BAG Urteil v. - 10 AZR 19/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: TVG § 3 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 1; BAT § 26; BAT § 47 Abs. 2; BMT-G II § 67 Nr. 40; TV-Zuwendung § 2 Abs. 1; BzTV-N SSB § 1 Abs. 1; BzTV-N SSB § 7; BzTV-N SSB § 11; BzTV-N SSB § 15 Abs. 1; BzTV-N SSB § 17; BzTV-N SSB § 18 Abs. 1; BzTV-N SSB § 24

Instanzenzug: ArbG Stuttgart 24 Ca 6/06 vom LAG Baden-Württemberg 3 Sa 44/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe und Berechnung der tariflichen Zuwendung für das Jahr 2004.

Die Beklagte ist ein Nahverkehrsunternehmen. Der Kläger ist bei ihr seit dem beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der am in Kraft getretene Bezirkstarifvertrag kommunaler Nahverkehrsbetriebe für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (BzTV-N SSB) vom Anwendung. Vor dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) einschließlich der ihn ergänzenden Tarifverträge. Im BzTV-N SSB heißt es:

"§ 7 Entgelt

(1) Das Monatsentgelt für die AN ist in der Anlage 2 in Entgeltgruppen festgelegt.

(2) Bemessungszeitraum für das Entgelt des AN ist der Kalendermonat. Jede Zahlung erfolgt zum 15. des laufenden Monats auf ein von dem AN eingerichtetes Girokonto.

(3) Bemessungsgrundlage für die Fortzahlung des Entgelts an Wochenfeiertagen und nach § 12 Abs. 3 Buchst. f, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und § 16 ist der Durchschnitt der tariflichen Entgelte, die in den letzten drei dem maßgeblichen Ereignis für die Fortzahlung vorhergehenden vollen Kalendermonate gezahlt worden sind. Ausgenommen hiervon sind das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt (mit Ausnahme der dienstplanmäßig vorgesehenen Überstunden), Leistungszulagen (§ 7 Abs. 5), Leistungsprämien (§ 7 Abs. 6), Zuwendung, Sonderzahlung (§ 17), besondere Zahlungen (§ 18 Abs. 1), Abgeltung von Zeitguthaben usw.

(4) ...

§ 15 Erholungsurlaub

(1) Der AN hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts (§ 7 Abs. 3). ...

(2) ...

§ 17 Zuwendung, Urlaubsgeld, Sonderzahlung

(1) Folgende Tarifverträge finden in ihrer jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung, wenn nichts Abweichendes gemäß Abs. 2 bestimmt ist:

Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom und Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom .

Im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte sind Angestellte der Vergütungsgruppen X bis V c mit AN der Entgeltgruppen 1 bis 7 vergleichbar.

(2) Anstelle von Abs. 1 kann durch Betriebs-/Dienstvereinbarung folgende Regelung vereinbart werden:

a) Der AN, der am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht, hat Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung. Diese bemisst sich nach dem Vom-Hundert-Satz entsprechend der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 2 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom in der jeweils geltenden Fassung, bezogen auf das dem AN im September zustehende Arbeitsentgelt; unberücksichtigt bleiben hierbei das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt (mit Ausnahme der dienstplanmäßig vorgesehenen Überstunden), Leistungszulagen (§ 7 Abs. 5), Leistungsprämien (§ 7 Abs. 6) sowie besondere Zahlungen (§ 18 Abs. 1).

b) Die nach Buchst. a ermittelte Sonderzahlung wird um 20 Prozentpunkte erhöht, wenn der aus diesem Erhöhungsbetrag resultierende Teil insbesondere von dem zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung des AN im vorangegangenen Kalenderjahr/Wirtschaftsjahr abhängig gemacht ist. Einzelheiten werden in der Betriebs-/Dienstvereinbarung geregelt.

c) Der auf Buchst. a entfallende Teil der Sonderzahlung ermäßigt sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgelt (§ 7), Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 14 Abs. 1 und 2) oder Fortzahlung des Entgelts während des Erholungsurlaubs (§ 15) hat. Die Sonderzahlung wird mit dem für November zustehenden Entgelt ausgezahlt. Ein Teilbetrag kann zu einem früheren Zeitpunkt ausgezahlt werden."

Der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom idF vom (TV-Zuwendung) regelt ua.:

"§ 2 Höhe der Zuwendung

(1) Die Zuwendung beträgt - unbeschadet des Absatzes 2 - 100 v.H. der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. Dabei sind bei der Anwendung des § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT bei der Fünftagewoche 22 Urlaubstage, bei der Sechstagewochee 26 Urlaubstage und bei anderer Verteilung der Arbeitszeit die entsprechende Zahl von Urlaubstagen zugrunde zu legen.

..."

In § 47 BAT ist geregelt:

"(1) Der Angestellte erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Urlaubsvergütung. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

(2) Als Urlaubsvergütung werden die Vergütung (§ 26) und die Zulagen, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, weitergezahlt.

Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, wird nach Maßgabe des § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 durch eine

Zulage (Aufschlag) für jeden Urlaubstag nach Unterabsatz 2 als Teil der Urlaubsvergütung berücksichtigt.

Der Aufschlag beträgt 108 v.H. des Tagesdurchschnitts der Zulagen, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, der Zeitzuschläge nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b bis f, der Überstundenvergütungen (ausgenommen die Überstundenpauschvergütung nach Nr. 5 SR 2s) und des Zeitzuschlags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a für ausgeglichene Überstunden, der Bezüge nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 sowie der Vergütungen für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft des vorangegangenen Kalenderjahres.

..."

Die Beklagte zahlte dem Kläger im November 2004 eine tarifliche Zuwendung iHv. 2.097,75 Euro brutto. Die Höhe der Zuwendung ermittelte sie nicht anhand der einem Angestellten, dessen Arbeitsverhältnis durch den BAT geregelt ist, nach § 47 Abs. 2 BAT zustehenden Urlaubsvergütung, sondern stellte bei der Berechnung der Zuwendung auf das dem Kläger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB während des Erholungsurlaubs zustehende Arbeitsentgelt ab.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe die für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgebliche Urlaubsvergütung zu Unrecht nach den § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB berechnet. Nach § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-Zuwendung sei die Höhe der Zuwendung gemäß § 47 Abs. 2 BAT zu ermitteln. Nach dieser Berechnungsvorschrift seien das für Überstunden geleistete Entgelt und die Zuschläge für Überstunden zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu einer Berechnung der Zuwendung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB sei bei der Ermittlung der Zuwendungshöhe nach § 47 Abs. 2 BAT auch nicht auf die in den drei vorhergehenden Monaten, sondern auf die im vorangegangenen Kalenderjahr gezahlten Entgelte abzustellen. Die tarifgerechte Berechnung der Zuwendung für das Jahr 2004 nach § 47 Abs. 2 BAT führe zu einem Nachzahlungsanspruch iHv. 110,48 Euro brutto.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 110,48 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Zuwendung sei nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB zu berechnen. Die Tarifvertragsparteien des BzTV-N SSB hätten bezüglich der Berechnung der Zuwendung nicht auf § 47 Abs. 2 BAT verwiesen und in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB keine unmittelbare Anwendung des TV-Zuwendung angeordnet, sondern bestimmt, dass der TV-Zuwendung entsprechende Anwendung finde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat die tarifliche Zuwendung für das Jahr 2004 zutreffend berechnet. Mangels eines weitergehenden Anspruchs des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, schon der Tarifwortlaut spreche für eine Berechnung der für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgeblichen Urlaubsvergütung nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB. In § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB hätten die Tarifvertragsparteien nicht die unmittelbare, sondern die entsprechende Anwendung des TV-Zuwendung vereinbart. Dieser Tarifvertrag sei deshalb "mutatis mutandis", also mit den entsprechenden Änderungen anzuwenden. Die Parameter des TV-Zuwendung seien für die Berechnung der Zuwendung zu übernehmen. Die Variablen seien jedoch mit den Werten anzusetzen, die sich aus dem BzTV-N SSB ergäben. Bei einer Berechnung der Zuwendung gemäß § 47 Abs. 2 BAT müsste auch die in § 26 BAT geregelte Vergütung des Angestellten zu Grunde gelegt werden. Die Vergütung des Klägers richte sich jedoch nicht nach § 26 BAT, sondern nach § 7 BzTV-N SSB. Die Tarifvertragsparteien hätten in § 15 Abs. 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB abweichend von § 47 Abs. 2 BAT und § 67 Nr. 40 BMT-G II festgelegt, wie die Urlaubsvergütung zu berechnen sei. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass diese abweichende Berechnung der Urlaubsvergütung für die Berechnung der Zuwendung ohne Bedeutung sei. Die in § 17 Abs. 2 BzTV-N SSB getroffene Regelung zeige vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien von der ausschließlichen Geltung der Vergütungsregelungen des BzTV-N SSB als Grundlage für die Berechnung der Zuwendung ausgegangen seien. Diese Regelung sei keine Ausnahme-, sondern eine Alternativregelung. Schließlich führe nur die Berechnung der Zuwendung nach den § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung. Die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 TV-Zuwendung auf § 47 Abs. 2 BAT diene der Vereinfachung der Berechnung der Zuwendung. Der Arbeitgeber könne auf Grund dieser Regelung für die Berechnung der Zuwendung auf die Berechnung der Urlaubsvergütung zurückgreifen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn die Höhe der Urlaubsvergütung und die Höhe der Zuwendung anhand von unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen ermittelt werden müssten.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung stand. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht erkannt, dass die Beklagte die Urlaubsvergütung zur Ermittlung der Höhe der tariflichen Zuwendung für das Jahr 2004 zutreffend nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB berechnet hat und dem Kläger deshalb die beanspruchte Nachzahlung nicht zusteht.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich kraft Tarifgebundenheit der Parteien nach den Vorschriften des BzTV-N SSB (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).

Nach § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB findet ua. der TV-Zuwendung in seiner jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-Zuwendung beträgt die Zuwendung 100 vH der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. Hätte die Beklagte dem Kläger während des ganzen Monats September 2004 Erholungsurlaub gewährt, hätte diesem nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB der Höhe nach das Arbeitsentgelt zugestanden, das die Beklagte in die Berechnung der tariflichen Zuwendung für das Jahr 2004 eingestellt hat.

2. Ein weitergehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Entgegen seiner Ansicht ist die für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgebliche Urlaubsvergütung nicht gemäß § 47 Abs. 2 BAT zu berechnen. Dies ergibt die Auslegung der Verweisung auf den TV-Zuwendung in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB (zur Ermittlung des Inhalts einer tariflichen Verweisung vgl. - AP MTAng-BfA § 32 Nr. 1).

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. vgl. - 10 AZR 323/06 - ZTR 2007, 495; - 4 AZR 814/98 -BAGE 93, 229, 233).

b) Der Wortlaut der Regelung in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB, wonach ua. der TV-Zuwendung in seiner jeweiligen Fassung entsprechende Anwendung findet, ist bezüglich der Frage, nach welchen Vorschriften die Höhe der tariflichen Zuwendung zu berechnen ist, entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht eindeutig.

aa) Vom Wortsinn her lässt die Regelung eine Berechnung der tariflichen Zuwendung gemäß § 47 Abs. 2 BAT zu. Die Tarifvertragsparteien des TV-Zuwendung haben diesen Tarifvertrag nach seinem Einleitungssatz für die Angestellten, deren Arbeitsverhältnis durch den BAT geregelt ist, vereinbart. Eine entsprechende und noch keine unmittelbare Anwendung des TV-Zuwendung liegt deshalb auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nicht durch den BAT geregelt ist und dessen Vergütung sich deshalb nicht nach § 26 BAT bestimmt, eine Zuwendung nach Maßgabe der Bestimmungen des TV-Zuwendung erhält, bei der Berechnung der Zuwendung auf den in § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT genannten Referenzzeitraum von einem Kalenderjahr abgestellt wird und Zulagen und Überstundenvergütungen in der durch § 47 Abs. 2 BAT angeordneten Art und Weise berücksichtigt werden.

bb) Allerdings zwingt die Formulierung "entsprechende Anwendung" auch nicht dazu, die für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgebliche Urlaubsvergütung ebenso wie die Urlaubsvergütung der Angestellten, deren Arbeitsverhältnis durch den BAT geregelt war, nach § 47 Abs. 2 BAT zu ermitteln. Erklärt eine Norm, wie zB § 1908i BGB, bestimmte Vorschriften für "entsprechend anwendbar", kann auch die sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften gemeint sein. Die sinngemäße oder entsprechende Anwendung eines Tarifvertrags erlaubt es, unterschiedliche Regelungssysteme in Übereinstimmung zu bringen und den in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht in jeder Hinsicht unverändert anzuwenden. Die entsprechende Anwendung des TV-Zuwendung und damit auch des § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-Zuwendung schließt daher dem Wortlaut nach eine andere Berechnung der Höhe der Urlaubsvergütung und damit auch der Höhe der tariflichen Zuwendung nicht aus. Der Wortlaut "entsprechende Anwendung" lässt vielmehr eine von § 47 Abs. 2 BAT abweichende Berechnung der Zuwendung jedenfalls dann zu, wenn für die Höhe der Zuwendung die Urlaubsvergütung maßgebend ist, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte.

c) Für das Verständnis, dass die Berechnung der tariflichen Zuwendung auf der Grundlage des dem Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB zustehenden Arbeitsentgelts zu erfolgen hat, sprechen die Entstehungsgeschichte der tariflichen Regelung und der tarifliche Gesamtzusammenhang.

aa) Die Tarifvertragsparteien des BzTV-N SSB haben in § 1 Abs. 1 BzTV-N SSB die Differenzierung zwischen Angestellten und Arbeitern im BAT und BMT-G II aufgegeben und bestimmt, dass der Tarifvertrag für Arbeitnehmer in Nahverkehrsbetrieben gilt, die Mitglieder des KAV Baden-Württemberg sind. Sie haben das Monatsentgelt für die Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 1 BzTV-N SSB in der Anlage 2 in Entgeltgruppen festgelegt, in § 11 BzTV-N SSB die Zeitzuschläge und den Ausgleich für Sonderformen der Arbeit geregelt und in § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB festgelegt, wie das dem Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs fortzuzahlende Arbeitsentgelt zu berechnen ist. In § 24 BzTV-N SSB haben sie zur Findung der neuen Entgeltgruppen ua. die Überleitung von den Lohngruppen verschiedener Bezirkslohntarifverträge und von den Vergütungsgruppen des BAT im Einzelnen geregelt. Daraus wird der Wille der Tarifvertragsparteien des BzTV-N SSB deutlich, die Vergütungsregelungen des BAT und des BMT-G II insgesamt abzulösen. Hätten sie für die Berechnung der für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgeblichen Urlaubsvergütung nicht auf die neue Berechnungsvorschrift des § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB abstellen wollen, die sie im Vergleich zu den abgelösten Berechnungsvorschriften für sachgerechter gehalten haben, sondern die Regelung in § 47 Abs. 2 BAT hinsichtlich des Referenzzeitraums und der Berücksichtigung von Entgeltbestandteilen aufrechterhalten wollen, hätten sie dies klarstellen müssen. Ohne eine solche Klarstellung kann nicht angenommen werden, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Urlaubsvergütung während des Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers und die Urlaubsvergütung zur Berechnung der tariflichen Zuwendung nach verschiedenen Berechnungsvorschriften ermittelt werden sollten, zumal die Urlaubsvergütung der gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten auch vor dem Inkrafttreten des BzTV-N SSB nicht nach § 47 Abs. 2 BAT berechnet wurde.

bb) Auch die Regelung in § 17 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 BzTV-N SSB legt nahe, dass die von § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB angeordnete entsprechende Anwendung des TV-Zuwendung bewirkt, dass das Merkmal "Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT" in § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-Zuwendung durch das entsprechende Merkmal "Fortzahlung des Arbeitsentgelts während des Erholungsurlaubs" in § 15 Abs. 1 Satz 1 BzTV-N SSB ersetzt wird.

(1) Diese Regelung stellt für die durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelte jährliche Sonderzahlung auf das dem Arbeitnehmer im September zustehende Arbeitsentgelt ab und bestimmt ausdrücklich, dass hierbei das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt (mit Ausnahme der dienstplanmäßig vorgesehenen Überstunden), Leistungszulagen (§ 7 Abs. 5), Leistungsprämien (§ 7 Abs. 6) sowie besondere Zahlungen (§ 18 Abs. 1) unberücksichtigt bleiben. Auch § 7 Abs. 3 Satz 2 BzTV-N SSB ordnet ausdrücklich an, dass das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt (mit Ausnahme der dienstplanmäßig vorgesehenen Überstunden), Leistungszulagen (§ 7 Abs. 5), Leistungsprämien (§ 7 Abs. 6) und besondere Zahlungen (§ 18 Abs. 1) bei der Ermittlung des Durchschnitts der tariflichen Entgelte ausgenommen sind. Wenn diese ausdrückliche Ausnahme in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB fehlt, kann daraus nicht ein Wille der Tarifvertragsparteien abgeleitet werden, die Nichtberücksichtigung der Überstundenvergütung, der Leistungszulagen, der Leistungsprämien und der besondern Zahlungen solle nur die Ermittlung des für die Sonderzahlung nach § 17 Abs. 2 BzTV-N SSB maßgeblichen Arbeitsentgelts betreffen. Vielmehr wird aus der Regelung in § 17 Abs. 2 Buchst. a BzTV-N SSB der Wille der Tarifvertragsparteien deutlich, dass die für die Höhe der tariflichen Zuwendung maßgebliche Urlaubsvergütung nicht nach § 47 Abs. 2 BAT, sondern ebenso wie das dem Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs fortzuzahlende Arbeitsentgelt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB ermittelt werden soll.

(2) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung in § 17 Abs. 2 BzTV-N SSB nicht als Ausnahmeregelung ausgestaltet haben. Sie haben in § 17 Abs. 2 BzTV-N SSB festgelegt, welche Regelung in Bezug auf eine jährliche Sonderzahlung an Stelle von Abs. 1 durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung vereinbart werden kann. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass es sich beim Abschluss einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung über eine jährliche Sonderzahlung nicht um eine Ausnahme-, sondern um eine Alternativregelung handelt. Soweit sie in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB die entsprechende Anwendung der in dieser Bestimmung genannten Tarifverträge unter den Vorbehalt gestellt haben, dass nichts Abweichendes gemäß Abs. 2 bestimmt ist, haben sie klargestellt, dass die tarifliche Zuwendung und das tarifliche Urlaubsgeld nicht neben einer Sonderzahlung gemäß § 17 Abs. 2 BzTV-N SSB gezahlt werden dürfen.

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen, dass § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB die Berechnung der tariflichen Zuwendung nicht als Anwendungsfall nennt. Maßgebend ist, dass der Klammerzusatz in § 15 Abs. 1 Satz 1 BzTV-N SSB für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts während des Erholungsurlaubs auf die Berechnungsvorschrift des § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB verweist und nach § 2 Abs. 1 TV-Zuwendung für die Höhe der Zuwendung die Urlaubsvergütung zu ermitteln ist, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte.

d) Der Gesichtspunkt der Praktikabilität bestätigt das Auslegungsergebnis. Wird berücksichtigt, dass die Tarifvertragsparteien des BzTV-N SSB eine vernünftige und praktisch brauchbare Regelung treffen wollten, muss davon ausgegangen werden, dass die in § 17 Abs. 1 BzTV-N SSB angeordnete entsprechende Anwendung des TV-Zuwendung den Inhalt hat, dass das Merkmal "Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT" in § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-Zuwendung durch das entsprechende Merkmal "Fortzahlung des Arbeitsentgelts während des Erholungsurlaubs" in § 15 Abs. 1 Satz 1 BzTV-N SSB ersetzt wird. Da der Kläger nicht nach dem BAT, sondern gemäß § 7 Abs. 1 BzTV-N SSB vergütet wird, bedürfte es bei einer Berechnung der Urlaubsvergütung des Klägers zur Ermittlung der Höhe der tariflichen Zuwendung einer Kombination von Berechnungsvorschriften verschiedener Tarifverträge. Die gleichzeitige Anwendung tariflicher Bestimmungen verschiedener Vergütungssysteme ist keine praktisch brauchbare Regelung. Die Berechnung der Urlaubsvergütung zur Ermittlung der Höhe der tariflichen Zuwendung nach § 15 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 BzTV-N SSB wird dagegen den an eine vernünftige, praktisch brauchbare Regelung zu stellenden Anforderungen gerecht. Sie steht mit der Berechnung der Urlaubsvergütung während des Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers im Einklang, ist einfacher und erfordert nicht die kombinierte Anwendung mehrerer Berechnungsvorschriften verschiedener Tarifverträge.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
PAAAC-71215

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein