BFH Urteil v. - VIII R 21/06 BStBl 2008 II S. 126

Zeitpunkt der Verlustzurechnung bei einem stillen Gesellschafter; kein erweiterter Verlustausgleich aufgrund Schuldübernahme

Leitsatz

1. Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerrechtlich erst dann als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet und —im Regelfall— auch von seiner Einlage abgebucht worden ist.

2. Eine zeitlich vorverlagerte Verlustzurechnung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, da für den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich die Erstellung des Jahresabschlusses, maßgebend sind.

3. Erst wenn die Gesellschaft endgültig von einer Schuld befreit wird, handelt es sich im Falle der Übernahme einer Gesellschaftsschuld durch den stillen Gesellschafter um die allein maßgebliche „geleistete Einlage” i.S. von § 15a Abs. 1 EStG.

4. Eine erst später erteilte Genehmigung einer Schuldübernahme durch den Gläubiger wirkt steuerrechtlich nicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem der stille Gesellschafter sich dazu verpflichtet hatte.

5. Die Verpflichtung zur Schuldübernahme begründet keinen „erweiterten Verlustausgleich” nach § 15a EStG bei dem stillen Gesellschafter.

Gesetze: EStG § 11 Abs. 2EStG § 15a Abs. 1EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2BGB § 328BGB § 329BGB § 415HGB § 230HGB § 232

Instanzenzug: (EFG 2006, 1517) (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe des gesondert festgestellten vortragsfähigen Verlustes in den Streitjahren 1996 bis 1998 aus zwei typisch stillen Beteiligungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger).

Der Kläger beteiligte sich über zwei verschiedene Treuhänder an einer GmbH in der Rechtsform typisch stiller Gesellschaften.

Mit Vertrag vom verpflichtete sich der Kläger über die B-GmbH als Treuhänderin (ab dem über die P-GmbH), sich mit einer Einlage von 22 500 000 DM still an der GmbH zu beteiligen (Beteiligung I).

Die Einlage sollte in Höhe von 19 415 150 DM durch Übernahme einer Darlehensverbindlichkeit der GmbH gegenüber der L-Bank und in Höhe des Restbetrages bar erbracht werden. Der Kläger hatte bis zur Umschreibung des Darlehens die GmbH in Höhe des übernommenen Betrages von allen Risiken und Pflichten aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Ihm war im Jahr der Einlageleistung und ggf. im Folgejahr ein anteiliger Vorwegverlust insgesamt bis zur Höhe seiner Einlage zuzurechnen. Damit sollten zugleich alle betrieblichen Aufwendungen, auch der Tochtergesellschaften, abgegolten sein.

Mit einer ergänzenden Vereinbarung vom übernahm der Treuhänder für den Kläger den gesamten Steuerbilanzverlust 1996 der Tochtergesellschaft Z-KG, der im Dezember 1996 in vorläufiger Höhe dem Kapitalkonto in der Steuerbilanz 1996 belastet werden sollte. Dieser Verlust sollte lt. Prospekt der Z-KG voraussichtlich 14 018 000 DM betragen.

Noch im Jahr 1996 leistete der Kläger eine Bareinlage in Höhe von 2,4 Mio. DM an die GmbH. Die Anzeige der Schuldübernahme und die Umschreibungen des Darlehens erfolgten nach den klägerischen Angaben nach 1997.

Des Weiteren beteiligte sich der Kläger mit Vertrag vom über die P-GmbH als Treuhänderin an der GmbH mit einer zum selben Termin zu leistenden Einlage in Höhe von 29 Mio. DM (Beteiligung II). Die Einlage sollte durch Übernahme einer Darlehensverbindlichkeit der GmbH gegenüber der A-Lebensversicherung erbracht werden. Auch insoweit hatte der Kläger bis zur Darlehensumschreibung durch die Bank die GmbH in Höhe des übernommenen Betrages von allen Risiken und Pflichten aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Die Verlustzuweisung im Jahr der Einlageleistung sollte wie bei der Beteiligung I erfolgen.

Der Kläger leistete im Jahr 1997 auf die Beteiligung II eine Bareinlage in Höhe von 773 826 DM an die GmbH. Die A-Lebensversicherung bestätigte mit Schreiben vom dem Kläger den Eingang eines Faxes vom , in welchem der Kläger seinen „Schuldbeitritt” zur Objektfinanzierung der Hauptverwaltung der X-AG für das Darlehen an die GmbH in Höhe von 30 Mio. DM erklärt habe und erklärte sich mit dem „Schuldbeitritt” einverstanden.

Mit Nachträgen vom wurde zwischen der P-GmbH und der GmbH die Umwandlung der stillen Beteiligungen I und II in atypisch stille Beteiligungen vereinbart.

Mit seinen Einkommensteuererklärungen für 1996 und 1997 machte der Kläger im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen Verluste aus den stillen Beteiligungen in Höhe von 16 064 563 DM (für 1996) und von 31 703 808 DM (für 1997) geltend. In seiner Einkommensteuererklärung für 1998 machte er für die typisch stille Beteiligung vom 1. Januar bis einen Verlust in Höhe von 8 004 093 DM geltend.

Eine in den Jahren 1999/2000 für die Jahre 1993 bis 1997 beim Kläger durchgeführte Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, der Kläger habe auf seine stillen Beteiligungen in den Jahren 1996 und 1997 lediglich Einlagen in Höhe seiner Bareinzahlungen von 2,4 Mio. DM im Jahr 1996 und von 773 826 DM im Jahr 1997 geleistet, Verluste dürften erst gemäß § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Zeitpunkt der Erstellung der Jahresabschlüsse für die GmbH berücksichtigt werden. Dementsprechend erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) für 1996 keine Verluste als Werbungskosten an, für 1997 lediglich Verluste in Höhe von 2,4 Mio. DM (Einkommensteuerbescheide vom ). Für 1998 erkannte das FA einen Verlust in Höhe von 773 826 DM (Einkommensteueränderungsbescheid vom ) an. Da sich für 1998 ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte ergab, erließ das FA am und geändert am einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs für die Einkommensteuer zum . Außerdem trug es Verluste aus 1998 mit Einkommensteueränderungsbescheiden vom nach § 10d Abs. 1 EStG zurück und setzte die Einkommensteuer für 1996 und 1997 jeweils auf 0 DM fest.

Mit seinem Einspruch begehrte der Kläger, die Verluste erklärungsgemäß bei der Einkommensteuer 1996 und 1997 zu berücksichtigen und beantragte, die verbleibenden Verlustabzüge zum und 1997 gesondert festzustellen. Gegen den ablehnenden Bescheid über die gesonderten Feststellungen (Bescheid vom ) legte er ebenfalls Einspruch ein. Seine Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998 nahm der Kläger wegen fehlender Beschwer wieder zurück. Die Einsprüche wegen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom ).

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1517 veröffentlichtem Urteil ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom sowie der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Verluste aus stiller Beteiligung von 16 061 183 DM in 1996 und von 28 639 827 DM in 1997 gesondert festzustellen sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum vom und die Einspruchsentscheidung vom insoweit zu ändern, dass der Verlust aus 1998 um Verlustanteile aus stillen Beteiligungen in Höhe von 8 004 093 DM erhöht wird,

hilfsweise das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom und der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung der Verluste aus stiller Beteiligung von 16 061 183 DM gesondert festzustellen sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum vom und die Einspruchsentscheidung vom insofern zu ändern, dass der Verlust aus 1998 um Verlustanteile aus stillen Beteiligungen von 28 639 827 DM erhöht wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Senat hält an seinen bereits im Aussetzungsverfahren mit Beschluss vom VIII B 90/02 (BFH/NV 2002, 1577) ausgeführten rechtlichen Erwägungen unverändert fest.

1. Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sinngemäß auf die aus einer typisch stillen Beteiligung fließenden Einkünfte aus Kapitalvermögen anzuwenden ist, darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer KG nicht mit anderen Einkünften des Kommanditisten ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Das ist, wie sich aus Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift ergibt, dann der Fall, wenn der Verlustanteil die „geleistete Einlage” übersteigt; denn diese Einlage bestimmt das positive Kapitalkonto des Kommanditisten. Ein hiernach nicht berücksichtigungsfähiger sog. verrechenbarer Verlust, der nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist —diese Bescheide sind Gegenstand des vorliegenden Verfahrens— mindert gemäß § 15a Abs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind.

a) Die Kommanditeinlage ist i.S. von § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG „geleistet”, wenn sie tatsächlich erbracht worden ist. In Anknüpfung an die in § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) getroffene Regelung ist der ausgleichsfähige Verlust in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich auf die zum maßgebenden Bilanzstichtag tatsächlich bereits geleistete Einlage im Sinne eines Zuflusses von Werten in das Gesellschaftsvermögen beschränkt (, BFH/NV 2005, 533; ferner zur Rechtsprechung und zum überwiegend insoweit zustimmenden Schrifttum Geuenich, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1998, 57, 60, m.w.N.; ferner Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz F 170, m.w.N.).

Die im Innenverhältnis gegenüber der KG bestehende Einlageverpflichtung, die „ausstehende Einlage” des Kommanditisten oder eine entsprechende sonstige Forderung der Gesellschaft gegenüber dem betreffenden Gesellschafter, reicht hierfür nicht aus (, BFHE 182, 26; , BFH/NV 2003, 894). Dies gilt entsprechend für die Einlage eines atypisch stillen Gesellschafters (, BFHE 196, 103, BStBl II 2002, 339) und ebenso eines BGB-Innengesellschafters (, BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464, mit Anmerkung von HG, DStR 2002, 1089).

Die Leistung einer Einlage durch den typisch stillen Gesellschafter ist nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Dem Gesellschaftsvermögen muss etwas von außen zugeflossen sein, was den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert und dadurch das „Kapitalkonto” beeinflusst.

Der Senat kann hinsichtlich der Streitjahre 1996 bis 1998 offenlassen, ob sich aufgrund der durch das Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom (BGBl I 2000, 154) neu eingeführten Vorschrift des § 264c HGB, die nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) grundsätzlich erst für Jahresabschlüsse für nach dem beginnende Geschäftsjahre anzuwenden ist, entsprechend der klägerischen Auffassung eine dahingehende abweichende steuerrechtliche Würdigung in Betracht zu ziehen sein könnte, dass bereits die als Forderung zu aktivierende „bedungene” Einlage nunmehr auch die Höhe des „Kapitalkontos” des stillen Gesellschafters und damit das Verlustausgleichsvolumen mitbestimmt. Die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG angeordnete nur sinngemäße Anwendung des § 15a EStG müsste auch in diesem Fall das die Überschussrechnung konstituierende Abflussprinzip nach § 11 Abs. 2 EStG berücksichtigen, wonach der dem stillen Gesellschafter über den Betrag seiner tatsächlich geleisteten Einlage hinaus zugewiesene Verlustanteil gleichwohl nicht zu einem Abfluss von Werbungskosten führen kann (ausführlich Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 153, 165 und 171 bis 171 b).

b) Da nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Regelung in § 15a EStG nur sinngemäß anzuwenden ist und zwangsläufig auch nur sinngemäß —mangels einer Steuerbilanz und eines danach auszuweisenden Kapitalkontos, wie es bei einer unmittelbaren Anwendung des § 15a EStG vorausgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 533)— anwendbar ist, muss die Berechnung des Kapitalkontos einer stillen Gesellschaft soweit wie möglich der Berechnung des Kapitalkontos bei einer Gesellschaft mit gewerblichen Einkünften angeglichen werden (vgl. auch Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 155). Maßgebend kann nicht das sich aus einer Steuerbilanz abzuleitende Kapitalkonto sein. Vielmehr ist das „Kapitalkonto” jedes Gesellschafters eigenständig zu ermitteln, wobei von den von den einzelnen Gesellschaftern geleisteten Einlagen auszugehen ist. Diese Einlagen sind um spätere Einlagen sowie um positive Einkünfte der Vorjahre zu erhöhen und um Entnahmen und negative Einkünfte des Vorjahres zu vermindern (vgl. auch , BFHE 181, 462, BStBl II 1997, 250). Nach der Rechtsprechung bleibt es den Gesellschaftern überlassen, in welcher Form sie das negative Einlagenkonto für steuerliche Zwecke führen, z.B. als Verlustsonderkonto oder entsprechend seinem Charakter formlos als „Merkposten” (vgl. , BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858; kritisch Kuck, DStR 2003, 235; grundsätzlich ablehnend Groh, Der Betrieb —DB— 2004, 668).

Für den stillen Gesellschafter ist ein negatives Einlagenkonto zu bilden und der darauf ausgewiesene Verlust jährlich zum Bilanzstichtag als verrechenbarer Verlust gesondert festzustellen (BFH-Urteil in BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858).

c) Soweit die Einlage nicht in bar in das Gesellschaftsvermögen geleistet worden ist, fehlt es an einem Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG. Die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber Drittgläubigern erfüllt diese Voraussetzung nicht; denn die GmbH ist insoweit zu den maßgebenden Bilanzstichtagen noch nicht endgültig von ihren Verbindlichkeiten befreit gewesen. Es fehlten nämlich zu diesem Zeitpunkt noch die zivilrechtlich nach § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) notwendigen Genehmigungen der Gläubiger. Bis zu deren Erteilung lagen lediglich im Innenverhältnis zur GmbH wirksame Erfüllungsübernahmen i.S. von § 415 Abs. 3 i.V.m. § 329 BGB bzw. Schuldbeitritte nach § 328 BGB vor. Eine erst in späteren, nach den Streitjahren liegenden Kalenderjahren erteilte Genehmigung wirkt zwar zivilrechtlich zurück (vgl. § 184 Abs. 1 BGB), indes entfaltet sie steuerrechtlich erst im Zeitpunkt ihrer Erteilung Wirkung (, BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10). Knüpft das Steuerrecht —wie in § 15a EStG— die Rechtsfolge mit der Veränderung des Kapitalkontos an den bilanzrechtlichen Vermögensvergleich an, so kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse am jeweiligen Bilanzstichtag an (, BFHE 166, 21, BStBl II 1992, 479).

Zu den hier maßgebenden Bilanzstichtagen hat die GmbH jedoch noch ihre Darlehensverbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern zu passivieren. Eine Vermögensmehrung konnte bei ihr noch nicht endgültig eingetreten sein. Bis zur Erteilung der Genehmigungen konnten die Vertragspartner die Schuldübernahme noch jederzeit ändern oder aufheben. Sie war zudem unwirksam, sofern die Gläubiger eine Genehmigung verweigerten (§ 415 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 BGB).

d) Die Schuldübernahmen führen auch nicht zu einem „erweiterten Verlustausgleich”. § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG sehen eine derartige Erweiterung ausdrücklich nur für Kommanditisten unter den dort genannten Voraussetzungen vor. Die Regelung betrifft nämlich eine weiter gehende Haftung im Außenverhältnis (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 533). Hingegen greift die Regelung nicht für schuldrechtliche Innen- und Außenverpflichtungen von bloßen Innengesellschaften —wie einer typisch stillen Gesellschaft— ein. Hier ist der Verlustausgleich auf den Umfang der „geleisteten Einlage” beschränkt (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464; ferner BFH-Urteile in BFHE 196, 103, BStBl II 2002, 339; vom VIII R 33/01, BFHE 202, 152, BStBl II 2003, 705).

Deshalb ist es unerheblich, dass sich der stille Gesellschafter über die Treuhänder gegenüber der GmbH verpflichtet hat, bis zur Umschreibung der Darlehen durch die Gläubiger deren Risiken und Pflichten aus den Darlehensverträgen zu übernehmen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Gläubiger an den jeweiligen Bilanzstichtagen die (Mit-)Verpflichtung des stillen Gesellschafters kannten.

2. Danach sind die in den Streitjahren auf den Kläger entfallenden Verluste der GmbH nur in Höhe der in den Jahren 1996 und 1997 geleisteten Bareinlagen ausgleichsfähig und durften jeweils erst im Folgejahr als Werbungskosten bis zu dieser Höhe steuermindernd bei dessen Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

a) Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerlich erst dann als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn auf der Ebene der Gesellschaft ein dem stillen Gesellschafter anteilig zuzurechnender Verlust entstanden ist und der Verlustanteil bei dem stillen Gesellschafter zu Werbungskosten geführt hat. Erforderlich ist hierfür, dass der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet worden ist (grundlegend , BFHE 151, 434, BStBl II 1988, 186; bestätigt im BFH-Urteil in BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858; ferner , BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755; vom III R 33/96, BFH/NV 2001, 415).

Die von der Rechtsprechung zugelassene Ausnahme einer Schätzung eines laufenden Verlustes durch das FA (vgl. dazu , BFH/NV 2007, 1118, m.w.N.) liegt im Streitfall erkennbar nicht vor.

Im Regelfall muss der Verlustanteil außerdem noch von der Einlage des stillen Gesellschafters abgebucht worden sein (, BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724; bestätigt durch , BFH/NV 1998, 300, sowie in BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858, dort auch zur Ausnahme, wenn durch den Verlustanteil ein negatives Einlagenkonto entsteht).

Die darüber hinausgehenden Verluste sind lediglich als verrechenbare Verluste i.S. von § 15a Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 EStG gesondert festzustellen.

b) Soweit der erkennende Senat im Urteil in BFHE 151, 434, BStBl II 1988, 186 angemerkt hat, mangels einer zur Frage des Verrechnungszeitpunktes getroffenen ausdrücklichen Vereinbarung gälten die Vorschriften des BGB und des HGB, entnimmt der Kläger dieser Formulierung zu Unrecht die Möglichkeit einer durch Vereinbarung zeitlich vorzuverlagernden Verlustzurechnung. Maßgebend sind für den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten. Eine Verrechnung des Verlustes ist indes frühestens nach der Feststellung des Jahresabschlusses zulässig und kann auch nicht zeitlich früher als Werbungskosten in Gestalt der Verminderung der („geleisteten”) Einlage abfließen.

Den Gesellschaftern steht es freilich frei, einen abweichenden späteren Fälligkeitszeitpunkt zu vereinbaren (dazu , EFG 1993, 710, rechtskräftig, dort erst bei Beendigung der stillen Gesellschaft; ebenfalls Birk/Kister in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, EStG und KStG, § 11 EStG Rz 130 „stille Gesellschaft”).

Deshalb ist auch nicht der Zeitpunkt entscheidend, für den der Jahresabschluss erstellt wird, sondern der Zeitpunkt, in welchem dies tatsächlich geschieht (so Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 207). Erst in diesem Zeitpunkt verliert der stille Gesellschafter auch seine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einlage infolge Abbuchung des Verlustes von seinem Einlagekonto; bei einer eventuellen Auseinandersetzung könnte er lediglich noch das Restguthaben beanspruchen (vgl. Stuhrmann in Blümich, § 20 EStG Rz 226; Harenberg in HHR, § 20 Rz 418; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 20 EStG Rz 526; Seemann in Frotscher, 6. Aufl., § 20 EStG Rz 107).

3. Danach ist weder der Haupt- noch der Hilfsantrag begründet.

a) Mit dem Hauptantrag begehrt der Kläger, die auf ihn entfallenden anteiligen Verluste für die einzelnen Streitjahre bereits auch für diese Jahre in Höhe nicht nur der geleisteten, sondern auch der vereinbarten Einlage gesondert festzustellen.

b) Mit dem Hilfsantrag begehrt der Kläger die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs aus 1996 und 1997 jeweils erst in dem Folgejahr 1997 und 1998 nach Feststellung der Jahresabschlüsse durch die GmbH und der Berechnung der Verlustanteile für den stillen Gesellschafter.

Beide Anträge scheitern indes bereits daran, dass für den Verlustabzug ausschließlich auf die geleistete Einlage abzustellen ist und ein Abzug lediglich bis zu dieser Höhe im jeweiligen Folgejahr nach Feststellung des Jahresabschlusses und der Berechnung des Verlustanteils steuerrechtlich in Betracht kommt.

Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 126
BB 2008 S. 374 Nr. 8
BStBl II 2008 S. 126 Nr. 4
DStRE 2008 S. 131 Nr. 2
DStZ 2008 S. 201 Nr. 7
DStZ 2008 S. 92 Nr. 4
EStB 2008 S. 43 Nr. 2
FR 2008 S. 320 Nr. 7
GStB 2008 S. 10 Nr. 3
GmbH-StB 2008 S. 66 Nr. 3
GmbHR 2008 S. 157 Nr. 3
HFR 2008 S. 134 Nr. 2
KÖSDI 2008 S. 15853 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2008 S. 125
SJ 2008 S. 4 Nr. 2
StB 2008 S. 3 Nr. 1
StBW 2008 S. 3 Nr. 1
StBp. 2010 S. 142 Nr. 5
StC 2008 S. 8 Nr. 3
StuB-Bilanzreport Nr. 1/2008 S. 36
WPg 2008 S. 257 Nr. 6
ZAAAC-66243