Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit, solange die Zulassung des Fahrzeugs verkehrsrechtlich auf den Schuldner noch andauert
Leitsatz
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist Masseverbindlichkeit i. S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten des Fahrzeugs führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse, an der sich durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts ändert. Der Insolvenzverwalter ist vielmehr gehalten, eine verkehrsrechtlich vorgeschriebene Anzeige oder Mitteilung abzugeben.
Gesetze: KraftStG § 5, KraftStG § 7, InsO § 55
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Für die X-GmbH (im Folgenden: GmbH) waren vier Kraftfahrzeuge (drei Personenkraftfahrzeuge und ein LKW) zugelassen. Über das Vermögen der GmbH wurde mit das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zum Insolvenzverwalter ernannt. Die Fahrzeuge wurden im November und Dezember 2005 um- oder abgemeldet. Bereits zuvor, am , erklärte der Kläger der GmbH gegenüber die Freigabe der Fahrzeuge aus der Masse.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) setzte in Änderungsbescheiden vom und die Kraftfahrzeugsteuer für jedes Fahrzeug für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis einen Tag vor dem von der Straßenverkehrsbehörde mitgeteilten Datum der Ab- oder Ummeldung fest.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage vertrat der Kläger die Auffassung, die Fahrzeuge hätten aufgrund seiner Freigabeerklärung nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1267, veröffentlichten Urteil statt und setzte die Kraftfahrzeugsteuer jeweils abweichend für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Ablauf des (Freigabe) fest.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 7 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) stützt.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision abzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Entgegen der Auffassung des FG war das FA berechtigt, den Kläger auch für die in dem Zeitraum über die Freigabe hinaus bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung oder Ummeldung der Fahrzeuge entstandene Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch zu nehmen.
1. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bei —wie hier— inländischen Fahrzeugen, solange sie zum Verkehr zugelassen sind, wobei die GmbH als die Person, für die die Fahrzeuge zum Verkehr zugelassen sind, Steuerschuldnerin ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).
Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse unbeschadet einer Freigabe der Fahrzeuge bezahlen, bis die Fahrzeuge verkehrsrechtlich ab- oder umgemeldet werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert; denn dem Gesetz ist die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Ummeldung oder Außerbetriebssetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt „im Geschäft” des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse (, und vom II 190/52 U, BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), an der sich durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts ändert. Der Insolvenzverwalter ist vielmehr gehalten, eine verkehrsrechtlich vorgeschriebene Anzeige oder Mitteilung abzugeben (vgl. im Einzelnen das , unter III. 2. b dd (3) a.E.).
2. Da das angefochtene Urteil diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Zutreffend hat das FA die Kraftfahrzeugsteuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG bis zur verkehrsrechtlichen Ab- oder Ummeldung der Fahrzeuge (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 5 KraftStG) festgesetzt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HFR 2008 S. 170 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2008 S. 14
ZIP 2008 S. 283 Nr. 6
NAAAC-65395