Schlüssige Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Ablehnung eines Antrags auf Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung
Gesetze: FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 5 K 876/04
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.
1. Wird als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) des Finanzgerichts (FG) mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, ist substantiiert vorzutragen, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich für das FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern sie auf der Grundlage des —ggf. auch unrichtigen— materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und warum der fachkundig vertretene Kläger nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751; vom X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.
a) Nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG waren die Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht erfüllt, weil das von den Klägern behauptete Vorhandensein eines Gebäudes auf fremden Grund und Boden i.S. des § 148 des Bewertungsgesetzes dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) aufgrund des Schreibens der damaligen Bevollmächtigten der Kläger vom (beim FA eingegangen am ) nicht nachträglich bekannt geworden war. Selbst wenn es sich insoweit um eine neue Tatsache gehandelt haben sollte, seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO jedenfalls deshalb nicht erfüllt, weil das FA auch bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen nicht anders entschieden hätte. Ausgehend von dieser materiell-rechtlichen Beurteilung des FG ist eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG nicht schlüssig dargetan. Nach dessen Beurteilung kam es nicht darauf an, ob —wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt— das fragliche Grundstück nach den „tatsächlichen Begebenheiten” als bebautes zu qualifizieren war.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist auch insoweit nicht dargelegt, als die Kläger die Würdigung des Schreibens ihres früheren steuerlichen Beraters vom durch das FG angreifen. Die Kläger rügen lediglich eine unzutreffende Tatsachenwürdigung durch das FG. Damit wird jedoch kein Verfahrensfehler, sondern ein materiell-rechtlicher Fehler geltend gemacht (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 191/05, BFH/NV 2006, 1658; vom IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82). Im Übrigen konnte das FG nach dem Inhalt des Schreibens vom zu dem Ergebnis gelangen, dass dem FA die Bebauung des fraglichen Grundstücks nicht nachträglich bekannt geworden sei.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist ferner nicht dargelegt, soweit die Beschwerdebegründung einen Irrtum des FG hinsichtlich der sich aus der tatsächlichen Bebauung des fraglichen Grundstücks ergebenden rechtlichen Folgen rügt. Auch diese Rüge richtet sich nur gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung und führt nicht zur Zulassung der Revision (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 95/06, BFH/NV 2007, 2122; in BFH/NV 2002, 1476).
b) Soweit die Kläger eine irrige Tatbestandsfeststellung des FG geltend machen, kann ebenfalls keine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO erreicht werden. Vielmehr hätten die Kläger insoweit gemäß § 108 Abs. 1 FGO innerhalb von zwei Wochen beim FG die Berichtigung des Tatbestandes beantragen müssen (vgl. , BFH/NV 2005, 568, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81).
2. Mit der Rüge, das FG habe die in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Erörterungen der Sache nicht gewürdigt und dem Vertagungsantrag nicht stattgegeben, ist auch eine Verletzung des Rechts auf Gehör nicht schlüssig dargelegt.
a) Das Recht des Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliches Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10 a, m.w.N.). Eine auf Verletzung dieser Verpflichtung gestützte schlüssige Verfahrensrüge erfordert Darlegungen dazu, welche in das Klageverfahren eingeführten Umstände das FG bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt haben soll, inwiefern das Urteil auf der angeblichen Nichtberücksichtigung des Sachvortrages beruhen kann und inwieweit das angefochtene Urteil —auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— bei Berücksichtigung des versagten Vorbringens hätte anders ausfallen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 104/02, BFH/NV 2003, 499; vom VII B 99/04, BFH/NV 2005, 932; vom VII B 309/05, BFH/NV 2006, 1317; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger, das FG habe die vorgetragenen Argumente zum Vorliegen neuer Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO und zur tatsächlichen Sachlage „nicht gewürdigt” und in der Urteilsbegründung „falsch dargestellt”, nicht. Es fehlt eine schlüssige Darlegung, inwieweit die Vorentscheidung —bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— anders hätte ausfallen können. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt im Übrigen nicht die Verpflichtung des Gerichts, sich in der Begründung seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 932; in BFH/NV 2006, 1317).
b) Die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung verletzt nur dann den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör, wenn erhebliche Gründe für eine Aufhebung oder Verlegung geltend gemacht worden sind (§ 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung). Eine schlüssige Rüge dieses Verfahrensmangels erfordert daher die Darlegung, dass zur Begründung des Verlegungsantrags derart erhebliche Gründe substantiiert vorgetragen worden sind (, BFH/NV 2006, 73, m.w.N.). Der Beschwerdebegründung sind solche Darlegungen nicht zu entnehmen.
3. Die weitere Begründung der Kläger im Schriftsatz vom ist verspätet, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung grundsätzlich nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen des fristgemäßen Vorbringens— nicht zu berücksichtigen (, BFH/NV 2006, 1142; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 22).
Fundstelle(n):
QAAAC-75921