BAG Urteil v. - 2 AZR 971/06

Leitsatz

[1] 1. Der Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 KSchG entsteht nach dem Wortlaut der Norm nicht, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung klageweise angreift. Dies gilt auch für eine nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist eingereichte (Kündigungsschutz-)Klage und einen Antrag des Arbeitnehmers auf nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG.

2. Durch eine Rücknahme des Antrags auf nachträgliche Klagezulassung und/oder die Rücknahme der Kündigungsschutzklage können die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht mehr - nachträglich - erfüllt werden.

Gesetze: KSchG § 1a; KSchG § 5; BGB § 147 Abs. 1; BGB § 148; ZPO § 269 Abs. 3

Instanzenzug: ArbG Potsdam, 8 Ca 1857/05 vom LAG Brandenburg, 22 Sa 7/06 vom LAG Brandenburg, 22 Sa 44/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch der Klägerin.

Die Klägerin war seit dem bei der d mbH in B (im Folgenden: D) beschäftigt. Zum ging ihr Arbeitsverhältnis auf die O mbH (BG) über. Diese Gesellschaft firmierte mehrmals um. Sie war zwischenzeitlich unter der Firma S GmbH tätig und ist nunmehr unter der Firma G mbH Beklagte des vorliegenden Verfahrens.

Die Klägerin befand sich ab dem in Mutterschutz und anschließend bis zum in Elternzeit. Während der Elternzeit ging sie einer Teilzeitbeschäftigung bei der Beklagten im Umfang von insgesamt 10 Stunden wöchentlich nach.

Die Beklagte stellte die Klägerin ab dem unter Zahlung ihrer vollen Bezüge von der Arbeitsleistung unter Gewährung restlicher Urlaubsansprüche aus den Jahren 2003 und 2004 sowie eines Freizeitausgleichs aus dem Gleitzeitkonto frei, nachdem sie der Klägerin mitgeteilt hatte, ihr bisheriger Arbeitsplatz sei nunmehr besetzt.

Während der Freistellung wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom an die Klägerin mit dem Angebot einer Beendigungsvereinbarung, das ua. die Zahlung einer Abfindung von 16.750,00 Euro verbunden mit einer Kündigung vorsah. Mit Schreiben vom lehnte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Abfindung in der genannten Höhe ab, signalisierte jedoch Gesprächsbereitschaft. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten meldete sich am telefonisch und vereinbarte mit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen telefonischen Besprechungstermin für den . In dem Telefonat vom erläuterte die Klägerinvertreterin ihre Vorstellungen und forderte eine Abfindung in Höhe von ca. 60.000,00 Euro. Der Beklagtenvertreter lehnte unter Hinweis auf das ursprüngliche Abfindungsangebot diesen Vorschlag am ab.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin am zum .

Mit Schreiben vom unterbreitete die Klägerinvertreterin erneut ein Angebot zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Demnach sollte die ausgesprochene Kündigung zurückgenommen, eine neue Kündigung zum , gegen die dann die Klägerin Kündigungsschutzklage erheben sollte, ausgesprochen und im Gütetermin ein Vergleich abgeschlossen werden. Dieser sollte neben der Zahlung einer Abfindung in Höhe von 26.450,00 Euro die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum bei Zahlung der Vergütung in Höhe von monatlich 3.300,00 Euro mit einer einseitigen Lösungsmöglichkeit für die Klägerin unter entsprechender Erhöhung der Abfindung beinhalten.

Der Beklagtenvertreter teilte am mit, dass die Beklagte die Kündigung vom zurücknehme und eine neue Kündigung zum zustellen, jedoch eine Abfindung von mehr als 20.000,00 Euro nicht akzeptieren werde.

Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin erneut. Dieses am zugegangene Schreiben enthält ein Abfindungsangebot nach § 1a KSchG.

Die Klägerinvertreterin wandte sich mit Schreiben vom erneut an die Beklagte und übersandte den Entwurf einer Beendigungsvereinbarung mit einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro.

Mit ihrer Klageschrift vom hatte sich die Klägerin mit einer gegen ihre ursprüngliche Arbeitgeberin, die D, gerichteten Klage gegen die Kündigung vom gewandt. In der Klagebegründung hatte sie unter Beifügung des unter dem Briefkopf der Beklagten verfassten Kündigungsschreibens und des Schreibens zum Betriebsübergang vom ausgeführt, ihr Arbeitsverhältnis sei durch Betriebsübergang von der D auf die BG übergegangen. Nachdem die Beklagte die Kündigung vom mit Schreiben vom zurückgenommen hatte und nach Zugang der weiteren Kündigung vom erweiterte die Klägerin ihre Klage mit Schriftsatz vom ua. um den Feststellungsantrag, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung vom aufgelöst worden sei.

Im Laufe des weiteren Kündigungsrechtsstreits meldete sich die F GmbH als Rechtsnachfolgerin der D schriftsätzlich beim Arbeitsgericht und bestritt unter Hinweis auf den Betriebsübergang ihre Passivlegitimation. Daraufhin versuchte die Klägerinvertreterin erfolglos, den Beklagtenvertreter telefonisch zu erreichen. Er erschien auch im Gütetermin am nicht. Nachdem die Klägerinvertreterin im Gütetermin die Klage zurückgenommen hatte, erhob sie am selben Tag vor dem Arbeitsgericht Potsdam erneut Klage gegen die Kündigung vom und beantragte deren nachträgliche Zulassung. Im Gütetermin vom nahm sie nach richterlichem Hinweis diese Kündigungsschutzklage ebenfalls wieder zurück.

Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sie nunmehr die Zahlung einer Abfindung begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Ihr stehe eine Abfindung in Höhe von insgesamt 20.000,00 Euro aus einer zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung zu. Das von der Beklagten am erteilte Angebot auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro habe sie rechtzeitig mit dem Schreiben vom angenommen. Die schriftliche Fixierung in einer Urkunde habe die Beklagte treuwidrig verweigert. Zumindest stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG in Höhe von 9.900,00 Euro auf Grund des Hinweises der Beklagten vom zu.

Die Klägerin hat beantragt

die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.000,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen ausgeführt: Ein vertraglicher Anspruch auf die begehrte Zahlung bestehe nicht. Mit der inhaltlich in einigen wichtigen Punkten veränderten Erklärung vom habe die Klägerin das Vertragsangebot der Beklagten nicht angenommen. Zur Annahme des neuen Angebots der Klägerin auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro und einer Ausgestaltung nach dem ursprünglichen Vertragsentwurf sei es nicht mehr gekommen, da sich die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage geändert hätten.

Ein möglicher Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG sei bereits wegen der ersten erhobenen Kündigungsschutzklage erloschen. Die Klägerin habe stets erklärt, gegen eine Kündigung gerichtlich vorgehen zu wollen. Weder die fehlerhafte Bezeichnung des Arbeitgebers noch die spätere Rücknahme der Kündigungsschutzklage führten zu einem Wiederentstehen des erloschenen Anspruchs. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung belege den Willen der Klägerin zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung deutlich. Schon auf Grund dieses Umstandes bestehe kein Abfindungsanspruch.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 9.900,00 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen sowie die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Abfindungsanspruch weiter.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwischen den Parteien ist weder eine Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro zustande gekommen noch besteht ein Anspruch der Klägerin auf eine Abfindung nach § 1a KSchG in Höhe von 9.900,00 Euro.

A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner die Klage abweisende Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro bestehe nicht, da zwischen den Parteien kein entsprechender Vertrag zustande gekommen sei. Bis zum hätten die Parteien nur Verhandlungen geführt. Zu einer Einigung, insbesondere über die Abfindungshöhe, sei es nicht gekommen. Im Telefonat vom seien zwar Eckpunkte einer Beendigungsvereinbarung besprochen worden, zu denen auch die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro gehört habe. Ein Vertrag sei zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht, auch nicht mündlich, abgeschlossen worden. Vielmehr habe die Beendigung und die Abfindungszahlung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart werden sollen. Auch habe noch die Zustimmung der Klägerin gefehlt. Mit dem Schreiben vom habe die Klägerin das Angebot der Beklagten gleichfalls nicht angenommen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die mögliche Annahmeerklärung ggf. verspätet gewesen sei. Jedenfalls sei dieses Schreiben nach § 150 Abs. 2 BGB als neuer Antrag zu werten, da es gegenüber dem bisherigen Angebot der Beklagten weitere wesentliche Änderungen enthalten habe. Das veränderte Angebot habe die Beklagte aber nicht angenommen. Sie habe weder den Vertragsentwurf unterzeichnet und an die Klägerinvertreterin zurückgesandt noch einen entsprechenden gerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Eine stillschweigende Vertragsannahme nach § 151 BGB sei, da die Klägerinvertreterin selbst zur Vertragsunterzeichnung aufgefordert habe und darüber hinaus noch eine gerichtliche Protokollierung vorgesehen gewesen sei, ausgeschlossen gewesen.

Die Beklagte handele auch nicht treuwidrig. Für sie habe sich nämlich die Rechtslage und das Prozessrisiko nach der Rücknahme der Kündigungsschutzklage grundlegend geändert. Das Ausnutzen eines fehlerhaften Vorgehens durch eine Vertragspartei sei nicht unredlich.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach § 1a KSchG zu. Zwar enthalte die Kündigungserklärung vom einen entsprechenden Hinweis der Beklagten. Die Klägerin habe jedoch gegen diese Kündigung Klage erhoben. Der Abfindungsanspruch sei nicht durch die Rücknahme der Kündigungsschutzklage "wieder aufgelebt", auch wenn der Rechtsstreit infolge der Rücknahme als nicht anhängig geworden gelte. Mit der Erhebung der Klage sei nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung die Entstehung eines Anspruchs nach § 1a KSchG endgültig gehindert gewesen.

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro aus einer zwischen den Parteien geschlossenen Beendigungsvereinbarung. Eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es für den Abschluss einer solchen Beendigungsvereinbarung an den notwendigen übereinstimmenden Willenserklärungen - Angebot und Annahme - fehlt.

1. Die Frage, ob sich die für einen Vertragsschluss notwendigen Willenserklärungen decken, ist durch deren Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung der vorliegenden Willenserklärungen handelt es sich um die Auslegung von individuellen, nicht typischen Erklärungen der Parteien, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob die Auslegungsregeln vom Landesarbeitsgericht zutreffend angewandt, alle tatsächlichen Umstände berücksichtigt und die allgemeinen Denk- und Erfahrungssätze eingehalten worden sind (st. Rspr., vgl. beispielsweise - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorungskassen Nr. 67 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 18; - 1 AZR 340/06 - DB 2007, 2600).

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand. Dem Landesarbeitsgericht ist bei der Auslegung der Willenserklärung der Parteien kein revisionsrechtlich relevanter Fehler vorzuwerfen.

Es liegt weder eine vertragliche Vereinbarung anlässlich des Telefonats der Parteienvertreter vom noch auf Grund dieses Telefonats und des Schreibens der Klägerinvertreterin vom vor.

a) Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien bis zum nur Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin geführt. Zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung ist es bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht gekommen.

b) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Parteien durch ihre Vertreter auch im Telefonat vom keine abschließende und verbindliche Vereinbarung über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung von 20.000,00 Euro geschlossen.

aa) Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind in dem Telefongespräch am zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten und der Klägerinvertreterin nur "Eckpunkte" einer vertraglichen Regelung besprochen worden. "Eckpunkte" beinhalten jedoch, wie sich schon aus dem Begriff ergibt, noch keine endgültigen, abschließenden Regelungen aller möglichen - unstreitigen bzw. streitigen - Fragen einer vertraglichen Vereinbarung.

bb) Diese Feststellungen werden durch den Vortrag der Revision bestätigt. Sie hat im Revisionsbegründungsschriftsatz ua. ausgeführt, die Prozessbevollmächtigten der Parteien hätten in dem Telefonat die "Eckpunkte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin fest vereinbart", nämlich "die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum auf Grund noch auszusprechender ordentlicher Kündigung ohne Laufzeitverlängerung, 'Rücknahme' der Kündigung vom , Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000,00 Euro als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, Protokollierung der Einigung in Form eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht im Rahmen der durch die Klägerin zu erweiternden Kündigungsschutzklage". Damit geht die Revisionsführerin selbst nur von der Festlegung von "Eckpunkten" und gerade nicht von einer abschließenden, verbindlichen Übereinkunft aus. Dem Landesarbeitsgericht kann demnach kein Auslegungsfehler vorgeworfen werden. Zutreffend ist es von einer nicht abschließenden Einigung zwischen den Parteien ausgegangen. Abgesehen davon würde eine mündliche Einigung auch nicht den Formerfordernissen des § 623 BGB genügen.

3. Schließlich hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, auch ein in dem Telefongespräch vom durch den Vertreter der Beklagten unterbreitetes Angebot nicht - jedenfalls nicht rechtzeitig - angenommen.

a) Dieses Angebot des Vertreters der Beklagten hätte die Klägerin nach § 147 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BGB nur sofort annehmen können. Macht jemand dem (anwesenden) berechtigten Vertreter eines (abwesenden) Dritten ein Vertragsangebot, liegt ein Angebot unter Anwesenden vor, das gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur sofort angenommen werden kann ( - NJW 1996, 1062, 1064; Palandt-Heinrichs BGB 65. Aufl. §§ 147, 148 Rn. 6). Für mittels Fernsprecher gemachte Erklärungen gilt nach Satz 2 der genannten Norm das Entsprechende wie unter Anwesenden.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn vom Antragenden eine Annahmefrist bestimmt worden ist (§ 148 BGB). Einen solchen Sachverhalt hat aber die darlegungspflichtige Klägerin nicht behauptet.

b) Im Übrigen ist eine vertragliche Beendigungsvereinbarung schon deshalb nicht zustande gekommen, weil sich das Angebot des Vertreters der Beklagten vom mit der Annahmeerklärung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Schreiben vom nicht deckt.

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowie nach der Darstellung der Revision hat sich das Angebot der Beklagten vom auf die sog. Eckpunkte, also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum auf Grund betriebsbedingter Kündigung, der Rücknahme der Kündigung vom , der Abfindungszahlung in Höhe von 20.000,00 Euro und der Protokollierung der Einigung in Form eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht bezogen. Wenn demgegenüber die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom und dem übersandten "Abwicklungsvertrag" ua. auch noch eine Freistellungsregelung (§ 3), eine vorzeitige Beendigungsregelung (§ 4), ein Zeugnis (§ 5) sowie eine Fälligkeits- und Vererbungsregelung zum Abfindungsanspruch (§ 2) in ihrem Vertragsentwurf aufgenommen hatte, konnte das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auch eine fehlende Übereinstimmung von Angebot und Annahme annehmen und in dem übersandten Vertragsentwurf nach § 150 Abs. 2 BGB ein neues Angebot sehen.

bb) Soweit die Revision darauf hinweist, eine Vielzahl der Aspekte ihres Vertragsentwurfs vom seien bereits in dem ursprünglichen Angebot der Beklagten vom enthalten gewesen, so mag dies für einige Regelungen zutreffen. Allerdings enthielt das Angebot der Beklagten vom nicht bereits alle nunmehr formulierten weiteren Regelungen bzw. hatten diese dort Anklang gefunden. Dies gilt insbesondere sowohl für die Fälligkeit und Vererbungsregelung der möglichen Abfindung als auch für die von der Klägerin intendierte umfassende Freistellungsregelung.

4. Entgegen der Auffassung der Revision war das Verhalten der Beklagten auch nicht treuwidrig.

a) Wer durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage schafft, auf die sich der andere Teil verlassen darf und verlassen hat, darf den anderen Teil in seinem Vertrauen nicht enttäuschen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen im Rechtsverkehr untergraben, wenn es erlaubt wäre, sich nach Belieben mit seinen früheren Erklärungen und seinem früheren Verhalten derart in Widerspruch zu setzen. Das Verbot des Selbstwiderspruchs hindert Vertragspartner ua. daran, sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrags zu berufen, den sie viele Jahre lang als rechtswirksam angesehen und beiderseits erfüllt haben. Insbesondere ist das Vertrauen eines Vertragspartners auf eine bestimmte Rechtslage schutzwürdig, soweit er von dem anderen Teil in diesem Glauben bestärkt worden ist (vgl. insbesondere - BAGE 104, 86, 92). Gleichwohl ist nicht jedes widersprüchliches Verhalten auch rechtsmissbräuchlich. Die Parteien dürfen ihre Rechtsansichten im Rechtsstreit ändern. Jeder Partei steht es in der Regel frei, sich auf die Nichtigkeit der von ihr abgegebenen Erklärungen zu berufen ( - BGHZ 87, 169, 177) oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen ( - NJW 1992, 834). Ein widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist ( - BGHZ 32, 273, 279; - III ZR 236/84 - NJW 1986, 2104, 2107) oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen ( IVa ZR 153/83 - BGHZ 94, 344, 354; - IX ZR 271/90 - aaO; - aaO).

b) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten noch nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Zum einen stand es ihr frei, ihre Ansicht zur Lösung des entstandenen Konflikts zu ändern und auch von einem zunächst unterbreiteten und nicht mehr bindenden Angebot abzurücken. Zum anderen konnte die Klägerin - solange kein definitiver Vertragsschluss vorlag - auch nicht darauf vertrauen, dass die Parteien auf jeden Fall das Arbeitsverhältnis durch eine Beendigungsvereinbarung und Zahlung einer Abfindung beenden würden. Dies gilt umso mehr, als vor allem die Klägerin stets selbst vorgesehen hatte, eine mögliche Einigung vor Gericht protokollieren zu lassen.

II. Der Klägerin steht auch kein Abfindungsanspruch in Höhe von 9.900,00 Euro nach § 1a KSchG zu. Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

1. Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gekündigt hat und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG keine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG setzt der Anspruch weiter den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Gründe gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG mit zutreffender Begründung verneint.

Zwar hat die Beklagte im Kündigungsschreiben vom unstreitig den nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG notwendigen Hinweis gegeben. Entgegen der Auffassung der Revision ist aber die weitere gesetzliche Voraussetzung, nämlich dass die Klägerin keine Klage auf Feststellung iSv. § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG erhoben hat, nicht erfüllt.

a) Es kann im Entscheidungsfall dahingestellt bleiben, ob die Klageerweiterung der Klägerin gegen die Kündigung vom im Rahmen des von ihr gegen die erste Kündigung durch eine gegen die D gerichtete Klage eingeleiteten Verfahrens bereits ausreicht, um die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG zu verneinen.

b) Die Voraussetzungen für einen Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG sind nämlich schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin gegen die Kündigung vom auch gegen die Beklagte ausdrücklich - erneut - Klage erhoben und einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt hat. Die spätere Antrags- und Klagerücknahme führt zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Der Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 KSchG entsteht nach dem Wortlaut der Regelung nicht, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung klageweise angreift. Die gesetzliche Regelung will gerichtliche Auseinandersetzungen der Arbeitsvertragsparteien vermeiden und den Parteien eine einfache, effiziente und kostengünstige außergerichtliche Option zu einem fairen Interessenausgleich zur Verfügung stellen. Diesem Zweck entspricht es, einem Arbeitnehmer die Abfindung zu versagen, wenn er eine gerichtliche Auseinandersetzung eingeleitet hat (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 9, 12). Dies gilt auch für eine nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist eingereichte (Kündigungsschutz-)Klage und einen Antrag des Arbeitnehmers auf nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG (vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen-Preis Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl. Rn. 1167h; ErfK/Oetker 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 14; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1a Rn. 15; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1a Rn. 10; Müko-BGB-Hergenröder 4. Aufl. § 1a KSchG Rn. 15 f.; Löwisch NZA 2003, 689, 694; Preis DB 2004, 70, 74; Raab RdA 2005, 1, 9; Willemsen/Annuß NJW 2004, 177, 182). Zwar regelt § 1a Abs. 1 KSchG diesen Fall nicht ausdrücklich. Aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung folgt aber, dass ein Anspruch nach § 1a Abs. 1 KSchG mit der Antragstellung auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage entfällt. Der Arbeitgeber sähe sich ansonsten durch den nachträglichen Klagezulassungsantrag nunmehr doch mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses konfrontiert, die er gerade mit dem Angebot einer Abfindungszahlung vermeiden wollte.

bb) Schließlich führt auch die - alsbaldige - Rücknahme des Antrags auf nachträgliche Zulassung und die Rücknahme der zweiten Kündigungsschutzklage zu keinem anderen Ergebnis.

Durch die Rücknahme der Kündigungsschutzklage im Termin vom können jedenfalls die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht mehr erfüllt - oder plastischer geheilt - werden (so auch die ganz herrschende Meinung vgl. beispielsweise ErfK/Oetker 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 14; KDZ-Kittner 6. Aufl. § 1a KSchG Rn. 12; Stahlhacke/Preis/Vossen-Preis Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl. Rn. 1167g; KR-Spilger 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 79; Müko-BGB-Hergenröder 4. Aufl. § 1a KSchG Rn. 14; HWK-Quecke 2. Aufl. § 1a KSchG Rn. 15; Preis DB 2004, 70, 75; Giesen/Besgen NJW 2004, 185, 188; Eylert/Schinz AE 2005, 7). Daran ändert auch § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO nichts, wonach der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist, wenn die Klage zurückgenommen wird. Die Rücknahmefiktion würde das gesetzgeberische Ziel konterkarieren, einen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung nur im Falle der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu begründen. Dem widerspräche es, wenn der Arbeitnehmer zunächst die Entwicklung des Kündigungsschutzprozesses abwarten und die Klage bei sich abzeichnender Erfolglosigkeit zurücknehmen könnte, um noch in den Genuss der vom Arbeitgeber mit dem Hinweis nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG angebotenen Abfindung kommen zu können. Um die Beseitigung eben dieser Unwägbarkeiten aber ist es dem Gesetzgeber mit der Schaffung des § 1a KSchG gegangen (vgl. KR-Spilger § 1a aaO).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BB 2008 S. 1225 Nr. 23
DB 2008 S. 1383 Nr. 25
NJW 2008 S. 2061 Nr. 28
NWB-Eilnachricht Nr. 7/2008 S. 506
YAAAC-79744

1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein