BAG Urteil v. - 4 AZR 602/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 613a Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 1; MTV für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie idF vom ; TV über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens idF vom ; Standortsicherungsvertrag vom

Instanzenzug: ArbG München, 3 Ca 15020/04 vom LAG München, 10 Sa 465/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revision über tarifliche Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Urlaubsentgelt sowie eines Teiles eines 13. Monatseinkommens.

Der Kläger war seit dem bei der D GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, als technischer Angestellter beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Anstellungsvertrag vom zugrunde, welcher auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 10-Sonstige Vereinbarungen

...

b) Alle übrigen Rechte und Pflichten richten sich nach den Tarifverträgen für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und unseren Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung."

Der Kläger ist nicht Mitglied der Gewerkschaft IG Metall. Die D GmbH war Mitglied im Arbeitgeberverband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. Die Beklagte ist ebenfalls Mitglied dieses Verbandes.

Der zwischen der IG Metall und dem Arbeitgeberverband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. abgeschlossene Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31. Oktober/ in der Fassung vom (MTV 2002) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 14 Urlaubsregelung

...

C. Urlaubsentgelt

1. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienst - jedoch ohne Mehrarbeitsvergütung und -zuschläge, den der Arbeitnehmer in den letzten 3 Kalendermonaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat.

..."

Der zwischen denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifvertrag über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom idF vom (TV 13. Monatseinkommen) regelt den Anspruch auf eine betriebliche Sonderzahlung pro Kalenderjahr, dessen Höhe sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet und für den Kläger 55 vH eines Monatsverdienstes ausmacht.

Sowohl die D GmbH als auch die Beklagte gehören zum G-Konzern. Am unterzeichneten Vertreter der D GmbH, des Betriebsrats der D GmbH, des Konzernbetriebsrats des G-Konzerns, der IG Metall Frankfurt und der G AG einen "Standortsicherungsvertrag". Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Abänderung des Tarifvertrages

In Abänderung des: ...

- § 14 des Manteltarifvertrages für angestellte Arbeitnehmer wird auf das Urlaubsentgelt gem. § 14 C, Ziffer 1 MTV-Ang im Jahr 2004 verzichtet

...

- Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens in der Fassung vom wird für gewerbliche Arbeitnehmer (MTV-Arbeiter) und angestellte Arbeitnehmer (MTV-Angestellte) auf das 13. Monatseinkommen im Jahr 2003/2004 verzichtet.

...

4. Standortsicherung/Gegenleistung

Die Geschäftsführung garantiert die Aufrechterhaltung des Standortes G bis zum .

..."

Im März 2004 beschloss der G-Konzern das gesamte Unternehmen der D GmbH in drei Sparten aufzuteilen und auf andere Konzernunternehmen zu übertragen. Der Teilbetrieb HBZ wurde mit Wirkung zum auf Grund des Unternehmenskaufvertrages vom von der Beklagten übernommen. Der Kläger war in dem Teilbetrieb HBZ beschäftigt, wurde mit Schreiben vom von der Beklagten über den Teilbetriebsübergang unterrichtet und widersprach diesem nicht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom forderte der Kläger von der Beklagten vergeblich die Zahlung eines "Urlaubsgeldes" iHv. 2.721,00 Euro und mit Schreiben vom die Zahlung eines tarifvertraglichen "Weihnachtsgeldes" iHv. 55 % eines Monatsbruttogehalts von 4.400,00 Euro, dh. 2.202,20 Euro brutto.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger ua. diese Ansprüche weiter. Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm die geltend gemachten tariflichen Ansprüche zuständen, weil der Standortsicherungsvertrag nicht für ihn gelte. Die Bezugnahmeklausel in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages habe von vorneherein nur Verbandstarifverträge erfasst, weshalb der Standortsicherungsvertrag als Firmentarifvertrag nicht Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden sei. Im Übrigen handele es sich bei dem Standortsicherungsvertrag um eine Betriebsvereinbarung, die gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoße und demzufolge unwirksam sei. Auf Grund der Verweisung in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede würden für sein Arbeitsverhältnis jedenfalls nach dem Teilbetriebsübergang nur die Verbandstarifverträge Anwendung finden. Diese Gleichstellungsabrede sei nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten übergegangen. Danach seien für sein Arbeitsverhältnis nur noch die Verbandstarifverträge maßgeblich, weil für die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte übergegangen seien, auf Grund beiderseitiger Tarifbindung gem. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB allein die Verbandstarifverträge und nicht der Standortsicherungsvertrag Geltung beanspruchen könnten.

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.721,00 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab .

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.202,20 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab .

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, dass dem Kläger auf Grund der Regelungen in Nr. 1 des Standortsicherungsvertrages die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Bei dem Standortsicherungsvertrag handele es sich um einen Firmentarifvertrag, welcher gem. § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden sei und als speziellerer Tarifvertrag den Verbandstarifverträgen vorgehe. Das Arbeitsverhältnis sei mit diesem Inhalt gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. Auch wenn die im Arbeitsvertrag des Klägers enthaltene Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede zu verstehen sei, würde das der Anwendbarkeit des Standortsicherungsvertrages nicht entgegenstehen. Denn der Standortsicherungsvertrag gelte auch für die gewerkschaftlich organisierten und von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter, da er einen speziellen, eigenständigen Regelungsgegenstand darstelle und deshalb nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB durch die bei der Beklagten ansonsten geltenden Verbandstarifverträge verdrängt werde.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zur Zahlung des tariflichen "Urlaubsentgelts" und des anteiligen 13. Monatseinkommens verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Gründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht dem Kläger das tarifliche Urlaubsentgelt und die Sonderzahlung zu.

I. Der Anspruch des Klägers ist in § 14 MTV 2002 und TV 13. Monatseinkommen begründet. Diese Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass im Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vor dem Teilbetriebsübergang der Standortsicherungsvertrag anzuwenden war. Bei diesem Vertrag handelt es sich zwar - zumindest in dem hier interessierenden Zusammenhang - um einen Haustarifvertrag, der von der als Gleichstellungsabrede auszulegenden Bezugnahme im Arbeitsvertrag des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten erfasst wurde und ihr gegenüber zum Wegfall der Ansprüche auf tarifliches Urlaubsentgelt und Sonderzahlung geführt hatte. Nach dem Teilbetriebsübergang auf die Beklagte ist der Standortsicherungsvertrag aber nicht mehr auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar. Das ergibt sich gleichfalls aus der Auslegung der Gleichstellungsabrede, die nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist.

1. Die für die Ansprüche des Klägers maßgebenden Regelungen in § 14 MTV 2002 und TV 13. Monatseinkommen fanden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten keine Anwendung. Normativ galten die Tarifverträge schon wegen der fehlenden Tarifgebundenheit des Klägers nicht. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag dagegen umfasste zwar die Verbandstarifverträge; ihre Anwendung wurde jedoch durch den ebenfalls durch die Bezugnahmeklausel einbezogenen Standortsicherungsvertrag ausgeschlossen.

a) Die Verbandstarifverträge, aus denen der Kläger seine Ansprüche herleitet, galten nicht normativ nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG, da der Kläger nicht Mitglied der IG Metall war, die die Tarifverträge abgeschlossen hatte. Sie waren aber vom Wortlaut der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten umfasst.

b) Darüber hinaus umfasste die Verweisungsklausel aber auch den Standortsicherungsvertrag.

aa) Bei der einzelvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats.

(1) Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in dem Formulararbeitsvertrag nach §§ 133, 157 BGB durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur Senat - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296, 299 mwN; - 4 AZR 652/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).

(2) Die Bezugnahmeklausel in § 10 des Arbeitsvertrages ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Senats auszulegen.

Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifbindung des Arbeitgebers - anders als bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern - Verweisungsklauseln wie diejenige aus dem Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als so genannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (vgl. nur Senat - 4 AZR 50/04 -BAGE 113, 40, 42 f.; - 4 AZR 294/01 - BAGE 103, 9, 14; - 4 AZR 263/01 - BAGE 102, 275, 278 ff.). Diese Auslegungsregel hält der Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum abgeschlossen worden sind (Senat - 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326; - 4 AZR 652/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).

Der am geschlossene Anstellungsvertrag ist demnach anhand der früheren Senatsrechtsprechung zu beurteilen. Danach ist die Verweisungsklausel in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede, weil sie auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist und die Rechtsvorgängerin der Beklagten tarifgebunden war.

bb) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Bezugnahmeklausel in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages habe auch den Standortsicherungsvertrag erfasst, ist nicht zu beanstanden.

(1) Zwar verweist der Wortlaut der Klausel zunächst lediglich auf die "Tarifverträge für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ... in der jeweils gültigen Fassung" und damit jedenfalls auf die Verbandstarifverträge. Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ist aber auch die für den Vertragspartner erkennbare jeweilige typische Interessenlage des anderen Teiles zu berücksichtigen. Mit der Verweisung auf die Tarifverträge der einschlägigen Branche will der Arbeitgeber regelmäßig die sachlich und betrieblich geltenden Tarifverträge dieser Branche in Bezug nehmen und eine evtl. fehlende normative Gebundenheit des Arbeitnehmers an diese einschlägigen Tarifverträge ersetzen. Dass dazu auch ein vom Arbeitgeber zur vorübergehenden Abänderung von Flächentarifverträgen abgeschlossener Haustarifvertrag gehört, kommt als entsprechendes Regelungsziel einer so allgemein gefassten Verweisungsklausel wie in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages des Klägers dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass gleichzeitig - wegen § 77 Abs. 4 BetrVG an sich überflüssig - auf die Geltung der Betriebsvereinbarungen des Arbeitgebers verwiesen wird. Es kam der Rechtsvorgängerin der Beklagten mithin für den Kläger erkennbar darauf an, dass die für den Betrieb einschlägigen kollektivrechtlichen Rechtsnormen für die im Arbeitsvertrag ausdrücklich genannte Branche insgesamt im Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung finden (vgl. Senat - 4 AZR 203/04 - BAGE 114, 186, 190).

(2) Bei dem Standortsicherungsvertrag handelt es sich jedenfalls auch um einen Haustarifvertrag.

(a) Ob es sich bei einer Vereinbarung zwischen tariffähigen Parteien um einen Tarifvertrag im Sinne des Tarifvertragsgesetzes handelt, ist im Wege der Auslegung festzustellen. Dabei setzt die dahin gehende Bewertung eines Vertrages nicht dessen Bezeichnung als Tarifvertrag voraus. Die unterzeichnenden Tarifvertragsparteien müssen aber ihren Willen zur Normsetzung mit hinreichender Deutlichkeit im Vertrag zum Ausdruck gebracht haben (Senat - 4 AZR 405/02 - BAGE 106, 374, 380 f.). Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien Regelungen treffen wollten, die von ihrer Regelungskompetenz erfasst werden und damit auch Wirksamkeit entfalten können ( - BAGE 96, 208, 214 f.).

(b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei dem Standortsicherungsvertrag jedenfalls im hier interessierenden Zusammenhang um einen Tarifvertrag. Wie sich schon aus dem Wortlaut der Nr. 1 des Standortsicherungsvertrages eindeutig ergibt, soll mit den dortigen Regelungen verschlechternd in flächentarifvertragliche Ansprüche eingegriffen werden. Der Arbeitgeber und die Gewerkschaft haben damit ihren Willen zur (haus-)tariflichen Normsetzung deutlich gemacht. Die Absenkung tarifvertraglicher Arbeitsentgeltansprüche wäre durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung offensichtlich nicht möglich gewesen. Dem steht nicht entgegen, dass in Nr. 2 des Standortsicherungsvertrages Regelungen zu einer bereits vorher bestehenden Betriebs- und Konzernbetriebsvereinbarung getroffen worden sind und dass der Vertrag ua. auch von dem Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat unterschrieben worden ist. Darin liegt keine unzulässige Einflussnahme von nicht tariffähigen Parteien auf einen Tarifvertrag im Rahmen von dreiseitigen Abreden (so aber Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. Grundl. Rn. 70, § 1 Rn. 478). Vielmehr handelt es sich um die Zusammenfassung eines Haustarifvertrages mit anderen Regelungen in einer Urkunde. Die tarifvertraglichen Regelungen in Nr. 1 und die weiteren Vereinbarungen in Nr. 2 bis 5 sind deutlich erkennbar voneinander getrennt. Jedenfalls für die tarifvertraglichen Regelungen in Nr. 1 kann deshalb davon ausgegangen werden, dass sie verantwortlich von den unterzeichnenden Tarifvertragsparteien vereinbart worden sind und als Tarifvertragsbestimmungen gelten sollen (vgl. zur Auslegung eines "Konsolidierungsvertrages", der von Arbeitgeber, Betriebsrat und Gewerkschaft unterschrieben worden ist, als Tarifvertrag, dessen Wirksamkeit die zusätzliche Unterschrift des Betriebsrats nicht entgegensteht - BAGE 96, 208). Auf mögliche Bedenken hinsichtlich der weiteren, außerhalb der Nr. 1 des Standortsicherungsvertrages vereinbarten Regelungen kommt es deshalb nicht an.

c) Aus der Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Kläger ergibt sich, dass nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien die tariflichen Regelungen im Standortsicherungsvertrag den dadurch geänderten Regelungen in den Verbandstarifverträgen vorgehen sollten.

aa) Dadurch, dass die Gleichstellungsabrede der Arbeitsvertragsparteien nicht nur einen konkret benannten Tarifvertrag, sondern - wie dargelegt - die für die Rechtsvorgängerin der Beklagten geltenden Tarifverträge aus der Branche der Metall- und Elektroindustrie erfasst, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Verweisung sich auf mehrere Tarifverträge beziehen kann, die sich im Geltungsbereich decken, aber unterschiedliche Regelungen aufweisen. Für einen solchen Fall ergibt sich aus dem Gleichstellungszweck der Verweisungsklausel, dass für die nichtorganisierten Arbeitnehmer dieselbe Kollisionsauflösungsregel gelten soll wie für die an die von der Verweisung erfassten einschlägigen Tarifverträge normativ gebundenen Gewerkschaftsmitglieder. Danach wollten die Arbeitsvertragsparteien mit ihrer Verweisung bei einer möglichen Konkurrenz zwischen mehreren in Bezug genommenen Tarifverträgen dem spezielleren Tarifvertrag den Vorrang einräumen, dh. demjenigen, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten Rechnung trägt (Senat - 4 AZR 203/04 - BAGE 114, 186, 189 f.; - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30).

bb) Im vorliegenden Fall steht der Standortsicherungsvertrag dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten. Er stellt die speziellere Regelung zu § 14 MTV 2002 und zum TV 13. Monatseinkommen dar, weil er diese tariflichen Regelungen für einen begrenzten Zeitraum für ein bestimmtes Unternehmen als Beitrag zu einer vereinbarten Standortsicherung abändert. Für die Dauer seiner normativen Geltung für den Arbeitgeber verdrängen die dortigen Regelungen hiervon abweichende Vorschriften aus den Verbandstarifverträgen. Hierzu gehören auch die Verzichtsregelungen hinsichtlich des Urlaubsentgelts und des 13. Monatseinkommens.

2. Dieser Vorrang des spezielleren Standortsicherungsvertrages ist auf Grund des - von den Vorinstanzen zu Recht angenommenen und zwischen den Parteien unstreitigen - Teilbetriebsüberganges auf die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB jedoch entfallen. Bei der Beklagten gelten (wieder) die Verbandstarifverträge, aus deren Anwendung sich der Anspruch des Klägers begründet.

a) In die Rechte und Pflichten aus dem mit der Rechtsvorgängerin bestehenden Arbeitsverhältnis des Klägers ist die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten. Diese Rechte und Pflichten waren auch durch die Gleichstellungsabrede in § 10 lit. b) des Arbeitsvertrages geregelt, die mit dem oben dargelegten Inhalt nunmehr auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber, der Beklagten, gilt. Als Gleichstellungsabrede soll sie den Kläger so stellen als sei er wie ein Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft (hier: der IG Metall) ebenso wie der Arbeitgeber an die in Bezug genommenen Tarifverträge der Branche gebunden.

b) Für das Arbeitsverhältnis eines IG Metall-Mitgliedes, das von der D GmbH auf die Beklagte übergegangen ist, bestünde nach dem Teilbetriebsübergang keine Bindung an den Standortsicherungsvertrag. Das ergibt sich daraus, dass die Beklagte an den Standortsicherungsvertrag selbst nicht normativ gebunden ist, ua. weil sie weder Mitglied einer Tarifvertragspartei noch selbst Tarifvertragspartei ist (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Die für die Arbeitsverhältnisse gewerkschaftsangehöriger Arbeitnehmer für diesen Fall vorgesehene Transformation der vorher normativ geregelten Arbeitsbedingungen in das Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB) fände nicht statt, weil das Erwerber-Unternehmen und der gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer kongruent an die Verbandstarifverträge mit identischen Regelungsgegenständen gebunden wären (§ 613a Abs. 1 Satz 3 BGB).

aa) § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB setzt nicht nur die kongruente Tarifgebundenheit an den Tarifvertrag bei dem Erwerber voraus (vgl. ua. Senat - 4 AZR 315/04 - BAGE 114, 332; - 4 AZR 18/00 - BAGE 97, 107; - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296), sondern auch, dass dieselben Regelungsgegenstände betroffen sind. Das ist durch Auslegung zu ermitteln (Senat - 4 AZR 342/93 - AP BGB § 613a Nr. 108 = EzA BGB § 613a Nr. 118; - AP BGB § 613a Nr. 242 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 1). Maßgeblich ist danach, ob die nach Satz 2 zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gewordenen und die bei dem Erwerber geltenden Regelungen die gleichen Rechte und Pflichten betreffen, wobei der tarifliche Sachzusammenhang zu beachten ist. Der Vorrang der bei dem Erwerber geltenden Regelungen zum gleichen Regelungsgegenstand gilt unabhängig davon, welche Regelungen für den Arbeitnehmer günstiger sind (vgl. dazu im Einzelnen ErfK/Preis 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 125; Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 5 Rn. 62 jeweils mwN).

bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte als Erwerberin ist sowohl an den MTV 2002 als auch an den TV 13. Monatseinkommen gebunden. Auch die erforderliche Regelungsidentität ist gegeben. Der Standortsicherungsvertrag bezieht sich mit seinen tarifvertraglichen Regelungen unmittelbar auf die Ansprüche aus § 14 MTV 2002 und aus dem TV 13. Monatseinkommen, die er zeitlich befristet ausschließt. Die hier einschlägigen übereinstimmenden Regelungsgegenstände sind die tarifliche Sonderzahlung und das tarifliche Urlaubsentgelt.

Dem steht nicht entgegen, dass im Standortsicherungsvertrag die bis zum befristete Aufrechterhaltung des Standortes G vereinbart worden ist. Denn dabei handelt es sich, anders als zB bei einem Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen, nicht um eine Verpflichtung der Beklagten, aus der ein Arbeitnehmer individuelle Ansprüche ableiten kann. Nur solche Ansprüche können aber Gegenstand der Regelung in § 613a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB und somit Gegenstand des Vergleichs der Regelungsgegenstände sein. Die Regelungsidentität kann also nicht deshalb verneint werden, weil der befristete Ausschluss tariflicher Ansprüche und die befristete Standortsicherung nach dem Standortsicherungsvertrag in einem Zusammenhang stehen und somit als einheitlicher Regelungsgegenstand angesehen werden könnte, der im MTV 2002 und TV 13. Monatseinkommen keine Entsprechung hat.

3. In der Höhe sind die vom Kläger geltend gemachten Beträge zwischen den Parteien unstreitig.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 97 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 2598 Nr. 47
PAAAC-81311

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