Leitsatz
[1] Über den Stundungsantrag des Schuldners ist durch Beschluss zu entscheiden; eine konkludente Zurückweisung des Antrags ist nicht statthaft.
Gesetze: InsO § 4a
Instanzenzug: AG Amberg 14 IN 281/02 vom LG Amberg 31 T 24/05 vom
Gründe
I.
Der Schuldner, Inhaber des Unternehmens Fa. W. , beantragte am wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Mit Beschluss vom bestellte das Insolvenzgericht Rechtsanwalt W. zum vorläufigen Insolvenzverwalter und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Gutachtens. Am beantragte der Schuldner, ihm Verfahrenskostenstundung zu bewilligen. Mit Bericht vom legte der vorläufige Insolvenzverwalter sein Gutachten vor und stellte fest, dass das freie Vermögen des Schuldners zur Deckung der Verfahrenskosten ausreiche. Mit Beschluss vom eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Nach Ableben des bisherigen Insolvenzverwalters W. wurde mit Beschluss vom Rechtsanwalt G. als neuer Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom stellte Insolvenzverwalter G. Massearmut gemäß § 207 InsO fest und wies darauf hin, der Antrag des Schuldners auf Verfahrenskostenstundung sei noch nicht beschieden worden. Hierauf hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom den Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht den Beschluss des Insolvenzgerichts abgeändert und dem Schuldner mit Wirkung ab die Stundung der Verfahrenskosten bewilligt, im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenstundung ab Antragstellung weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 4d, 6, 7 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit zum Nachteil des Schuldners erkannt worden ist.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Zurückweisung des Antrages des Schuldners vom auf Stundung der Verfahrenskosten erfolge lediglich zur Klarstellung. Bereits mit Eröffnungsbeschluss vom habe das Insolvenzgericht festgestellt, dass das freie Vermögen des Schuldners zur Deckung der Verfahrenskosten ausreiche. Auch ohne ausdrückliche Entscheidung habe es die subjektiven Voraussetzungen des § 4a InsO als nicht gegeben angesehen und damit zugleich konkludent den Antrag auf Verfahrenskostenstundung zurückgewiesen. Im Beschwerdevorbringen des Schuldners liege zugleich ein Antrag auf Stundungsbewilligung, der ab dem Eingang des Schreibens des Insolvenzverwalters vom , mit dem er Masseunzulänglichkeit angezeigt habe, begründet sei. Eine Stundung der Verfahrenskosten für die Vergangenheit sei dagegen nicht möglich.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann bereits aus Rechtsgründen in dem Eröffnungsbeschluss vom keine konkludente Zurückweisung des Antrags auf Verfahrenskostenstundung gesehen werden.
a) Eine Stundung ist abgelehnt, wenn das Gericht einen entsprechenden Antrag des Schuldners zurückgewiesen hat (Kohte in Kohte/Ahrens/Grote, Verfahrenkostenstundung, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren, InsO 3. Aufl. § 4d Rn. 6). Die Bestimmungen zur Entscheidung des Gerichts über den Stundungsantrag (§ 4a Abs. 3 Satz 4, § 4b Abs. 2, § 4c, § 5 Abs. 2 InsO) setzen erkennbar eine ausdrückliche Entscheidung voraus. Gegen die Möglichkeit einer konkludenten Ablehnung des Stundungsantrags spricht insbesondere, dass die Wirkungen der Stundung bereits mit dem Antrag einstweilig eintreten (§ 4a Abs. 3 Satz 3 InsO). Eine konkludente Ablehnung widerspräche nicht nur in Bezug auf die Stundungswirkungen, sondern auch mit Blick auf das dem Schuldner eröffnete Rechtsmittel dem Gebot der Rechtssicherheit. Dem Schuldner steht nach § 4d Abs. 1 InsO gegen die Ablehnung der Stundung die sofortige Beschwerde zu. Im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Änderung der Insolvenzordnung war ein besonderes Rechtsmittel gegen die Versagung der Stundung noch nicht für erforderlich gehalten worden. Vielmehr wurde es für ausreichend erachtet, die Ablehnung der Stundung als Vorfrage im Rahmen von Beschwerden nach § 34 InsO gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags zu prüfen (ZIP 2000, 1688, 1689). Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist die Versagung oder Aufhebung der Stundung indessen als ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Schuldners angesehen worden, weshalb ihm ein Rechtsmittel eröffnet wurde (BT-Drucks. 14/5680, S. 13, 24). Da die Verfahrenskostenstundung für den Schuldner typischerweise von existenzieller Bedeutung ist, bedarf sie einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle (Kohte aaO, Rn. 1). Eine konkludente Ablehnung wäre hingegen für den Schuldner regelmäßig nicht erkennbar, so dass das Rechtsmittel praktisch leer liefe.
b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht auf die Ablehnung der Stundung geschlossen werden. Im Grundsatz weist das Insolvenzgericht zwar den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken (§ 26 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedingt jedoch nicht die Verneinung der Stundungsvoraussetzungen. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 InsO unterbleibt vielmehr die Abweisung, wenn die Kosten nach § 4a InsO gestundet werden. Es ist rechtlich möglich, ein Insolvenzverfahren auch ohne Entscheidung über den Stundungsantrag zu eröffnen (vgl. AG Hamburg ZIP 2001, 2241). Für den Schuldner tritt durch die Verzögerung der Entscheidung über seinen Antrag auf Verfahrenskostenstundung kein Nachteil ein, weil die Wirkungen der Stundung einstweilig bis zur Entscheidung eintreten und lediglich die funktionelle Zuständigkeit nach Verfahrenseröffnung gemäß § 3 Nr. 2 Buchst. e) RpflG beim Rechtspfleger liegt (Jaeger/Eckardt, InsO § 4a Rn. 56 f).
3. Ob die Voraussetzungen der Verfahrenkostenstundung aufgrund des Antrages vom gegeben sind, hat das Beschwerdegericht abschließend zu prüfen. Da der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und keine Versagungsgründe nach § 290 InsO vorliegen, kommt es für die Stundung allein noch darauf an, ob sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) zu decken. Das Vermögen des Schuldners ist nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 35 bis 37 InsO über die Insolvenzmasse zu bestimmen (BGHZ 156, 92, 94; MünchKomm-InsO/Ganter 2. Aufl., § 4a Rn. 8). Die Verfahrenskosten sind selbst dann zu stunden, wenn der Schuldner unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer des Bewilligungszeitraums (§ 4a Abs. 3 Satz 2 InsO) die in dem jeweiligen Verfahrensabschnitt anfallenden Kosten im Wege von Ratenzahlungen, nicht aber in einer Einmalzahlung, aufbringen kann (, NJW 2003, 3780). Das Landgericht hat ohne weitere Begründung die Voraussetzung der Stundung ab Eingang des Schreibens des Insolvenzverwalters vom bejaht. Dies steht allerdings im Widerspruch zum Beschlusstenor, in dem Stundung erst ab dem bewilligt wird. Auf die im Eröffnungsverfahren zugrunde gelegten Werte der Masse kann die noch ausstehende Bescheidung des Stundungsantrages nicht gestützt werden, weil sich diese Beträge als unzutreffend herausgestellt haben. Maßgeblich für die Bescheidung eines Antrages auf Verfahrenskostenstundung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung; vorausgehende Prognosen können dagegen nicht mehr berücksichtigt werden, soweit sie sich als unzutreffend erwiesen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
WM 2008 S. 85 Nr. 2
NAAAC-64721
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja