BGH Urteil v. - III ZR 146/07

Leitsatz

[1] a) Auf nach dem entstandene Ansprüche aus einem Schuldverhältnis, das vor diesem Stichtag unter der Geltung des alten Verjährungsrechts begründet wurde, finden die neuen Verjährungsvorschriften nach Art. 229 § 6 EGBGB zumindest analog Anwendung.

b) § 193 BGB ist entsprechend auf Verjährungsfristen anwendbar.

Gesetze: EGBGB Art. 229 § 6; BGB § 193

Instanzenzug: AG Eutin 25 C 3/06 vom LG Lübeck 14 S 228/06 vom

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Weiterleitung von Mietzinsen und auf Schadensersatz wegen Mietausfalls sowie im Rahmen einer Stufenklage auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und weitere Zahlung in Anspruch.

In einem so genannten Appartementsvermietungsvertrag vom ermächtigte der Kläger die Beklagte als Vermittlerin, in seinem Namen und für seine Rechnung ein Appartement in Scharbeutz an Feriengäste zu vermieten. Die Beklagte sollte die vereinnahmten Mietzinsen nach Abzug einer Provision und eventueller Auslagen an den Kläger weiterleiten. Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos.

Mit der am Montag, dem , beim Amtsgericht eingegangenen und am der Beklagten zugestellten Klage hat der Kläger unter anderem restliche Mietzinsen in Höhe von 1.063,07 € für das Jahr 2001 und in Höhe von 930,67 € für das Jahr 2002, weiterhin Schadensersatz wegen Mietausfalls in den Herbst- und in den Weihnachtsferien 2002 in Höhe von jeweils 353,43 € sowie Ersatz außergerichtlicher Auslagen in Höhe von 30 € geltend gemacht. Weiterhin hat er im Wege der Stufenklage von der Beklagten zunächst Auskunft und Rechenschaft über die im Zeitraum vom bis zum abgeschlossenen Mietverträge begehrt. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung bezüglich des Auskunftsanspruchs hat der Kläger von der Beklagten verlangt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern.

Das Amtsgericht hat dem Kläger Aufwendungsersatz nur in Höhe von 20 € und die übrigen oben genannten Ansprüche nebst Zinsen zuerkannt. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründung erstmals die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils bezüglich des Zahlungsantrags in Höhe von 1.657,53 € und in Bezug auf die Stufenklage für den Zeitraum vom bis zum .

Gründe

Da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionstermin nicht vertreten war, ist über die Revision auf Antrag des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff).

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei mit der erstmaligen Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz nicht ausgeschlossen, weil alle die Einrede begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien unstreitig seien. Die dreijährige Verjährungsfrist habe am begonnen und sei zum Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift abgelaufen gewesen.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Es kann dahinstehen, ob die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Einrede der Verjährung ohne Rücksicht auf die besonderen Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO auf der Grundlage unstreitigen Tatsachenvorbringens berücksichtigt werden darf (dafür: Senatsurteil, BGHZ 166, 29, 31 Rn. 6; dagegen: - BGH-Report 2006, 599, 601 f unter 5. m.w.N.). Diese Frage, zu deren Beantwortung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung. Selbst wenn das Berufungsgericht die Verjährungseinrede nicht hätte zulassen dürfen, könnte dies im Revisionsverfahren nicht überprüft werden, was der Kläger genauso sieht. Eine fehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei verfahrensfehlerfreiem Vorgehen vom Berufungsgericht hätte zurückgewiesen werden müssen, kann mit der Revision nicht gerügt werden (Senatsurteil aaO; - NJW 2004, 1458, 1459 f unter II. 4. ; vom - VIII ZR 174/04 - NJW-RR 2005, 866, 867 unter II. 1.; vom - XI ZR 56/06 - NJW 2007, 3127, 3128 Rn. 19; jeweils m.w.N.).

2. Die Revision wendet sich zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die im Jahr 2002 entstandenen Ansprüche des Klägers seien verjährt.

a) Auf diese Ansprüche aus einem Schuldverhältnis, das seinerseits vor dem Stichtag des unter der Geltung des alten Verjährungsrechts begründet wurde, finden die neuen Verjährungsvorschriften nach Art. 229 § 6 EGBGB zumindest analog Anwendung (vgl. MünchKomm/Grothe, BGB, 4. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 2; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, S. 253 Rn. 3; Budzikiewicz, AnwBl 2002, 394, 395; differenzierend Gsell, NJW 2002, 1297, 1302 f; jew. m.w.N.). Die hier maßgebliche regelmäßige Verjährungsfrist, die nach § 195 BGB drei Jahre beträgt, begann gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB mit Schluss des Jahres 2002 und lief mit Ende des Jahres 2005 ab.

b) Da der ein Sonnabend war, genügte es zur Hemmung der Verjährung im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, dass der Kläger seine Klage am darauf folgenden Montag, dem , bei Gericht einreichte. Insoweit gilt entsprechend die Vorschrift des § 193 BGB. Danach kann eine an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist abzugebende Willenserklärung oder zu bewirkende Leistung noch am nächsten Werktag abgegeben bzw. erbracht werden, wenn der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Regelung dient dem Schutz der Sonn- und Feiertage sowie der Rücksichtnahme auf die Wochenend- und Feiertagsruhe der Bevölkerung und auf das allgemeine Ruhen der bürgerlichen Geschäfte an diesen Tagen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend, BT-Drucks. IV/3394, S. 3; Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das deutsche Reich, I. Band, 1899, S. 768; Senatsurteil vom - III ZR 159/06 - NJW 2007, 1581, 1583 Rn. 25). Ohne diese Bestimmung würden Fristen unangemessen verkürzt, weil zur Vermeidung von Nachteilen Leistungen bereits rechtzeitig vor den Wochenenden und den Feiertagen und damit vorzeitig vorgenommen werden müssten (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend aaO; Senatsurteil vom aaO). Da diesem Grundgedanken auch eine Verkürzung von Verjährungsfristen widerspricht, wird § 193 BGB entsprechend auf diese angewandt (RGZ 151, 345, 348 f; - WM 1978, 461, 464 unter II. 3. m.w.N.; MünchKomm/Grothe aaO, 5. Aufl., § 193 Rn. 8 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 193 Rn. 2; Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 193 Rn. 8; Staudinger/Repgen, BGB [2003], § 193 Rn. 10).

c) Die verjährungshemmende Wirkung trat nach § 167 ZPO bereits mit Einreichung der Klage am ein, weil die Zustellung der Klage demnächst erfolgte. Da der Kläger auf die gerichtliche Aufforderung vom den Gerichtskostenvorschuss am einzahlte, wurde die am bewirkte Zustellung der Klage nur geringfügig um 14 Tage durch von ihm zu vertretende Umstände verzögert (vgl. - NJW 1999, 3125 unter II. 2.; vom - VII ZR 230/01 - NJW 2002, 2794 unter II. 2. a); jew. m.w.N.).

3. Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht mit den Berufungsangriffen der Beklagten gegen die erstinstanzliche Entscheidung befasst und wird diese Prüfung nachzuholen haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 459 Nr. 7
WM 2008 S. 490 Nr. 11
NAAAC-70008

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja