BGH Beschluss v. - VII ZR 114/07

Leitsatz

[1] a) Anlagen einer Anlagengruppe sind gemeinsam abzurechnen, es sei denn, dem Auftragnehmer sind mehrere Anlagen im Sinne des § 69 Abs. 7, § 22 Abs. 1 HOAI in Auftrag gegeben worden.

b) Mehrere Anlagen im Sinne des § 69 Abs. 7, § 22 Abs. 1 HOAI liegen nicht schon deshalb vor, weil funktionell verschiedenartige Anlagen einer Anlagengruppe unabhängig voneinander funktionieren und selbständig an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen werden.

Gesetze: HOAI § 22 Abs. 1; HOAI § 69 Abs. 1; HOAI § 69 Abs. 7

Instanzenzug: LG Rostock 3 O 58/01 vom OLG Rostock 2 U 2/06 vom

Gründe

1. Der Kläger hat ingenieurtechnische Leistungen für ein Senioren- und Pflegeheim erbracht. Er hat seine Leistungen für die verschiedenen Anlagen (Heizung, Lüftung, Gas, Oberflächenwasser, Wasser, Schmutzwasser, Feuerlöschanlage, Strom- und Blitzschutz, Fernmeldetechnik, Netzersatzanlage) getrennt abgerechnet und das sich aus dieser Abrechnung ergebende Honorar verlangt. Der Beklagte hat Widerklage erhoben und u.a. geltend gemacht, das Honorar sei auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten der Anlagen einer Anlagengruppe abzurechnen.

2. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, die Anlagen einer Anlagengruppe müssten gemeinsam abgerechnet werden, § 69 Abs. 1 HOAI. Dem stehe nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, wonach für die Beurteilung des Honorars eines Ingenieurs entscheidend sei, ob die Anlagenteile nach funktionellen und technischen Kriterien zusammengefasst seien. Diese Rechtsprechung betreffe andere Sachverhalte.

2. Die Zulassung der Revision ist insoweit nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere besteht kein Bedarf, die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage herbeizuführen. Die Rechtslage ist eindeutig.

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, zwingt die Regelung des § 69 Abs. 1 HOAI den Auftragnehmer, die ingenieurtechnischen Leistungen für Anlagen nach Anlagengruppen abzurechnen. Nach § 69 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar für Grundleistungen u.a. nach den anrechenbaren Kosten der Anlagen einer Anlagengruppe nach § 68 Satz 1 Nr. 1 bis 6 HOAI. Nach dieser Regelung, die in § 69 Abs. 2 HOAI bestätigt wird, können die Anlagen einer Anlagengruppe grundsätzlich nicht getrennt abgerechnet werden. Eine getrennte Abrechnung findet gemäß § 69 Abs. 7 HOAI in Verbindung mit § 22 Abs. 1 HOAI allerdings statt, wenn der Auftrag mehrere Anlagen erfasst. Mehrere Anlagen in diesem Sinne liegen nicht allein deshalb vor, weil sie selbständig von anderen Anlagen einer Anlagengruppe funktionieren und getrennt an das öffentliche Netz angeschlossen werden. Das trifft für eine Vielzahl der in § 68 HOAI genannten Anlagen zu. Bei einer derartigen Auslegung des § 69 Abs. 7 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 HOAI würde § 69 Abs. 1 HOAI praktisch kaum Bedeutung erlangen.

Etwas anderes folgt nicht aus den Entscheidungen des Senats, in denen er zum Verständnis des § 69 Abs. 7 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 HOAI Stellung genommen hat. In diesen Entscheidungen ging es allein um die Frage, inwieweit mehrere Anlagen im Sinne des § 22 Abs. 1 HOAI vorliegen können, die einer in § 68 Nr. 2 HOAI genannten Technik - es handelte sich um Anlagen der Wärmeversorgung - zuzuordnen sind. Insoweit hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass es nicht darauf ankommt, inwieweit ein oder mehrere Gebäude durch eine Heizungsanlage versorgt werden, und entschieden, dass mehrere Anlagen vorliegen, wenn sie getrennt an das öffentliche Netz angeschlossen und allein betrieben werden können (, BauR 2006, 697, 699 = NZBau 2006, 251 = ZfBR 2006, 342; Urteil vom - VII ZR 461/00, BauR 2002, 817, 818 = NZBau 2002, 278 = ZfBR 2002, 479). Aus diesen Entscheidungen kann nichts dafür hergeleitet werden, dass unterschiedliche Anlagen nur deshalb entgegen § 69 Abs. 1 HOAI getrennt abgerechnet werden, weil sie unterschiedlichen Funktionen dienen.

Davon geht auch die Literatur übereinstimmend aus, soweit sie sich mit dieser Frage befasst (Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, HOAI, 8. Auflage, § 69 Rdn. 12; Vogelheim, NZBau 2003, 430, 431; Seifert, IBR 2006, 209; ders. IBR 2005, 380; Hartmann, HOAI, § 69 Rdn. 18). Soweit Eich/Burwick (BauR 2007, 309, 313) eine andere Auffassung vertreten, widerspricht diese erkennbar der Verordnung. Der von ihnen befürwortete Umkehrschluss (aaO S. 313) entbehrt jeder Grundlage und ist von ihnen auch nicht begründet worden. Ein Klärungsbedarf kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Landgericht sich dieser Meinung angeschlossen hat. Das beruht darauf, dass das Landgericht verfahrenswidrig zu der Rechtsfrage ein Gutachten eines der letztgenannten Autoren eingeholt und sich ohne weiteres dessen Begründung angeschlossen hat.

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).

Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 615 Nr. 9
SAAAC-70790

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja