Ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels; Bestellung eines Beistands; keine Bindung des FG an Freispruch im Steuerstrafverfahren
Gesetze: FGO § 62, FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 FGO nicht gemäß den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Der Kläger meint, die Rechtsfrage sei klärungsbedürftig, ob ein Finanzgericht (FG) entgegen den tatrichterlichen Feststellungen des Strafrichters die Erfüllung des Tatbestandes der Steuerhinterziehung als gegeben unterstellen dürfe ohne die Berücksichtigung des (BFHE 204, 380) d.h. ohne detailliert darzulegen und zu begründen, worauf es seine Annahme stütze.
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechts-frage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2006, 1465, m.w.N.). Einer Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die Rechtsfrage nur anhand einzelfallbezogener Umstände beantwortet werden kann (vgl. , BFH/NV 2007, 1343, m.w.N.).
b) Danach hat der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung einer abstrakt klärungsbedürftigen Rechtsfrage nicht hinreichend dargetan.
Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, hindert ein Freispruch im Strafverfahren wegen der Eigenständigkeit des Besteuerungsverfahrens gegenüber dem Steuerstrafverfahren gemäß § 393 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) das FG nicht, aufgrund eigener Feststellungen zur vollen Überzeugung von einer Steuerhinterziehung zu gelangen (, BFH/NV 2005, 1485).
Das vom Kläger herangezogene BFH-Urteil in BFHE 204, 380 bestätigt zum einen diesen verfahrensrechtlichen Ausgangstatbestand einer nicht bestehenden Bindung an ein Strafurteil, zum anderen in Übereinstimmung mit einer ständigen Rechtsprechung des BFH, dass das FG sich die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung auch zu Eigen machen kann, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis gewonnenen Überzeugung diese Feststellungen zutreffend sind und wenn keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden.
2. Der Kläger rügt des Weiteren, die Finanzbehörde trage im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Feststellungslast für die steuerbegründenden Tatsachen. Hierüber habe sich das FG hinweggesetzt.
Abgesehen davon, dass das FG die volle Überzeugung von einer durch den Kläger begangenen Steuerhinterziehung in Höhe der entsprechend für die Streitjahre 1993 bis 1996 höher festgesetzten Einkommensteuer gewonnen und seine Entscheidung ausdrücklich nicht auf eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Kläger oder eine mangels hinreichender Aufklärbarkeit des Sachverhaltes auf die objektive Feststellungslast abgestellt hat, würde die Nichtbeachtung der Feststellungslast im Rahmen der Beweiswürdigung ohnedies keinen Verfahrensmangel, sondern allenfalls einen nicht zur Zulassung der Revision führenden materiellen Fehler des angefochtenen Urteils darstellen (vgl. , BFH/NV 2007, 1335).
3. Soweit der Kläger die fehlerhafte Anwendung von Verfahrens-vorschriften (§ 96 Abs. 1 Satz 2, § 76 Abs. 2, § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO) beanstandet, werden damit keine Verfahrensmängel hinreichend schlüssig dargetan.
a) Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass diejenigen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass der behauptete Verfahrensmangel vorliegt und das angefochtene Urteil —nach der insoweit maßgebenden, ggf. unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf ihm beruhen kann (, BFH/NV 2007, 1341).
b) Das FG hat ausführlich begründet, warum es nach intensiver Belehrung des im finanzgerichtlichen Verfahren nicht beratenen Klägers von einer Nichtigkeitsfeststellungsklage ausgegangen ist.
Der Kläger hat mit Schreiben vom ausdrücklich auf das ausführliche Belehrungsschreiben des Berichterstatters vom bestätigt, allein eine Nichtigkeitsfeststellungsklage zu erheben und seine Haltung ausweislich der Niederschrift vom nochmals bekräftigt.
Eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO bzw. der aus § 76 Abs. 2 FGO abzuleitenden gerichtlichen Hinweispflicht ist danach offensichtlich nicht gegeben. Angesichts dieses Sachverhaltes hätte es einer substantiierten Auseinandersetzung bedurft, um dennoch derartige Verfahrensverstöße erkennbar zu machen.
Die Bestellung eines Bevollmächtigten oder Beistandes durch das FG gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO liegt im Verfahrensermessen des Gerichts. Sie setzt voraus, dass der Beteiligte selbst nicht in der Lage ist, seine Rechte wahrzunehmen. Diese Voraussetzung ist nicht nur erfüllt, wenn dem Beteiligten die Fähigkeit zum schriftlichen oder mündlichen Vortrag fehlt, er also nicht geschäftsgewandt ist, sondern auch dann, wenn andere, in der Person des Beteiligten liegende Umstände erwarten lassen, dass er den Rechtsstreit nicht einwandfrei und sachgerecht abwickeln kann (vgl. , BFH/NV 2001, 335).
Nachdem der Kläger promovierter Ingenieur ist und zudem als Vorstandsmitglied einer Erdgasversorgungsgesellschaft tätig war, reicht der bloße Hinweis auf die fehlende (steuerliche) Sachkunde keinesfalls aus, um insoweit eine fehlerhafte Ausübung des Verfahrensermessens durch das FG erkennbar zu machen. § 62 Abs. 1 FGO bringt gerade zum Ausdruck, dass sich vor dem FG typischerweise kein Beteiligter vertreten lassen muss.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 805 Nr. 5
FAAAC-73411