BGH Beschluss v. - IX ZB 147/06

Leitsatz

[1] Eine Umsatzsteuererstattung, die die Masse bei Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit noch zu erwarten hat, ist bei der Bemessungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters zu berücksichtigen. Das gilt auch dann, wenn sich dieser Anspruch aus dem Vorsteuerabzug hinsichtlich der festzusetzenden Vergütung des Verwalters ergibt.

Gesetze: InsVV § 1 Abs. 1

Instanzenzug: AG Münster 73 IN 12/03 vom LG Münster 5 T 548/06 vom

Gründe

I.

Der Verwalter begehrte mit seinem Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung, in die Berechnungsgrundlage die auf seine Vergütung entfallende Umsatzsteuer erhöhend einzurechnen. Da die Schuldnerin vorsteuerabzugsberechtigt sei, könne sie diesen Umsatzsteuerbetrag vom Finanzamt erstattet verlangen.

Das Amtsgericht hat die Vergütung des Insolvenzverwalters einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf insgesamt 87.309,17 € festgesetzt. Es hat den Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse hinsichtlich der Vergütung des Verwalters bei der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Anliegen weiter.

II.

Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO) ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und begründet.

1. Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens (, ZIP 2003, 2171, 2172; v. - IX ZB 168/04, ZIP 2006, 93; v. - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486, 487).

Einnahmen der Masse, die noch nicht feststehen, können grundsätzlich noch nicht Grundlage der Vergütungsfestsetzung des Verwalters sein. Steht aber ein späterer Massezufluss bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit fest, ist dieser bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen ( aaO S. 94; v. , aaO; v. - IX ZB 305/04, ZIP 2007, 1958, 1959). Steuererstattungsansprüche der Masse, die nach Einreichung der Schlussrechnung mit Sicherheit zu erwarten sind, werden deshalb in die Bemessungsgrundlage einbezogen (vgl. LG Heilbronn ZIP 2005, 1187, 1188; LG Frankfurt/Oder ZInsO 2002, 1028; LG Stralsund ZInsO 2007, 1045; Prasser ZIP 2006, 487, 489; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 2. Aufl. Rn. 128; Förster ZInsO 2000, 553; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl. § 1 Rn. 80; Graeber, DZWiR 2002, 519). Voraussetzung ist allerdings, dass diese tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen.

Amtsgericht und Landgericht haben die Berücksichtigung eines sicher feststehenden Umsatzsteuererstattungsanspruchs der Masse mit der Begründung abgelehnt, dass es sich hierbei lediglich um einen durchlaufenden Posten handele. Dem kann nicht gefolgt werden, weil der Vorsteuerabzugsanspruch lediglich in die Steuerberechnung nach § 16 Abs. 2 UStG eingeht (vgl. Zeuner in Bunjes/Geist, UStG 8. Aufl. § 18 Rn. 9). Entsteht bei der Steuerberechnung ein Umsatzsteuererstattungsanspruch, stellt die entsprechende Auszahlung einen echten Massezufluss dar.

Es ist auch gerechtfertigt, diesen Massezufluss bei der Vergütung des Verwalters zu berücksichtigen. Er hat Vorsteuerabzugsbeträge geltend zu machen und einen Umsatzsteuererstattungsanspruch zur Masse zu ziehen. Dadurch wird die Teilungsmasse tatsächlich erhöht. Verletzt er diese Pflicht, ist er gemäß § 60 InsO allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet.

2. Die Masse schuldet auf die von ihr erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen die hierauf entfallende Umsatzsteuer. Hiervon kann die Vorsteuer der Vorumsätze gemäß § 15 UStG abgezogen werden. Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse ergibt sich nach Einreichung der Schlussrechnung nur dann, wenn für den dann maßgeblichen Besteuerungszeitraum ein Überschuss der Vorsteuerbeträge festgestellt wird. Dann ist dieser vom Finanzamt zu erstatten und an die Masse auszubezahlen (Zeuner in Bunjes/Geist, aaO; Rothenberger in Hartmann/Metzenmacher, UStG § 18 Rn. 22).

Ein solcher sicher zu erwartender Umsatzsteuererstattungsanspruch ist bislang nicht festgestellt. Der Insolvenzverwalter hat in seinem Schlussbericht und dem hierauf Bezug nehmenden Vergütungsantrag lediglich ausgeführt, zu der zunächst festgestellten freien Masse von 795.559,24 € sei der Umsatzsteuerausweis aus der Verwaltervergütung hinzuzurechnen, da die Insolvenzmasse zum Abzug der Vorsteuer berechtigt sei. Dieser Betrag sei zwar der Masse noch nicht zugeflossen, aber mit Sicherheit zu erwarten.

Aus diesem Vortrag ergibt sich kein Umsatzsteuererstattungsanspruch der Masse. Es fehlt an der Darlegung eines sicher zu erwartenden, an die Masse auszuzahlenden Überschusses der Vorsteuerbeträge. Der Sachvortrag kann auch so verstanden werden, dass der Verwalter den Umsatzsteuerbetrag aus der Verwaltervergütung grundsätzlich ansetzen will, unabhängig davon, ob sich tatsächlich ein auszuzahlender Umsatzsteuererstattungsanspruch ergibt. Das Amtsgericht wird festzustellen haben, ob für die Zeit nach Einreichung der Schlussrechnung tatsächlich ein solcher Umsatzsteuererstattungsanspruch sicher zu erwarten ist.

Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2008 S. 174 Nr. 2
HFR 2008 S. 760 Nr. 7
SJ 2008 S. 39 Nr. 6
UR 2008 S. 236 Nr. 6
WM 2008 S. 86 Nr. 2
ZIP 2008 S. 81 Nr. 2
CAAAC-66952

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja