BFH Beschluss v. - X B 251/07

Schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags

Gesetze: FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 105

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung des fachkundig vertretenen Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 FGO.

1. Der Kläger hat nicht in schlüssiger Weise einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) aufgezeigt.

a) Zu seiner Rüge, das Finanzgericht (FG) habe entgegen seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Antwort auf die Frage offengelassen, weshalb der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ein Gespräch mit dem Kläger über die materielle Rechtslage führen sollte, wenn die Durchsetzung des Begehrens bereits in formeller Hinsicht scheitere, hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, das Gericht habe die als Zeugen benannten Herren A und B nicht gehört.

b) Mit diesen Ausführungen vermochte der Kläger einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht nicht schlüssig darzulegen. Zur Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört auch der Vortrag, dass der Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten bzw. wiederholt oder die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde bzw. weshalb diese Rüge nicht möglich war. Denn bei dem Übergehen eines Beweisantrags handelt es sich um einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, auf deren Einhaltung verzichtet werden kann (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 178/06, BFH/NV 2007, 1073).

Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG bereits durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, hat nicht dargelegt, weshalb sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung nicht auf der schriftsätzlich beantragten Beweiserhebung bestanden habe oder weshalb dies nicht möglich gewesen sei.

Im Übrigen hat das FG aus der Besprechung über die materiell-rechtlichen Probleme des Streitfalls am deshalb keine Schlüsse im Sinne des Klägers gezogen, weil zu diesem Zeitpunkt noch die Möglichkeit bestanden hat, dass der Kläger einen erfolgreichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) stellt (vgl. S. 7 des FG-Urteils).

2. Auch die weitere Rüge des Klägers, das FG habe sich mit der nur eine Seite umfassenden Urteilsbegründung nicht in hinreichendem Maße mit den maßgeblichen Rechtsfragen auseinandergesetzt und dies indiziere einen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, kann nicht zur Zulassung der Revision führen.

Nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO muss ein Urteil Entscheidungsgründe enthalten. Zwar fehlen diese nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht nur dann, wenn die Entscheidung überhaupt nicht begründet ist, sondern auch, wenn das FG bei der Begründung seines Urteils einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (, BFHE 186, 120, BStBl II 1998, 626). In der Beschwerdebegründung fehlen jedoch Ausführungen dazu, welchen selbständigen Anspruch bzw. welches Angriffs- oder Verteidigungsmittel das FG mit Stillschweigen übergangen hat.

Auch soweit die Rüge dahin zu verstehen ist, das FG hätte in seiner Entscheidung auf die materiell-rechtliche Fragestellung, nämlich die Anwendbarkeit des Gesetzes über die strafbefreiende Erklärung, eingehen müssen, kann die Revision nicht zugelassen werden. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger nach Überzeugung des FG nicht innerhalb der Einspruchsfrist die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2001 angefochten hat und auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren war, war die Klage abzuweisen, ohne dass auf materiell-rechtliche Fragen abzustellen war.

3. Soweit der Kläger außerdem geltend macht, das FG hätte bei der Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die Einspruchsentscheidung verweisen dürfen, weil ihm mit diesem Schreiben erstmals ausdrücklich schriftlich mitgeteilt worden sei, dass die Einsprüche nicht beim FA eingegangen seien, hat er einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Letztlich setzt der Kläger seine eigene Tatsachenwürdigung und Rechtsansicht anstelle der des FG. Damit kann jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn für einen darüber hinausgehenden offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht Anhaltspunkte ersichtlich sind (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 1052). Solche Anhaltspunkte bestehen im Streitfall nicht.

Im Übrigen kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich erstmals in der Einspruchsentscheidung vom ausdrücklich schriftlich auf den fehlenden Eingang der Einsprüche gegen die Steuerfestsetzungen der Jahre 1998 bis 2001 hingewiesen worden ist. Dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten war jedenfalls spätestens seit dem bekannt, dass die Einspruchsfrist nach Auffassung des FA versäumt worden ist (vgl. Schreiben des Klägervertreters vom - Bl. 20 der Rechtsbehelfsakte).

4. Die zusätzliche Begründung vom , in der der Kläger die Abweichung des FG-Urteils von der am veröffentlichten Entscheidung des (BStBl II 2007, 533) geltend macht, ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
JAAAC-72588