Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Betriebs von Wohnheimen für Asylbewerber, Aussiedler und Zuwanderer
Leitsatz
Für die Frage, ob eine Gebrauchsüberlassung i. S. des § 4 Nr. 12 UStG vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände anzustellen, unter denen der Umsatz erfolgt. Eine solche Gebrauchsüberlassung kann bei Vorliegen einer Vertragsgestaltung mit einander widersprechenden (gegenläufigen) Rechtsfolgen zu verneinen sein - hier: Betrieb von Wohnheimen für Asylbewerber, Aussiedler und Zuwanderer durch Personengesellschaft in von Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellten Gebäuden -.
Gesetze: UStG § 4 Nr. 12, Richtlinie 388/77/EWG Art. 13
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine 1991 von H und N gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschaftsgegenstand ist der Betrieb von Wohnheimen für Asylbewerber, Aussiedler und Zuwanderer.
In den Streitjahren 1996 bis 1998 betrieb die Klägerin mehrere Wohnheime, zum Teil in eigenen oder von Dritten angemieteten Gebäuden, zum Teil aber auch in Gebäuden, die ihr von den Gebietskörperschaften, die zur Unterbringung von Aussiedlern und Asylbewerbern verpflichtet sind, teils entgeltlich, teils unentgeltlich zum Betrieb der Heime zur Verfügung gestellt wurden. Für sämtliche Umsätze beanspruchte sie in den Steuererklärungen für die Streitjahre die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Dem schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) zunächst an, auch soweit die Klägerin die Wohnheime in den ihr von den Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellten Gebäuden betrieb.
Dem Betrieb dieser Heime liegen die folgenden Vertragsgestaltungen zugrunde:
A-Stadt:
Aufgrund des Vertrages zwischen dem Ministerium für Gesundheit und Soziales (Nutzer) und der Klägerin vom verpflichtete sich die Klägerin, für das Land in der ihr mietfrei für die Laufzeit des Vertrages zur Verfügung gestellten ehemaligen Kaserne in A-Stadt eine Gemeinschaftsunterkunft mit einer Bettenkapazität von mindestens 600 Plätzen für Asylbewerber zu betreiben (§ 1). Das Land sicherte der Klägerin eine 80%ige Mindestbelegung zu, die zu den in § 8 genannten Leistungssätzen (28,75 DM pro Person und Tag) vergütet wird. Den Tagessatz erhielt die Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Dauer der Abwesenheit einer Person. Die Klägerin verpflichtete sich, zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen die personelle Ausstattung so zu wählen, dass ein reibungsloser Betrieb der Einrichtung gewährleistet ist und auch Urlaubs- und Krankheitsfälle abgedeckt sind (§ 2), sowie zur Einarbeitung und Schulung des vorgesehenen Personals und zur Errichtung einer ausreichenden Anzahl von Nasszellen und Sanitäreinrichtungen und deren fortlaufenden Instandhaltung. Sie hatte auch für eine genau beschriebene Mindestausstattung zu sorgen, musste die regelmäßige Gebäudereinigung durchführen, Bettwäsche im Regelfall zweiwöchentlich, im besonderen Bedarfsfall eher wechseln, sowie die von den untergebrachten Personen anfallende Wäsche in der zur Einrichtung gehörenden Wäscherei waschen (§ 3). Außerdem übernahm sie sämtliche Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich des ihr überlassenen Geländes und alle sonstigen Pflichten, die sich hierauf beziehen.
Anders als in den folgenden Verträgen verpflichtete sich die Klägerin zusätzlich zur Gewährung von Gemeinschaftsverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen).
B-Stadt:
Nach dem Vertrag vom mit dem Landkreis (Nutzer) verpflichtete sich die Klägerin zur Unterbringung von Aussiedlern für den Landkreis in der ehemaligen Kaserne in B-Stadt für 200 Plätze; sie musste die Einrichtung so herrichten, dass sie für Selbstverpflegung der untergebrachten Personen geeignet ist (Gemeinschaftskochstelle nebst den erforderlichen Küchen- und Kühlschränken). Pro Person und Tag erhielt die Klägerin 17 DM. Der Vertrag war für fünf Jahre abgeschlossen und verlängerte sich jeweils um drei Jahre.
Im Übrigen gleicht der Inhalt des Vertrages dem des über das Objekt A-Stadt geschlossenen Vertrages. Zusätzlich vereinbarte die Klägerin am mit der Kreisverwaltung einen mietzinsfreien „Mietvertrag” über das Grundstück „C-Stadt”, beginnend zum .
C-Stadt:
Mit Betreibervertrag vom verpflichtete sich die Klägerin, eine Kapazität von insgesamt 105 Plätzen in dem gleichzeitig vom Landkreis zu diesem Zweck gemieteten Gebäude (Miete 5 280 DM) zur Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Die von der GbR zu erbringenden Leistungen gleichen den nach den Bestimmungen der anderen Betreiberverträge. Die Klägerin erhielt 19,91 DM pro Person und Tag (§ 4).
D-Stadt:
Aufgrund des Betreibervertrages mit dem Landkreis vom verpflichtete sich die Klägerin, in dem Objekt D-Stadt (ehemalige Kaserne) insgesamt 130 Plätze zur Unterbringung von Aussiedlern zu stellen und erhielt dafür 17 DM pro Person und Tag. Für diesen Zweck erhielt sie aufgrund des Vertrages vom vom Landkreis das Grundstück „D-Stadt” mietzinsfrei zur Verfügung. Auch dieser Vertrag entspricht im Übrigen den anderen Betreiberverträgen.
E-Stadt:
Mit „Überleitungsvertrag” vom trat die Klägerin in einen zwischen einem „Altbetreiber” und dem Land bestehenden Vertrag ein und übernahm zugleich die Verpflichtungen aus dem zwischen dem Land und dem Bundesvermögensamt geschlossenen Mietvertrag mit Ausnahme der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses (§ 13 des Überleitungsvertrages).
Aufgrund des Betreibervertrages vom verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Stadt, eine Kapazität von 300 Plätzen zur Verfügung zu stellen und erhielt dafür 23,54 DM pro Tag und Person. Im Übrigen gleichen die Bestimmungen dieses Vertrages den übrigen Verträgen.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA hinsichtlich dieser Wohnheime die Auffassung, die Klägerin habe keine Vermietungsleistungen erbracht. Vielmehr habe sie den betreffenden Körperschaften gegenüber die Unterbringung und Betreuung der zugewiesenen Heimbewohner übernommen.
Das FA änderte aufgrund der Feststellungen der Prüfung unter Berücksichtigung entsprechender Vorsteuerbeträge die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide für 1996 bis 1998.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte das FA. Das Urteil ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” 2006, 224 veröffentlicht. Das FG führte im Wesentlichen aus, Leistungen, die im Vergleich zur Grundstücksvermietung nebensächlich seien, mit ihr eng zusammenhängen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen, seien als Nebenleistungen wie die Vermietung steuerfrei, sofern keine kurzfristige Beherbergung vorliege. Trete umgekehrt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen Leistungen soweit zurück, dass sie von den anderen, wesentlicheren Leistungen überdeckt werde, so komme die Steuerbefreiung auch nicht teilweise in Betracht. Dazwischen lägen Fälle, bei denen keine der Leistungen hinter der anderen zurücktrete; in diesen Fällen sei das Entgelt auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und die übrigen steuerpflichtigen Leistungen aufzuteilen.
Keine der genannten Fallgruppen komme in Betracht. Den Leistungen der Klägerin an die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die sich auf diese Weise ihrer Pflichtaufgaben nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz, Neufassung vom , BGBl I, 829) und dem Asylverfahrensgesetz (Neufassung vom , BGBl I, 1361) entledigten, fehle das wesentliche Element einer Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, die Überlassung des Grundstücksgebrauchs. Der Klägerin seien —mit Ausnahme des Objekts C-Stadt— die Grundstücke für den Betrieb eines Heimes zur Unterbringung von Asylbewerbern und Aussiedlern jeweils mietzinsfrei überlassen worden. Die Vorstellung, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften diese ihnen zustehende Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke der Klägerin mietzinsfrei überlasse, um sie im Wege einer Vermietung oder Verpachtung wieder zurückzuerlangen, sei „nicht einsichtig"; daran änderten auch die Investitionen der Klägerin in die Gebäude nichts, denn diese seien —ebenso wie die in einem Fall vereinbarte Miete— bei der Bemessung der Tagessätze berücksichtigt worden. Dies belege beispielhaft der Vertrag B-Stadt, bei dem der Unterbringungssatz auf einer kalkulierten Investitionssumme von 5,0 Mio. DM —tatsächlich nur 4,2 Mio. DM— beruhe. Die Heimbewohner erhielten im Rahmen hoheitlicher Daseinsvorsorge Unterbringung, Versorgung und Betreuung durch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Diese Leistungen habe die Klägerin in den Betreiberverträgen übernommen. Diese Geschäftsbesorgung in Gestalt der Heimbetriebsleistung sei unter keinem Gesichtspunkt umsatzsteuerfrei.
Eine Aufteilung in umsatzsteuerfreie und umsatzsteuerpflichtige Leistungen komme nicht in Betracht, denn anders als in dem im (BFHE 173, 454, BStBl II 1994, 585) entschiedenen Fall habe die Klägerin nicht ihr eigenes Gebäude zur Verfügung gestellt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Sie trägt im Wesentlichen vor, sie habe die überlassenen Kasernengebäude, deren Einrichtungsstandard der Vorkriegszeit entsprochen habe, mit hohen Investitionen —4,2 Mio. DM: A-Stadt, 2,5 Mio. DM: E-Stadt und 800 000 DM: B-Stadt bzw. 600 000 DM: D-Stadt—, die sämtliche Gewerke betroffen hätten, erst in einen dem Zweck entsprechenden Zustand renovieren müssen. Sie habe deshalb ein „Aliud” zurückvermietet. Der Begriff der Vermietung richte sich nach bürgerlichem Recht und umfasse auch eine Rückvermietung. Das FG sei insoweit —rechtlich unzutreffend— davon ausgegangen, die Voraussetzungen einer Vermietung lägen schon zivilrechtlich nicht vor. Ohne Bedeutung sei der Zusammenhang von „Miete” und Betreibervertrag mit den Körperschaften. Auch der Betrieb der Heime setzt zunächst die Gebrauchsüberlassung der Liegenschaften voraus. Sie, die Klägerin, habe —u.a. auch mit den Mietereinbauten— das typische Vermieterrisiko (Verzinsung des eingesetzten Kapitals) getragen. Das FG habe nicht erläutert, welche sonstigen Leistungen sie erbracht habe. Insbesondere habe sie nicht die Betreuung und Versorgung der Heimbewohner übernommen. Dies gelte auch für das Heim A-Stadt, denn die Verpflegungsverpflichtung sei tatsächlich nicht ausgeführt worden.
Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG lägen nicht vor, denn sie habe langfristig an die Körperschaften vermietet. Bemessungsgrundlage für die steuerfreien Leistungen sei das gesamte Entgelt, denn die Verpflichtung zur Mindestausstattung wie die Gestellung von Bettwäsche und deren regelmäßiger Wechsel seien —ebenso wie Unterhaltung und Wartung der Einrichtungsgegenstände— typische Nebenleistungen. Hilfsweise seien die Leistungen aufzuteilen.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 1996 bis 1998 auf 0 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist im Ergebnis unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die Würdigung des FG, bei den streitigen Leistungen der Klägerin handele es sich nicht um Vermietungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG fallenden Umsätzen sind steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG (u.a.) „die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken”. Die Vorschrift ist richtlinienkonform auszulegen.
Nach Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. l und Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom —MwStSystRL—) „befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer
... b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme
1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung von Ferienlagern oder auf als Campingplätzen erschlossenen Grundstücken,
...”
Da Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf die nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verweist, ist —entgegen der Auffassung der Klägerin— die zivilrechtliche Einordnung als Mietvertrag nicht entscheidend. Das grundlegende Merkmal einer Vermietung besteht vielmehr darin, dass dem „Mieter” auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, einen Gegenstand so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften —EuGH—, Urteile vom Rs. C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2003, 348, BFH/NV Beilage 2003, 216; vom Rs. C-150/99, Stockholm Lindöpark AB, Slg. 2001, I-493, UR 2001, 153, BFH/NV Beilage 2001, 44 zu Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG; , BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658; , BFH/NV 2004, 1301, jeweils zu § 4 Nr. 12 UStG).
2. Die Würdigung des FG, bei den streitigen Leistungen der Klägerin handele es sich nicht um Vermietungsleistungen i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das FG geht bei seiner Entscheidung nicht —wie die Klägerin meint— von einem unzutreffenden zivilrechtlichen Vermietungsbegriff aus. Es nimmt vielmehr an, dass bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände die Zahlungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht für eine Nutzungsüberlassung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, sondern als Entgelt für die Verpflichtung der Klägerin gegenüber den betreffenden Körperschaften bezahlt wurde, die zur Unterbringung von Asylbewerbern und Aussiedlern vorgesehenen Gebäude für diesen Zweck herzurichten und den laufenden Betrieb dieser Heime zu übernehmen und zu gewährleisten.
Es hat dies damit begründet, sie habe mit den betreffenden Körperschaften —zum Teil im Zusammenhang mit den „Mietverträgen”, zum Teil auch bereits vor der „Anmietung” der Gebäude— die Betreiberverträge geschlossen. Bei der Berechnung der Entgelte für die Heimbetreiberleistung in Form der Tagessätze seien die Investitionskosten berücksichtigt worden. Die Vorstellung, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften die ihnen zustehende Nutzungsmöglichkeit der Klägerin mietzinsfrei überlasse, um sie im Wege einer Vermietung und Verpachtung wieder zurückzuerlangen, sei nicht einsichtig. Bestätigt werde die Überlegung, dass der wesentliche Gehalt der Leistungen der Klägerin nicht die entgeltliche Überlassung von Wohnräumen, sondern die Einrichtung und der Betrieb der jeweiligen Asylanten- und Aussiedlerheime sei, wenn man unter Berücksichtigung von Tagessatz und —entsprechend den Angaben der Klägerin— einer Wohnfläche pro Heimbewohner von 5 bis 8 qm einen gedachten Mietzins errechne; es sei nicht anzunehmen, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften sittenwidrige Mietverträge mit Quadratmeterpreisen zwischen 63 DM und 107 DM abschlössen.
b) Der BFH ist an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, wenn —wie hier— in Bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Zu den der Bindung unterliegenden Feststellungen gehören auch die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art. Die Bindung entfällt nur dann, wenn die Folgerungen mit den Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen unvereinbar sind. Die Gesamtwürdigung durch das FG bindet das Revisionsgericht selbst dann, wenn sie nicht zwingend ist; sie muss nur möglich sein (z.B. Senatsurteil vom V R 54/97, BFHE 185, 351, BStBl II 1998, 466, m.w.N.).
c) Legt man diesen Prüfungsmaßstab zugrunde, so ist die Annahme des FG, die Leistungen der Klägerin erfüllten nicht die Merkmale einer Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, nicht zu beanstanden.
Sie wird —entgegen der Auffassung der Klägerin— nicht deshalb in Frage gestellt, weil das FG bei der Berechnung der Quadratmeterpreise die Gemeinschafts- und Sanitärräume nicht berücksichtigt hat; denn das FG hat insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei dieser überschlägigen Kontrollüberlegung diese Flächen nicht berücksichtigt hat. Gleiches gilt für den Einwand der Klägerin, sie habe nicht auch die den Körperschaften des öffentlichen Rechts obliegenden umfassenden Betreuungs- und Versorgungsleistungen der Heimbewohner übernommen, denn sie habe sich mit Ausnahme des Heimes in A-Stadt nicht zur Verpflegung der Heimbewohner verpflichtet und im Übrigen auch im Falle A-Stadt tatsächlich die Heimbewohner nicht verpflegt und auch sonst die Heimbewohner nicht betreut. Aus dem FG-Urteil ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass das FG andere als die von der Klägerin in den Betreiberverträgen übernommenen Leistungen (zur sachlichen und personellen Ausstattung des Heimes, der Einarbeitung und Schulung des dafür vorgesehenen Personals, den vereinbarten Reinigungs- und Wäschereileistungen) in seine Abwägung einbezogen hat.
d) Zu Recht weist die Klägerin zwar darauf hin, dass die „Rücküberlassung” von Räumen an deren Eigentümer weder die Annahme einer Vermietung i.S. des bürgerlichen Rechts noch die Annahme einer Vermietungsleistung i.S. von § 4 Nr. 12 UStG schlechthin ausschließt. Umsatzsteuerrechtlich ist grundsätzlich unerheblich, welche tatsächliche oder rechtliche Position dem Leistenden eine Gebrauchsüberlassung im vorgenannten Sinn ermöglicht. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Annahme einer Vermietungsleistung i.S. des § 4 Nr. 12 UStG deswegen abzulehnen ist, weil es sich entweder um eine Vertragsgestaltung mit einander widersprechenden —gegenläufigen— Rechtsfolgen handelt (vgl. , BFH/NV 2007, 308, Sparkassenmodell; zu im Rahmen eines Vertragsgeflechts abgegebenen Willenserklärungen mit einander widersprechenden —gegenläufigen— Rechtsfolgen ausführlich z.B. , BFHE 153, 46, BStBl II 1988, 629; vom X R 54/99, BFH/NV 2005, 677), oder weil bei einer Gesamtwürdigung der rechtlichen und tatsächlichen Umstände der Umsatz nicht als Vermietung im vorgenannten Sinne beurteilt werden kann. Denn für die Frage, wie ein steuerbarer Umsatz einzuordnen ist, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände anzustellen, unter denen der Umsatz erfolgt (vgl. EuGH-Urteile Sinclair Collis in Slg. 2003, I-5965, UR 2003, 348, BFH/NV Beilage 2003, 216 Randnr. 26; Stockholm Lindöpark AB in Slg. 2001, I-493 Randnr. 24 ff., UR 2001, 153 Randnr. 26). Das FG hat —wie ausgeführt revisionsrechtlich nicht zu beanstanden— bei Gesamtbetrachtung aller Umstände eine Gebrauchsüberlassung i.S. des § 4 Nr. 12 UStG verneint.
3. Zu Recht hat das FG auch entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Aufteilung der von der Klägerin erbrachten Leistungen in steuerpflichtige und steuerfreie Leistungen nicht vorliegen.
Zum einen ist zwar in der Regel jede Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden; daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (vgl. z.B. , Card Protection Plan Ltd., Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 157 Randnr. 29 ff.; BFH-Urteil in BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658, m.w.N.). Das FG geht insoweit davon aus, dass die Klägerin —anders als in dem im BFH-Urteil in BFHE 173, 454, BStBl II 1994, 585 entschiedenen Sachverhalt— in den Gebäuden der öffentlich-rechtlichen Körperschaften den Betrieb der Asylanten- und Aussiedlerheime übernommen hat und für eine Aufteilung in eine steuerfreie Vermietungs- und sonstige steuerpflichtige Leistung kein Raum ist. Das ist nicht zu beanstanden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HFR 2008 S. 158 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2008 S. 16
FAAAC-65376