Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 238 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4
Instanzenzug: LG Kleve vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im Auftrag unbekannter Dritter in den Niederlanden in einem LKW ca. 1 kg Kokain versteckte, das in diesem Fahrzeug nach Serbien transportiert und dort gewinnbringend veräußert werden sollte. Der LKW wurde nach Passieren der deutschen Grenze kontrolliert, hierbei wurde das Rauschgift gefunden. Der Angeklagte hatte im Ermittlungsverfahren das objektive Geschehen zwar eingeräumt, sich jedoch darauf berufen, sein Auftraggeber in Belgrad ("Rade") habe ihm etwa zwei Wochen vor der Tat telefonisch mitgeteilt, bei dem im LKW zu versteckenden Transportgut handele es sich um einen Grundstoff zur Herstellung von Medikamenten, der in Serbien nicht erlaubt sei; hieran habe er geglaubt. Das Landgericht hat diese Einlassung - aufgrund einer für sich fehlerfreien Beweiswürdigung - für widerlegt gehalten und daher auch die subjektive Seite der Beihilfetat bejaht.
2. Vor diesem Hintergrund beanstandet die Revision mit Recht, dass das Landgericht ein in der Hauptverhandlung gestelltes Beweisbegehren nicht beschieden hat. Die Verteidigung hatte die "Beiziehung der Telefonüberwachungsmitschnitte zum Verfahren A 9042/07-917 d" zum Beweis dafür beantragt, dass es bei einem Telefonat zwischen dem Angeklagten und dem "Rade" ausdrücklich um den Schmuggel von Medikamenten gegangen und dem Angeklagten auf Nachfrage bestätigt worden sei, dass Drogen nicht im Spiel seien.
3. Die Nichtbeachtung dieses Antrags erweist sich als durchgreifender Rechtsfehler. Zwar handelt es sich bei dem Begehren nicht um einen Beweisantrag, sondern lediglich um einen Beweisermittlungsantrag, denn es fehlt an einer genauen Kennzeichnung des zu Beweiszwecken zu verwendenden Augenscheinsobjekts ("Telefonüberwachungsmitschnitte") und der Behörde, die das fragliche Verfahren führen soll. Ob sich diese wegen des in dem Antrag mitgeteilten Aktenzeichens anhand der Akten des vorliegenden Verfahrens erschließen lässt, kann dem Revisionsvorbringen nicht entnommen werden.
Dies ändert indessen nichts daran, dass über den Antrag eine Entscheidung zu treffen war, entweder durch eine prozessleitende Anordnung des Vorsitzenden (§ 238 Abs. 1 StPO), dass dem Begehren nachzugehen ist (vgl. BGH NStZ 1982, 432 für einen Beweisantrag), oder durch die Ablehnung des Antrags. Ob es hierzu gemäß § 244 Abs. 6 StPO unmittelbar eines Gerichtsbeschlusses bedurfte (so BGH StV 1994, 172 für den Fall, dass das Begehren erkennbar als Beweisantrag gestellt worden ist), oder ob dies ebenfalls (zunächst) durch Anordnung des Vorsitzenden geschehen konnte, kann hier offen bleiben. Denn auch eine derartige Entscheidung des Vorsitzenden ist nicht ergangen. Eine solche war jedoch unerlässlich. Denn der Antragsteller darf nicht im Unklaren darüber gelassen werden, weshalb seinem Antrag nicht nachgegangen wird. Daher ist auch eine derartige prozessleitende Verfügung des Vorsitzenden gemäß § 34 StPO mit Gründen zu versehen (vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 244 Rdn. 121; Herdegen in KK 5. Aufl. § 244 Rdn. 55). Nur hierdurch wird es dem Antragsteller ermöglicht, sein weiteres Prozessverhalten auf die der Ablehnung zugrunde liegende Auffassung einzurichten, insbesondere darüber zu befinden, ob er gemäß § 238 Abs. 2 StPO auf die Entscheidung des Gerichts anträgt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 244 Rdn. 27) oder andere Anträge in Richtung auf das von ihm verfolgte Beweisziel stellt.
4. Auf diesem Rechtsfehler beruht der Schuldspruch, denn entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist das Landgericht im Urteil nicht von der Richtigkeit der Beweisbehauptung ausgegangen, sondern hat lediglich die entsprechende polizeiliche Einlassung des Angeklagten wiedergegeben. Bei der Beweiswürdigung hat es diese sodann jedoch als reine Schutzbehauptung gewertet. Es ist nicht auszuschließen, dass es zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre, wenn es sich in prozessordnungsgemäßer Form mit dem Beweisermittlungsantrag befasst hätte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAC-64236
1Nachschlagewerk: nein