BFH Beschluss v. - XI B 158/06

Wiedereinsetzung bei verlorenem Antrag auf Fristverlängerung; Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit einer Norm; Rechtsbegriff des Gewinns in § 4 Abs. 4a EStG definiert

Gesetze: FGO § 56, FGO § 115 Abs. 2, EStG § 4 Abs. 4a, EStG § 4 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war für die Begründung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gewähren.

Die Beschwerdebegründung ging beim Bundesfinanzhof (BFH) erst am ein und damit nachdem die Begründungsfrist bereits am abgelaufen war. Die Klägerin hat aber durch Vorlage entsprechender Schriftstücke zur Überzeugung des Senats glaubhaft dargelegt, am und damit rechtzeitig vor Fristablauf einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist angefertigt und auch abgesandt zu haben. Bei Zugrundelegung dieses Geschehensablaufs war die Klägerin ohne eigenes Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten. Einer Rückfrage, ob dem Antrag stattgegeben worden sei, bedurfte es nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII R 112/99, BFH/NV 2000, 1479, und vom I B 29/01, BFH/NV 2002, 1033).

Die Klägerin hat ferner, nachdem sie von dem Nichteingang ihres Fristverlängerungsantrags am erfahren hatte, innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 FGO Wiedereinsetzung beantragt und die Beschwerde begründet.

2. Das Vorbringen der Klägerin erfüllt nicht die Mindestanforderungen an die gesetzlich vorgeschriebene Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision dargelegt werden.

a) Wird die Beschwerde —wie im Streitfall— mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, so muss in der Beschwerdebegründung eine bestimmte —abstrakte— klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und —unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur— deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38).

Macht ein Beschwerdeführer geltend, eine Norm sei verfassungswidrig, so genügt es danach nicht, den Verfassungsverstoß nur mit allgemeinen Wendungen zu behaupten. Erforderlich ist vielmehr eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 185/06, BFH/NV 2007, 1181, und vom XI B 152/05, juris).

b) Diesen Erfordernissen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin macht lediglich in allgemeinen Ausführungen u.a. geltend, die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz —StBereinG— 1999) vom (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) sei verfassungsrechtlich bedenklich. Insbesondere sei fraglich, wie der in der Vorschrift verwendete Begriff „Gewinn” auszulegen sei. Außerdem berücksichtige die Vorschrift nicht, dass im Einzelfall Verbindlichkeiten auch zur Abdeckung laufend entstehender Verluste aufgenommen werden könnten und den Verlusten ein ggf. neu geschaffener Geschäftswert gegenüberstehe.

Die Klägerin setzt sich in der Begründung weder mit den vom Finanzgericht (FG) im Einzelnen angeführten Gründen noch mit den dort bereits zitierten BFH-Urteilen zu § 4 Abs. 4a EStG auseinander. So hat der (BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588) geklärt, dass der Rechtsbegriff „Gewinn” in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG definiert und auch für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG maßgeblich ist. Im (BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504) ist er zu dem Ergebnis gekommen, die Änderung von § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) durch das StBereinG 1999 verstoße nicht gegen formelles Verfassungsrecht; das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts (Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 GG) sei gewahrt worden.

c) Die Klägerin hat zudem nicht dargelegt, dass die Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Hierzu bestand besonderer Anlass, weil das FG die Klage insbesondere deshalb abgewiesen hatte, weil die Klägerin die von § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG verlangten gesonderten Aufzeichnungen über die von ihr getätigten Entnahmen und Einlagen nicht vorgelegt habe. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) sei deshalb zu einer Schätzung i.S. des § 162 der Abgabenordnung berechtigt gewesen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
QAAAC-71407