Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StGB § 25 Abs. 2; StGB § 55
Instanzenzug: LG Potsdam, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen "gewerbsmäßigen" Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen "gewerbsmäßigen" Betrugs in zwölf Fällen und wegen Nötigung ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Von weiteren Betrugsvorwürfen hat es die Angeklagten freigesprochen. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Die Revision des Angeklagten L. hat teilweise Erfolg.
1. Betreffend diesen Angeklagten hält der Schuldspruch der Nachprüfung allerdings weitgehend stand.
a) Die Verurteilung wegen (täterschaftlichen) Betrugs in neun Fällen wird von den Feststellungen getragen.
aa) Dies folgt für die Fälle 8, 10, 13, 14, 16 und 17 der Urteilsgründe bereits daraus, dass der Angeklagte jeweils die tatbestandsmäßige Täuschungshandlung selbst vorgenommen hat. Einer Zurechnung der durch einen seiner Mittäter ausgeführten Betrugshandlungen nach § 25 Abs. 2 StGB bedarf es insoweit nicht.
bb) In den Fällen 9, 11 und 12 der Urteilsgründe hat der Angeklagte L. den Betrug als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 zweite Variante StGB) begangen. Die Beauftragung der geschädigten Handwerksfirmen erfolgte in diesen Fällen durch den in einem gesonderten Verfahren freigesprochenen Z. , der von dem Betrugstatplan nichts wusste. Zwar ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, wer von den beiden Angeklagten und dem Nichtrevidenten K. in den drei genannten Fällen auf den Tatmittler Z. eingewirkt hat. Die Beauftragung des ohne Vorsatz handelnden Z. entsprach jedoch dem gemeinsamen Tatplan (§ 25 Abs. 2 StGB).
Die Wertung des Landgerichts, den Angeklagten auch in diesen Fällen als Mittäter anzusehen, ist vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. dazu BGH wistra 2007, 112, 113; 2005, 380, 381) gedeckt.
Das Landgericht hat zutreffend auch insoweit Tatmehrheit (§ 53 StGB) angenommen. Denn der Angeklagte L. leistete mit dem Zurverfügungstellen seiner Firma T. nicht nur einen einheitlichen Tatbeitrag, sondern darüber hinaus in jedem der drei Einzelfälle weitere Beiträge vor Tatbeendigung. Er trat nämlich nach Beauftragung der Handwerker als Generalunternehmer bzw. Bauleiter auf den Baustellen auf, nahm teilweise die Bauarbeiten ab und ließ auf diese Weise die Handwerksfirmen in dem Glauben, dass deren Werklöhne erfüllt werden würden.
b) Regelbeispiele sind nicht in der Urteilsformel aufzunehmen. Die - zudem auch in der Sache unrichtige (vgl. unten 2. a) - Kennzeichnung als "gewerbsmäßig" hat daher zu entfallen.
2. Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben. Die Strafzumessung weist mehrere Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten L. auf.
a) Bereits die Annahme des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) wird von den Feststellungen nicht getragen. Es ist nicht belegt, dass sich der Angeklagte L. durch seine Beteiligung an den Betrugstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollte. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, fehlen insoweit aussagekräftige Feststellungen zu den vom Angeklagten L. mit seiner Tatbeteiligung verfolgten Zwecken.
b) Im Fall 16 der Urteilsgründe fehlen Feststellungen zur Höhe des Vermögensschadens. Es wird nicht mitgeteilt, wie hoch der Wiederbeschaffungswert der Baumaterialien im Zeitpunkt der Übergabe durch die geschädigte Lieferfirma war (vgl. dazu BGH wistra 2007, 457; 18, 21).
c) Die Strafzumessungserwägungen lassen zudem besorgen, dass das Landgericht dem Angeklagten L. den vom Haupttäter verursachten Gesamtschaden zugerechnet und damit nicht ausreichend bedacht hat, dass L. nur in neun von insgesamt 21 Betrugsfällen der Deliktsserie beteiligt war.
d) Schließlich wäre hier naheliegenderweise zu erörtern gewesen, ob dem Angeklagten L. deswegen ein Härteausgleich hätte gewährt werden müssen, weil an sich gesamtstrafenfähige Einzelstrafen aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung wegen deren Erledigung nicht mehr nach § 55 StGB einbezogen werden konnten (vgl. dazu BGHSt 31, 102, 103 m.w.N.; 33, 131, 132).
II.
Die Revision des Angeklagten S. hat einen noch weitergehenden Teilerfolg.
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.
a) In den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe hat der Angeklagte S. die tatbestandsmäßige Handlung nicht selbst vorgenommen. Die lückenhaften Feststellungen lassen aber auch eine Zurechnung der von einem der Mittäter ausgeführten Tathandlungen (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht zu.
aa) In den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der Urteilsgründe belegen die Feststellungen keinen eigenständigen, nur jeweils diese Einzelfälle fördernden Tatbeitrag des Angeklagten S. . In den Fällen 2, 3 und 13 genügt auch das in diesen Fällen festgestellte "Vertrösten" der Firmeninhaber bzw. des Geschäftsführers nicht zur Annahme eines konkreten Tatbeitrags. Denn es ist nach den unklaren Feststellungen nicht auszuschließen, dass dies jeweils erst nach Tatbeendigung geschah.
Eine Zurechnung der vom Nichtrevidenten K. oder dem Mitangeklagten L. - gegebenenfalls über den Tatmittler Z. - begangenen Täuschungshandlungen nach § 25 Abs. 2 StGB ist nicht möglich. Zwar hat der Angeklagte S. vor Beginn der Deliktsserie mit dem Bauherrn K. den Betrugsplan verabredet, die Subunternehmer mit einzelnen Gewerken zu beauftragen, wobei diese für die ausgeführten Bauleistungen nicht bezahlt werden sollten. Er hat gemäß dem Tatplan auch den Bauingenieur Z. angeworben und später den weiteren Mittäter L. als neuen "Generalunternehmer" mit eingewiesen. Gleichwohl ist der Tatvorsatz des Angeklagten S. in diesen Einzelfällen nicht hinreichend nachgewiesen. Es ist insbesondere vor dem Hintergrund des auch bei diesem Angeklagten nicht belegten Eigeninteresses an der Schädigung der Handwerker nicht erkennbar, dass er insoweit die Beauftragung der Subunternehmer mit den Teilgewerken und damit die Verstrickung seiner Firma in weitere Betrugstaten billigte. Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Angeklagte S. bei Tatabrede die Entscheidung vorbehielt, in welchen Fällen die Beauftragung der Subunternehmer über seine Firma erfolgen sollte und in welchen nicht.
Dass K. und L. in den Fällen 8 und 13 der Urteilsgründe die Geschädigten an die Firma des Angeklagten S. verwiesen, belegt für sich ebenfalls noch nicht, dass dies dem Tatplan entsprach und diese Einzelfälle vom Vorsatz des Angeklagten S. umfasst waren. Denn in diesen Fällen aus dem Tatzeitraum vom November 2003 bis Februar 2004 sollte gemäß dem Tatplan nur die Firma des Mitangeklagten L. als Generalunternehmerin auftreten, weil die Handwerker darauf aufmerksam geworden waren, dass die bisher eingesetzte Firma des Angeklagten S. ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam. Hinzu kommt, dass die der Betrugsserie zugehörigen Fälle 9 bis 12 der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte S. vom Betrugsvorwurf freigesprochen worden ist, keinen wesentlichen Unterschied zu den in Rede stehenden Verurteilungsfällen erkennen lassen.
bb) Im Fall 23 der Urteilsgründe wird die Annahme einer - gemeinschaftlich begangenen - Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) ebenfalls nicht von den Feststellungen getragen. Eine eigene Nötigungshandlung des Angeklagten ist nicht festgestellt. Der Generalbundesanwalt hat im Übrigen zutreffend ausgeführt: "Eine konkrete Einlassung der Angeklagten K. und S. zu dieser Tat teilt das Landgericht nicht mit. Es beschränkt sich darauf anzugeben, dass die Zeugin F. glaubhaft bekundet habe, Angst vor beiden Angeklagten gehabt zu haben (UA S. 30). Eine sichere Tatsachengrundlage für den vom Landgericht angenommenen gemeinsamen Tatplan bildet diese Feststellung nicht."
b) In den Fällen 4, 6, 7, 16 und 18 der Urteilsgründe sind hingegen den Feststellungen Einzeltatbeiträge des Angeklagten S. zu entnehmen. Der Angeklagte S. hat insoweit unter der Firma R. bzw. anderen Firmen die geschädigten Handwerkerfirmen selbst beauftragt, wobei er wusste, dass weder er selbst noch der Bauherr K. zahlungsfähig und -willig waren.
2. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Auch die übrigen Einzelstrafen haben keinen Bestand. Denn die Strafzumessungserwägungen weisen auch insoweit die gleichen Rechtsfehler auf, die, wie ausgeführt, bezüglich des Mitangeklagten L. zu beanstanden sind.
III.
Nach alledem bedürfen die Fälle 1 bis 3, 5, 8, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe bezüglich des Angeklagten S. umfassend neuer Aufklärung und Bewertung. Sollten hinsichtlich der Betrugstaten Feststellungen zu Einzeltatbeiträgen nicht möglich sein, wird zu erwägen sein, ob jene dem Angeklagten S. aufgrund eines zu Beginn der Deliktsserie geleisteten Beitrags als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 StGB) zugerechnet werden können (vgl. dazu BGHSt 49, 177, 182 f.; 26, 284, 285 f.; BGH wistra 2008, 57, 58; 2001, 336, 337; NStZ-RR 2003, 265, 267; NStZ 1996, 296, 297).
Bei beiden Angeklagten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) neu festzusetzen. Sollte der Tatrichter hinsichtlich der Fälle 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der Urteilsgründe zu einer von dem angefochtenen Urteil abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses gelangen, hat er insoweit Folgendes zu beachten: Die Höhe der bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen darf im Rahmen abweichender Beurteilung der Konkurrenzen überschritten werden. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) steht dem nicht entgegen. Allerdings darf die Summe der bisherigen Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der Urteilsgründe bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten werden (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12; ).
Fundstelle(n):
UAAAC-78717
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