Erlass der Grundsteuer bei bebauten und im Sachwertverfahren bewerteten Grundstücken
Gesetze: GrStG § 33 Abs. 1, GrStG § 33 Abs. 5, BewG § 79 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine vermögensverwaltende Immobilien-KG, errichtete 1995 auf eigenem Grundstück in Berlin einen Gebäudekomplex, der eine Bürofläche von . qm, Wohnflächen von . qm, Ladenflächen von . qm und eine Tiefgarage mit . Stellplätzen aufweist. Das Grundstück ist als gemischt genutztes Grundstück auf den im Ertragswertverfahren mit einem Einheitswert von . DM bewertet und dem Grundvermögen zugeordnet worden. Der Grundsteuermessbetrag ist auf . DM und die Grundsteuer für 1996 auf . DM festgesetzt.
Im März 1997 beantragte die Klägerin, die Grundsteuer 1996 gemäß § 33 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) in Höhe von 52,56 v.H., nämlich einen Teilbetrag von . DM, zu erlassen, da die Büroflächen bis Ende 1996 weitgehend nicht hätten vermietet werden können. Die geltend gemachte Ertragsminderung ergab sich aus einer Gegenüberstellung der vor Errichtung des Gebäudekomplexes kalkulierten Jahresrohmiete von insgesamt . DM und der tatsächlich erzielten Miete von insgesamt . DM. Die tatsächlich erzielten Mieten machten 34,31 v.H. der kalkulierten Mieten aus. Daraus errechnet sich eine Ertragsminderung von 65,69 v.H. Ursächlich dafür war im Wesentlichen, dass die Büroflächen an den Nebenlagen überhaupt nicht und im Übrigen nur weit unterhalb der kalkulierten Miete hatten vermietet werden können. Kalkuliert waren insoweit Mieten von monatlich . DM/qm. Aber auch bei den Läden hatten sich die kalkulierten Mieten nicht durchgängig erzielen lassen. Auch die Stellplätze waren überwiegend nicht zu vermieten gewesen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte den Erlass mit Verfügung vom und Einspruchsentscheidung vom ab, da Anfangsverluste bei Neubauten unter das Unternehmerrisiko fielen und vom Grundeigentümer zu vertreten seien. Außerdem habe der tatsächlich erzielte Rohertrag die Vermutung der Normalität für sich.
Auch die Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, angesichts der schwierigen Marktlage für Büroräume in Berlin habe sie ihre Mietforderungen von . DM/qm auf die übliche Miete von 25 DM/qm heruntergeschraubt und dennoch seien die Büros nicht zu vermieten gewesen, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der normale Rohertrag sei danach zu bestimmen, was andere Objekte vergleichbarer Beschaffenheit erbringen. Dazu brauchten jedoch keine weiteren Feststellungen getroffen zu werden, weil ein Erlass nur bei atypischen Fallgestaltungen in Betracht komme und eine solche im Streitfall nicht vorliege. Die Klägerin sei von dem gerichtsbekannten Preisverfall auf dem Vermietungsmarkt für Büroräume im Land Berlin infolge eines strukturell bedingten Überangebots nicht in größerem Maß betroffen als andere. Die Versagung des Erlasses stelle auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dar. Die Beschränkung eines Erlasses nach § 33 Abs. 1 GrStG auf atypische Fallgestaltungen diene vielmehr der Wahrung des Gleichbehandlungsgebots. Strukturell bedingte Ertragsminderungen seien nämlich Ausdruck der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und von allen Grundeigentümern so lange hinzunehmen, wie ihnen nicht durch eine neue Hauptfeststellung Rechnung getragen werden könne.
Im Übrigen habe die Klägerin die Ertragsminderung zu vertreten. Sie habe ihre Büroräume zu einem überhöhten Mietpreis von 25 DM/qm angeboten und damit den Leerstand selbst verursacht. Angesichts der Aussichtslosigkeit einer Vollvermietung zu diesem Mietpreis sei ihr zuzumuten gewesen, die Mietforderungen auf den Betrag herunterzuschrauben, den die Mietinteressenten bereit gewesen wären zu zahlen. Bei der als Objektsteuer ausgestalteten Grundsteuer obliege es dem Grundstückseigentümer, „auch den geringstmöglichen Ertrag aus dem Objekt zu erzielen”.
Mit der Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 33 Abs. 1 GrStG sowie einen Verstoß gegen Art. 3 GG. Es gehe nicht an, neu auf den Markt tretende Vermieter auf die abstrakte Möglichkeit einer Hauptfeststellung zu verweisen und sie damit gegenüber den Altanbietern, die von dem strukturell bedingten Leerstand nicht oder nur in geringerem Umfang betroffen seien, schlechter zu stellen. Verfehlt sei auch die Ansicht des FG, sie, die Klägerin, habe die Ertragsminderung i.S. des § 33 Abs. 1 GrStG zu vertreten, weil sie mit ihren Mietforderungen nicht weit genug heruntergegangen sei.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung, der Ablehnungsverfügung vom sowie der Einspruchsentscheidung vom das FA zu verpflichten, die Grundsteuer 1996 in Höhe eines Teilbetrages von . DM zu erlassen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
II. Die Revision ist begründet. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat seine Rechtsprechung, wonach in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von gewisser Dauer ein Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs. 1 GrStG nicht in Betracht komme, durch BVerwG GmS-OGB 1/07 (Zeitschrift für Kommunalfinanzen 2007, 211) aufgegeben und sich der abweichenden Ansicht des erkennenden Senats (Beschlüsse vom II R 5/05, BFHE 213, 390, BStBl II 2006, 921, sowie vom II R 5/05, Leitsatz, BStBl II 2007, 469, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2007, 570) angeschlossen. Damit sind alle Differenzierungen nach typischen oder atypischen, nach strukturell bedingten oder nicht strukturell bedingten, nach vorübergehenden oder nicht vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig. Da das FG noch von der früheren Rechtsauffassung des BVerwG ausgegangen und auch der Alternativbegründung des FG, wonach die Klägerin die Ertragsminderung zu vertreten habe, nicht zu folgen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Ist bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag um mehr als 20 v.H. gemindert und hat der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten, so wird die Grundsteuer gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG in Höhe des Prozentsatzes erlassen, der vier Fünfteln des Prozentsatzes der Minderung entspricht. Unter dem normalen Rohertrag eines bebauten Grundstücks, dessen Wert im Ertragswertverfahren zu ermitteln ist, ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG die Jahresrohmiete zu verstehen, die bei einer Hauptfeststellung auf den Beginn des Erlasszeitraums —d.h. des Kalenderjahres, für das die jahresweise zu erhebende und ggf. zu erlassende Steuer festgesetzt worden ist— maßgebend wäre. Jahresrohmiete wiederum ist gemäß § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) das Gesamtentgelt, das der Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten hat. Ist das Grundstück oder sind Teile desselben eigengenutzt, ungenutzt —d.h. auch leer stehend—, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen, gilt gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG als Jahresrohmiete die übliche Miete, die gemäß Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift in Anlehnung an die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlte Jahresrohmiete zu schätzen ist. Die übliche Miete gilt gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG auch dann als Jahresrohmiete, wenn die Räume für eine um mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abweichende Miete vermietet sind.
a) Damit gibt es zwei mögliche Bezugsgrößen, an denen eine etwaige Ertragsminderung zu messen ist, nämlich zum einen die vereinbarte Jahresrohmiete und zum anderen die übliche Miete, und zwar jeweils vom Beginn des Erlasszeitraums. Dass diese durch § 79 Abs. 1 und 2 BewG vorgegebene Unterscheidung der Bezugsgrößen im Rahmen der Einheitsbewertung des Grundvermögens bei Fortschreibungen oder Nachfeststellungen keine Rolle mehr spielt und stattdessen durchgehend auf die übliche Miete zum Hauptfeststellungszeitpunkt abgestellt wird, ist in der Unmöglichkeit begründet, die tatsächlich erzielten Mieten vom Fortschreibungs- bzw. Nachfeststellungszeitpunkt auf die Mieten nach den Wertverhältnissen vom Hauptfeststellungszeitpunkt zurückzurechnen (dazu , BFHE 148, 174, BStBl II 1987, 201, sowie Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, Stand Februar 2007, § 79 Rz 103). Die Notwendigkeit einer derartigen Rückrechnung entfällt aber bei Anwendung des § 33 GrStG, soweit in dessen Abs. 1 Satz 3 der Beginn des Erlasszeitraums als Hauptfeststellungszeitpunkt fingiert wird.
b) Diese unterschiedlich definierten Jahresrohmieten für tatsächlich vermietete Räume einerseits und leer stehende Räume andererseits führen zu unterschiedlichen Bezugsgrößen für die Berechnung des Ausmaßes einer Ertragsminderung. Hat der Grundstückseigentümer zu Beginn des Erlasszeitraums einer schwachen Mieternachfrage bereits durch geringere Mietforderungen Rechnung getragen und auf diese Weise einen Teil seiner Räumlichkeiten vermieten können, ohne mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abgewichen zu sein, bilden die tatsächlich vereinbarten Mieten für diese Räume die Bezugsgröße, so dass nur noch Veränderungen der tatsächlich vereinnahmten Mieten (Abschn. 40 Abs. 4 der Grundsteuer-Richtlinien —GrStR— 1978) während des Erlasszeitraums von Bedeutung sein können und die erforderliche Ertragsminderung von mehr als 20 v.H. an der ohnehin schon geminderten Bezugsgröße zu messen ist.
Geht es um eine Ertragsminderung wegen leer stehender Räume, und zwar wegen solcher, die bereits zu Beginn des Erlasszeitraums leer gestanden haben, bildet die übliche Miete die Bezugsgröße. Die übliche Miete zu Beginn des Erlasszeitraums ist aber nicht die Durchschnittsmiete, die für die vermieteten Teile vereinbart werden konnte, sondern eine in Anlehnung an die Miete für Räume gleicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzende Miete. In Zeiten mangelnder Nachfrage und infolgedessen nachgebender Mieten treffen aber noch zu besseren Zeiten vereinbarte Mieten für vergleichbare Räume in schon länger vorhandenen Gebäuden mit geringeren Mieten für neu auf den Markt gekommene Objekte zusammen. Beide Mieten gehen in die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG i.V.m. § 79 Abs. 2 BewG auf den Beginn des Erlasszeitraums zu schätzende übliche Miete für vergleichbare Räume ein. Dies kann zu einer höheren Bezugsgröße als derjenigen führen, die sich aus den zu Beginn des Erlasszeitraums tatsächlich vereinbarten Mieten für die vermieteten Teile eines neu auf den Markt gekommenen (Büro-)Gebäudes ergibt, sofern diese Mieten nicht mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abweichen.
Daraus folgt zum einen, dass leer stehende Räume, für die die übliche Miete die Bezugsgröße darstellt, nur solche Räume sein können, die zu Beginn des Erlasszeitraums leer gestanden haben, und zum anderen, dass die nicht mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abweichenden Mieten für zu Beginn des Erlasszeitraums vermieteten Räume auch dann die Bezugsgröße bleiben, wenn die Räume im Verlauf des Erlasszeitraums in einen Leerstand übergehen.
c) Der Summe dieser solchermaßen bestimmten Bezugsgrößen ist der tatsächlich erzielte Rohertrag gegenüberzustellen (vgl. Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 1 Q 26/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungs-Report 2002, 885; Abschn. 40 Abs. 1 Satz 1 GrStR 1978, sowie Drosdzol in Kommunale Steuerzeitschrift —KStZ— 2001, 183). Unterschreitet er die Bezugsgröße um mehr als 20 v.H., hat der Steuerschuldner einen Anspruch auf Grundsteuererlass in der in § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG vorgesehenen Höhe, sofern weder der Steuerschuldner die Ertragsminderung zu vertreten hat noch der Ausnahmetatbestand des § 33 Abs. 5 GrStG erfüllt ist (vgl. dazu , BFHE 153, 571, BStBl II 1989, 13).
aa) Der Steuerpflichtige hat die Ertragsminderung, soweit sie durch einen Leerstand zu Beginn des Erlasszeitraums bedingt ist, dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat (so , KStZ 1985, 11; vgl. auch Abschn. 38 Abs. 4 Satz 1 und 2 GrStR 1978). Im Falle eines Überangebots auf dem betreffenden Marktsegment kann dabei vom Steuerpflichtigen nicht verlangt werden, sich stets den unteren Rand der Mietpreisspanne zu eigen zu machen (so aber wohl Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5 UE 3009/02, Die öffentliche Verwaltung 2005, 785).
Es reicht aus, dass die Räumlichkeiten dem Markt zur Verfügung stehen und nachhaltig zu einer Miete innerhalb der Spanne eines marktgerechten Mietzinses angeboten worden sind. Ein weiterer Inhalt kommt dem Tatbestandsmerkmal des Nichtvertretenmüssens nicht zu. Daher ist auch ohne Bedeutung, ob und wie lange bei neuen Mietobjekten mit Anlaufschwierigkeiten zu rechnen ist und was zum Unternehmerrisiko eines Vermieters gehört. § 33 GrStG ist keine Lenkungsnorm. Soweit in Abschn. 38 Abs. 4 a GrStR 1978 von einem Unternehmerrisiko die Rede ist, betrifft dies nicht etwa vermietete oder zur Vermietung vorgesehene Grundstücke, sondern eigengewerblich genutzte Grundstücke i.S. des § 33 Abs. 2 GrStG. Es liegt auf der Hand, dass die eigengewerbliche Nutzung dabei nicht aus der Vermietungstätigkeit bestehen kann.
bb) Nach § 33 Abs. 5 GrStG ist eine Ertragsminderung dann kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Einheitswerts berücksichtigt werden kann oder bei einem rechtzeitigen Antrag auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können. Dieses weitere Hindernis für einen Erlass gemäß § 33 Abs. 1 GrStG, das sich aus Abs. 5 der Vorschrift ergibt, scheidet bei Ertragsminderungen infolge schwacher Nachfrage schon deshalb aus, weil eine Fortschreibung gemäß § 22 Abs. 1 BewG wegen der Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraussetzt. Die Marktlage betrifft aber die Wertverhältnisse.
2. Da das FG die Klage noch mit der Begründung abgewiesen hat, die geltend gemachte Ertragsminderung sei nicht atypisch, sondern strukturell bedingt, und es überdies das „Vertreten” i.S. des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG anders als oben dargelegt verstanden hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Zunächst entspricht der Erlassantrag der Klägerin nicht den zu II. 1. a) und b) entwickelten Grundsätzen, soweit der Berechnung der Ertragsminderung die kalkulierten Mieten zugrunde gelegt worden sind. Bei den zu Beginn des Erlasszeitraums leer stehenden Gebäudeteilen ist die Ertragsminderung an der üblichen Miete zu messen. Die übliche Miete bestimmt sich nicht nach den Mieterwartungen, die der Investitionsentscheidung des Grundstückseigentümers zugrunde liegen, sondern nach der für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung zu Beginn des Erlasszeitraums regelmäßig gezahlten Jahresrohmiete. Soweit sich auf dem Grundstück Räume oder Raumeinheiten von unterschiedlicher Art und Ausstattung befinden, kann danach die übliche Miete für die einzelnen Räume oder Raumeinheiten unterschiedlich hoch ausfallen. Die Feststellungen zur Höhe der üblichen Miete für die Räumlichkeiten, die zu Beginn des Erlasszeitraums leer standen, sind nachzuholen. Dabei ist der Klägerin gemäß § 76 Abs. 2 FGO Gelegenheit zu geben, ihren Erlassantrag den zu II. 1. genannten Erfordernissen anzupassen.
b) Sollten die nachzuholenden Feststellungen zur üblichen Miete eine Ertragsminderung von nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG rechtserheblichem Ausmaß ergeben, hätte die Klägerin diese nur zu vertreten, wenn sie sich nicht nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hätte. Die dazu vom FG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um eine Ertragsminderung der Klägerin anzulasten.
Den Ausführungen des FG, die Klägerin hätte die Ertragsminderung bereits deshalb zu vertreten, weil sie ihre Mietforderungen nicht so weit heruntergeschraubt habe, bis ein Mieter zu finden gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Dieses Erfordernis ist mit dem Gesetz nicht vereinbar. Mit seiner gegenteiligen Auffassung kann sich das FG auch nicht auf die Entscheidung des (BVerwGE 67, 123) berufen. Das BVerwG führt in dem Urteil aus, der Gesetzgeber habe mit § 33 GrStG den Grundsatz der Ertragsunabhängigkeit der Grundsteuer durchbrochen, weil in bestimmten Fällen die Einziehung der unverkürzten Steuer für den Abgabepflichtigen nicht mehr zumutbar sei. Von einer die Grenze der Zumutbarkeit überschreitenden Belastung könne aber keine Rede sein, wenn der Steuerpflichtige selbst die Ursache für die Ertragsminderung herbeigeführt oder es unterlassen habe, die Ertragsminderung durch solche geeignete Maßnahmen zu verhindern, die von ihm erwartet werden konnten. Letzteres kann entgegen dem FG nicht dahin verstanden werden, der Grundstückseigentümer müsse seine Mietforderungen so weit herunterschrauben, bis sich ein Mieter findet. Vielmehr müssen die von den Steuerpflichtigen verlangten „geeigneten Maßnahmen” lediglich auf eine marktgerechte Miete ausgerichtet sein.
Da die Tatsachenwürdigung des FG, die Klägerin habe die Ertragsminderung zu vertreten, auf diesem Missverständnis beruht, bedarf es einer erneuten Würdigung der Vermietungsbemühungen der Klägerin. Soweit es dabei darum geht, ob die Klägerin geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins zu vermieten, bestimmt sich Letzterer nach den Mieten, die im Jahr 1996 in Berlin am Büroimmobilienmarkt für vergleichbare Objekte in den Fällen erzielt werden konnten, in denen tatsächlich Vermietungen stattgefunden haben. Sollten die feststellbaren Vermietungen nur Objekte betroffen haben, die nicht vergleichbar sind, ist schätzweise mit Zu- und Abschlägen zu arbeiten. Dem vom FA angeführten Gesichtspunkt, wonach es sich bei der Ertragsminderung um Anfangsverluste handele, kommt für die Frage des Vertretenmüssens i.S. des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG keine Bedeutung zu.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 407 Nr. 3
QAAAC-70393