung des Beklagten, die A mbH S habe bereits ab das Hotel F weitergeführt.

Die Vereinbarung zum Übergang von Besitz, Nutzung, Lasten und Gefahr in § 7 des "Betriebsstättenkaufvertrags" führt auch dann nicht zur Annahme eines Betriebsübergangs am , wenn man zugunsten des Beklagten unterstellt, dass die A mbH S nach § 7 des Betriebsstättenkaufvertrags zur Übernahme des Hotels B am verpflichtet gewesen ist. Die vertragliche Verpflichtung, einen Betrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen, kann einen Betriebsübergang allein nicht begründen. Für die Beurteilung, wann ein Betriebsübergang eingetreten ist, kommt es auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Wechsels in der Person des Betriebsinhabers an.

Dieser Zeitpunkt unterliegt nicht der Disposition des Betriebsveräußerers und Betriebserwerbers.

Entscheidendes Kriterium für die Annahme eines Betriebsübergangs und demzufolge auch für den Zeitpunkt des Betriebsübergangs ist der Wechsel in der Person des Inhabers. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der neue Inhaber die Geschäftstätigkeit tatsächlich weiterführt oder wieder aufnimmt (Senat - 8 AZR 769/06 - AP BGB § 613a Nr. 324). Die (vertraglich eingeräumte) Möglichkeit zur Fortführung des Betriebs genügt nicht (Senat - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177). Das entspricht der Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. EG Nr. L 61/26 vom , zuletzt geändert durch die RL 2001/23/EG vom , ABl. EG Nr. L 82/16) durch den Europäischen Gerichtshof, die im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung von § 613a BGB zu berücksichtigen ist (Senat - 8 AZR 397/06 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 38 = EzA KSchG § 23 Nr. 30 mwN). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist das entscheidende Kriterium für die Feststellung eines Betriebsübergangs iSv. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG, dass der neue Inhaber den Betrieb der betreffenden Einheit unter Bewahrung ihrer Identität weiterführt oder wieder aufnimmt ( - EuGHE I 2005, 4389 = AP Richtlinie 77/187/EWG Nr. 1). Infolgedessen ist der "Zeitpunkt des Übergangs" in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 77/187/EWG so zu verstehen, dass mit ihm der Zeitpunkt gemeint ist, zu dem die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der betreffenden Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerber übergeht ( - aaO).

Kommt es entscheidend auf die tatsächlichen Umstände an, so genügt die bloße vertragliche Verpflichtung, einen Betrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen, nicht für die Annahme eines Betriebsübergangs zu diesem Zeitpunkt (aA MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 613a Rn. 58).

Die vertragliche Vereinbarung kann zwar im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für einen Betriebsübergang zu dem vereinbarten Zeitpunkt sprechen. Liegen aber tatsächliche Umstände vor, die - wie hier - der Annahme eines Betriebsübergangs zu dem vereinbarten Zeitpunkt widersprechen, ist ein Betriebsübergang zu dem vereinbarten Zeitpunkt nicht anzunehmen.

Anderenfalls ließe man es zu, dass Erwerber und Veräußerer über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs disponieren. Da § 613a BGB zwingend ist ( - BAGE 85, 291 = AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 16 = EzA BGB § 613a Nr. 150), kann davon nicht durch eine Vereinbarung zwischen Betriebserwerber und Betriebsveräußerer abgewichen werden. Eine Verlegung des Zeitpunkts des Betriebsübergangs bzw. des Eintritts der Rechtsfolgen des Betriebsübergangs stellt eine solche - zumindest vorübergehende - unzulässige Abweichung zu Lasten der Arbeitnehmer dar. Das gilt nicht nur dann, wenn der Zeitpunkt auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird, sondern auch dann, wenn der Zeitpunkt vorgezogen wird (vgl. - EuGHE I 2005, 4389 = AP Richtlinie 77/187/EWG Nr. 1). Durch § 613a BGB soll zwingend erreicht werden, dass die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse zu den bisherigen Bedingungen zwischen den Arbeitnehmern und dem Betriebserwerber fortbestehen ( - BAGE 70, 209 = AP BetrAVG § 1 Betriebsveräußerung Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 104). Er dient damit dem Bestands- und dem Inhaltsschutz. Dürften Veräußerer und Erwerber vertraglich über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs disponieren, könnten sie den Schutz des § 613a BGB aushöhlen. So wäre beispielsweise durch eine abweichende Vereinbarung über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs eine Einflussnahme auf den Kreis der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer möglich. Ferner könnte durch eine solche Vereinbarung der Inhaltsschutz zB dadurch unterlaufen werden, dass ein an einen Tarifvertrag gebundener Veräußerer mit dem nicht tarifgebundenen Erwerber als Zeitpunkt des Betriebsübergangs einen Zeitpunkt vor einer Tariflohnerhöhung vereinbart. Schließlich könnten auch die Haftungszeiträume manipuliert werden.

Dass sich eine vertraglich vereinbarte zeitliche Vorverlegung oder Verschiebung des tatsächlich durchgeführten Betriebsübergangs im Einzelfalle nachträglich für einen einzelnen Arbeitnehmer günstiger auswirken kann als die gesetzliche Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, ändert nichts an der grundsätzlichen Unzulässigkeit, den Zeitpunkt des Betriebsübergangs einzelvertraglich zu vereinbaren.

Dieses Ergebnis weicht nicht von der Entscheidung des Dritten Senats vom (- 3 AZR 394/95 - AP BGB § 613a Nr. 152 = EzA BGB § 613a Nr. 146) ab. Nach dieser kann zwar die Verpflichtung des Erwerbers, die Arbeitnehmer eines Betriebs zu übernehmen, im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung für eine Betriebsübernahme sprechen. Das gilt aber nur dann, wenn die Arbeitnehmer auch tatsächlich weiterbeschäftigt werden, wenn also die im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Betriebserwerb getroffene Vereinbarung den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Fallen diese hingegen auseinander, sind für die Prüfung, ob ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB vorliegt, nur die tatsächlichen Umstände maßgeblich.

cc) Die Behauptung des Beklagten, die A mbH S habe am das Hotel F übernommen, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

Das gilt zum einen schon deshalb, weil es sich insoweit um neues Vorbringen handelt, das in der Revisionsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen ist (§ 559 Abs. 1 ZPO).

Im Übrigen hat sich der Übergang des Hotels F auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht ausgewirkt. Bei einem Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang gehen nur die Arbeitsverhältnisse über, die der übergehenden wirtschaftlichen Einheit zuzuordnen sind (Senat - 8 AZR 102/02 - AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6 mwN). Die Klägerin war nicht im Hotel F tätig. Ob ein Betriebsübergang oder ein Betriebsteilübergang eingetreten ist, muss für jede übergangsfähige Einheit gesondert geprüft werden. Dabei ist maßgebend, ob der Inhaber der jeweiligen Einheit gewechselt hat.

II. Die unbegründete Revision des Beklagten war nach ständiger Rechtsprechung trotz Säumnis der Revisionsbeklagten durch streitiges Endurteil zurückzuweisen ( - BAGE 68, 10 = AP BBiG § 10 Nr. 3 = EzA BBiG § 10 Nr. 2).

III. Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus § 291 iVm. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

C. Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2008 S. 1391 Nr. 26
DB 2008 S. 1756 Nr. 32
NWB-Eilnachricht Nr. 51/2008 S. 4854
ZIP 2008 S. 2132 Nr. 45
WAAAC-81326

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein