Keine Verletzung des Rechts auf Gehör bei Nichterscheinen an mündlicher Verhandlung und fehlendem Antrag auf Terminsänderung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides über Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer 1991 bis 1993.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Steuerberater, ist nach einer entsprechenden strafgerichtlichen Verurteilung vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) durch Haftungsbescheid gemäß § 71 der Abgabenordnung in Anspruch genommen worden. In dem seit Oktober 2005 anhängigen finanzgerichtlichen Verfahren hatte der Kläger seinen bisherigen Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen. Unter dem meldete sich der nunmehrige Prozessbevollmächtigte für den Kläger und bat um Frist für eine Stellungnahme bis zum . Am erging eine Ladung zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung am ; der Prozessbevollmächtigte habe antragsgemäß Gelegenheit für ergänzenden Vortrag. Am erbat der Prozessbevollmächtigte eine weitere Frist, mindestens bis zum . Unter dem stellte der Prozessbevollmächtigte den Antrag, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben. Erforderliche Unterlagen seien beim Schwiegervater des Klägers eingelagert worden; da dieser eine Herausgabe verweigere, müssten die Unterlagen erst im Wege der Klage herausverlangt werden.
Mit Verfügung vom lehnte das Finanzgericht (FG) die Aufhebung des Termins ab. Es sei nicht ersichtlich, welche Unterlagen der Kläger als „erforderlich” ansehe und welche Relevanz die herausverlangten „Steuerunterlagen” für das anhängige Verfahren hätten. Unter dem beantragte der Kläger „aus den bisher vorgebrachten Gründen (keine Unterlagen)” und wegen seines „nunmehr eingetretenen, sehr schlechten, Gesundheitszustandes” eine Aufhebung des Termins. Mit Hilfe der noch nicht verfügbaren Unterlagen könne eine ausschließliche Geschäftsführerstellung einer dritten Person belegt werden. Angesichts seines durch Atteste bzw. ein Gutachten nachgewiesenen Gesundheitszustandes sei eine Wahrnehmung des Termins für den Kläger weder zumutbar noch möglich. Im Übrigen stehe der Kläger mit dem FA noch in Verhandlungen, so dass sich der Prozess evtl. erübrigen könne. Das FG lehnte den Antrag unter dem ab, da nicht ersichtlich sei, dass eine persönliche Anwesenheit des Klägers im Termin erforderlich und der Kläger vertreten sei. Am wurde zur weiteren Begründung vorgetragen, dass am der Vater des Klägers beerdigt werde und der Kläger sich um seine betagte Mutter zu kümmern habe. Darüber hinaus werde er ab dem für einen Zeitraum von zwei Wochen stationär (Anmeldung am ) behandelt. Das FG hat den Antrag wiederum abgelehnt, da weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden sei, dass die persönliche Anwesenheit des Klägers im Termin erforderlich sei.
Am ging beim FG ein Schreiben ein, mit dem unter Hinweis auf den bisherigen Vortrag und die bisherige Ablehnung der Anträge der Senatsvorsitzende als befangen abgelehnt wurde. Das FA hatte zwischenzeitlich mitgeteilt, dass es mit dem Kläger hinsichtlich der Erledigung des Rechtsstreits keine Verhandlungen führe. Am hat das FG in der geschäftsplanmäßigen Besetzung (unter Teilnahme des abgelehnten Senatsvorsitzenden) den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde im Verhandlungstermin verkündet und alsdann die Klage abgewiesen (); im Termin zur mündlichen Verhandlung war für den Kläger niemand erschienen.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Verfahrensfehler (Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör; Sachaufklärungsmangel) geltend. Er beantragt, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht vorliegen.
1. Eine auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) gestützte schlüssige Verfahrensrüge erfordert zunächst Darlegungen dazu, welcher Sachvortrag durch das angeblich verfahrensfehlerhafte Verhalten abgeschnitten wurde, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit bei Berücksichtigung des versagten Vorbringens das angefochtene Urteil hätte anders ausfallen können. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass der Kläger durch sein Bestreiten, eine Stellung als faktischer Geschäftsführer innegehabt zu haben, und das möglicherweise damit verbundene Fehlen von Haftungsvoraussetzungen für einen Teil des Haftungszeitraums einen entsprechend qualifizierten Sachvortrag geleistet hat, liegt jedenfalls im Streitfall der gerügte Verfahrensmangel nicht vor.
2. Die Gewährung rechtlichen Gehörs besteht darin, eine ausreichend bemessene Gelegenheit zur Äußerung zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zu geben. Diese Gelegenheit zur Äußerung wird dem Beteiligten grundsätzlich durch die mündliche Verhandlung gegeben. Inwieweit diese Gelegenheit wahrgenommen wird, ist Sache des Beteiligten. Durch seine prozessuale Mitverantwortung wird der Anspruch auf rechtliches Gehör begrenzt. Der Beteiligte hat alles in seinen Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Daran fehlt es aber, wenn —wie im Streitfall— weder der Beteiligte noch sein Prozessbevollmächtigter trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung erscheinen und kein begründeter Antrag auf Terminsänderung gestellt wurde (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 171/06, BFH/NV 2007, 947; vom III B 159/06, BFH/NV 2007, 2284).
3. Das FG hat —soweit die Terminsänderungsanträge damit begründet worden waren, dass der durch einen Bevollmächtigten vertretene Kläger an einer persönlichen Teilnahme gehindert sei— zutreffend darauf verwiesen, dass eine Anordnung i.S. des § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht ergangen war; der Kläger hatte auch keine Gründe vorgetragen, die seine persönliche Anwesenheit im Termin erfordert hätten (insoweit , V B 76/05, BFH/NV 2007, 250). Das FG war auch nicht nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung gehalten, den Termin zu verlegen. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, in welcher Weise die von ihm bei seinem Schwiegervater deponierten „ca. 50 Kisten Steuerunterlagen” als Grundlage für ein Bestreiten der ihm im Strafverfahren und im Haftungsbescheid zugewiesenen Stellung als faktischer Geschäftsführer dienen könnten. Denn der Umstand, dass der seinerzeit förmlich bestellte Geschäftsführer Anstellungs-, Mandats- und Darlehensverträge unterzeichnet hat, war auch Gegenstand der Feststellungen im Strafverfahren und im Haftungsverfahren. Es ist vom Kläger auch nicht dargelegt worden, dass bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung Klage auf Herausgabe der Unterlagen tatsächlich erhoben wurde. Schließlich kann weder der Hinweis, andere (vergleichbare) finanzgerichtliche Verfahren über die Rechtmäßigkeit von Haftungsbescheiden würden wegen der Problematik der nachträglichen Beweismittelverschaffung fünf bis acht Jahre dauern, noch der Hinweis auf den drei Monate zurückliegenden Bevollmächtigtenwechsel einen „erheblichen Grund” für eine Terminsverlegung darstellen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HAAAC-80265