Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KAGG § 20 Abs. 5; AuslInvestmG § 12 Abs. 5
Instanzenzug: LG Potsdam 1 O 728/02 vom OLG Brandenburg 7 U 176/05 vom
Tatbestand
Der Kläger zu 6 zeichnete am - unter Einschaltung der D. GmbH, der früheren Beklagten zu 6, als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage von 200.000 DM an dem Filmfonds V. KG, der früheren Beklagten zu 1 (im Folgenden Fondsgesellschaft). Die Fondsgesellschaft, deren frühere Komplementärin die Beklagte zu 2 war, geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der T. GmbH, der Produktionsdienstleisterin der V. -Fondsgesellschaften, in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren. In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft vom stimmten die Gesellschafter für ein Vergleichsangebot des britischen Versicherungsunternehmens R. , das eine Freistellung des Versicherers von allen tatsächlich und möglicherweise bestehenden Ansprüchen gegen Zahlung von 6,171 Mio. € für vier verschiedene Fonds, darunter die Fondsgesellschaft, vorsah. Im Zuge der genannten Schwierigkeiten wurde in die Fondsgesellschaft anstelle der Beklagten zu 2 eine neue Komplementärin, die V. D. GmbH, aufgenommen.
Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrten in der ersten Instanz insgesamt 17 Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus ihrer Beteiligung Rückzahlung der von ihnen eingezahlten Beträge nebst Zinsen. Insoweit nahmen sie die Herausgeberin des Prospekts, die Beklagte zu 7, die Fondsgesellschaft (Beklagte zu 1), deren frühere Komplementärin (Beklagte zu 2) und den Beklagten zu 3 als Gründungskommanditisten der Beklagten zu 1 und geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten zu 2 in Anspruch. Sie hielten auch den Beklagten zu 4, Geschäftsführer der Prospektherausgeberin, aufgrund seiner im Prospekt herausgestellten Sachkenntnis und die Beklagte zu 5 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Diese war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Beklagten zu 7, der Herausgeberin des Prospekts, mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen. Schließlich hielten die Kläger die Beklagte zu 6 als Treuhandkommanditistin aufgrund eigener Prüfungspflicht für die Abläufe in der Fondsgesellschaft für verantwortlich.
Das Landgericht hat die Klagen insgesamt abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben nur noch der Kläger zu 6 gegen die Beklagten zu 2 bis 5 und 7 und der Kläger zu 8 gegen die Beklagte zu 5 ihre Klagen weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufungen zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger zu 6 seine Klage auf Zahlung von 102.258,38 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus dem Treuhandvertrag weiter.
Gründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagten zu 2 bis 5 und 7 gerichteten Klagen des Klägers zu 6 (im Folgenden: Kläger) betrifft. Dies ist in Bezug auf die Beklagte zu 2, die im Verhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil auszusprechen, das inhaltlich allerdings auf einer Sachprüfung beruht (BGHZ 37, 79, 81).
I.
Das Berufungsgericht verneint unter Bezugnahme auf das ) Mängel des Prospekts. Im Kapitel "Projekt im Überblick" finde sich der Hinweis, dass "im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren" sei. Diese Warnung vor einem Totalverlust werde nicht dadurch aufgehoben, dass an anderer Stelle von einer Absicherung des Risikos gesprochen werde. Auch in den "Leitgedanken" werde nur von einer Begrenzung, nicht aber von einem Ausschluss des Risikos gesprochen. Aus dem Prospekt werde hinreichend deutlich, dass der vorgesehene Abschluss von Erlösausfallversicherungen projektbezogen und damit mit einem Durchführungsrisiko behaftet sei. Auch die auf S. 38 des Prospekts dargestellte "Restrisiko-Betrachtung" sei inhaltlich nicht zu beanstanden, da sie unter der Annahme stehe, dass die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft das Absicherungskonzept wirksam umsetze. Unter diesen Umständen könne offen bleiben, ob die Beklagten prospektverantwortlich seien und ihre Einrede der Verjährung durchgreife.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei.
1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; - NJW 2000, 3346; vom - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230 <insoweit ohne Abdruck in BGHZ 115, 213>). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (vgl. - NJW 1982, 2823, 2824). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. - NJW-RR 1992, 879, 881).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei seiner Sicht berücksichtigt es nämlich nicht hinreichend den in den Leitgedanken vorbereiteten und durch die als "worst-case-Szenario" bezeichnete "Restrisiko-Betrachtung" vermittelten Gesamteindruck, dass der Anleger mit seiner Beteiligung ein nur begrenztes Risiko eingehe. Dies hat der Senat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - in seinen Urteilen vom , die eine Beteiligung an derselben Fondsgesellschaft betrafen, entschieden (III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f) und auf die Beschwerde des Anlegers auch die Revision gegen das vom Berufungsgericht in Bezug genommene ) durch Beschluss vom (III ZR 298/05) zugelassen. An der in den Urteilen vom vertretenen Auffassung, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, hält der Senat fest.
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO)
1. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Frage getroffen, inwieweit die Beklagten als Prospektverantwortliche in Betracht kommen. Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen kann deren Verantwortlichkeit für Prospektmängel nicht ausgeschlossen werden.
Die Beklagte zu 7 wird im Emissionsprospekt als für die Prospektherausgabe verantwortlich bezeichnet (S. 18, 21), kommt also primär als Haftungssubjekt in Betracht. Der Beklagte zu 4 ist nach dem Prospekt ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer (S. 21). Er wird im Prospekt als "Mitinitiator verschiedener Medienfonds (...)" bezeichnet, der "über hervorragende Marktkenntnisse verfügt" (S. 15). Darüber hinaus ist er neben dem Beklagten zu 3 als Gesellschafter der Beklagten zu 2 angegeben. Seine Haftung als (Mit-)Initiator oder Hintermann steht daher im Raum. Die Beklagte zu 2 war unter ihrer früheren Bezeichnung V. GmbH die ursprüngliche Komplementärin der Fondsgesellschaft; sie wird im Prospekt im Abschnitt "3.1 Initiator" neben anderen Gesellschaften der T. -Gruppe aufgeführt (S. 14 f). Der Beklagte zu 3 war Gründungskommanditist (S. 16), Geschäftsführer der Beklagten zu 2 und neben dem Beklagten zu 4 deren Gesellschafter; im Prospekt ist er an erster Stelle als Initiator aufgeführt (S. 14 f). Wegen der Beklagten zu 5 hat der Senat in seinen Urteilen vom eine Prospektverantwortlichkeit als (Mit-) Initiator oder Hintermann nicht ausgeschlossen (III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1505 f Rn. 17-22; III ZR 185/05 - NJW-RR 2007, 1479 f Rn. 9-13).
2. Es fehlen auch tragfähige Feststellungen zu den von den Beklagten erhobenen Verjährungseinreden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verjähren Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20 Abs. 5 KAGG, § 12 Abs. 5 AuslInvestmG, jeweils in der bis zum geltenden Fassung) in - seinerzeit - sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels, spätestens jedoch in drei Jahren nach dem Beitritt (vgl. BGHZ 83, 222, 224; - NJW 2004, 3420, 3421; Senatsbeschluss vom - III ZR 258/05). Die Beklagten haben sich darauf berufen, der Kläger habe seit der Gesellschafterversammlung vom von möglichen Prospektmängeln Kenntnis gehabt, wobei er sich die Kenntnis des Geschäftsführers der Treuhandkommanditistin, der Beklagten zu 6, der das Protokoll dieser Gesellschafterversammlung geführt habe, zurechnen lassen müsse. In dieser Gesellschafterversammlung sei der Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses 2000 der Wirtschaftsprüfergesellschaft erörtert worden, aus dem sich ergeben habe, dass einzelne nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehene Kriterien für Filmprojekte nicht erfüllt gewesen seien. Auf Nachfrage der Treuhandkommanditistin vom habe die Wirtschaftsprüfergesellschaft am mitgeteilt, zu den fehlenden Riskmanagerempfehlungen sei den Prüfern erklärt worden, dass vor allem aufgrund eines geplanten Versicherungswechsels keine weitere Rahmenversicherung geschlossen worden sei, so dass die drei (näher bezeichneten) Filme sich insoweit noch in einem Schwebezustand befänden. Ob die Kenntnis der Treuhandkommanditistin hiervon ohne weiteres allen Anlegern zuzurechnen wäre, kann der Senat offen lassen. Denn die vorerwähnten Vorgänge mögen zwar darauf schließen lassen, dass der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft Fehler unterlaufen sind. Ihnen dürfte sich jedoch - abgesehen davon, dass es hierbei auch um den Abschluss von Erlösausfallversicherungen gegangen sein mag - nicht entnehmen lassen, dass der Kläger hierdurch von dem hier festgestellten Prospektmangel, nämlich der unklaren Aussage über das Ausmaß der mit der Beteiligung einzugehenden Risiken, Kenntnis erlangt hätte. Sollte sich eine Kenntnis des Klägers sechs Monate vor dem Eingang der Klage am bei Gericht nicht sicher feststellen lassen, könnte die Abweisung der Klage nicht bestehen bleiben.
3. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Fundstelle(n):
BAAAC-67411
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein