Leitsatz
[1] 1. Ein Bewerbungsverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG endet mit der endgültigen Übertragung des Amts auf den ausgewählten Mitbewerber. Der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber ist regelmäßig nur zur Neubescheidung von Bewerbungen verpflichtet, wenn er die ausgeschriebene Stelle noch nicht endgültig besetzt hat.
2. Eine Körperschaft öffentlichen Rechts verstößt gegen den aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Justizgewährleistungsanspruch, wenn sie mit der endgültigen Stellenbesetzung gegen ein im Wege der einstweiligen Verfügung ergangenes Unterlassungsurteil verstößt. Das gilt auch dann, wenn die Zwangsvollstreckung wegen fehlender Vollziehung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO unstatthaft geworden ist. Von einem öffentlichrechtlichen Arbeitgeber darf erwartet werden, dass er sich auch ohne Androhung von Ordnungsmitteln bis zur Aufhebung des Urteils an ein gerichtliches Unterlassungsgebot hält.
Gesetze: GG Art. 33 Abs. 2; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 20 Abs. 3; ZPO § 929 Abs. 2; ZPO § 936; ZPO § 890; ZPO § 717 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 2; BGB § 135; BGB § 136; BGB § 162 Abs. 2
Instanzenzug: ArbG Berlin 60 Ca 5168/05 vom LAG Berlin 4 Sa 1684/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht die Bewerbung des Klägers für die Stelle eines Sachbearbeiters im Referat K /Internetredaktion abgelehnt hat und deshalb zu einer neuen Auswahlentscheidung verpflichtet ist.
Der Kläger ist Diplomdokumentar (FH) und war zunächst von September bis November 2004 als Hospitant in der Internetredaktion des A der Beklagten tätig. In der Zeit vom bis übernahm der Kläger auf Grund eines "Werkvertrags" den Auftrag der "Pflege und Weiterentwicklung der Website so und Betreuung des CMS für die Websites der Auslandsvertretungen". Am schrieb die Beklagte die Stelle einer Sachbearbeiterin/eines Sachbearbeiters im Referat K /Internetredaktion mit den Aufgabenschwerpunkten Pflege und Betreuung der Internetangebote, Koordination, Steuerung und Umsetzung des technischen Relaunch, technische und konzeptionelle Weiterentwicklung der Content Management Systeme für das A und die Auslandsvertretungen, administrative Betreuung der Websites des A und der Auslandsvertretungen aus. Im Anforderungsprofil waren in der Ausschreibung ua. ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium als Diplomdokumentar/in oder Informationswirt/in sowie gute Englischkenntnisse genannt. Der Kläger bewarb sich am auf diese Stelle. Insgesamt lagen 125 Bewerbungen vor. Mit sechs Bewerbern führte der bei der Beklagten gebildete Auswahlausschuss am Vorstellungsgespräche. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts teilte die Beklagte dem Kläger am mit, dass der Auswahlausschuss sich für die Bewerberin S entschieden und ihn zum ersten Ersatzkandidaten bestimmt habe. Die Mitbewerberin S hatte in der DDR ein Fachschulstudium zur Regisseurin absolviert. Daneben hatte sie in der Zeit von 1996 bis 1997 an der Berufsakademie "m" an einem Seminar mit dem Abschluss zur "Online-Projektmanagerin" und in den darauffolgenden Jahren an Weiterbildungsseminaren ua. auf den Gebieten Onlineredakteur/Content Provider, Praxisonlinemarketing, Portalmanager und Portalprojektmanagement teilgenommen.
Die Mitglieder des Auswahlausschusses unterzeichneten am eine nachgeholte Dokumentation über die Ergebnisse der Vorstellungsgespräche. Danach sollte die Mitbewerberin S die geeignetste und der Kläger der nach ihr geeignetste Kandidat sein. Bereits am hatte die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten Einstellung der Mitbewerberin S angehört. Am beantragte der Kläger im Wege der einstweiligen Verfügung, der Beklagten zu untersagen, die Stelle im Referat K /Internetredaktion mit der Bewerberin S zu besetzen, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des "Senats" erneut entschieden worden sei. Das Arbeitsgericht untersagte der Beklagten mit Urteil vom (- 60 Ga 5119/05 -) - ohne Androhung von Ordnungsmitteln - die Stelle bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache anderweitig zu besetzen. Bereits zuvor hatte der Kläger mit Schriftsatz vom , der Beklagten am zugestellt, im Hauptsacheverfahren beantragt, die Beklagte zu verurteilen, über seine Bewerbung neu zu entscheiden. Das Urteil in dem einstweiligen Verfügungsverfahren wurde der Beklagten am durch das Gericht zugestellt. Eine Parteizustellung erfolgte nicht. Am legte die Beklagte Berufung ein und beantragte ua., das Urteil für den Fall der Rücknahme des Verfügungsantrags für wirkungslos zu erklären.
Nachdem die Ladung des Landesarbeitsgerichts zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am zugestellt worden war, besetzte die Beklagte die Stelle mit der Mitbewerberin S durch unbefristeten Arbeitsvertrag vom und teilte dies dem Arbeitsgericht mit Schreiben vom und dem Kläger mit Schreiben vom mit. Sie wies darauf hin, dass die Bewerbung des Klägers wegen dieser endgültigen Besetzung der Stelle keine Berücksichtigung mehr finden könne. Mit Urteil vom (- 4 Sa 747/05 -) änderte das Landesarbeitsgericht das ab und wies den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Das Landesarbeitsgericht begründete die Aufhebung damit, der Kläger habe die einstweilige Verfügung nicht innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen. Eine Anhörungsrüge des Klägers vom gegen dieses Urteil wies das Landesarbeitsgericht am zurück.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die zu seinen Ungunsten ergangene Auswahlentscheidung der Beklagten unwirksam ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Der Kläger verfolgt mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision seine Klageanträge weiter.
Gründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, auf Grund der endgültigen Besetzung der Sachbearbeiterstelle im Referat K /Internetredaktion mit der Mitbewerberin S sei ein Anspruch des Klägers auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung untergegangen und der Feststellungsantrag zu 1 unzulässig geworden. Über die Begründetheit der Klage kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der Antrag zu 1 ist als Zwischenfeststellungsklage zulässig.
a) Die Auswahlentscheidung kann nicht, wie nach dem Wortlaut des Klageantrags zu 1 geltend gemacht, unwirksam, sondern als Realakt allenfalls rechtswidrig sein. Die Auswahlentscheidung selbst führt noch keine Rechtsfolge herbei, sondern erst deren rechtsgeschäftliche Umsetzung. So ist auch der Antrag zu verstehen. Wie aus der Klagebegründung folgt, rügt der Kläger die rechtliche Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens. Er macht folglich die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung geltend.
b) Die begehrte Feststellung kann im Wege der Zwischenfeststellungsklage verfolgt werden. Nach § 256 Abs. 2 ZPO kann die Klagepartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das der Leistungsklage vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ( - Rn. 23, AP BGB § 613a Nr. 256 = EzA ZPO 2002 § 50 Nr. 2). So ist es hier. Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung ist Voraussetzung für den Anspruch auf Wiederholung des Auswahlverfahrens.
c) Für die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage genügt die bloße Möglichkeit, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis weitere Ansprüche zwischen den Parteien erwachsen können (Zöller/Greger ZPO 26. Aufl. § 256 Rn. 26). Dem verfahrensfehlerhaft zurückgewiesenen Bewerber können Schadensersatzansprüche zustehen, wenn die Auswahlentscheidung rechtswidrig war und ihm richtigerweise die Stelle hätte übertragen werden müssen ( -Rn. 41, BAGE 87, 171).
2. Der Antrag zu 2 auf Wiederholung des Auswahlverfahrens ist als Leistungsklage zulässig. Die Parteien streiten insoweit darüber, ob der Kläger Anspruch auf erneute Durchführung des Auswahlverfahrens nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG hat. Für diese bürgerlich-rechtliche Leistungsklage auf Neuauswahl besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn für die Erhebung einer Leistungsklage wird stets ein berechtigtes Interesse anerkannt ( - Rn. 19, BAGE 87, 165).
II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist weder der Klageantrag zu 2 durch die endgültige Besetzung der Stelle mit der Mitbewerberin S unbegründet noch der Klageantrag zu 1 unzulässig geworden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, für die vom Kläger verlangte Neubescheidung sei kein Raum mehr, seit die streitige Stelle der von der Beklagten ausgewählten Mitbewerberin endgültig übertragen worden sei. Dem Kläger sei nicht das Recht auf effektiven Rechtsschutz genommen worden. Denn er habe das Verfügungsurteil, mit dem der Beklagten die Stellenbesetzung untersagt worden sei, nicht innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen. Deshalb sei auch der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Auswahlentscheidung gerichtete Antrag nachträglich unzulässig geworden. Werde der Hauptantrag aus formellen Gründen abgewiesen, fehle die für die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage notwendige Vorgreiflichkeit.
2. Das Landesarbeitsgericht ist im Ausgangspunkt von einer zutreffenden Beurteilung ausgegangen. Nach endgültiger Stellenbesetzung endet regelmäßig das Bewerbungsverfahren.
a) Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach den genannten Kriterien beurteilt werden (Senat - 9 AZR 445/96 - Rn. 22, BAGE 87, 165). Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können (Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 23, BAGE 101, 153; 6 P 35.92 - Rn. 23, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 13; - 2 C 31.99 - Rn. 11, ZTR 2001, 191).
b) Dieser Anspruch auf Zugang zu einem öffentlichen Amt setzt eine freie Stelle voraus. Art. 33 Abs. 2 GG verpflichtet den öffentlichen Arbeitgeber nicht dazu, ein Amt mehrfach zu vergeben.
aa) Ist eine mit dem Amt verbundene Stelle rechtlich verbindlich anderweitig vergeben, kann das Amt nicht mehr besetzt werden. Dann ist der subjektive Anspruch des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG erschöpft (Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 26, BAGE 101, 153; vgl. OVG NRW - 6 A 4750/01 - ZBR 2004, 177; 2 C 14.02 - Rn. 16, BVerwGE 118, 370; davon in den nicht tragenden Gründen einmalig abweichend 2 C 39.00 - Rn. 14, BVerwGE 115, 89).
Eine Konkurrentenklage erledigt sich deshalb mit der endgültigen Übertragung des Amts auf den Mitbewerber. Die Stelle ist damit nicht mehr verfügbar. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die begehrte Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist. Der Eingriff in das Recht des unterlegenen Bewerbers auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt lässt sich nicht mehr korrigieren ( - Rn. 6, ZBR 2002, 395). Dem verfahrensfehlerhaft zurückgewiesenen Bewerber stehen allenfalls Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm die Stelle hätte übertragen werden müssen (Senat - 9 AZR 668/96 - Rn. 41, BAGE 87, 171). Verfassungsrechtlich bestehen hiergegen keine Bedenken (vgl. - NJW 1990, 501).
bb) Ist die im Streit stehende Stelle in einem geordneten Verfahren besetzt worden, bleibt dem unterlegenen Bewerber danach sowohl die erfolgreiche Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes als auch Rechtsschutz in der Hauptsache versagt ( - Rn. 9, ZBR 2002, 427).
Dieser Ausschluss der Konkurrentenklage nach endgültiger Stellenbesetzung schränkt den Rechtsschutz des unterlegenen Bewerbers nicht unzumutbar ein; denn er kann die Schaffung vollendeter Tatsachen durch die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verhindern ( - NJW 1990, 501). Er hat die Möglichkeit, im einstweiligen Verfügungsverfahren die endgültige Stellenbesetzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagen zu lassen. Auf Grund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts sind die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung der für den einstweiligen Rechtsschutz maßgeblichen Verfahrensvorschriften gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes gerade im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen ( - Rn. 10, ZBR 2002, 427). Die Rechtsprechung des Senats bewirkt zudem nicht, dass selbst bei einer endgültigen Besetzung eines öffentlichen Amts die Verletzung der in Art. 33 Abs. 2 GG bestimmten Auswahlkriterien folgenlos bleibt. Bei schuldhaftem Verstoß können dem zu Unrecht übergangenen Bewerber Schadensersatzansprüche zustehen, die sich auf Geldersatz richten (Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 38, BAGE 101, 153).
c) Die Stelle, auf die sich der Kläger beworben hat, ist mit der Mitbewerberin S am durch unbefristeten Arbeitsvertrag besetzt worden.
Wann ein öffentliches Amt iSd. Art. 33 Abs. 2 GG besetzt ist, richtet sich nach der Ausgestaltung dieses Amts. Eine Besetzung des Amts ist dann erfolgt, wenn dem ausgewählten Bewerber eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt ist, die der so vorgenommenen Ausgestaltung des Amts entspricht (vgl. Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 40, BAGE 101, 153). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Mitbewerberin S wurde durch unbefristeten Arbeitsvertrag dauerhaft eine gesicherte Rechtsposition eingeräumt.
3. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers ist im Streitfall gleichwohl nicht untergegangen. Das Landesarbeitsgericht hat die verfassungsrechtlichen Besonderheiten der Konkurrentenklage nicht ausreichend berücksichtigt.
a) Das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG lässt sich nur vor einer Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Konkurrenten verwirklichen. Es bedarf deshalb der Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO. Dieser Verfahrensabhängigkeit der Grundrechtsdurchsetzung ist bei der Anwendung und Auslegung der Vorschriften über den einstweiligen Rechtsschutz Rechnung zu tragen ( - Rn. 11 und 12, ZBR 2004, 45). Hieraus folgt das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits in der Stellenbesetzung die Ausübung öffentlicher Gewalt iSv. Art. 19 Abs. 4 GG zu sehen ist. Das Gebot folgt nämlich sowohl aus dieser Bestimmung ( - BVerfGE 93, 1) als auch aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ( - BVerfGE 85, 337). Beide Vorschriften garantieren den Justizgewährleistungsanspruch ( - BVerfGE 80, 103). Diesem Anspruch ist grundsätzlich genügt, wenn dem abgelehnten Bewerber die Möglichkeit gewährt wird, vorläufigen Rechtsschutz vor der Besetzung des Amts in Anspruch zu nehmen ( - NJW 1990, 501).
b) Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf effektiven Rechtsschutz vereitelt. Sie hat die Stelle trotz einer Untersagungsverfügung mit der Mitbewerberin besetzt.
aa) Die Gerichte müssen das Verfahrensrecht in einer Weise auslegen und anwenden, die dem Gebot effektiven Rechtsschutzes genügt ( 2 C 14.02 - Rn. 18, BVerwGE 118, 370). Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch eine tatsächliche und wirksame gerichtliche Kontrolle ( - Rn. 12, ZBR 2004, 45). Mit diesen Vorgaben aus Art. 19 Abs. 4 GG iVm. Art. 33 Abs. 2 GG ist die Annahme unvereinbar, der Bewerbungsverfahrensanspruch gehe auch dann unter, wenn der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber unter Verstoß gegen eine den Anspruch sichernde einstweilige Verfügung einen Konkurrenten einstellt oder befördert. Denn Art. 33 Abs. 2 GG iVm. Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG verbieten dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, durch Schaffung vollendeter Tatsachen statusverändernde Maßnahmen zu treffen. Der Betroffene hat einen Anspruch auf Wiederherstellung. Nach den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB sowie §§ 135, 136 BGB kann der Dienstherr einem zu Unrecht übergangenen Bewerber nicht mit Erfolg entgegenhalten, er könne dessen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht mehr erfüllen, weil die Stelle schon besetzt sei. Der Betroffene kann vielmehr verlangen, verfahrensrechtlich und materiellrechtlich so gestellt zu werden, als sei die einstweilige Verfügung beachtet und das Bewerbungsverfahren noch nicht beendet worden (vgl. Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 43, BAGE 101, 153; 2 C 14.02 - Rn. 19, BVerwGE 118, 370).
bb) Die Beklagte hat mit der endgültigen Besetzung der Stelle die Rechte des Klägers nach Art. 33 Abs. 2 GG iVm. Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Dem steht nicht entgegen, dass die Untersagungsverfügung zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses mit der Mitbewerberin S wegen des Ablaufs der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht mehr vollstreckbar war.
(1) Nach § 62 Abs. 2 ArbGG, § 936 ZPO iVm. § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem sie verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt wurde, ein Monat verstrichen ist. Deshalb muss eine einstweilige Verfügung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden. Unter "Vollziehung" in diesem Sinne ist die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus dem Arrest oder aus der einstweiligen Verfügung zu verstehen ( - Rn. 9, BGHZ 131, 141). Zwangsvollstreckung erfolgt nie von Amts wegen, sondern setzt immer eine Initiative des Gläubigers voraus. Deshalb muss der Gläubiger innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aktiv werden, indem er vom Titel Gebrauch macht (vgl. Schuschke/Walker ZPO 2. Aufl. § 929 Rn. 16). Der Kläger hat nicht von dem Titel Gebrauch gemacht.
(2) Das gilt auch für Unterlassungsgebote. Sie sind ebenfalls der Vollziehung fähig. Das Arbeitsgericht hat eine solche Unterlassungsverfügung erlassen. Es hat der Beklagten im einstweiligen Verfügungsverfahren untersagt, die Stelle bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu besetzen.
Auch bei einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung ist eine den Anforderungen des § 929 Abs. 2 ZPO entsprechende Vollziehung erforderlich (vgl. - Rn. 19, BGHZ 120, 73; aA - NZA 1987, 825). Unterlassungsgebote lassen sich zwar nicht durch unmittelbaren Zwang durchsetzen. Deren Befolgung kann aber durch mittelbaren Zwang, wie durch Verhängung von Ordnungsmitteln, nachgeholfen werden. Indem der Gläubiger mittelbaren Zwang anwendet, macht er von dem Unterlassungstitel Gebrauch und bringt damit zum Ausdruck, dass er eine Nichtbeachtung nicht hinnehmen wolle.
(3) Der Kläger hat das im Urteil des Arbeitsgerichts titulierte Unterlassungsgebot nicht fristgerecht iSd. § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen. Er hat keinerlei Vollziehungsmaßnahmen veranlasst.
(a) Die einmonatige Frist für die nach § 929 Abs. 2 ZPO notwendige Vollziehung der Urteilsverfügung begann mit der Verkündung des Urteils am (§ 929 Abs. 2, § 936 ZPO). Sie endete demgemäß mit Ablauf des . Innerhalb dieser Frist hat der Kläger keine Vollziehungsmaßnahme iSd. § 929 Abs. 2 ZPO ergriffen. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb die vom erlassene einstweilige Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO durch rechtskräftiges Urteil vom aufgehoben.
(b) Die innerhalb der Monatsfrist vorgenommene Amtszustellung des Untersagungstitels erfüllt nicht die Anforderungen einer Vollziehung iSv. § 929 Abs. 2 ZPO.
Die Amtszustellung von Urteils-Unterlassungsverfügungen genügt für die Vollziehung nicht. Ihr fehlt - eben weil sie vom Gericht veranlasst wird - das "spezifisch vollstreckungsrechtliche Element", dass der Gläubiger tätig wird und seinen Willen kundgibt, von dem Titel zwangsweise Gebrauch zu machen ( - Rn. 24, BGHZ 120, 73; aA - Rn. 70).
(c) Es kann dahinstehen, ob allein die Zustellung einer Unterlassungsverfügung im Parteibetrieb als Vollziehung genügt oder zusätzlich noch eine Ordnungsmittelandrohung im Titel notwendig ist (vgl. zum Meinungsstand - Rn. 27, NJW 1990, 122; - Rn. 62; - Rn. 16, BGHZ 131, 141).
Der Untersagungstitel wurde der Beklagten weder im Parteibetrieb zugestellt, noch enthält er eine Ordnungsmittelandrohung.
(d) Der nach § 929 Abs. 2 ZPO erforderlichen Vollziehung wird nach der Rechtsprechung schon genügt, wenn innerhalb der einmonatigen Vollziehungsfrist die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO beantragt wird (vgl. - Rn. 31, LAGE ZPO § 929 Nr. 5; - Rn. 22). Darin liegt bereits ein Gebrauchmachen ( - Rn. 26, NJW 1990, 122). Der Kläger hat jedoch überhaupt keine Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragt.
cc) Dennoch war die Beklagte verpflichtet, mit der Stellenbesetzung bis zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts vom abzuwarten.
(1) Der Senat hat bereits entschieden, ein Bewerber habe auch ohne ausdrückliche gerichtliche Entscheidung einen Anspruch darauf, dass die Verwaltung bis zum Abschluss des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes jede Maßnahme unterlässt, die geeignet ist, vollendete Tatsachen zu schaffen (Senat - 9 AZR 751/00 - Rn. 45, BAGE 101, 153; vgl. auch Hessischer -Rn. 7, NVwZ-RR 1992, 34). Bei Unterlassungsverfügungen kann nach verbreiteter Auffassung zur Begründung von Schadensersatzansprüchen nach § 717 Abs. 2 ZPO von dem Erfordernis der Vollziehung abgesehen werden, wenn der Antragsgegner dem gerichtlichen Unterlassungsgebot freiwillig nachkommt (offengelassen von - Rn. 25, BGHZ 120, 73 mwN).
(2) Der Meinungsstreit kann hier offenbleiben. Die Beklagte kann sich wegen der hier vorliegenden besonderen Umstände nicht auf die endgültige Stellenbesetzung berufen. Der Kläger durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte die Stelle auch ohne Androhung von Ordnungsmitteln bis zum rechtskräftigen Abschluss des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht besetzt. Die Vollziehung des Untersagungstitels nach § 929 Abs. 2 ZPO war nicht notwendig.
Durch die Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO wird das die einstweilige Verfügung anordnende Urteil formal nicht ohne weiteres hinfällig. Es ist lediglich in seiner Vollstreckbarkeit beeinträchtigt. Das ausgesprochene Verbot kann dann nicht mehr durchgesetzt werden (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 929 Rn. 20). Einer solchen Durchsetzbarkeit bedarf es gegenüber einer Körperschaft öffentlichen Rechts jedoch nicht. Von ihr darf erwartet werden, dass sie sich auch ohne Androhung von Ordnungsmitteln an ein gerichtliches Unterlassungsgebot hält. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wie hier die Bundesrepublik Deutschland, eine gerichtliche Verurteilung künftig beachtet, auch wenn ein vollstreckbarer Titel nicht vorliegt. Deshalb hält es die Erhebung einer nicht vollstreckbaren Feststellungsklage für zulässig, obwohl eine vorrangige Leistungsklage möglich wäre (vgl. - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 24; - 5 AZR 5/06 - Rn. 15, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 177 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 10; - 3 AZR 362/05 - Rn. 10, EzA BetrAVG § 2 Nr. 28).
Ebenso lehnt die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch des Personalrats gegenüber mitbestimmungswidrigem Verhalten der Dienststelle ab. Nur bei Pflichtverstößen in der Privatwirtschaft seien Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 23 Abs. 3, § 101 BetrVG notwendig. Derartiger Zwangsmittel bedürfe es in der öffentlichen Verwaltung nicht. Hier sorge notfalls die Dienstaufsicht für die Verwirklichung der Beteiligungsrechte des Personalrats ( 6 P 18.90 - Rn. 12, AP LPVG Baden-Württemberg § 79 Nr. 6; - Rn. 26, PersR 2003, 76).
(3) Die Beklagte hat vorliegend nicht zu erkennen gegeben, sie werde trotz dieser ständigen Rechtsprechung nur einem fortdauernd vollstreckbaren gerichtlichen Titel Folge leisten. Gerade das Gegenteil war der Fall. Sie bestärkte den Kläger in dessen Vertrauen, sie werde dem Unterlassungsgebot trotz nicht fristgerechter Vollziehung des Titels zunächst weiter folgen. So beantragte sie unter Hinweis auf die abgelaufene Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren mit ihrem Berufungsschriftsatz vom nur für den Fall der Rücknahme des Verfügungsantrags, das angefochtene Urteil für wirkungslos zu erklären. Der Kläger durfte diesem Antrag entnehmen, die Beklagte gehe bis zur Aufhebung des Urteils davon aus, das Unterlassungsgebot wirke noch und sie werde ihm Folge leisten. Ohne den Kläger vorher darauf hinzuweisen, besetzte sie die Stelle am endgültig. Sie wartete nicht die zeitnah anberaumte mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung am ab, zu der sie am geladen worden war. Da die Güteverhandlung im Hauptsacheverfahren am erfolglos geblieben und ein Termin zur streitigen Verhandlung von der Kammer auf den anberaumt worden war, wusste die Beklagte auch, dass der Kläger davon ausging, die Beklagte werde von der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle bis zur Entscheidung in der Hauptsache Abstand nehmen. Wenn sie sich in dieser Situation auf den Ablauf der Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO berufen wollte, so hätte sie den Kläger davon unterrichten müssen, dass sie in einer angemessenen Frist die Stelle besetzen wolle. Dieser hätte dann entscheiden können, ob er erneut einstweiligen Rechtsschutz zur Offenhaltung des Bewerbungsverfahrens in Anspruch nimmt. Da kein derartiger Hinweis erfolgt war, war die Beklagte gehalten, das Ergebnis der Berufungsverhandlung im einstweiligen Verfügungsverfahren abzuwarten. Ihre gleichwohl vollendete Tatsachen schaffende Stellenbesetzung kann nicht die Wirkung einer "Rechtsschutzklappe" (vgl. Seitz Die arbeitsrechtliche Konkurrentenklage S. 56 ff.) haben. Sie steht deshalb der Neubescheidungsklage des Klägers nicht entgegen.
4. Der Senat kann wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht zutreffend - nicht geprüft, ob die vorgezogene Mitbewerberin S über eine dem abgeschlossenen Hochschulstudium als "Diplomdokumentar/in oder Informationswirt/in" vergleichbare Ausbildung verfügt.
Das Landesarbeitsgericht wird weiter festzustellen haben, ob die Auswahlentscheidung des Auswahlausschusses überhaupt verwertbar ist. Dem könnte der Anspruch des Klägers auf tatsächliche und wirksame gerichtliche Kontrolle nach Art. 33 Abs. 2 GG iVm. Art. 19 Abs. 4 GG entgegenstehen. Danach sind die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes verpflichtet, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Ein dem späteren Konkurrentenklageverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert ( - NJW 1990, 501). Das wäre aber dann der Fall, wenn der unterlegene Bewerber keine oder nur eine lückenhafte Kenntnis über die Entscheidungsgrundlagen hätte. Das Dokumentationsgebot ist für die Transparenz der Auswahlentscheidung unverzichtbar (Senat - 9 AZR 72/02 - Rn. 42 und 43, BAGE 104, 295). Die Beklagte hat zwar im Prozess eine nachträglich erstellte und durch die Ausschussmitglieder am unterzeichnete Bewertung der nach der Vorauswahl verbliebenen sechs Bewerber auf Grund der Vorstellungsgespräche vorgelegt. Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob diese nachträgliche Dokumentation der Gespräche vom noch eine verlässliche Grundlage für die tatsächlichen Gesprächsergebnisse bilden kann.
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ZAAAC-70727
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