BFH Beschluss v. - VII B 61/07

Feststellungslast für die Erteilung der Empfangsvollmacht trägt der Steuerpflichtige

Gesetze: FGO § 76 Abs. 2, FGO § 96

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war einer von zwei Gesellschaftern einer GbR. Wegen rückständiger Umsatzsteuer der GbR wurde er —neben seinem Mitgesellschafter— vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) im Jahr 2003 in Haftung genommen. Einspruch und Klage gegen diesen, dem Kläger persönlich mit einfacher Post bekannt gegebenen Bescheid blieben erfolglos, weil der vom Kläger selbst über sieben Wochen nach Bekanntgabe eingelegte Einspruch als verfristet angesehen wurde. Das Finanzgericht (FG) teilte die Auffassung des FA, dass ein den Fristablauf hindernder Bekanntgabefehler nicht vorliege. Der Bescheid sei zu Recht dem Kläger und nicht seinem Steuerberater bekannt gegeben worden, da dem FA eine auf diesen ausgestellte Empfangsvollmacht im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Haftungsbescheides nicht vorgelegen habe. Die behauptete Übersendung einer Empfangsbevollmächtigung durch den Steuerberater in einem Schreiben vom , in dem sich alle Vollmachten für die gesamte Firmengruppe und deren beteiligte Personen, also auch die Vollmacht für den Kläger, befunden haben sollten, habe der Kläger, den die objektive Feststellungslast für den Zugang der Vollmacht beim FA treffe, nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Der als Zeuge vernommene Steuerberater habe keine Angaben dazu machen können, welche Vollmachten sich in jenem Briefumschlag befunden hätten. Auf die Vernehmung der zunächst ebenfalls als Zeugin benannten Mitarbeiterin des Steuerberaters habe der Kläger verzichtet. Dem Postausgangsbuch des Steuerberaters lasse sich eine Übersendung einer Empfangsvollmacht für den Kläger gerade nicht entnehmen, vielmehr sei auffällig, dass die Übersendung der anderen Vollmachten dort genau vermerkt sei. Wiedereinsetzung könne dem Kläger nicht gewährt werden, da er zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen habe.

Mit seiner Beschwerde will der Kläger die Zulassung der Revision erreichen, weil er meint, die Entscheidung des FG beruhe auf einem Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil das FG verkannt habe, dass der Haftungsbescheid dem dem FA benannten Steuerberater habe bekannt gegeben werden müssen. Das FG habe das Beweismaß zulasten des Klägers zu hoch angesetzt. Da die anderen Vollmachten, die sich im selben Umschlag befunden hätten, unstreitig beim FA angekommen seien, könne kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass auch die Vollmacht des Klägers beim FA eingegangen sei; unter diesen Umständen müsse der Zugang der Vollmacht als bewiesen gelten. Auch hätte das FG beachten müssen, dass das FA ab 1998 den Steuerberater regelmäßig in den sonstigen Steuerangelegenheiten des Klägers als dessen Bevollmächtigten behandelt habe.

II. Die Beschwerde bleibt erfolglos. Der behauptete Verfahrensfehler des FG liegt nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger in keiner Weise dargelegt; sie ist auch nicht ersichtlich.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Bekanntgabe eines Bescheides regelmäßig an den Bevollmächtigten erfolgen muss, den der Steuerpflichtige dem FA ausdrücklich als Empfangsbevollmächtigten benannt hat. Die Feststellungslast für diese, im Streitfall für den Kläger günstige Tatsache, dass Empfangsvollmacht erteilt worden ist, trägt —das bestreitet auch der Kläger nicht— der Steuerpflichtige. Das FG hat festgestellt, dass sich eine Empfangsvollmacht des Klägers für seinen Steuerberater nicht in den Akten des FA befindet. Aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme sah es den Nachweis als nicht geführt an, dass die Vollmacht mit dem Brief des Steuerberaters vom beim FA eingegangen ist. Da der Kläger Verfahrensrügen insoweit nicht erhoben hat, sind die vom FG getroffenen Feststellungen gemäß § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend.

Ein Verfahrensfehler des FG liegt auch nicht darin, dass der Zugang der Vollmacht auf andere Weise erwiesen ist und das FG dies nicht berücksichtigt hat. Das FG hat die vom Kläger aufgezeigten Indizien in seiner Entscheidung geprüft. Es ist aber anders als der Kläger zu dem Ergebnis gekommen, dass daraus nicht auf den Zugang der Vollmacht beim FA geschlossen werden kann. Den Eintragungen im Postausgangsbuch des Steuerberaters konnte es gerade nicht entnehmen, dass in dem Brief vom —neben den dort bezeichneten anderen Vollmachten— auch eine Vollmacht des Klägers enthalten war. Auch das Verhalten des FA bezüglich der mit diesem Brief übersandten Vollmacht des anderen Gesellschafters der GbR hat das FG geprüft, jedoch anders als der Kläger keine Hinweise gefunden, dass dem FA auch die Vollmacht des Klägers bekannt war. Ein Verfahrensmangel (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) liegt aber nicht bereits deshalb vor, weil das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den klägerischen Vorstellungen gewürdigt hat oder die Würdigung fehlerhaft erscheint. Insoweit könnte allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler vorliegen, der der Prüfung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen ist (vgl. , BFH/NV 2006, 803, m.w.N.).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 807 Nr. 5
UAAAC-73406