BFH Beschluss v. - VIII S 3/07 (PKH)

Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes i.S. des § 17 EStG; keine Revisionszulassung wegen materieller Fehler

Gesetze: EStG § 17 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Im Streitfall fehlt es an der hinreichenden Aussicht auf Erfolg für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Denn mit der Beschwerde kann die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur erreicht werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert, oder wenn ein Verfahrensfehler des Finanzgerichts (FG) geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Weder aus dem Vorbringen des Klägers und Antragstellers (Antragsteller) noch aus der Entscheidung des FG oder dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen von Zulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.

a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die Frage des Zeitpunkts der Entstehung eines Auflösungsverlustes i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die Anwendung der Wertaufhellungstheorie keine grundsätzliche Bedeutung. Es entspricht ständiger BFH-Rechtsprechung, dass ein Auflösungsverlust i.S. des § 17 EStG voraussetzt, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen kann und dass feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden (vgl. , BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286, m.w.N.). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind diese Voraussetzungen gerade im Falle der Auflösung mit anschließender Liquidation häufig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt; nur wenn diese mangels Masse nicht stattfindet, ist der auf einen Zeitpunkt zu ermittelnde Auflösungsverlust bereits bei Ablehnung des Antrags auf Konkurs- oder Insolvenzeröffnung entstanden (, BFH/NV 1996, 406). Von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Liquidationszeitpunktes für die Entstehung eines Auflösungsverlustes ist lediglich dann abzuweichen, wenn die Auskehrung von weiterem Vermögen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, z.B. bei Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens mangels Masse (BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 406), bei eindeutiger Vermögenslosigkeit im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses (, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344) oder wenn der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Vermögensverteilung nach § 72 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nicht mehr rechnen konnte (, BFH/NV 2001, 761).

Im Streitfall macht der Antragsteller keine neuen Gesichtspunkte geltend, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Problematik durch den BFH erforderlich machen könnten. Im Übrigen muss sich der Antragsteller entgegenhalten lassen, dass nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, ein Auflösungsverlust schon deshalb nicht im Jahr 1998 berücksichtigt werden könnte, weil im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses die Höhe der dem Antragsteller für seine Beteiligung entstandenen nachträglichen Anschaffungskosten noch nicht feststand, weil er aus seiner gegenüber der R-Bank zu Gunsten der X eingegangenen Bürgschaft erst im Januar 1999 in Anspruch genommen wurde, die Höhe der nachträglich entstandenen Anschaffungskosten also frühestens 1999 —nicht aber 1998— feststand.

b) Mit der Rüge, das FG habe durch Nichterhebung angebotener Beweise seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verletzt, macht der Antragsteller zwar einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend. Den Anforderungen der Vorschrift genügt sein Vorbringen aber nicht. Da § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung der Prozessbeteiligte —ausdrücklich oder durch Unterlassen der Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO), muss vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb die Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom I B 19-21/94, BFH/NV 1995, 441; vom X B 124/94, BFH/NV 1995, 238).

Dem genügt der Vortrag des Antragstellers indes nicht. Im Übrigen würde es darauf nach den bindenden Feststellungen des FG, die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten hätte frühestens 1999 festgestanden, auch nicht ankommen.

c) Der Antragsteller wendet sich mit seinem Vorbringen im Ergebnis gegen die Rechtsauffassung des FG zum Zeitpunkt des Auflösungsverlustes nach § 17 Abs. 4 EStG. Darin liegt jedoch nicht die Geltendmachung von Zulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 FGO, sondern die Rüge falscher materieller Rechtsanwendung, die nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70).

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 242 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Fundstelle(n):
GAAAC-66232