Gewerbesteuerrechtlicher Verlustvortrag - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung
Leitsatz
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache bedarf es jedenfalls dann, wenn der BFH seine Auffassung zu einer Rechtsfrage (hier: betreffend Wegfall des Fehlbetrags nach § 10a GewStG) nach Ergehen eines sog. Nichtanwendungserlasses der Finanzverwaltung (noch einmal) bekräftigt hat, konkreter Ausführungen dazu, aufgrund welcher bisher nicht berücksichtigter Gesichtspunkte eine erneute Befassung des Revisionsgerichts mit der Rechtsfrage für erforderlich gehalten wird.
Gesetze: FGO §§ 115, 116GewStG § 10a
Instanzenzug:
Gründe
I.
Herr Y. (Y.) war zu Beginn des Jahres 1998 (Streitjahr) als Kommanditist mit 15,5 v.H. an der X-KG (KG) beteiligt, die im Jahre 2003 formwechselnd in die X-GmbH (Klägerin und Beschwerdegegnerin —Klägerin—) umgewandelt wurde.
Im Verlauf des Jahres 1998 veräußerte Y. seinen Gesellschaftsanteil. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung kürzte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) den vortragsfähigen Fehlbetrag gemäß § 10a des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung (GewStG) entsprechend dem Y. gesellschaftsvertraglich zustehenden Anteil am Gewinn und Verlust der KG (vgl. Abschn. 68 Abs. 3 Satz 7 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998 —GewStR 1998—, und gleichlautende Nichtanwendungserlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom , BStBl I 1996, 1392); auf der Grundlage dieser rechtlichen Beurteilung stellte das FA den Fehlbetrag auf den mit Änderungsbescheid vom nach § 10a GewStG in Höhe von rd. 272,34 Mio. DM fest.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erhöhte den vortragsfähigen Fehlbetrag auf rd. 284,33 Mio. DM (= rd. 145,37 Mio. €), weil bei der Berechnung des weggefallenen Fehlbetrags nicht nur der (allgemeine) Gewinnverteilungsschlüssel, sondern auch die Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben der Mitunternehmer zu berücksichtigen seien. Die Revision wurde vom FG nicht zugelassen.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), ist unzulässig. Sie ist deshalb zu verwerfen.
1. Die Vorentscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom (BGBl I 2006, 2878) geltenden Fassung des § 10a GewStG. Hiernach ist im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers aus einer gewerblichen Mitunternehmerschaft die Höhe des weggefallenen gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags unter Einschluss der Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben der Mitunternehmer zu bestimmen (, BFHE 173, 374, BStBl II 1994, 364). Der Senat hat deshalb bereits mit Beschluss vom IV B 133/95 (BFHE 180, 450, BStBl II 1997, 82) die Rechtsfrage als geklärt angesehen. Die hiergegen seitens der Finanzverwaltung erhobenen Einwände (vgl. Nichtanwendungserlasse in BStBl I 1996, 1392) sind im (BFHE 213, 12) erörtert und als nicht durchgreifend erachtet worden.
2. Demgemäß wäre es für eine schlüssige Rüge der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) erforderlich gewesen, dass das FA innerhalb der bis zum verlängerten Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO) im Einzelnen darlegt, aufgrund welcher, von der Rechtsprechung bisher nicht berücksichtigter Gesichtspunkte eine erneute Befassung des BFH mit der von ihm bereits entschiedenen und damit geklärten Rechtsfrage für erforderlich gehalten wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 33, m.w.N.). Dem genügt jedenfalls dann, wenn —wie im Streitfall— der BFH seine Auffassung nach Ergehen eines Nichtanwendungserlasses oder -schreibens (noch einmal) ausdrücklich bekräftigt, weder der Hinweis auf die von der Rechtsprechung des BFH abweichende Ansicht der Finanzverwaltung noch der Verweis darauf, eine der einschlägigen Entscheidungen sei bisher noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden. Ebenso wenig wird diesem Darlegungserfordernis durch den nicht substantiierten Vortrag, dass erhebliche Zweifel an der „Systemgerechtigkeit” der Ansicht des BFH beständen, oder durch die Behauptung entsprochen, es könne nicht von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden, weil beim BFH noch weitere Verfahren zur Kürzung des Fehlbetrags nach § 10a GewStG anhängig seien.
3. Eine Zulassung der Revision kommt schließlich nicht deshalb in Betracht, weil nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist § 10a GewStG durch das JStG 2007 im Sinne der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung geändert wurde (vgl. § 10a Sätze 4 und 5 GewStG n.F.) und diese Gesetzesänderung nach § 36 Abs. 9 GewStG n.F. auch für Erhebungszeiträume vor 2007 anzuwenden ist.
Zwar ist das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes (grundsätzlich) auf den Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung des BFH über die Beschwerde zu prüfen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 115 FGO Rz 21, m.w.N.) mit der Folge, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht geltend gemachte Gründe zur Zulassung der Revision führen können (vgl. zu Einzelfällen Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 55). Auch kann nach Ergehen der Vorlagebeschlüsse des erkennenden Senats vom IV R 4/06 (BFHE 217, 117) und IV R 59/05 (BFH/NV 2007, 2334) nicht zweifelhaft sein, dass der Frage, ob die rückwirkende Anwendungsregelung des § 36 Abs. 9 GewStG n.F. einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält, grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt. Gleichwohl vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da —auch in Fällen der Gesetzesänderung— nicht geltend gemachte Zulassungsgründe nur dann die Revision eröffnen, wenn eine Beschwerde in zulässiger Weise erhoben wurde und damit —woran es, wie dargelegt, im anhängigen Verfahren fehlt— der Beschwerdeführer insbesondere den formellen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die schlüssige Darlegung zumindest eines Revisionszulassungsgrundes vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist genügt hat (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 55; Lange in HHSp, § 116 FGO Rz 256; vgl. auch , BFH/NV 1995, 808).
4. Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 380
BFH/NV 2008 S. 489 Nr. 3
BStBl II 2008 S. 380 Nr. 9
DB 2008 S. 450 Nr. 9
DStRE 2008 S. 595 Nr. 9
DStZ 2008 S. 195 Nr. 7
HFR 2008 S. 584 Nr. 6
KÖSDI 2008 S. 15926 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15926 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15928 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15933 Nr. 3
NJW-RR 2008 S. 662 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 41/2008 S. 3843
NWB-Eilnachricht Nr. 8/2008 S. 605
StB 2008 S. 114 Nr. 4
StBW 2008 S. 5 Nr. 5
IAAAC-70831