BGH Urteil v. - III ZR 78/07

Leitsatz

[1] a) Die Rückenteignungsentschädigung nach dem Landbeschaffungsgesetz bemisst sich grundsätzlich nach dem Zustand des Grundstücks zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses und nicht dessen Unanfechtbarkeit. Der vom Rückenteignungsberechtigten zu zahlende Betrag ist der Höhe nach nicht auf die bei der vorangegangenen Enteignung erhaltene Entschädigung beschränkt, wenn das Grundstück dem ursprünglichen Enteignungszweck zugeführt worden war.

b) Auf den Erlass des Teils A des Rückenteignungsbeschlusses ist für die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung abzustellen, wenn dieser vom Rückenteignungsverpflichteten unbegründet angefochten und deshalb der Erlass des Teils B und die Durchführung der Rückenteignung unberechtigt verzögert wird.

c) Die Rückenteignungsentschädigung ist ab dem Erlass des Rückenteignungsbeschlusses Teil B und nicht erst ab Rückübertragung des Grundstücks auf den Rückenteignungsberechtigten zu verzinsen.

Gesetze: LandbeschG § 17 Abs. 3 Satz 1; LandbeschG § 17 Abs. 4; LandbeschG § 47 Abs. 1; LandbeschG § 47 Abs. 2; LandbeschG § 51 Abs. 1 Satz 1; LandbeschG § 57 Abs. 4; LandbeschG § 61 Abs. 1; GG Art. 14 Ea

Instanzenzug: LG Düsseldorf, 2b O 285/02 vom OLG Düsseldorf, I-18 U 135/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entschädigung für eine Rückenteignung nach dem Landbeschaffungsgesetz.

Die Klägerin war Eigentümerin mehrerer unbebauter Grundstücke in R. 1954 wurden die seinerzeit im Außenbereich gelegenen Grundstücke zugunsten der beklagten Bundesrepublik für Verteidigungsaufgaben beschlagnahmt und mit Beschluss des Regierungspräsidenten Düsseldorf vom nach den Vorschriften des Landbeschaffungsgesetzes (LBeschG) zugunsten der Beklagten enteignet. Die Enteignungsentschädigung wurde auf umgerechnet 112.024 € festgesetzt.

Auf einem Teil der Grundstücke wurden 14 zweigeschossige Einfamilienhäuser nebst Erschließungsstraße für Familien der britischen Stationierungsstreitkräfte errichtet. Nachdem diese die Häuser 1989/1990 geräumt hatten, übernahm die Beklagte die Grundstücke und beabsichtigte, Bundeswehrangehörige dort unterzubringen.

Dem Antrag der Klägerin auf Rückenteignung gab die Bezirksregierung Düsseldorf mit dem Rückenteignungsbeschluss Teil A am statt. Hiergegen wandte sich die Beklagte im Verwaltungsrechtsweg. Letztinstanzlich unterlag sie mit (NVwZ 2001, 198).

Am beantragte die Klägerin im Rückenteignungsverfahren die Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung für die Rückenteignung. Die Bezirksregierung holte ein Wertgutachten des Gutachterausschusses der Stadt R. ein und setzte mit Rückenteignungsbeschluss Teil B vom die von der Klägerin zu zahlende und vom selbigen Tage an zu verzinsende Entschädigung auf 1.538.000 € fest.

Hiergegen haben sich die Klägerin mit ihrer Klage und die Beklagte mit der Widerklage gewandt. Das Landgericht hat unter teilweiser Abänderung des Rückenteignungsbeschlusses Teil B die Entschädigung für die Rückenteignung auf 1.372.000 € festgesetzt und die weitergehende Klage und die Widerklage abgewiesen.

Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Beide Berufungen sind vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Herabsetzung der Rückenteignungsentschädigung auf 112.024 € weiter. Mit der Anschlussrevision möchte die Beklagte die Heraufsetzung der vom Landgericht zuerkannten Rückenteignungsentschädigung um 826.555 € auf insgesamt 2.198.555 € erreichen. Außerdem streiten die Parteien über den Beginn der Verzinsungspflicht.

Gründe

Die Revision des Klägers und die Anschlussrevision der Beklagten bleiben ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 633) hat als maßgeblichen (Qualitäts-)Stichtag für die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung auf den abgestellt, den Tag des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses Teil A. Bei der Ermittlung der Bodenwerte ist es sachverständig beraten von einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,4 ausgegangen. Die Angriffe der Parteien gegen den für die Verzinsung der Rückenteignung maßgeblichen Zeitpunkt, den Erlass des Rückenteignungsbeschlusses Teil B am , seien verfristet und in der Sache unbegründet.

II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision stand.

1. Die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung nach dem (Qualitäts-)Stichtag durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sind - im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin - weder nur die bei der ursprünglichen Enteignung empfangenen Leistungen zurückzugewähren, noch ist - im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten - auf den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Rückenteignungsbeschlusses Teil A am abzustellen.

a) Maßgeblich für die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung ist nicht der Zeitpunkt des Erlasses des Enteignungsbeschlusses vom . Das schließt es im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin aus, dass im Fall der Rückenteignung lediglich die seinerzeit empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind.

aa) Der Stichtag für die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung bestimmt sich nach § 57 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 1 LBeschG. Die von § 57 Abs. 4 LBeschG angeordnete sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 3 Satz 1 LBeschG auf die Rückenteignung bedeutet bereits nach ihrem Wortlaut, dass für die Bemessung der Entschädigung der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt bestimmend ist, in dem der Rückenteignungsbeschluss erlassen wird (vgl. OLG Köln NJW 1996, 2799; ebenso von Schalburg, Landbeschaffungsgesetz und Schutzbereichsgesetz, 1957, L § 57 Rn. 11; Bauch/Schmidt, Landbeschaffungsgesetz und Schutzbereichsgesetz, 1957, § 57 LBeschG Anm. 10; ähnlich BVerwG NVwZ 2001, 198, 200).

bb) Dieser Auslegung des § 57 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 1 LBeschG steht auch nicht entgegen, dass in anderen Gesetzen (z.B. § 103 Satz 4 BauGB, § 43 Abs. 3 Satz 2 Bundesleistungsgesetz) die Rückenteignungsentschädigung grundsätzlich begrenzt wird auf den bei der ersten Enteignung zugrunde gelegten Verkehrswert des Grundstücks. Eine solche ausdrückliche Regelung hat der Gesetzgeber in § 57 Abs. 4 LBeschG gerade nicht eingefügt.

cc) Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GG gebietet keine andere Auslegung. Bezüglich des seinerzeit enteigneten Grundstückseigentums steht der Klägerin vor der Rückenteignung keine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition mehr zu.

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG steht in einem komplementären Verhältnis zur Enteignungsermächtigung in Art. 14 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 38, 175, 179 ff). Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sichert den konkreten Bestand des Eigentums in der Hand des einzelnen Eigentümers. Der Bürger muss allerdings den Zugriff des Staates auf sein Eigentum dulden, wenn die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG erfüllt sind. Nach dessen Satz 1 ist eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Die öffentliche Aufgabe, der die Enteignung dienen soll, ist danach einerseits deren Zweck, andererseits aber auch deren Legitimation. Wird sie nicht ausgeführt oder das enteignete Grundstück hierzu nicht benötigt, so entfällt diese Legitimation und mit ihr der Rechtsgrund für den Eigentumserwerb durch die öffentliche Hand. Damit entfaltet die Garantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG wieder ihre Schutzfunktion. Die durch die Enteignung erlangte Rechtsposition der öffentlichen Hand kann dann keinen Vorrang vor der verfassungsrechtlich geschützten Rechtstellung des Bürgers mehr haben. Mit dem Wegfall der die Enteignung legitimierenden verfassungsrechtlichen Voraussetzungen entbehrt auch das Eigentum in der öffentlichen Hand für die Zukunft der Rechtfertigung.

Die im Einklang mit Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG vollzogene Enteignung steht deshalb unter dem Vorbehalt, dass das enteignete Objekt auch tatsächlich dem Zweck zugeführt wird, zu dem es enteignet worden ist und der die Enteignung gerechtfertigt hat. Das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsrecht wirkt im Anschluss an eine Enteignung in dem Sinne nach, dass dem enteigneten Bürger eine eigentumsrechtlich geschützte Restposition - das Recht auf Rückerwerb des Eigentum - verbleibt, die wirksam wird, wenn es später nicht zu der vorgesehenen Verwendung des enteigneten Gegenstands kommt (vgl. BVerfGE 97, 89, 97; BVerfG, Kammerbeschluss, DVBl. 2000, 695; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 76, 365, 368 f).

Daraus folgt aber zugleich, dass mit der Verwendung des enteigneten Grundstücks für den Allgemeinwohlbelang der Zweck der Enteignung erreicht ist. Die Enteignung ist damit vollzogen und abgeschlossen. Die enteignungsrechtliche Fortwirkung gerichtet auf Rückerwerb des Eigentums im Falle mangelnder Verwendung des Enteigneten für den Allgemeinwohlbelang fällt dann weg. Der Enteignungsbegünstigte hat sein Eigentumsrecht nicht als von vornherein mit einem Rückübereignungsanspruch des früheren Eigentümers belastet erworben. Daran ändert auch nichts, dass der ehemalige Eigentümer unter Umständen in einem späteren Zeitpunkt einen Anspruch darauf haben kann, den enteigneten Gegenstand zurückzuerhalten (vgl. BVerwG NJW 1990, 2400). Vielmehr behält die Änderung der Eigentumszuordnung ihre Rechtfertigung auch dann, wenn die Gemeinwohlaufgabe später wegfällt (BVerwG NJW 1994, 1749; OLG Köln NJW 1996, 2799, 2800 ff; vgl. Berkemann in: Umbach/Clemens, GG, 2002, Art. 14 Rn. 678; Depenheuer in: Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl., Art. 14 Rn. 433).

dd) Dass das Landbeschaffungsgesetz in einer bestimmten Konstellation aus verfassungsrechtlichen Gründen korrekturbedürftig ist, steht der hier vorgenommenen, am Gesetz orientierten Auslegung nicht entgegen, da weitergehende Grundrechtspositionen der Klägerin nicht bestehen. Entgegen der Auffassung der Revision sind bei einer derart differenzierten Handhabung weder "undurchführbare Abgrenzungsschwierigkeiten" noch "sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen" zu befürchten.

b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht für die Bemessung der Rückenteignungsentschädigung auf den Zustand des Grundstücks zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses Teil A am abgestellt und nicht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auf den Zeitpunkt dessen Unanfechtbarkeit am .

aa) § 57 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 1 LBeschG bestimmen schon dem Wortlaut nach den Erlass des Rückenteignungsbeschlusses und nicht dessen Unanfechtbarkeit als maßgeblichen Zeitpunkt für den Zustand des Grundstücks, nach dem sich die Rückenteignungsentschädigung bemisst.

bb) Hier ist aber schon deshalb auf den Erlass des Rückenteignungsbeschlusses Teil A abzustellen, weil die Beklagte durch ihre erfolglose Anfechtung dieses Beschlusses im Hinblick auf die Zulässigkeit der Rückenteignung den Erlass des Rückenteignungsbeschlusses Teil B (Höhe der Geldentschädigung) und darauf folgend die Durchführung der Rückenteignung unberechtigt verzögert hat. Deshalb konnte die Klägerin nicht zeitlich unmittelbar folgend das Grundstück gegen Zahlung der Entschädigung erhalten. Die zeitlich später eingetretenen Wertsteigerungen des Grundstücks hätten wirtschaftlich der Klägerin zugestanden, weil sie die Rückenteignungsentschädigung nicht nachträglich erhöht hätten. Es gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Enteignungsrechts, dass bei der Festsetzung der Entschädigung nicht unberücksichtigt bleiben darf, wer für eine Verzögerung ihrer Auszahlung verantwortlich ist (Senatsurteile BGHZ 38, 103, 109; 40, 312, 316; 44, 52, 57). Es wäre mit dem Zweck der Rückenteignungsentschädigung nicht vereinbar, wenn der Rückenteignungsverpflichtete durch unbegründete Rechtsmittel gegen die Zulässigkeit der Rückenteignung den Bewertungsstichtag verändern, damit die ihm zustehende Entschädigung zu seinen Gunsten beeinflussen und einen "Verzögerungsgewinn" einstreichen könnte (vgl. Senatsrechtsprechung zur Preisbemessung Urteile vom - III ZR 196/87 - NVwZ 1990, 797, 798 und vom - III ZR 40/82 - DVBl. 1983, 1147, 1148 [Verzögerung durch Anfechtung der Zulässigkeit der Enteignung]; vom - III ZR 26/78 - NJW 1980, 1844, 1845 und Beschlüsse vom - III ZR 161/85 - BGHR GG Art. 14 Abs. 3 Satz 3 - Angebot 1 [Verzögerung durch Ablehnung eines Angebots] und vom - III ZR 70/78 - [Verzögerung durch unterbliebene Vorschusszahlung im Klageverfahren]).

2. Rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass das Oberlandesgericht bei der Bemessung der Entschädigung sachverständig beraten von der Geschossflächenzahl von 0,4 ausgegangen ist.

Erst in der Berufungsbegründung hat die Beklagte behauptet, der Gutachterausschuss der Stadt R. habe für die Zeit vom bis zum eine Geschossflächenzahl von 0,3 ermittelt.

Die Zurückweisung dieses Vortrags der Beklagten nach § 531 Abs. 2 ZPO durch das Berufungsgericht begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Es handelt sich um eine in erster Instanz noch nicht vorgetragene Tatsachenbehauptung und deshalb um ein neues Angriffsmittel. Die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO liegen nicht vor.

Die Beklagte macht mit ihrer Anschlussrevision zu Unrecht geltend, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sei erfüllt, weil das Landgericht übersehen habe, dass der Gutachterausschuss der Stadt R. die Geschossflächenzahl von 0,4 erst zum festgestellt habe. Dies habe deshalb der Gerichtssachverständige nicht für seine Begutachtung übernehmen dürfen, die auf den Zeitpunkt abstelle.

Die Beklagte verkennt dabei, dass der vom Landgericht beauftragte Sachverständige seinem Gutachten zunächst aufgrund eigener Schätzung eine Geschossflächenzahl von 0,3 zugrunde gelegt und unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Gutachterausschusses der Stadt R. seine Annahme für den maßgeblichen Zeitpunkt, den , korrigiert hatte. Er hat deshalb nicht unbesehen einen Wert aus 2000 auf den Stichtag übertragen, sondern seine Feststellung für den letztgenannten Zeitpunkt unter Berücksichtung des für das Jahr 2000 ermittelten Wertes korrigiert, wovon das Landgericht auch ausgegangen ist und deshalb insoweit nichts übersehen hat. Im Übrigen ist davon auch der Gutachterausschuss der Stadt R. ausgegangen. Auch in dessen Gutachten wird von dem für den ermittelten Wert darauf geschlossen, dass dieser auch für den (Qualitäts-)Stichtag am gegolten habe. Beide Sachverständige gehen also davon aus, dass sich die Verhältnisse zwischen diesen Zeitpunkten nicht verändert haben.

3. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe beider Parteien gegen die Verzinsung der Rückenteignungsentschädigung ab dem .

a) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage und die Widerklage gegen die Verzinsung seien verfristet (§ 61 Abs. 1 LBeschG).

aa) Die Klage ist nicht verfristet. Zwar hat die Klägerin in der ersten Instanz die Verzinsung nach § 57 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 4 LBeschG nicht ausdrücklich oder jedenfalls argumentativ angegriffen. Bei dem Zinsanspruch handelt es sich um eine Nebenforderung ( - WM 1970, 646; vom - III ZR 129/73 - WM 1976, 162, 163), aber gleichwohl um einen eigenen von der Hauptforderung abgrenzbaren Streitgegenstand (vgl. - FamRZ 1995, 1138). Dennoch erfasst der Angriff gegen die Hauptforderung dem Grunde nach auch die Zinsforderung, denn diese könnte ohne die Hauptforderung keinen Bestand haben (vgl. - NJW 1994, 1656; vom - IV ZR 101/91 - NJW 1992, 1898f). Da die Klägerin sich gegen die Höhe der Entschädigungsforderung mit der Klage gewendet hat, hat sie sich zugleich gegen die Verzinsung gewehrt. Es ist ihr nach § 61 Abs. 1 LBeschG nicht verwehrt, weitere Einwände gegen sie erst im Laufe des Verfahrens nachzuschieben.

bb) Auch die Widerklage ist nicht verfristet, weil die Beklagte eine höhere Entschädigung "zuzüglich der gesetzlichen Zinsen (§ 17 LBeschG)" verlangt hat. Sie hat damit auch die Verzinsung der Entschädigung in ihre Widerklage mit aufgenommen und es ist ihr nicht verwehrt, geltend zu machen, der Zinsbeginn nach § 57 Abs. 4, § 17 Abs. 4 LBeschG sei früher anzusetzen, als im Rückenteignungsbeschluss Teil B festgesetzt.

b) Rechtsfehlerfrei ist aber die Auffassung des Berufungsgerichts, die Rückenteignungsentschädigung sei ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses Teil B, dem , zu verzinsen.

Nach § 57 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 LBeschG ist die Entschädigung ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses zu verzinsen. Dieser besteht aus den Teilen A und B (§ 47 Abs. 1, Abs. 2 LBeschG). Dabei liegt es nahe, dass für die Verzinsung der Zeitpunkt des Erlasses des Rückenteignungsbeschlusses Teil B maßgeblich ist. Denn erst zu dem Zeitpunkt steht der zu verzinsende Kapitalbetrag fest, dessen unverzügliche Leistung durch die Verzinsungspflicht sichergestellt werden soll (Bauch/Schmidt, aaO., § 17 LBeschG Anm. 8). Dabei ist auch insoweit In den Blick zu nehmen, dass die Beklagte den Rückenteignungsbeschluss Teil A unbegründet angefochten und die damit einhergehende mehrjährige Verzögerung selbst zu vertreten hat (siehe oben II. 1. b) bb).

Im Übrigen sind der Beklagten die von ihr gezogenen Nutzungen des Grundstücks während der Zeit der Anfechtung des Rückenteignungsbeschlusses Teil A verblieben. Die Entschädigung tritt als Gegenwert an die Stelle des Grundstücks. Deren Nutzungen sind die Zinsen (Senatsurteile BGHZ 48, 291, 294; vom - III ZR 315/98 - NVwZ 2000, 230, 231). Es ist nicht ersichtlich, warum dem Grundstückseigentümer bei einer erfolglosen Anfechtung des Rückenteignungsbeschlusses Teil A gleichsam zweimal Nutzungen zufließen sollten.

Nicht maßgeblich für die Verzinsung der Rückenteignungsentschädigung ist der Zeitpunkt der Rückübertragung des Grundstücks auf die Klägerin.

Der erkennende Senat hat die gesetzlich angeordnete Verzinsung nach Umfang und Dauer für so bestimmt gehalten, dass er die Festsetzung im Enteignungsbeschluss für nicht erforderlich gehalten hat (Senatsurteil vom - III ZR 129/73 - WM 1976, 162). Er ist für die Enteignung stets davon ausgegangen, dass nach § 17 Abs. 4 LBeschG nicht der tatsächliche Verlust des Grundstücks maßgeblich ist für die Verzinsung, sondern der Erlass des Enteignungsbeschlusses ( - LM LandBeschG Nr. 7; BGHZ 48, 291, 293f.). Der Zinsanspruch ist dabei unabhängig davon, ob ein konkreter Nachteil entstanden ist (Senatsurteile BGHZ 88, 337, 341; vom - III ZR 315/98 - NVwZ 2000, 230, 231 f).

Der gesetzlich angeordnete Verzinsungszeitpunkt kann dazu führen, dass das Grundstück wegen der Anfechtung des Enteignungsbeschlusses Teil B noch im Eigentum des Enteignungsverpflichteten steht und die Verzinsung eine längere Zeit betreffen kann, in der er das Grundstück noch besitzt und ihm gleichzeitig die Zinsen aus dem festgesetzten Entschädigungsbetrag zustehen. Dem Gesetzgeber war bei Erlass des Landbeschaffungsgesetzes bewusst, dass der Beginn der Zinspflicht im Regelfall von dem Tag der tatsächlichen Rechtsänderung abweicht; gleichwohl hat er die Verzinsung vom Erlass des Enteignungsbeschlusses abhängig gemacht (vgl. v. Schalburg NJW 1965, 91). Dies wird durch die Systematik des Gesetzes belegt. § 51 Abs. 1 Satz 1 LBeschG bestimmt, dass erst nach Rechtskraft des Enteignungsbeschlusses (Teil A und B) der Tag bestimmt wird, mit dessen Beginn die im Enteignungsbeschluss vorgesehenen Rechtsänderungen eintreten. Nach der gesetzlichen Regelung fallen damit im Regelfall der Zeitpunkt des Zinsbeginns und der Rechtsänderung auseinander. Die gesetzlich gewollte Verzinsung der Entschädigung auch für einen Zeitraum, in dem die Rechtsänderungen noch nicht eingetreten sind, ist jedoch hinzunehmen (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 235, 237; 98, 188, 194; vom - III ZR 315/98 - NVwZ 2000, 230, 231 f). Dies ist auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn es - wie hier - um die Rückenteignung geht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 1186 Nr. 17
PAAAC-78120

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja