Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 1 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 3; KSchG § 17 Abs. 1
Instanzenzug: ArbG Braunschweig 4 Ca 16/04 vom LAG Niedersachsen 2 Sa 1997/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung vom und einen hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung.
Die am geborene, geschiedene Klägerin war seit dem bei der Beklagen als Produktionsmitarbeitern in der Abteilung "G" gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt 1.757,00 Euro beschäftigt.
Im Jahr 2002 entschloss sich die Beklagte, die Produktion von Helmen von B nach M zu verlagern. Dort wurde eine neue Firma, die S GmbH (im Folgenden: S), gegründet.
Im Oktober 2003 nahm die Beklagte Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans betreffend die in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer des Betriebs B auf.
Mit Schreiben vom November 2003 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über die bevorstehende Verlagerung der Produktion von B nach M und die Übertragung der Arbeitsverhältnisse auf die neu gegründete S.
Mit Schreiben vom widersprach die Klägerin einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die S.
Am schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. § 3 des Sozialplans regelt Leistungen für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis in M fortgesetzt wird. In § 5 des Sozialplans ist unter der Überschrift "Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes" folgendes geregelt:
"(1) Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz infolge einer betriebsbedingten Kündigung wegen der unter den §§ 2, 3 und 4 des Interessenausgleichs getroffenen Maßnahmen verlieren, erhalten eine Abfindung. Berechnungsgrundlage für diese Abfindung ist das aktuelle monatliche individuelle Bruttoeinkommen des Monats Januar 2004 - abzüglich sämtlicher Zulagen und Überstunden. Die Höhe der Abfindung wird nach folgender Formel errechnet:
Betriebszugehörigkeit x Faktor x Bruttomonatseinkommen
Der Faktor beträgt bei einem vollendeten Lebensalter
Bis 39,99 Jahren: 0,4
Zwischen 40 und unter 54,99 Jahren: 0,4
Zwischen 55 und unter 59,99 Jahren: 0,4
Über 60 Jahren: 0,3
(2) Der Stichtag für die Ermittlung des Lebensalters und der Beschäftigungsjahre ist jeweils der Austrittsmonat. Die Berechnung erfolgt auf zwei Dezimalstellen genau und wird kaufmännisch gerundet.
(3) Keine Abfindung erhalten diejenigen Mitarbeiter, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 613 a BGB Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses einlegen und diejenigen, denen aus einer anderen Motivation heraus, als der in den §§ 2, 3 und 4 des Interessenausgleichs dargelegten, gekündigt wird.
(4) Es wird ein Härtefondausschuß eingerichtet, der sich paritätisch aus zwei Mitgliedern des Betriebsrats und zwei Mitgliedern der Geschäftsleitung zusammensetzt. Dieser Ausschuß betreut einen von S H zur Verfügung gestellten Härtefond, mit Hilfe dessen besondere soziale Härtefälle, die sich im Zusammenhang mit den auszusprechenden Kündigungen ergeben, ausgeglichen werden sollen.
Der Ausschuß ist in seiner Entscheidung hinsichtlich Art, Inhalt und Höhe einer etwaigen Unterstützung frei. Er entscheidet mit qualifizierter Mehrheit. Seine Entscheidungen sind nicht anfechtbar. Einzelheiten regelt das als Anlage beigefügte Härtefond-Grundregelwerk."
§ 6 Abs. 1 des Sozialplans regelt die Fälligkeit des Sozialplananspruchs; nach Absatz 2 wird dieser Anspruch erst fällig, wenn ein Kündigungsschutzverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist.
Mit Schreiben vom hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur Kündigung der Klägerin an. Der Betriebsrat erklärte am , er gebe keine weitere Stellungnahme zu den beabsichtigten Kündigungen ab.
Am informierte die Beklagte die Bundesagentur für Arbeit über die geplante Massenentlassung von mehr als 100 Arbeitnehmern.
Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin - wie weiteren 118 Mitarbeitern - ordentlich zum .
Mit Schreiben vom , bei der Bundesagentur für Arbeit am eingegangen, erstattete die Beklagte eine Massenentlassungsanzeige.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt und hilfsweise die Zahlung einer Abfindung aus dem betrieblichen Sozialplan begehrt. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt: In B sei die Produktion nicht eingestellt worden. Da die Massenentlassungsanzeige nicht vor dem Ausspruch der Kündigung erfolgt sei, sei diese Kündigung unwirksam. Zumindest stehe ihr ein Abfindungsanspruch aus dem betrieblichen Sozialplan zu. Der Ausschluss von Arbeitnehmern, die einem Betriebsübergang widersprochen hätten, von Sozialplanleistungen verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot. Auf Grund des Schreibens vom November 2003 habe sie davon ausgehen müssen, ihr Arbeitsplatz werde in M nicht weiterbestehen. Den Inhalt des Sozialplans habe sie zum Zeitpunkt des Widerspruchs nicht gekannt.
Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom nicht beendet worden ist,
2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Abfindung in Höhe von mindestens 9.839,20 Euro, fällig am zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen:
Die Produktion sei am in B völlig eingestellt und nach M verlagert worden. Sie habe die Massenentlassungsanzeige rechtzeitig vor der tatsächlichen Durchführung der Entlassung erstattet. Zumindest habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die Massenentlassungsanzeige noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist habe wirksam erstattet werden können. Ein Anspruch auf Sozialplanabfindung bestehe nicht, weil der Sozialplan ausdrücklich Abfindungsansprüche für die Arbeitnehmer ausschließe, die einem Betriebsübergang widersprochen hätten. Dies verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung vom ist weder sozialwidrig noch wegen einer verspäteten Massenentlassungsanzeige unwirksam. Der Klägerin steht auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Sozialplanabfindungsanspruch zu.
A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner die Klage abweisenden Entscheidung im Wesentlichen angenommen: Die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen iSd. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Auf Grund der Produktionseinstellung in B zum und und der Verlagerung nach M sei der Arbeitsplatz der Klägerin in B weggefallen. Diese Kündigung sei auch nicht wegen Gesetzesverstoßes nach § 134 BGB nichtig. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die §§ 17 ff. KSchG iVm. der Richtlinie des Rates 98/59/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen vom (im Folgenden: MERL) vor. Die Beklagte habe die erforderliche Massenentlassungsanzeige für die streitgegenständliche Kündigung am erstattet. Dies sei nach den Regelungen der §§ 17 ff. KSchG noch rechtzeitig und ausreichend gewesen. Es genüge, wenn der Arbeitgeber die Anzeige der Massenentlassung vor der Entlassung, dh. vor dem Austritt des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, zum Ablauf der Kündigungsfrist rechtzeitig erstatte. Daran ändere auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom nichts. Es sei Sache des Gesetzgebers, ggf. seinen gesetzgeberischen Willen neu zu artikulieren. Dessen klarer Wille, wie er in den §§ 17, 18 KSchG zum Ausdruck komme, stehe einer europarechtskonformen Auslegung dieser Regelungen entgegen. Deshalb bedürfe es keiner Entscheidung zu der Frage, ob der Beklagten ggf. Vertrauensschutz zu gewähren sei.
Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Abfindung aus dem Sozialplan zu, da sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Firma S in M widersprochen habe. Der im Sozialplan geregelte Ausschluss von dessen Leistungen widerspreche nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG. Die Betriebsparteien hätten einen weiten Ermessensspielraum, ob und wie sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen wollten. Es sei grundsätzlich nicht unzulässig, in einem Sozialplan Abfindungsansprüche für den Fall auszuschließen, in dem ein Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen Betriebs- oder Betriebsteilerwerber übergehe. Es liege weiterhin auch in der Regelungsmacht der Betriebsparteien, Mitarbeiter von Sozialplanansprüchen auszunehmen, die den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebs- oder Betriebsteilerwerber durch Widerspruch verhinderten. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz beim Betriebserwerber abgelehnt habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob in jedem Einzelfall der Arbeitsplatz bei der Firma S in M für jeden betroffenen Arbeitnehmer zumutbar gewesen sei. Jedenfalls hätten die Betriebsparteien für die Arbeitnehmer, die in M weiterarbeiten würden, Kompensationsleistungen vorgesehen. Für die Arbeitnehmer, die jedoch einem Übergang widersprochen hätten, hätten die Betriebspartner deutlich gemacht, dass persönliche, familiäre oder soziale Gründe nicht zur Unzumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes in M führen würden.
B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in Teilen der Begründung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Kündigung vom das Arbeitsverhältnis der Klägerin rechtswirksam beendet hat.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der ordentlichen Kündigung vom dringende betriebliche Erfordernisse zugrunde lagen, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb B entgegenstanden. Die Beklagte hat die Betriebsstätte B geschlossen und den Betrieb auf die Firma S übertragen, die ihn in M im Wesentlichen weiterführt. Nachdem die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Firma S nach § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hat, bestand am Standort B für sie keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt, ohne dass die Revision hiergegen irgendwelche Einwände vorgebracht hätte. Da am Standort B keine weitere Produktion mehr stattfindet und der Betrieb geschlossen ist, erübrigte sich auch eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kündigung nicht wegen eines Verstoßes gegen die Anzeigepflicht des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG rechtsunwirksam.
a) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war allerdings die Massenentlassung vor Ausspruch der Kündigung im Dezember 2003 bei der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG vom Arbeitgeber anzuzeigen. Diese Kündigung war Teil einer anzeigepflichtigen Massenentlassung iSd. § 17 KSchG.
Im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom (- C-188/03 - [Junk] EuGHE I 2005, 885) geht das Bundesarbeitsgericht nunmehr davon aus, dass "unter Entlassung" iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG der Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen ist ( - BAGE 117, 281 - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung; - 8 AZR 317/05 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 152 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 60; - 2 AZR 801/05 -; - 2 AZR 15/06 -; - 6 AZR 198/06 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 22 = EzA KSchG § 17 Nr. 17; - 6 AZR 499/05 - NZA 2007, 1101).
b) Der Wirksamkeit der Kündigung steht jedoch nicht entgegen, dass die Beklagte die Massenentlassung der Agentur für Arbeit erst nach Ausspruch der Kündigung im Juli 2004 angezeigt hatte. Selbst wenn eine verspätete Massenentlassungsanzeige grundsätzlich zur Unwirksamkeit einer vorher ausgesprochenen Kündigung führen würde, verbietet es im Entscheidungsfall der Grundsatz des Vertrauensschutzes, die Kündigung vom deswegen als unwirksam zu qualifizieren. Der Senat hat die Grundsätze zur Gewährung von Vertrauensschutz im Urteil vom (- 2 AZR 343/05 - BAGE 117, 281), auf die im Einzelnen verwiesen wird, ausführlich dargestellt. Danach sind zusammenfassend folgende Aspekte maßgeblich:
aa) Bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Junk vom (- C-188/03 - EuGHE I 2005, 885) war nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und im Schrifttum sowie der einschlägigen Verwaltungspraxis der Agenturen für Arbeit unter "Entlassung" iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG der tatsächliche Beendigungszeitpunkt zu verstehen. Der Senat hat diese Auffassung in seiner Entscheidung vom (- 2 AZR 79/02 - BAGE 107, 318) noch einmal umfassend bestätigt. Bei Ausspruch der Kündigung am war eine Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts im Zuge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und einer richtlinienkonformen Auslegung der nationalen gesetzlichen Regelung nicht zu erwarten. Dies gilt umso mehr, als sich der Senat in der genannten Entscheidung vom auch inhaltlich eingehend mit der MERL auseinandergesetzt und eine richtlinienkonforme Auslegung der §§ 17 ff. KSchG - das Verständnis von "Entlassung" als "Kündigung" im Sinne der nachfolgend ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom (- C-188/03 - aaO) unterstellend - als nicht möglich angesehen hatte.
bb) Diesen Umständen kommt bei der Prüfung, ob einem betroffenen Arbeitgeber Vertrauensschutz zu gewähren ist, ein erhebliches Gewicht zu (so auch zuletzt - NZA 2007, 1101). Der Arbeitgeber, dem eine gesetzliche Handlungspflicht auferlegt wird, muss sich grundsätzlich auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu den von ihm geforderten Verhaltensweisen verlassen und sein Verhalten daran ausrichten können.
cc) Soweit die Auffassung vertreten wird, der Beklagten sei kein Vertrauensschutz zu gewähren, weil bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung - insbesondere auf Grund des - 36 Ca 19726/02 - ZIP 2003, 1265) - nicht ausgeschlossen gewesen sei, dass der Europäische Gerichtshof den Begriff der "Entlassung" anders interpretieren könnte, wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Senat noch in der Entscheidung vom (- 2 AZR 79/02 - BAGE 107, 318) sich mit den europarechtlichen Vorgaben auseinandergesetzt und eine richtlinienkonforme Auslegung, wie sie nun vom Europäischen Gerichtshof zur MERL vertreten wird, verneint hatte.
dd) Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom und mithin weit vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom gekündigt worden ist, konnte die Beklagte auf die Rechtslage vertrauen, wie sie sich damals nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der geltenden Verwaltungspraxis darstellte.
c) Dem Senat ist eine Entscheidung über den Vertrauensschutz auch nicht "entzogen". Insbesondere bedarf es insoweit keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG (aA Schieck AuR 2006, 41, 43 f.).
aa) Im Entscheidungsfall geht es nicht um die Gewährung von Vertrauensschutz hinsichtlich der Auslegung europäischen Rechts, sondern um Vertrauensschutz bei der Anwendung und Auslegung nationalen Rechts durch die nationale höchstrichterliche Rechtsprechung ( - BAGE 117, 281; - 6 AZR 198/06 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 22 = EzA KSchG § 17 Nr. 17; - 6 AZR 499/05 - NZA 2007, 1101). Der Senat hat lediglich seine eigene Rechtsprechung und die Auslegung der nationalen Regelungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG an das Gemeinschaftsrecht angepasst. Er hat kein Gemeinschaftsrecht ausgelegt, sondern das nationale Kündigungsschutzrecht "richtlinienkonform" angewendet, indem er den Begriff "Entlassung" in § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zukünftig im Sinne der vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Auslegung der MERL verstanden wissen will. Damit handelt es sich um eine Frage der nationalen Rechtsanwendung (vgl. Canaris FS Bydlinski S. 47, 64; Piekenbrock ZZP 2006, 3, 30; - aaO).
bb) Das nationale Recht ist - wenn es möglich ist - richtlinienkonform auszulegen.
Ob eine solche richtlinienkonforme Auslegung möglich ist, entscheiden die nationalen Gerichte nach nationalem Recht ( bis C-403/01 -[Pfeiffer ua.] EuGHE I 2004, 8878). Die richtlinienkonforme Auslegung wird durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere den Grundsatz der Rechtssicherheit begrenzt ( - [Adeneler] AP Richtlinie 99/70 EG Nr. 1 = EzA Richtlinie 99/70 EG-Vertrag 1999 Nr. 1).
Hierbei ist der aus Art. 20 Abs. 3 GG iVm. dem jeweiligen Individualgrundrecht (insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG) folgende Vertrauensschutz zu berücksichtigen ( - NZA 2007, 1101; Kokott RdA 2006 Sonderbeilage zu Heft 6 S. 30, 37). Dementsprechend konnte das Bundesarbeitsgericht, das durch seine Rechtsprechung, insbesondere durch die letzte Entscheidung vom (- 2 AZR 79/02 - BAGE 107, 318) einen Vertrauenstatbestand für die Handlungsabläufe und Verhaltenspflichten bei den Massenentlassungsanträgen geschaffen hatte, in dem die bisherige Rechtsprechung aufgebenden Urteil vom (- 2 AZR 343/05 - BAGE 117, 281) den beklagten Arbeitgebern einen Vertrauensschutz zubilligen und ihnen nicht nachträglich sanktionsbewährte Handlungspflichten auferlegen.
3. Soweit die Klägerin eine Informationspflichtverletzung der Beklagten nach § 613a Abs. 5 BGB rügen will, würde eine solche Pflichtverletzung, selbst wenn sie vorliegen würde, nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen ( - BAGE 114, 374).
II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Zahlung einer Abfindung aus dem betrieblichen Sozialplan vom . Einem möglichen Abfindungsanspruch steht § 5 Abs. 3 des Sozialplans entgegen.
1. Nach § 5 Abs. 1 des Sozialplans erhalten Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz infolge einer betriebsbedingten Kündigung wegen einer der vom Interessenausgleich erfassten Maßnahme verlieren, eine Abfindung. Nach § 5 Abs. 3 des Sozialplans erhalten jedoch diejenigen Mitarbeiter, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 613a BGB Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses - wie die Klägerin im vorliegenden Fall - einlegen und denen dann gekündigt wird, keine Abfindung.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Ausschluss der widersprechenden Mitarbeiter von der Abfindungszahlung aus dem betrieblichen Sozialplan nach § 5 Abs. 3 des Sozialplans nicht unwirksam.
a) Zwar gilt das an die Betriebsparteien gerichtete Gebot des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten, auch für betriebliche Sozialpläne (vgl. insbesondere - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 121 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 97; - 1 AZR 575/02 -BAGE 107, 100, 107; - 1 AZR 49/04 - BAGE 114, 179; zuletzt - 1 AZR 163/06 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 20). Danach darf der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Erfüllung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist.
b) Der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3 des Sozialplans stellt aber keine derartigen mit Recht und Billigkeit unvereinbaren Bedingungen auf.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es grundsätzlich weder unzulässig, in einem betrieblichen Sozialplan Abfindungsansprüche für den Fall auszuschließen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen Betriebs- oder Betriebsteilerwerber übergeht noch Mitarbeiter von Sozialplanansprüchen auszunehmen, die das Arbeitsverhältnis auf einen Betriebs- oder Betriebsteilerwerber - ohne anerkennenswerte Gründe - durch Widerspruch verhindern ( - 10 AZR 553/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 112 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 92; - 1 AZR 575/02 - BAGE 107, 100; siehe auch - 6 AZR 499/05 - NZA 2007, 1101; Fitting BetrVG 23. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 158; Oetker GK-BetrVG §§ 112, 112a Rn. 284).
bb) Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht bisher nur ausdrücklich den Fall eines Ausschlusses von Sozialplanleistungen entschieden, wenn der Arbeitnehmer auf einem "zumutbaren Arbeitsplatz" weiterbeschäftigt werden konnte. Danach braucht dem Arbeitnehmer keine Sozialplanleistung gewährt zu werden, wenn "dem Arbeitnehmer sein bisher innegehaltener Arbeitsplatz im identischen Betrieb erhalten" geblieben ist. In diesem Falle hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, Zweifel an der Zumutbarkeit seien nicht angebracht (vgl. - 10 AZR 553/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 112 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 92). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Arbeitsplatz, auf dem die Klägerin in M hätte weiterbeschäftigt werden können, zwar nicht um ihren "bisher innegehabten" Arbeitsplatz im "identischen" Betrieb. Vielmehr sollte sie sogar in einem anderen - örtlichen - Betrieb und bei einem anderen (Konzern-)Arbeitgeber, der S, weiterbeschäftigt werden. Diese Aspekte führen vor dem Hintergrund des Betriebsübergangs aber nicht dazu, eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im oben genannten Sinne anzuerkennen.
cc) Es entspricht dem Sinn und Zweck eines Sozialplans, die sich aus einer Betriebsänderung ergebenden wirtschaftlichen Nachteile zu mildern ( - BAGE 103, 321; zuletzt - 1 AZR 163/06 -AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 20). Deshalb können Abfindungsansprüche ausgeschlossen werden, wenn ein Verlust des Arbeitsplatzes vermieden werden kann ( - aaO). So enthält § 112 Abs. 5 Nr. 2 BetrVG für einen durch die Einigungsstelle aufzustellenden Sozialplan auch die gesetzliche Vorgabe, dass ein Ausgleich von Nachteilen nicht erforderlich ist, wenn der Arbeitnehmer in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Arbeitnehmer diese Weiterbeschäftigung ablehnt. Weiter sieht das Gesetz vor, dass eine mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort für sich allein nicht die Unzumutbarkeit begründet.
Dieser Sinn und Zweck des Sozialplans gilt auch für freiwillige Regelungen der Betriebsparteien (vgl. - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 126 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 103). Hinzu kommt, dass die Betriebsparteien bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung einen erheblichen Beurteilungs- und Ermessensspielraum haben ( - BAGE 111, 335; zuletzt - 1 AZR 163/06 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 20). Sie können typisieren und ohne Weiteres Arbeitnehmer von Leistungen aus dem Sozialplan ausnehmen, die auf Grund der Betriebsänderung und des Betriebsübergangs allein nicht ihr Arbeitsverhältnis verlieren, sondern bei dem Betriebsübernehmer weiterbeschäftigt werden. Diesen Arbeitnehmern drohen durch die Betriebsänderung wegen § 613a BGB zunächst einmal grundsätzlich keine wirtschaftlichen Nachteile wegen eines Verlustes des Arbeitsplatzes. Auch der Hinweis, eine Weiterbeschäftigung sei nicht zumutbar, weil mit dem Betriebsübergang eine Ortsverlagerung verbunden ist, rechtfertigt die Annahme eines Verstoßes gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht. Die bloße örtliche Verlagerung kann nicht zur Unzumutbarkeit führen, wie die gesetzliche Regelung des § 112 Abs. 5 Nr. 2 BetrVG zum erzwingbaren Sozialplan zeigt. Da die Betriebsparteien bei einem Sozialplan, der nicht durch eine Einigungsstelle zustande kommt, in ihren Bewertungen freier sind, ist im Entscheidungsfall erst recht nicht erkennbar, warum der Ausschluss widersprechender Arbeitnehmer von einer Sozialplanleistung unbillig sein soll. Dies gilt umso mehr, als zum einem eine Weiterbeschäftigung auf Grund des Betriebsübergangs im Konzern erfolgt wäre und zum anderen zu berücksichtigen ist, dass für die nicht widersprechenden Arbeitnehmer der Sozialplan Kompensationsleistungen für Aufwendungen auf Grund der Verlagerung nach M vorsieht.
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Verletzung des Maßregelungsverbots nach § 612a BGB nicht erkennbar.
Hätte die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht ausgeübt, so wäre ihr Arbeitsverhältnis auf die Firma S übergegangen und sie hätte auch keine Abfindungszahlungen wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes erhalten. Eine mögliche Sozialplanabfindung wäre erst dann entstanden, wenn die S - später - ihr Arbeitsverhältnis vor Ablauf bestimmter Fristen gekündigt hätte.
4. Soweit die Klägerin geltend machen will, die Beklagte habe ihrer Aufklärungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB nicht hinreichend genügt, ergibt sich hieraus keine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der Sozialplanabfindung.
Ob ggf. ein Schadensersatzanspruch auf Grund einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung besteht, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat die Klägerin einen solchen Anspruch nicht klageweise geltend gemacht und zu dessen Anwendungsvoraussetzungen auch nicht substanziiert vorgetragen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Fundstelle(n):
AAAAC-67968
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