Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Wechsel des Prozessbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung als Grund zur Terminsänderung
Gesetze: FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, ZPO § 227
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze aus dem Betrieb eines Hotels dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) oder einer von ihm gegründeten Gesellschaft britischen Rechts zuzurechnen sind.
Der Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt und gründete im Jahr 2000 die A Limited (Ltd.) in London. Mit Schreiben vom teilte er dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) mit, dass der eingetragene Geschäftssitz der Ltd. zwar in England sei, die Geschäftstätigkeit aber im Inland liege. Steuerlich gesehen handele es sich um ein Einzelunternehmen mit Sitz in B/Deutschland. Die Ltd. sei demnach steuerlich unbeachtlich.
Mit Schriftsatz vom trug der Kläger ergänzend vor, die Ltd. versteuere wieder die Einkünfte aus dem Hotelbetrieb und aus Vermietung und Verpachtung. Die Zurechnung solle aber ausschließlich auf seine Person erfolgen.
Da der Kläger, dem nach Ansicht des FA die Umsätze aus dem Hotelbetrieb zuzurechnen waren, für die Voranmeldungszeiträume Juni 2001 bis Mai 2002 keine Voranmeldungen abgegeben hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte darüber hinaus für die Umsatzsteuervorauszahlungen Juni 2001 bis November 2001 und Januar 2002 bis März 2002 jeweils Verspätungszuschläge fest. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg.
Mit der Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, die Umsätze seien nicht ihm, sondern der Ltd. zuzurechnen. Im Klageverfahren erließ das FA am die Jahressteuerbescheide für 2001 und 2002.
Am war der Kläger durch Postzustellungsurkunde zum Termin zur mündlichen Verhandlung am geladen worden. Mit einem am beim Finanzgericht (FG) eingegangenen Schriftsatz teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie dessen Vertretung übernommen hätten und beantragten die Vertagung des Termins zur mündlichen Verhandlung. Das FG teilte den Prozessbevollmächtigten am per Telefax mit, dass beim FG keine Vollmacht vorliege und der Vertagungsantrag deshalb nicht beschieden werden könne.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG wies die Klage auf die mündliche Verhandlung vom unter Bezugnahme auf die Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) ab. Am ging die am unterzeichnete schriftliche Prozessvollmacht beim FG ein.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, Unternehmer i.S. von § 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 sei die Ltd. und nicht er, der Kläger. Die Unternehmereigenschaft unterliege nicht der Dispositionsfreiheit. Deshalb sei seine Äußerung, die Umsätze aus dem Hotelbetrieb seien ihm, dem Kläger, zuzurechnen, unbeachtlich.
Außerdem sei nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zur sog. Gründungstheorie, die vom Bundesgerichtshof (BGH) übernommen worden sei, anerkannt, dass ausländische Gesellschaften als juristische Personen in Deutschland anzuerkennen seien, wenn sie nach nationalem Recht als wirksam errichtet und wirksam betrieben gelten.
Das FG habe durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung ohne seine Mitwirkung den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Seine Prozessbevollmächtigten hätten rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung die Übernahme der Vertretung beim FG angezeigt. Der Termin hätte deshalb antragsgemäß verlegt werden müssen.
Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht C als Insolvenzgericht den Antrag der Landesjustizkasse . auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers mangels Masse abgewiesen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (, BFH/NV 2003, 60, mit Nachweisen). Dabei ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2007, 27, m.w.N.). Der Kläger hat keine derartige Rechtsfrage dargelegt. Der Vortrag, das Urteil des FG sei materiell-rechtlich fehlerhaft, reicht hierfür nicht aus.
2. Soweit der Kläger auf die EuGH-Entscheidungen vom Rs. C-208/00, Überseering BV (Slg. 2002, I-9919) und des (BGHZ 154, 185) Bezug nimmt, macht er in der Sache Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geltend. Es liegt aber keine Abweichung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage vor. Während die genannten Entscheidungen des EuGH und des BGH sich mit den Rechten und der Anerkennung von Körperschaften in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union befassen, geht es im vorliegenden Verfahren um die Zurechnung von Umsätzen.
3. Der Kläger rügt zu Unrecht das Vorliegen eines Verfahrensmangels. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Verfahrensrechts. Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) begründet einen solchen Verfahrensmangel.
Das FG hat mit der Ablehnung des Vertagungsantrags und der Durchführung der mündlichen Verhandlung das Recht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt. Nach § 155 FGO, § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung kann aus erheblichen Gründen eine mündliche Verhandlung aufgehoben oder verlegt werden. Durch die ungerechtfertigte Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung oder Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung wird zwar der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (, BFH/NV 2000, 218). Der Kläger hat aber keine erheblichen Gründe für die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung dargelegt.
Ein Wechsel des Prozessbevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung stellt nur dann einen Grund zur Terminänderung dar, wenn es sich um eine in tatsächlicher oder rechtlicher Sicht schwierige Sache handelt, der Wechsel kurz vor der mündlichen Verhandlung stattfindet und vom Kläger nicht verschuldet wird oder zumindest aus schutzwürdigen Gründen erfolgt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 96 Rz 266, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dieselben Grundsätze gelten, wenn der Prozessbevollmächtigte erst kurz vor der mündlichen Verhandlung bestellt wird.
Im Verfahren vor dem FG ist der Kläger langfristig (ca. sieben Wochen) zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Er hätte deshalb die Möglichkeit gehabt, einen Prozessbevollmächtigten so rechtzeitig zu bestellen, dass dieser hinreichend Zeit für die Einarbeitung in den Sach- und Rechtsstand hat. Schutzwürdige Gründe, weshalb er die Prozessbevollmächtigten erst zehn Tage vor der mündlichen Verhandlung bestellt hat, hat der Kläger nicht dargelegt. Im Übrigen hat trotz der kurzfristigen Bestellung am für die Prozessbevollmächtigten bis zur mündlichen Verhandlung am noch hinreichend Zeit für die Einarbeitung in den Prozessstoff bestanden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 812 Nr. 5
HAAAC-74109