Benennungsverlangen nach § 123 Satz 2 AO ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt; Unzulässigkeit einer Feststellungsklage
Gesetze: AO § 123 Satz 2, FGO § 40, FGO § 41, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt es zwar einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (BFH-Beschlüsse vom XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417, und vom VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345, jeweils m.w.N.).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben einen solchen Verfahrensmangel aber weder schlüssig dargelegt, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, noch liegt er vor.
Die Kläger wollten mit der von ihnen erhobenen Feststellungsklage (§ 41 FGO) die Feststellung erreichen, dass die „Zugangsfiktion” in § 123 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) für an sie gerichtete Schriftstücke des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) nicht gelte. Die Kläger konnten ihre Rechte insoweit jedoch —wie das Finanzgericht (FG) zutreffend entschieden hat— durch eine Anfechtungsklage gegen das Verlangen des FA, einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen, verfolgen. Dies haben die Kläger auch getan. Das Benennungsverlangen gemäß § 123 Satz 1 AO ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 123 AO Rz 5; Pahlke/Koenig/Pahlke, Abgabenordnung § 123 Rz 5, jeweils m.w.N.).
Soweit die Kläger geltend machen, es sei ihnen bei der Feststellungsklage darum gegangen, „rechtswidrigen Vollziehungsmaßnahmen” des FA „rechtzeitig entgegen zu wirken”, ist darauf hinzuweisen, dass ein solches Begehren von ihrem (auch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellten) Klageantrag, über den das FG zu entscheiden hatte, nicht umfasst war. Das FG durfte über ein solches Begehren folglich nicht entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Dies hat es zu Recht auch nicht getan.
b) Die von den Klägern erhobene Verfahrensrüge, das FG habe willkürlich ihr Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes —GG—, § 119 Nr. 1 FGO) und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, weil es zu Unrecht von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) abgesehen habe, ist ebenfalls unschlüssig.
Zum einen waren die Ausführungen des FG zur Frage einer Vorlage an den EuGH nicht entscheidungserheblich. Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Erwägungen des FG zur Vorlage an den EuGH, die sich nur im Falle der Zulässigkeit der Klage stellen konnten, waren deshalb nicht tragend.
Zum anderen sind erstinstanzliche Gerichte nach Art. 234 Abs. 2 EG nicht zur Vorlage an den EuGH verpflichtet (, BFHE 175, 192, BStBl II 1994, 875, unter II.2. der Gründe; , BFH/NV 2004, 521, unter II.2. letzter Absatz der Gründe, m.w.N.). Das gilt auch, wenn eine Zulassung des Rechtsmittels durch das oberste Gericht erforderlich ist (vgl. , juris, m.w.N.).
2. Die Zulassung der Revision kommt auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO in Betracht. Die Kläger haben in Bezug auf die tragenden Ausführungen des FG zur Unzulässigkeit der Klage keinen der vorgenannten Revisionszulassungsgründe schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Fundstelle(n):
JAAAC-67511