Leitsatz
1. Der Senat verbleibt nach nochmaliger Sachprüfung bei der vom ihm vertretenen Rechtsauffassung (vgl ), nach der die Angehörigen der Berufsgruppe der Diplom-Chemiker nicht zugleich einer der Berufsgruppen im Sinne des § 1 Abs 1 der ZAVtIVDBest 2, insbesondere auch nicht den Ingenieuren, zuzurechnen sind.
2. Für das Verständnis der Begriffe der ZAVtIVDBest 2 ist maßgeblich auf das Sprachverständnis der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme, faktisch am , abzustellen (Fortführung von ).
Gesetze: AAÜG § 1 Abs 1 S 1; AAÜG § 1 Abs 1 S 2; AAÜG § 5 Abs 1; AAÜG § 8 Abs 1; AAÜG § 8 Abs 2; AAÜG § 8 Abs 3; AAÜG Anl 1 Nr 1; RAnglG § 22 Abs 1; EinigVtr Anlage II Kap VIII F III Nr 8; EinigVtr Anlage II Kap VIII F; EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nr 9 Buchst a S 1 Halbs 1; EinigVtr Anlage II Kap VIII H; ZAVtIV § 1; ZAVtIVDBest 2 § 1 Abs 1 S 1; IngV § 1
Instanzenzug: SG Stade, S 4 RA 76/03 vom LSG Celle-Bremen, L 1 R 13/06 vom
Gründe
I
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger die Zeit vom bis zum als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1937 geborene Kläger schloss im Oktober 1962 das Studium der Fachrichtung Chemie an der Technischen Universität Dresden mit dem akademischen Grad des Diplom-Chemikers ab. Anschließend war er von November 1962 bis April 1969 beim VEB S., von Mai 1969 bis Juni 1990 beim VEB C. beschäftigt. Bei diesem Beschäftigungsbetrieb war er verantwortlich in der "Forschungsabteilung für Elektrolysen" für Forschung und Entwicklung in der Chloralkalielektrolyse tätig.
Im April 1999 stellte der Kläger Antrag auf Versichertenrente. Die Beklagte bewilligte ihm ab Altersrente für langjährig Versicherte. Ebenfalls im April 1999 beantragte er bei der Beklagten als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr 1 der Anlage 1 zum AAÜG, die Zeit von November 1962 bis Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zur AVItech oder aber der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen - insoweit nicht weiterverfolgt - festzustellen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom ). Es fehle an einer positiven Versorgungszusage an den Kläger. Er habe auch keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, die ihrer Art nach von der AVItech erfasst gewesen sei. Während Ingenieure und Techniker der AVItech unterfielen, sei dies bei Diplom-Chemikern gerade nicht der Fall gewesen. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom ).
Der Kläger hat mit der zum Sozialgericht (SG) Stade erhobenen Klage sein Begehren weiterverfolgt. Er hat sich insbesondere gegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Einbeziehung von Diplom-Chemikern in die AVItech gewandt. Die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der ehemaligen DDR seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dies gelte vor allem für den Gesichtspunkt, dass es der DDR bei Schaffung der Versorgungssysteme in den fünfziger Jahren darum gegangen sei, die Abwanderung der Intelligenz in die Westzonen einzudämmen. Dieses Bestreben müsse Richtschnur für die Auslegung der bei der Betrachtung des Wortlauts allein nicht zielführend zu erfassenden Versorgungsordnungen sein. Insbesondere könne es keine Rolle spielen, dass ihm nicht durch Staatsakt der Titel eines Ingenieurs zuerkannt worden sei. Vielmehr verdienten es Diplom-Chemiker erst recht, in die AVItech aufgenommen zu werden, weil in dieses System auch die Chemie-Ingenieure einbezogen gewesen seien.
Das SG hat durch Urteil vom die Klage abgewiesen. Weder seien die ausdrücklich im AAÜG genannten Fälle einer Versorgungsberechtigung noch der Verlust einer Anwartschaft bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall gegeben. Der Kläger habe auch keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech entsprechend der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, denn es fehle bei ihm an der persönlichen Voraussetzung (unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 , SozR 3-8570 § 1 Nr 6 sowie SozR 3-8570 § 1 Nr 7 ) .
Gegen das ihm am zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die DDR-Verwaltungspraxis und sonstige Quellen des DDR-Rechts dürften nur dann ausgeklammert werden, wenn sie sachfremden Zielen dienten, zB einer politischen Begünstigung oder Benachteiligung. Dies sei aber bei der vom (DDR-)Ministerium für Arbeit im November 1950 herausgegebenen "Systematik der Berufe" nicht der Fall. Aus dieser lasse sich entnehmen, dass Diplom-Chemiker und Chemie-Ingenieure in der DDR in der Berufsgruppe 41 "Ingenieure", Untergliederung 4131 "Chemie-Ingenieure", geführt worden seien. Die Diplom-Chemiker seien nicht lediglich bis zur Außerkraftsetzung der 1. Durchführungsbestimmung (1. DB) zur Verordnung (VO) über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (VO-AVItech) vom (GBl 844) erfasst gewesen. Vielmehr habe vom Inkrafttreten der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVItech im Mai 1951 bis zur Veröffentlichung der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom (GBl II 278) <IngVO-DDR> vom (GBl II 278) die Systematik der Berufe Diplom-Chemiker als Inhaber von Diplomhauptprüfungszeugnissen eingeschlossen. Die Gruppe der Diplom-Chemiker sei in der 2. DB nicht mehr ausdrücklich erwähnt worden, weil dies überflüssig gewesen sei. Nach dem Inkrafttreten der IngVO habe zwar die Definition des Berufs "Ingenieur" die des Berufs "Chemiker" nicht mehr länger eingeschlossen, die Einbeziehung in die AVItech sei aber ohne Änderung der Verwaltungspraxis weiterhin erfolgt. Der Kläger hat insoweit auf die Verfahrensgrundsätze des Generaldirektors der VVB Elektrochemie und Plaste vom über die Einbeziehung in die AVItech und auf die Verfahrensregelung des Generaldirektors des VVB Allgemeine Chemie vom hingewiesen.
Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom - L 1 R 13/06). Bei Inkrafttreten des AAÜG am habe der Kläger keinen Anspruch auf Zusatzversorgung nach der AVItech erworben. Er sei weder durch Einzelfallentscheidung in die AVItech einbezogen worden noch sei in seinem Fall eine Rehabilitierungsentscheidung erfolgt. Die abstrakt-generellen Regelungen in der VO-AVItech, der 2. DB zur VO-AVItech und der IngVO-DDR legten es nicht nahe, den Kläger zum Kreis derjenigen Personen zu zählen, die Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Beim Kläger fehle es insbesondere an der Berechtigung, den Titel des Ingenieurs oder Technikers zu führen. Er könne nicht wegen des Hinweises auf die "Systematik der Berufe" sowie die Erklärungen und Verlautbarungen zB von Generaldirektoren verschiedener VVB's in den anspruchsberechtigten Personenkreis einbezogen werden. Für die Berufsgruppe der Diplom-Chemiker habe - wie für andere besonders qualifizierte Fachkräfte - die Möglichkeit der Einbeziehung im Einzelfall bestanden. Auch wenn insoweit in der DDR die Gruppen der Diplom-Chemiker mit bzw ohne Versorgungszusage ungleich behandelt worden seien, führe dies nicht zu einem Anspruch des Klägers auf Einbeziehung in die AVItech. Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache - ungeachtet der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung - grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat. Der Revisionsinstanz sei Gelegenheit zu geben, erneut über die Frage der Zugehörigkeit der Diplom-Chemiker zur AVItech zu entscheiden, da der Kläger mit seiner detaillierten Schilderung der Vorgehensweise des DDR-Verordnungsgebers und der weiteren Staatsorgane der DDR Einwendungen vorgetragen habe, die geeignet seien, Zweifel daran zu wecken, dass der Begriff des Ingenieurs in den bisher zu dem Problemkreis ergangenen Entscheidungen des BSG zutreffend definiert worden sei.
Gegen das dem Kläger am zugestellte Urteil des LSG hat dieser am Revision eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, mit der im Jahr 1950 eingeführten AVItech habe es alsbald Probleme gegeben. Deshalb habe Walter Ulbricht selbst am Durchführungsbestimmungen zur Förderung der technischen Intelligenz herausgegeben, darunter die 2. DB zur VO-AVItech. Damit werde der hohe Stellenwert belegt, der der Angelegenheit von den staatlichen Organen der DDR beigemessen worden sei. Ausgehend von diesen Rechtsgrundlagen habe sich auch das BSG zunächst für eine Zugehörigkeit der Diplom-Chemiker zum versorgungsberechtigten Personenkreis entschieden, diese Rechtsprechung aber korrigiert. Das BSG meine nun, für die Gruppe der Diplom-Chemiker habe keine obligatorische Versorgungsberechtigung bestanden, vielmehr sei diese Personengruppe durch Einzelfallentscheidung in die Versorgung einbezogen worden. Tatsächlich aber sei nach dem Mauerbau im August 1961 staatlicherseits die Anwendung der Zusatzversorgung im Wege der Einzelfallentscheidung eingestellt worden. Dies habe für Diplom-Ingenieure und Diplom-Chemiker gleichermaßen gegolten.
Der Kläger fasst seine Thesen zu dem - nach seiner Ansicht richtigen - Verständnis des Versorgungssystems der AVItech wie folgt zusammen:
1. Das Hauptanliegen der 2. DB sei zum einen die Einführung eines obligatorisch anspruchsberechtigten Personenkreises und zum anderen die Erweiterung des vom Zusatzversorgungssystem AVItech erfassten Personenkreises. Eine Beschränkung gegenüber der zuvor bestehenden Rechtslage sei nicht gewollt worden.
2. Der Begriff "Ingenieure der Chemie" ersetze und erweitere die zum Zeitpunkt des Erlasses der 1. DB nicht definierte Berufsbezeichnung "Chemiker".
3. Die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der 2. DB in der DDR gültige Definition der Berufsbezeichnung "Ingenieur" schließe nach der in der DDR geltenden Systematik der Berufe die Gruppe der Diplom-Chemiker mit ein. Deshalb werde diese Berufsgruppe sowohl sprachlich als auch systematisch von den Begriffen "Ingenieure" bzw "Ingenieure der Chemie" erfasst, die in der 2. DB verwendet werden. Das gelte auch für den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am , was ua aus den "Grundsätzen der Gewährung der AVItech" hervorgehe, die in den VVB Anwendung gefunden hätten.
4. Bis zum Mauerbau habe praktisch jeder Diplom-Chemiker genau wie jeder Diplom-Ingenieur eine persönliche Versorgungszusage erhalten. Nach dem Mauerbau seien Versorgungszusagen zunehmend restriktiver und im Wesentlichen an sachfremder politischer Begünstigung anknüpfend vergeben worden. Doch auch in der Zeit nach dem Mauerbau seien Diplom-Chemiker und Diplom-Ingenieure in Bezug auf die AVItech gleich behandelt worden. Die Gleichbehandlung von Diplom-Chemikern und Diplom-Ingenieuren habe von 1950 bis zum Ende der DDR gegolten. Die IngVO sei für die Auslegung der VO-AVItech und der 2. DB irrelevant, denn sie gehe von einer Ingenieurdefinition aus, die unabhängig von der Fachrichtung für alle Absolventen von Fachschulen gegolten habe. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des BSG gehörten dagegen Ingenieur-Ökonomen in der DDR nicht zur technischen Intelligenz und seien damit auch nicht obligatorisch anspruchsberechtigt.
5. Im Jahre 1951 habe es in der Bundesrepublik und in der DDR eine identische Definition der Berufsbezeichnung Ingenieur gegeben, welche die Gruppe der Diplom-Chemiker eingeschlossen habe. Ausgehend von dieser Definition seien in beiden Staaten die Ingenieurgesetze der Länder entwickelt worden. Diese erfassten auch die Naturwissenschaftler wie Diplom-Chemiker. Auf Grund der Gleichbehandlung von Diplom-Chemikern sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik Deutschland mit den Diplom-Ingenieuren habe die Berufsgruppe der Diplom-Chemiker auch nach der Wiedervereinigung darauf vertrauen können, dass die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung gewährleistet werde.
Auf Grund dieser Gegebenheiten sei die Rechtsprechung des BSG zur AVItech widersprüchlich. Das BSG habe die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von Diplom-Chemikern und Diplom-Ingenieuren nicht beachtet. Den insoweit ergangenen Entscheidungen lasse sich nicht entnehmen, nach welchen objektiven rechtsstaatlichen Kriterien des Bundesrechtes die Auslegung der Begriffe und Regelungen der Versorgungssysteme erfolge. Aus den Urteilen sei zu schlussfolgern, dass das Gericht weder die Entstehungsgeschichte noch das gesetzgeberische Anliegen noch die tatsächliche verwaltungstechnische Handhabung der AVItech in der 2. DB zu DDR-Zeiten ausreichend erforscht habe. Der Kläger hat die vom Arbeitsministerium der DDR im November 1950 herausgegebene Systematik der Berufe vorgelegt. Er hat auch eine Reihe von Einzelzusagen an Personen vorgelegt, die von den jeweiligen Werkdirektoren zur Aufnahme in die AVItech empfohlen worden waren. Weiter hat er eine Reihe von Erklärungen früherer Kollegen beigebracht, nach denen er während seines Berufslebens ingenieurtechnische Arbeiten verrichtet habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom , das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom sowie die ablehnende Entscheidung vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeiten vom bis als solche der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in ihnen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Dem Kläger sei nicht, wie nach § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB zu fordern, der Titel eines "Ingenieurs" zuerkannt worden. Er zähle nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob er als Diplom-Chemiker in der DDR den Ingenieuren gleichzustellen sei. Eine solche Gleichstellung möge zwar bei Anwendung bestimmter Normen in der DDR in Betracht gekommen sein. Für die Anwendung bundesrechtlicher Normen seien derartige Regelungen bzw tatsächliche Handhabungen der DDR unbeachtlich, weil nur an die zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungsordnung und die hierzu ergangene 2. DB anzuknüpfen sei. Der Kläger verkenne, dass ein Ingenieur der Chemie eine vollkommen andere Ausbildung absolviere als ein Diplom-Chemiker, denn Chemie-Ingenieure seien Fachschulabsolventen, Diplom-Chemiker dagegen Hochschulabsolventen gewesen. Im Übrigen werde mit der Revisionsbegründung im Wesentlichen das wiedergeben, was auch in anderen Berufungs- und Revisionsverfahren vorgetragen worden sei. Der Kläger könne seine Einreihung in den Personenkreis der von der Versorgungsordnung Begünstigten nicht aus den Regelungen der DDR herleiten. Für einen solchen Anspruch hätte der Gesetz- oder Verordnungsgeber der DDR die einschlägigen Regelungen ändern müssen. Dies sei aber nicht geschehen. Dem bundesdeutschen Gesetzgeber könne dieses Versäumnis nicht angelastet werden. Dieser sei berechtigt, bei der Regelung zur Überführung der in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften an das anzuknüpfen, was er am vorgefunden habe.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom verletzt nicht das Bundesrecht. In der Sache hat das LSG die Berufung zu Recht zurückgewiesen.
1. In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich ist, ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen zu verpflichten, wenn er dem Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG) . Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob Tatbestände der Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 und damit Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS des SGB VI vorliegen, auf deren Feststellung der Kläger nach § 8 Abs 1 iVm Abs 2 und 3 AAÜG einen Anspruch hätte.
a) Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am nicht Inhaber einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG. Nach dieser Norm gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Einen anerkannten "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) hatte er bei Inkrafttreten des AAÜG am nicht. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Denn der "Erwerb" einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG setzt voraus, dass der Betroffene nach den zu verfassungsgemäßem Bundesrecht gewordenen Regeln des jeweiligen Versorgungssystems am (noch) und damit bei Inkrafttreten des AAÜG am in das System - hier in die AVItech - einbezogen war.
§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG knüpft an die Neueinbeziehungsverbote in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAnglG-DDR) vom (GBl I 495) sowie im EinigVtr an. § 22 Abs 1 RAnglG-DDR untersagte eine Neueinbeziehung ab , sodass in der Folgezeit nur die Personen weiterhin Vorteile aus einem Versorgungssystem in Anspruch nehmen konnten, die zu diesem Zeitpunkt bereits in das System einbezogen waren (zB durch staatlichen Akt oder durch Einzelvertrag). Hieran hat der EinigVtr durch die zeitlich befristete und modifizierte Anordnung der Weitergeltung des RAnglG-DDR als Bundesrecht (vgl Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8) sowie in den weiteren besonderen Maßgaben für die Versorgungssysteme mit einem Neueinbeziehungsverbot - auch - ab (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst a Satz 1 Halbsatz 2) festgehalten (vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9) .
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war der Versicherte in die AVItech nicht einbezogen worden. Schon deshalb hatte er keine Versorgungsberechtigung erworben und unterfiel nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG.
b) Auch der Tatbestand des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Nach dieser Norm gilt ein Verlust der Versorgungsanwartschaft als nicht eingetreten, wenn die Regelungen des jeweiligen Systems einen solchen Verlust bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen. § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG betrifft Personen, die vor dem aus einem Versorgungssystem der DDR rechtmäßig ausgeschieden waren und damit ihre Versorgungsanwartschaft rechtmäßig verloren hatten. Er unterwirft sie in Abweichung vom Einigungsvertrag dem Anwendungsbereich des AAÜG, indem er sie so behandelt, als wären sie noch einbezogen gewesen und hätten damit noch eine Versorgungsanwartschaft gehabt (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft).
Der Versicherte war in der DDR nach den Feststellungen des LSG vor dem nicht in ein Versorgungssystem einbezogen worden und dort sodann vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden. Er erfüllt nicht den Tatbestand des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG.
2. Der Kläger war am auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich gemäß der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG trotz der Weitergeltung des verfassungsgemäßen Neueinbeziehungsverbots des EinigVtr aus dieser Norm herleitet.
Die maßgeblichen bundesrechtlichen Regelungen hierzu ergeben sich insoweit aus den Texten der VO-AVItech und der 2. DB vom (GBl 487) . Ein solcher Anspruch hängt gemäß § 1 VO-AVItech iVm § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB von drei Voraussetzungen, nämlich der persönlichen, sachlichen und betrieblichen, ab. Das Versorgungssystem war für Personen eingerichtet, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen sowie eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens.
Bei Anwendung dieser Maßstäbe hatte der Kläger am keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech erlangt. Er erfüllt die persönliche Voraussetzung nicht, denn er war nicht berechtigt, eine der in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeichnungen zu führen.
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz - SGG) war der Kläger im Gebiet der ehemaligen DDR bei dem VEB C. beschäftigt. Er war seit Oktober 1962 berechtigt, den akademischen Grad "Diplom-Chemiker" zu führen. Er hat durch Promotion zudem die Berechtigung erlangt, den Namenszusatz "Dr. rer. nat." verwenden zu dürfen. Seine Berechtigung, die genannten Titel zu führen, eröffnen ihm aber nicht zugleich die Berechtigung, auch eine der in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB aufgeführten Berufsbezeichnungen zu führen.
Der Senat verbleibt nach nochmaliger Sachprüfung bei der vom ihm zu dieser Frage vertretenen Rechtsauffassung (stRspr seit ), nach der die Angehörigen der Berufsgruppe der Diplom-Chemiker nicht zugleich einer der Berufsgruppen Konstrukteure, Architekten, Techniker und insbesondere auch nicht den Ingenieuren iS des § 1 Abs 1 der 2. DB zuzurechnen sind .
Wie der Begriff "Ingenieur" in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, hat das BSG in mehreren Entscheidungen konkretisiert (vgl zuletzt BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9) . Während die VO-AVItech vor allem den allgemeinen Rahmen für die Einbeziehung in die Zusatzversorgung vorgibt, erfolgt die konkrete bundesrechtliche Ausgestaltung der Versorgungsordnung in der 2. DB zur VO-AVItech. Insoweit macht § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB deutlich, dass die "technische Intelligenz" nicht insgesamt erfasst wird, sondern innerhalb dieser Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Zu der ausdrücklich aufgeführten Gruppe der Ingenieure gehört der Versicherte nicht. Insoweit verdeutlicht § 1 Abs 1 der 2. DB, dass als "Ingenieure" nur solche Personen einbezogen wurden, die berechtigt waren, den Titel "Ingenieur" zu führen. Zur Beantwortung der Frage, was unter der Berufsbezeichnung "Ingenieur" nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme zu verstehen ist, hat das BSG wiederholt die IngVO der DDR als faktisches Indiz herangezogen und gefordert, dass die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung durch einen entsprechenden staatlichen Akt der DDR verliehen worden sein musste (zB BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8) .
Dem Kläger ist ein den Anforderungen des § 1 IngVO-DDR iVm § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB entsprechendes Diplom nicht verliehen worden, denn er hat nicht durch akademisches Studium in einem ingenieurtechnischen Studiengang einen Studienabschluss an einer Universität, Hochschule oder Fachschule als Dr. Ing., Dipl.-Ing., Ingenieur oder Ingenieurökonom erworben. Er hat zwar ein naturwissenschaftliches Studium absolviert. Nach dessen erfolgreichem Abschluss ist ihm der akademische Grad eines Diplom-Chemikers verliehen worden. Auf Grund dessen war er aber nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung "Diplom-Ingenieur" zu führen. Auch über ein entsprechendes Ingenieurzeugnis einer Fachschule hat er nicht verfügt. Auch die weiteren Tatbestände der IngVO-DDR, die zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigen, sind nicht erfüllt.
Das BSG hat zwar in einer früheren Entscheidung (vgl ) angenommen, dass die Diplom-Chemiker zu dem dort genannten versorgungsberechtigten Personenkreis gehörten. Mit Urteil vom - B 4 RA 107/00 R - hat das BSG diese Rechtsprechung aber aufgegeben. Diplom-Chemiker seien keine "Ingenieure" und folglich nicht vom sekundär-bundesrechtlichen Anwendungsbereich der VO-AVItech erfasst. Für die Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem komme es auf diejenigen Gegebenheiten der DDR an, an die das AAÜG anknüpfe. Das seien die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevant anerkannten Versorgungsordnungen. Diese seien durch sonstige einschlägige abstrakt-generelle Vorgaben, insbesondere durch die 2. DB zur VO-AVItech zu ergänzen (vgl nur BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6) .
In weiteren Entscheidungen hat der Senat daran festgehalten, dass nach der am Wortlaut orientierten Auslegung allein die kraft beruflicher Ausbildung erworbene, in der Versorgungsordnung genannte berufliche Qualifikation bzw das Berufsbild für die Einbeziehung einer Beschäftigungszeit in die AVItech ausschlaggebend sei. Zu den einzubeziehenden Personen zählten zwar Ingenieure und Techniker, nicht jedoch Diplom-Chemiker (, SozR 3-8570 § 1 Nr 8) . Die oben genannte Entscheidung vom ist von dem dortigen Kläger mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese nicht zur Entscheidung angenommen (vgl = SozR 4-8570 § 5 Nr 4) , da eine Verletzung von Grundrechten jenes Klägers nicht vorliege.
3. Die vom Kläger gegen diese Rechtsprechung angeführten Argumente und "Thesen" greifen nicht durch.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers schließt § 1 Abs 1 der 2. DB die Berufsgruppe der Diplom-Chemiker nicht deshalb ein, weil nach der 1950 vom Arbeitsministerium der DDR herausgegebenen "Systematik der Berufe" unter dem Oberbegriff der Ingenieure auch die "Ingenieure der Chemie" und die "Diplom-Chemiker" erfasst gewesen wären. Dies trifft, abgesehen von der rechtlichen Unerheblichkeit für das am geltende Bundesrecht, auch inhaltlich nicht zu.
Entstehung und Entwicklung der VO-AVItech sowie die Verwaltungspraxis der früheren DDR rechtfertigen die Einbeziehung der Diplom-Chemiker in die AVItech nicht. Zwar waren die "Chemiker" nach dem Wortlaut des § 1 Satz 1 der 1. DB zur AVItech vom (GBl 1043) noch als in die AVItech einzubeziehende Berufsgruppe erfasst. Zum wurde aber die 2. DB in Kraft gesetzt (vgl § 10 Abs 1 der 2. DB) . In § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB ist die Gruppe der "Chemiker" nicht mehr als versorgungsberechtigte Berufsgruppe bezeichnet worden. Für den Arbeitsbereich "Chemie" nennt die Vorschrift nur noch die "Ingenieure und Techniker ... der Chemie" als obligatorisch versorgungsberechtigte Berufsgruppen. Demzufolge sind Angehörige anderer Berufe aus dem Bereich der Chemie und damit auch die Diplom-Chemiker seit dem nach den von der DDR verlautbarten Texten zur AVItech nicht mehr erfasst <zur Systematik der Berufe siehe unten b) aa)>.
Auch wenn es nicht in der Regelungsabsicht des Verordnungsgebers der DDR gelegen haben sollte, durch Erlass der 2. DB diplomierte Naturwissenschaftler verschiedener Fachrichtungen von der Zusatzversorgung auszuschließen, ist für die Auslegung und Anwendung des § 1 Abs 1 der 2. DB nicht auf die Verwaltungspraxis der DDR oder das anfängliche Verständnis der Regelung abzustellen, vielmehr ist das Sprachverständnis der DDR am maßgeblich (vgl zB BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8). Bezogen auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt fehlt es an jeglichen objektiven Anhaltspunkten dafür, dass die Nichterwähnung der Diplom-Chemiker in § 1 Abs 1 der 2. DB ein bis dahin unbemerkt gebliebenes Redaktionsversehen gewesen sein könnte.
b) Der Senat vermag dem Kläger auch nicht in der Auffassung zu folgen, dass die Berufsbezeichnung "Ingenieur" iS des § 1 Abs 1 der 2. DB auch den Beruf des Chemikers bzw Diplom-Chemikers umfasst, da beide Berufe in der DDR gleich behandelt worden seien.
Es erscheint schon zweifelhaft, dass die Berufsbezeichnung "Ingenieur" bei Erlass der hier maßgebenden 2. DB im April 1951 auch die Gruppe der Diplom-Chemiker umfasste (aa), jedenfalls kommt es bei der Auslegung der VO-AVItech und der hierzu ergangenen 2. DB aus Sicht des am in Kraft getretenen Bundesrechts maßgeblich nicht auf frühere Regelungsabsichten und Sprachverständnisse an, sondern auf dasjenige bei Schließung der Versorgungssysteme am (bb).
aa) Die vor allem auf die Systematik der Berufe (Hrsg vom Ministerium der Arbeit <DDR> 1950) gestützte These, die Berufsbezeichnungen "Ingenieur" und "Diplom-Chemiker" seien nach tatsächlicher Handhabung und dem Sprachverständnis der DDR als gleichwertig anzusehen, bzw die Berufsbezeichnung "Diplom-Chemiker" sei ein Unterfall der umfassenderen Berufsbezeichnung "Ingenieur", lässt sich nicht halten.
Lange vor Erlass der abstrakt-generellen Regelungen von VO-AVItech und 2. DB haben sich für beide Berufe verschiedene Studiengänge mit unterschiedlichen Abschlüssen herausgebildet. So bildeten sich Mitte des 19. Jahrhunderts in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik verschiedene Studiengänge und Berufsbezeichnungen heraus. An der Universität Hannover unterrichtete 1801 ein erster Hochschullehrer im Fach Chemie. Justus von Liebig gründete 1824 in Gießen ein chemisches Forschungs- und Lehrinstitut (auch die Fakultät für Chemie der Universität Göttingen richtete in jener Zeit ein Institut ein). Studiengänge der Fachrichtung "Chemie" gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an vielen Hochschulen (zB 1872 an der Bergakademie Freiberg).
Der Studienabschluss des "Diplom-Chemikers" hat eine entsprechend lange Tradition. Im Jahre 1891 verlieh die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg den akademischen Grad des Diplom-Chemikers. Nach Erreichen dieses Universitätsabschlusses konnte sich eine Promotion anschließen.
Die Berufsbezeichnung "Ingenieur" bildete sich noch früher heraus. Das Berufsbild "Ingenieur" entstand nahezu zeitgleich in mehreren Ländern. In Frankreich ging sie wohl auf den Festungsbaumeister Vauban (bis 1707) zurück (vgl Kaiser/König, Geschichte des Ingenieurs - Ein Beruf in sechs Jahrtausenden, 2006, S 121) . In Großbritannien entwickelte sich der Beruf des "engineers" (vgl aaO, S 127 f) . Auch Bezüge zum mittellateinischen Titel "ingeniarius" (Zeugmeister, Festungsbaumeister), den auch Leonardo da Vinci in der damaligen italienischen Form "ingegnier" trug, seien zu belegen (vgl aaO, S 107) . Zum Zweck der wissenschaftlichen Ausbildung der Ingenieure wurde 1747 in Paris eine erste Ingenieurschule gegründet. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden auch in zahlreichen anderen Ländern Ingenieurschulen, später auch Technische Hochschulen. 1856 wurde als Berufsverband der Ingenieure der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) gegründet. Eine erste Regelung über die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" enthielt die Kaiserliche Verordnung von (RGBl 1917 Nr 130) . Nach § 1 dieser Verordnung war Voraussetzung für das Führen der Bezeichnung der Abschluss einer Hochschule technischer Richtung mit dem Staatsexamen oder der Diplomprüfung.
Beide Berufsbezeichnungen sind auch nach den Ausbildungsinhalten (akademisches Studium einerseits, Fachschulausbildung andererseits) oder nach der Art der zu erreichenden Abschlüsse (Diplomurkunde einerseits, Abschlussurkunde einer Fachschule oder Hochschule andererseits) nicht gleichförmig ausgestaltet. Speziell in der DDR durften Absolventen früherer Ingenieurschulen bzw deren Vorgängereinrichtungen nach landesrechtlicher Regelung die verliehene staatliche Bezeichnung "Ingenieur" führen. An staatlich anerkannten Bergakademien oder Bergschulen ausgebildete Spezialisten führten ebenfalls die Berufsbezeichnung "Ingenieur". Absolventen technischer Fachrichtungen von Fach- oder Ingenieurschulen der DDR erhielten die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen.
Unabhängig von der Erfassung beider Berufe nach der Systematik der Berufe der DDR (Stand 1950) sind diese weder historisch synonym verstanden worden noch erfasst die Berufsbezeichnung "Ingenieur" als Oberbegriff auch den nach naturwissenschaftlichem Studiengang zu erreichenden akademischen Grad des Diplom-Chemikers.
bb) Für das Verständnis der Begriffe der 2. DB ist nicht maßgeblich auf den Zeitpunkt ihres Erlasses oder Inkrafttretens abzustellen, sondern vielmehr auf das Sprachverständnis der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme, faktisch am (vgl zuletzt mwN) .
Auch wenn Diplom-Chemiker "anfangs" wie Ingenieure in die AVItech einbezogen worden wären, worauf der Kläger immer wieder abstellt, kann ihm das nicht zum Vorteil gereichen. Er argumentiert bezogen auf den Zeitpunkt "des Entstehens der 2. DB" und hält alle späteren Änderungen, die für seine Rechtsposition nicht günstig sind, für unbeachtlich, weil die Systematik der Berufe deren Anwendung entgegenstünde (vgl Bl 32 seiner Begründung). Doch auch nach den in der DDR geltenden Regeln stand eine Rechtsverordnung (zB IngVO-DDR) in der Normenhierarchie über einer Verwaltungsvorschrift (zB Systematik der Berufe); außerdem verdrängt eine zeitlich spätere gleichrangige Regelung eine früher erlassene.
Überdies hat der Kläger die Berufsbezeichnung "Diplom-Chemiker" im Oktober 1962 und damit nach dem Inkrafttreten der IngVO-DDR am (vgl § 9 der Verordnung ) erlangt. Die Gleichsetzung beider Berufe im staatlichen Sprachverständnis der DDR hatte - unterstellt, sie sei zuvor überhaupt gegeben gewesen - jedenfalls nach dem Inkrafttreten der IngVO-DDR ihr Ende gefunden. Nach Inkrafttreten der IngVO-DDR knüpfte die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung Ingenieur an der Art und/oder Dauer des Ausbildungsgangs und der erworbenen Abschlüsse an (vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9 RdNr 27 f) . Es wurde zwischen Ingenieuren und anderen - auch naturwissenschaftlichen - Berufen unterschieden. Weiter bestimmte § 1 Abs 2 IngVO-DDR ausdrücklich, dass auch für Personen, die die Berufsbezeichnungen "Ingenieurökonom" (Ing.-Ök.) oder Diplom-Ingenieurökonom (Dipl.-Ing. Ök.) führen durften, die Regelungen des § 1 Abs 1 Buchst a) und b) IngVO-DDR entsprechend galten. Personen mit diesen Berufsbezeichnungen waren diesbezüglich den Ingenieuren gleichgestellt (vgl auch , SozR 3-8570 § 5 Nr 6; das vom Kläger als Beleg für das Gegenteil angeführte Urteil des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt vom - 8 BA 2/65 - Neue Justiz 1965, S 133, betrifft nicht die Einbeziehung von Ingenieurökonomen in die AVItech, sondern arbeitsrechtliche Fragen zur Höhe der Vergütung) . Dagegen waren Absolventen postgradualer Studiengänge, denen nach mehrmonatiger berufsbegleitender Weiterbildung der Titel "Fachingenieur" - ggf in Verbindung mit weiteren Zusätzen - verliehen wurde, nicht iS von § 1 Abs 1 der 2. DB berechtigt, den Titel "Ingenieur" zu führen. Nach Maßgabe des § 1 Abs 1 IngVO-DDR führen solche berufsbegleitenden Weiterbildungen nicht dazu, den Titel eines Ingenieurs führen zu dürfen. Die genannten Zusatzbezeichnungen als Fachingenieur sind der Berufsbezeichnung "Ingenieur" auch nicht gleichgestellt (vgl - zur Veröffentlichung vorgesehen) .
Soweit der Kläger geltend macht, die Heranziehung der IngVO-DDR zur Bestimmung des Sprachgebrauchs am Ende der DDR sei ein "Irrweg", da dieses Normwerk vom "Unrechtsstaat DDR" erlassen worden sei, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass dieser Verordnung, die (nur) das Führen der Berufsbezeichnung "Ingenieur" regelt, etwas Rechtsstaatswidriges anhaften könnte. Offen bleibt auch, warum andere von denselben staatlichen Organen erlassene Normen auf den Kläger Anwendung finden sollen.
c) Eine Gleichsetzung des Berufs Ingenieur mit anderen naturwissenschaftlichen Berufen ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht aus der vergleichsweise weiten Definition des Berufs "Ingenieur" in den Fassungen mehrerer Ingenieurgesetze der westdeutschen Bundesländer. Insoweit trägt der Kläger vor, in der Bundesrepublik und in der DDR habe für die Berufsbezeichnung "Ingenieur" jeweils das gleiche Verständnis bestanden. Die Berufsbezeichnung Ingenieur schließe, wie sich aus den Ingenieurgesetzen der DDR und den entsprechenden Gesetzen der westdeutschen Bundesländer ergebe, die Gruppe der (Diplom-)Chemiker mit ein.
Zwar werden nach den Ingenieurgesetzen vieler Bundesländer als Ingenieure alle Absolventen eines naturwissenschaftlichen Studiengangs an einer Universität, Hochschule oder Fachschule erfasst (vgl zB § 1 Nr 1 Buchst a Ingenieurgesetz <IngG> Nordrhein-Westfalen) . Diese weiten Regelungen waren aber weder dazu bestimmt, den versorgungsberechtigten Personenkreis iS der VO zur AVItech abzugrenzen noch sind diese Landesgesetze so zu verstehen, dass sich alle Absolventen eines naturwissenschaftlichen Studiengangs, also zB auch Ärzte, Physiker, Mathematiker, Biologen, Geologen ua auch als "Ingenieur" bezeichnen dürften. Die Gesetze sind auf Grund ihres Regelungszwecks weit gefasst, denn sie regeln die Frage, unter welchen Voraussetzungen insbesondere zugewanderte Personen im Ausland erworbene Berufsbezeichnungen in der Bundesrepublik führen dürfen. Doch auch die in den IngG der Länder genannte Voraussetzung des Studiums einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung ist auf einen Abschluss im Rahmen der Fachrichtungen des Ingenieurwesens zu beziehen (vgl zB § 1 Nr 1 Buchst a IngG Nordrhein-Westfalen; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom - 7 A 1272/87; § 1 IngG des Landes Sachsen-Anhalt vom <GVBl 2006, 46>) .
Auch europarechtliche Bestimmungen (zB die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen; CELEX-Nr 305L0036) helfen dem Kläger nicht weiter. Diese sichern den EU-Bürgern, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union Gebrauch machen wollen, die Möglichkeit, die erworbenen Berufsbezeichnungen in anderen Mitgliedsstaaten zu führen. Die Regelungen betreffen dagegen nicht die Frage, wie ein in der DDR erworbener Berufsabschluss im Hinblick auf die fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech zu behandeln ist.
d) Zwar konnte der Kläger Unterlagen vorlegen, nach denen Diplom-Chemiker in den fünfziger Jahren nach Maßgabe des § 1 Abs 3 der 2. DB in die AVItech einbezogen worden sind. Eine solche Einbeziehung ist - möglicherweise wegen inzwischen veränderten Umständen (Mauerbau) - in späteren Zeitabschnitten nicht mehr in größerem Umfang erfolgt. Das Fehlen einer Einbeziehung in die AVItech durch Organe der DDR lässt sich aber mangels nachvollziehbarer Maßstäbe für deren Handhabung durch die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland nicht nachholen bzw ersetzen (vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9) . Die Gerichte sind - auch verfassungsrechtlich - nicht gehalten, die in der DDR herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnungen und unter Anknüpfung an die Praxis der Organe der DDR Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln wollen, würde dies bedeuten, die dortige von Willkür geprägte und nicht an den Texten der Verordnungen über die Zusatzversorgung orientierte Praxis fortzuführen. Dies würde zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen (vgl hierzu: BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr 4) .
Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht mit Erfolg auf die "Grundsätze für die Gewährung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für den Bereich VVB Elektrochemie und Plaste", erstellt durch den Generaldirektor des VVB Elektrochemie und Plaste am , oder entsprechender Grundsätze, erstellt durch den Generaldirektor des VVB Allgemeine Chemie am , stützen. Zwar ist nach diesen Grundsätzen, die nur für die Betriebe der jeweiligen VVB galten, anzunehmen, dass grundsätzlich jeder Hoch- oder Fachschulkader für den "Abschluss" einer zusätzlichen Altersversorgung in Betracht kam. Die Einbeziehung in die Zusatzversorgung war aber von zwei Voraussetzungen abhängig. Nach diesen Grundsätzen bedurfte es eines Gutachtens über die Zweckmäßigkeit des Abschlusses einer Zusatzversorgung, da die Einbeziehung der Arbeitnehmer nach dem "Leistungsprinzip" zu erfolgen hatte. Dies und der Wortlaut der Grundsätze ("kann") deuten auf ein Auswahlermessen bzw einen Entscheidungsspielraum der zuständigen Stellen bei der Entscheidung über das "Ob" einer zusätzlichen Altersversorgung hin. Selbstredend enthalten die vom Kläger bezeichneten "Grundsätze" keine abstrakt-generellen Regelungen, die normativen Charakter hätten oder gar zu Bundesrecht geworden sein könnten (§ 162 SGG ).
Nach allem bleibt es - auch unter Berücksichtigung des weiteren klägerischen Vorbringens, auf das der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter eingeht, und der vom Kläger vorgelegten Materialien - bei den Maßstäben, die das BSG zur Nichteinbeziehung von Diplom-Chemikern in nunmehr stRspr entwickelt hat (vgl ; BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6; SozR 3-8570 § 1 Nr 8; ).
4. Die Entscheidungen des Senats zur Nichteinbeziehung der Berufsgruppe der Diplom-Chemiker, aber auch anderer Naturwissenschaftler, wie zB der Diplom-Physiker, in die AVItech ( vgl ; ) ist von den betroffenen Klägern wiederholt zum Gegenstand der Überprüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren gemacht worden. Das BVerfG hat in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der Regelungen des AAÜG iVm der VO-AVItech und der 2. DB, wie der Senat sie vornimmt, eine Verletzung der Grundrechte der jeweiligen Kläger verneint (vgl sogleich unten; zu den Diplom-Physikern: ).
Art 3 Abs 1 Grundgesetz gebietet es danach nicht, die zunächst getroffene Entscheidung, nach der die Diplom-Chemiker in die AVItech einzubeziehen seien, fortzuführen. Vielmehr ist der Senat von Verfassungs wegen nicht gehindert gewesen, die als unrichtig erkannte Rechtsprechung aufzugeben (vgl BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr 4). Auch ist es verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden, dass sich der Senat bei Prüfung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung am Wortlaut der Versorgungsordnungen der DDR orientiert und nicht an der Verwaltungspraxis oder den diese Praxis steuernden unveröffentlichten Richtlinien der DDR anknüpft (vgl BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr 4; siehe auch ) . Der Senat kann daher bei Auslegung und Anwendung des AAÜG weiterhin ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht an die am verlautbarten abstrakt-generellen Regelungen des Rechts der DDR und deren Sprachverständnis anknüpfen (vgl - veröffentlicht in NJ 2000, 419 ; ; ) .
Nach allem wird der Kläger vom Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 AAÜG nicht erfasst, er hat keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem AVItech.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
WAAAC-71269