Gesonderte und einheitliche Feststellung bei Beteiligung an einer sog. Zebragesellschaft
Gesetze: EStG § 15, AO § 180, AO § 182, AO § 19
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) behaupteten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) liegen nicht vor bzw. wurden nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gerügt. Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt.
1. Die Rüge der Kläger, das angefochtene Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar und verletze damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG— und § 96 Abs. 2 FGO), weil das Finanzgericht (FG) den Veräußerungsgewinn in Höhe von . DM aus dem aufgehobenen Grundlagenbescheid vom übernommen habe, obwohl der Kläger im Schriftsatz vom lediglich einen Veräußerungsgewinn in Höhe von . DM errechnet habe und weder der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) noch das FG dieser Berechnung widersprochen haben, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
a) Eine Überraschungsentscheidung ist nur dann gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Allerdings ist ein Hinweis auf nahe liegende rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte zumindest dann nicht erforderlich, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. , BFH/NV 1999, 329).
b) So liegen die Verhältnisse hier. Da das FA bereits in der Einspruchsentscheidung vom einen —nach seiner Auffassung unstreitigen— Veräußerungsgewinn in Höhe von . DM angesetzt und den Berechnungen des Klägers im Schriftsatz vom nicht zugestimmt hatte, musste den auch im finanzgerichtlichen Verfahren von ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägern bewusst sein, dass das FG nicht zwangsläufig den von ihnen errechneten Veräußerungsgewinn bei der Ermittlung ihrer gewerblichen Einkünfte ansetzen werde. Es hätte ihnen oblegen, Beweise zur Höhe des umstrittenen Veräußerungsgewinns vorzulegen. Das FG war unter diesen Umständen nicht verpflichtet, sie zu weiterem Sachvortrag bzw. Vorlage von Unterlagen zur Höhe des von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erzielten Veräußerungsgewinns aufzufordern.
2. Auch die weitere Rüge der Kläger, das FG-Urteil verletze insoweit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, als sie keine Möglichkeit gehabt hätten, zu der Berechnung der Gewerbesteuerrückstellung für das Jahr 1994 Stellung zu nehmen und auf die fehlende Gewerbesteuerrückstellung für das Jahr 1991 hinzuweisen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Im Streitfall bezieht sich der geltend gemachte Gehörsverstoß nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf einzelne Feststellungen. Deshalb hätten die Kläger in der Beschwerdebegründung auch vortragen müssen, was sie bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch zusätzlich vorgetragen hätten und dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 14, m.w.N.). Daran mangelt es im Streitfall.
3. Auch das Vorbringen der Kläger, das FG-Urteil beinhalte eine Überraschungsentscheidung, soweit ihnen die begehrte Teilwertabschreibung auf Aktien in Höhe von . DM verwehrt worden sei, führt nicht zur Zulassung der Revision. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht i.S. des § 76 Abs. 2 FGO verlangen nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert. Auf naheliegende tatsächliche, aber auch rechtliche Gesichtspunkte braucht es zumindest dann nicht ausdrücklich hinzuweisen, wenn die Beteiligten fachkundig vertreten sind (vgl. oben unter 1.).
4. Soweit die Kläger rügen, das FG hätte auch ohne entspre-chende Beweisanträge die Höhe des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der Grundstücke der GbR von Amts wegen ermitteln müssen, genügt ihre dahingehende Sachaufklärungsrüge (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht den gesetzlichen Voraussetzungen.
a) Macht der Beschwerdeführer —wie im Streitfall— einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. substantiierte Ausführungen zu folgenden Punkten erforderlich:
- aus welchen genau bezeichneten Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung auch ohne entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen;
- warum der Beschwerdeführer —jedenfalls wenn er, wie hier, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war— nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat;
- welche konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und
- dass der Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 50 i.V.m. § 120 Rz 70, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
b) Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger haben insbesondere nicht dargelegt, warum sie nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge zur Höhe des Veräußerungsgewinns der GbR gestellt haben, obwohl das FA bereits in der Einspruchsentscheidung von einem —aus seiner Sicht unstreitigen— höheren Veräußerungsgewinn ausgegangen ist. Aus dem Schweigen von FA und FG auf ihren Schriftsatz vom , in dem die Kläger einen geringeren Veräußerungsgewinn errechnet hatten, konnten sie nicht den Schluss ziehen, das Gericht werde ihrer Einlassung folgen (vgl. oben 1.). Im Übrigen haben die Kläger ausdrücklich auf mündliche Verhandlung und damit auf weiteres Vorbringen verzichtet. Dieses Verhalten lässt den Schluss zu, dass auch aus ihrer Sicht weitere Sachaufklärung nicht notwendig war.
5. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage muss der Beschwerdeführer begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu den von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Diesen Anforderungen genügt die Rüge der Kläger nicht.
a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Umqualifizierung von Einkünften nach § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hin zu Einkünften nach § 15 EStG auf Gesellschafterebene auch dann statthaft ist, wenn auf Gesellschaftsebene förmlich festgestellt worden ist, dass keine Einkünfte i.S. des § 15 EStG vorliegen.
Diese Rechtsfrage habe Einfluss auf die Grundsätze und Systematik des Steuerrechts, da bei Bejahung der Rechtsfrage eine Nachkorrektur auf Gesellschafterebene bezüglich Art und Höhe von Feststellungen in bestandskräftigen Grundlagenbescheiden auch dann vorgenommen werden könne, wenn insoweit keine Korrekturvorschrift vorhanden sei. Das Betriebsstättenfinanzamt habe abschließend entschieden, dass auf der Ebene der GbR trotz des Verkaufs von 14 Grundstücken kein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen sei. Diese bestandskräftige Grundlagenentscheidung könne auf der Ebene des Gesellschafters nicht in der Form revidiert werden, dass die verkauften Grundstücke als Zählobjekte angesehen oder der entstehende Veräußerungsgewinn in einen eventuell bestehenden gewerblichen Grundstückshandel als Einkünfte aus § 15 EStG aufgenommen werden könnten.
b) Mit diesen Ausführungen haben die Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage nicht hinreichend dargelegt. Nach der Entscheidung des Großen Senats des (BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679) ist die verbindliche Entscheidung über die Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters sowohl ihrer Art als auch ihrer Höhe nach durch das für die persönliche Besteuerung dieses Gesellschafters zuständige (Wohnsitz-)Finanzamt zu treffen. Die Beteiligungseinkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters wandeln sich bei diesem in betriebliche Einkünfte um. Diese Umqualifizierung vollzieht sich außerhalb der „Zebragesellschaft”. Die bei Beteiligung an einer sog. Zebragesellschaft erforderliche Umqualifizierung im Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters berührt nicht die Grundlagenentscheidung. Mit dieser Rechtsprechung, mit deren Hilfe die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage ohne weiteres beantwortet werden kann, haben sich die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt. Andernfalls hätten sie die fehlende Klärungsbedürftigkeit der von ihnen herausgestellten Rechtsfrage erkennen können.
6. Im Kern geht es den Klägern nicht um die Beantwortung einer abstrakten, im allgemeinen Interesse liegenden Rechtsfrage, sondern um die Überprüfung der ihrer Ansicht nach zu einer unzutreffenden Besteuerung führenden Entscheidung des FG im konkreten Einzelfall. Diese Zielsetzung vermag die Zulassung als Grundsatzrevision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht zu begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 154/05, BFH/NV 2006, 2285).
Fundstelle(n):
BAAAC-75913