Verlust der wirtschaftlichen Identität nach § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F.: mit einer Einstellung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs wirtschaftlich vergleichbarer Sachverhalte i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F.; neues Betriebsvermögen i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. bei Zuführung von Umlaufvermögen; maßgeblicher Zeitpunkt für den Ausschluss des Verlustabzugs
Leitsatz
1. Eine Reduzierung des Geschäftsbetriebs auf einen geringfügigen Teil der bisherigen Tätigkeit verbunden mit einer späteren Ausweitung auf eine völlig andersartige, wieder sehr viel umfangreichere Tätigkeit kann einen mit einer Einstellung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalt begründen, der zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. führt.
2. Überwiegend neues Betriebsvermögen i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. liegt vor, wenn das zugegangene Aktivvermögen das vorher vorhandene Restaktivvermögen übersteigt. Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen (Bestätigung der , BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829, und vom I R 29/00, BFHE 196, 178, BStBl II 2002, 392; Abweichung vom BStBl I 2002, 629 i.V.m. BStBl I 1999, 455 Tz. 09).
3. Die Zuführung auch von Umlaufvermögen kann jedenfalls dann zu neuem Betriebsvermögen i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. führen, wenn sie mit einem Branchenwechsel verbunden ist.
4. § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. schließt den Verlustabzug vom Zeitpunkt der Anteilsübertragung an aus. Zuvor festgestellte Verlustvorträge sind deshalb nur insoweit für den Verlustabzug heranzuziehen, als dieser vom anteiligen Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen ist, der auf den Zeitraum bis zur Anteilsübertragung entfällt (gegen BStBl I 1999, 455 Tz. 33).
Gesetze: KStG 1996 a.F. § 8 Abs. 4EStG § 10d
Instanzenzug: (EFG 2005, 899) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zum festgestellte verbleibende Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1996) im Streitjahr 1996 vom Verlustabzug ausgeschlossen ist.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer GmbH, war zunächst die Fertigung von keramischen Belägen für Böden, Innen- und Außenwände, die Fertigung von Fassadenelementen sowie der Handel mit diesen Erzeugnissen einschließlich der Entwicklung und des Verkaufs der entsprechenden Verfahrenstechnologien. Mit Vertrag vom veräußerte die damalige alleinige Gesellschafterin der Klägerin, die A-AG, ihre Anteile an die B-GmbH & Co. KG.
Zum wies das Anlagevermögen der Klägerin einen Buchwert von ca. 2,6 Mio. DM auf, wobei dieses im Wesentlichen aus technischen Anlagen und Maschinen mit einem Buchwert von ca. 2,5 Mio. DM bestand. Das Umlaufvermögen wies einen Buchwert von 1 160 465 DM auf. Im Wirtschaftsjahr 1995 betrug die Gesamtleistung der Klägerin 3,369 Mio. DM, wobei sie einen Jahresfehlbetrag von 2,465 Mio. DM erwirtschaftete.
Entsprechend einer zuvor verfassten Absichtserklärung übernahm mit Verträgen vom 16. und die X-GmbH in Gründung von der Klägerin deren gesamtes Anlagevermögen einschließlich der Betriebs- und Geschäftsausstattung, den Firmenwert, den Kundenstamm und das Know-How, sämtliche Verträge einschließlich der Mietverträge und Lizenzrechte sowie das Vorratsvermögen mit Ausnahme minderwertiger Waren sowie der Kundenforderungen zu einem Kaufpreis von insgesamt 3,5 Mio. DM. Als Übernahmestichtag wurde der vereinbart. Die X-GmbH führte den bisher von der Klägerin unterhaltenen laufenden Geschäftsbetrieb in den bisherigen Betriebsräumen fort. Im Vertrag vom wurde außerdem vereinbart, dass die Klägerin für einen Teilbereich der durch die X-GmbH übernommenen Produktion (sog. hinterlüftete Fassaden) auch weiterhin den Vertrieb —nunmehr in deren Namen und auf deren Rechnung— wahrnahm. Hierfür erhielt die Klägerin eine Provision von 10 % auf die berechneten und bezahlten Umsätze. Es war ein monatlicher Vorschuss zu zahlen, der u.a. einen Aufwendungsersatz enthielt (Kosten für Kommunikation und Büro sowie Reisekosten). Die Vertriebstätigkeit wurde vom Geschäftsführer der Klägerin wie bisher in Form von Akquisition, Projektmanagement und Abwicklung betrieben, wobei er im Wesentlichen in einem von ihm zu Hause unterhaltenen Büro oder im Außendienst arbeitete. Zudem stand ihm noch ein einzelner Büroarbeitsplatz in den von der X-GmbH übernommenen Räumlichkeiten zur Verfügung. Anderweitige eigene Geschäftsräume hatte die Klägerin nicht mehr. Außer dem Geschäftsführer beschäftigte sie auch keine weiteren Arbeitnehmer mehr. Die übrigen 21 Arbeitnehmer waren entweder von der X-GmbH übernommen worden oder die Verträge waren aufgelöst worden. Des Weiteren bezog die Klägerin seit Ende Januar 1996 keine Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mehr. Das Telefon wurde abgemeldet. Neben der Vertriebstätigkeit übte die Klägerin noch Abwicklungstätigkeiten (Absatz der Restbestände, Einzug der Kundenforderungen) aus.
Mit Vertrag vom veräußerte die B-GmbH & Co. KG ihre Anteile an der Klägerin zu 75 % bzw. 25 % an C und D, die mit einem Anteil von ebenfalls 75 % bzw. 25 % Kommanditisten der E-GmbH & Co. KG waren. Der Veräußerung zugrunde gelegt wurde ein Zwischenabschluss der Klägerin auf den . Dieser wies kein Anlagevermögen, Vorräte mit einem Buchwert von rund 110 707 DM sowie Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände mit einem Buchwert von 3 246 547 DM aus.
Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde die Firma der Klägerin in E-GmbH geändert sowie ihr Sitz an den Sitz der E-GmbH & Co. KG verlegt. Der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin wurde im Gesellschaftsvertrag in die Herstellung von Garnen und allen übrigen textilen Stoffen sowie die Fertigung von keramischen Belägen und Fassadenelementen geändert. Die E-GmbH & Co. KG firmierte nunmehr als GbR und verpachtete mit Vertrag vom („Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag”) als Besitzgesellschaft ihren auf die Herstellung elastischer Garne gerichteten Betrieb an die Klägerin. Hierzu wurden die Betriebsgrundstücke, Gebäude und Gebäudeanlagen, sämtliche Betriebsvorrichtungen, Maschinen, Betriebs-, Lager- und Büroeinrichtungen, Werkzeuge sowie sämtliche mit der pachtweisen Überlassung des Betriebs verbundenen immateriellen Wirtschaftsgüter und der Geschäftswert an die Klägerin verpachtet. Lediglich das Vorratsvermögen wurde an die Klägerin übereignet, und zwar mit dessen Verbrauch bzw. zum bezüglich dann noch vorhandener Restbestände. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) übertrug die E-GmbH & Co. KG bzw. GbR im Jahr 1996 auf diese Weise mindestens Vorratsvermögen mit einem Buchwert von ca. 5,8 Mio. DM auf die Klägerin. Die bestehenden Forderungen aus Lieferung und Leistung wurden nicht auf die Klägerin übertragen. Ferner übernahm die Klägerin das gesamte Personal der E-GmbH & Co. KG bzw. GbR. Der bisherige Geschäftsführer der Klägerin wurde abberufen. Die Klägerin beschäftigte diesen nunmehr als Außendienstmitarbeiter und nahm mit ihm weiterhin die Vertriebstätigkeit für die X-GmbH wahr.
Seit der Übernahme der Garnproduktion ergaben sich nach den Jahresabschlüssen der Klägerin folgende wirtschaftliche Verhältnisse (Angaben in DM):
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Jahr | Jahresüberschuss | Gesamtumsatz | Provisionserlöse | Warenerlöse |
1996 | 2 718 332 | 19 612 943 | 73 490 | 151 559 |
1997 | 12 858 259 | 79 406 536 | 172 777 | 46 907 |
1998 | 10 812 177 | 75 890 344 | 106 138 | 39 792 |
1999 | 3 325 814 | 62 398 179 | 137 826 | 0 |
2000 | 1 477 619 | 60 924 581 | 15 934 |
Im Körperschaftsteuerbescheid 1996 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) den zum festgestellten verbleibenden Verlustabzug von 28 932 247 DM unter Verweis auf § 8 Abs. 4 KStG 1996 als nur noch bis zur Höhe des sich aus dem Zwischenabschluss auf den ergebenden Gewinns von 561 778 DM als abzugsfähig. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG Baden-Württemberg ab (Urteil vom 6 K 314/02, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2005, 899).
Laut der Niederschrift über den Erörterungstermin vor dem verständigten sich die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass das Ergebnis der Bilanz zum auch zum Stichtag zugrunde zu legen ist, da die Erlöse einerseits und die gezahlten Gehälter andererseits sich im Wesentlichen ausgeglichen hätten und der Gewinn für diesen Zeitraum daher auf 0 DM zu schätzen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 1996 hinsichtlich der Festsetzung der Körperschaftsteuer sowie der gesonderten Feststellung des zu versteuernden Einkommens und der Tarifbelastung unter Anerkennung eines Verlustabzugs in Höhe des gesamten Einkommens vor Verlustabzug von 2 267 055 DM zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der zum festgestellte verbleibende Verlustabzug im Streitjahr gemäß § 8 Abs. 4 KStG 1996 vom Verlustabzug ausgeschlossen ist.
1. Der Ausschluss des Verlustabzugs im Streitjahr beruht auf § 8 Abs. 4 KStG 1996 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928 —§ 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F.—). Die Anwendungsregelung des § 54 Abs. 6 KStG 1996 i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7; § 34 Abs. 6 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom , BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) ordnet in Satz 1 die erstmalige Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (§ 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F.) für den Veranlagungszeitraum 1997 an. In Satz 2 wird die erstmalige Anwendung auf den Veranlagungszeitraum 1998 hinausgeschoben, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität erstmals in 1997 vor dem 6. August eingetreten ist. Nach diesen Regelungen wird jedenfalls ein vor dem Veranlagungszeitraum 1997 erfolgender Verlustabzug von zuvor festgestellten Verlustvorträgen, wie er im Streitfall in Frage steht, durch § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. nicht berührt. Die Frage der formellen Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Senats vom I R 25/06, BFHE 214, 424) kann im Streitfall bereits aus diesem Grund nicht entscheidungserheblich sein.
2. Die Voraussetzungen dafür, den Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. zu versagen, liegen im Streitfall vor. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. setzt der Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei einer Körperschaft voraus, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Daran fehlt es hier.
a) Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität der Klägerin ergibt sich allerdings nicht aus dem Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. Nach diesem liegt die erforderliche wirtschaftliche Identität insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als drei Viertel der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Gesellschaft danach ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt. Im Streitfall ist das Tatbestandsmerkmal der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs im Anschluss an die Anteilsübertragung nicht erfüllt.
aa) Das Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. benennt als eigenständige Voraussetzung, dass der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen wird. Eine Wiederaufnahme setzt eine vorherige Einstellung des Geschäftsbetriebs voraus (vgl. , BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829; vom I R 38/01, BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822; vom I R 16/05, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2007, 531). Die bloße Fortführung des Geschäftsbetriebs ohne dessen Einstellung genügt —anders als nach der Neuregelung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F.— nicht.
bb) Das Erfordernis der Einstellung des Geschäftsbetriebs ist in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. übereinstimmend mit dem vergleichbaren Erfordernis in § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UmwStG 1995 a.F.) zu verstehen (vgl. Senatsurteile in BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822; in DStR 2007, 531). Eine Kapitalgesellschaft hat danach ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis aufhört, werbend tätig zu sein. Nach der zu § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 a.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats steht nicht jegliche Betätigung —unabhängig von ihrem Umfang— der Annahme einer Einstellung des Geschäftsbetriebs entgegen. Es bedarf vielmehr einer Betätigung, die zwar nicht einen gegenüber einem früheren Zeitpunkt gleich bleibenden Umfang aufweist, wohl aber ins Gewicht fällt und das Unternehmen als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt (vgl. Senatsurteile in BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822; in DStR 2007, 531). Ob dies der Fall ist, ist indes unabhängig von der Art und dem Umfang der bisherigen Tätigkeit, die den Verlust verursacht hat, zu entscheiden (vgl. Senatsurteil in DStR 2007, 531, m.w.N.; Abgrenzung zum , BStBl I 1998, 268 Tz. 12.19 f.). Entsprechend kommt es zu einer Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs, wenn eine neue Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht aufgenommen wird, die das Unternehmen als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt.
Allerdings unterscheiden sich § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 a.F. und § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. hinsichtlich des für die Einstellung bzw. Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs maßgeblichen Zeitpunkts. Während es bei § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 a.F. auf eine Einstellung zum Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister ankommt, nennt § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. die Anteilsübertragung und verlangt eine „danach” erfolgende Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs; mit dieser letzteren Formulierung gibt das Gesetz die zeitliche Abfolge für die Verwirklichung der Merkmale vor (Senatsurteil in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829; vgl. auch den Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 214, 424).
cc) Nach diesen Grundsätzen kam es im Streitfall jedenfalls im Anschluss an die Anteilsübertragung mit Vertrag vom nicht mehr zu einer Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. Hierbei kann dahinstehen, ob in der Übertragung des Betriebs auf die X-GmbH unter Übernahme der Vertriebstätigkeit die Weiterführung eines Teils der bisher ausgeübten Tätigkeit und damit eine bloße Reduzierung des Geschäftsbetriebs zu sehen ist oder, wie das FG annimmt, aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Qualität der Tätigkeiten (einerseits Produktion, andererseits Handelsvertretertätigkeit) der Geschäftsbetrieb eingestellt wurde. In jedem Fall wäre nämlich bereits mit der Übernahme der Vertriebstätigkeit der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen worden. Bei dieser mindestens bis einschließlich 1999 fortgeführten Tätigkeit handelte es sich angesichts der erzielten Umsätze von 73 490 DM (1996), 172 777 DM (1997), 106 138 DM (1998) und 137 826 DM (1999) um eine ins Gewicht fallende Betätigung, die die Klägerin als wirtschaftlich aktiv erscheinen ließ. Damit wäre der Geschäftsbetrieb aber bereits vor der Anteilsübertragung wieder aufgenommen worden und nicht, wie für § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. erforderlich, im Anschluss an diese.
Aus diesem Grund konnte auch die Übernahme der Garnproduktion nach der Anteilsübertragung nicht mehr zu einer Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. führen. Da der möglicherweise eingestellte Geschäftsbetrieb jedenfalls schon mit der Übernahme der Vertriebstätigkeit wieder aufgenommen worden war, lag in der zusätzlichen Übernahme der Garnproduktion lediglich eine Erweiterung des Geschäftsbetriebs. Da die Vertriebstätigkeit überdies noch mindestens bis 1999 fortgeführt wurde, konnte in der Übernahme der Garnproduktion auch nicht eine (erneute) Einstellung und Wiederaufnahme gesehen werden.
b) Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität ergibt sich im Streitfall jedoch aus der Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. Nach der Rechtsprechung des Senats definiert § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. den Verlust der wirtschaftlichen Identität für Kapitalgesellschaften nicht abschließend, sondern lässt Raum für Fälle des Verlusts der wirtschaftlichen Identität außerhalb des dort enthaltenen Regelbeispiels. Allerdings setzt die Regelung des Satzes 2 mittelbar einen Maßstab für die unter Satz 1 zu fassenden Sachverhalte. Diese müssen Voraussetzungen erfüllen, die mit den in Satz 2 genannten wirtschaftlich vergleichbar sind (vgl. etwa Senatsurteile in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829; vom I R 29/00, BFHE 196, 178, BStBl II 2002, 392; vom I R 81/02, BFHE 203, 424, BStBl II 2004, 614; vom I R 61/01, BFHE 203, 135, BStBl II 2004, 616).
Danach fällt der im Streitfall verwirklichte Sachverhalt unter die Generalklausel des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. Soweit es für ein Eingreifen des Regelbeispiels an einer im Anschluss an die Anteilsübertragung erfolgenden Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs fehlt, liegt gleichwohl ein Sachverhalt vor, der mit einer solchen wirtschaftlich vergleichbar ist. Die weiteren Tatbestandsmerkmale des Satzes 2 sind darüber hinaus unmittelbar erfüllt.
aa) Die Übertragung des Betriebs der Klägerin auf die X-GmbH unter Übernahme der Vertriebstätigkeit ist mit einer Einstellung des Geschäftsbetriebs, die im Anschluss an die Anteilsübertragung erfolgte Übernahme der Garnproduktion ist mit einer Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs wirtschaftlich vergleichbar.
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Vertriebstätigkeit nach ihrem Umfang im Vergleich zur bisherigen produzierenden Tätigkeit zu vernachlässigen war. Sie stellte als Handelsvertretertätigkeit zudem eine unterschiedliche Art der Geschäftstätigkeit dar (vgl. zu diesem Kriterium Frotscher, DStR 2002, 10, 13). Hinzu kam, dass das gesamte die bisherige Tätigkeit prägende Betriebsvermögen auf die X-GmbH übertragen wurde. Die später übernommene Garnproduktion hatte wiederum einen völlig anderen Gegenstand. Sie machte außerdem ein Vielfaches der Vertriebstätigkeit aus, was bereits anhand der Umsätze, aber auch aus den weiteren Umständen der Tätigkeit ersichtlich ist. Bei einer solchen Reduzierung auf eine im Vergleich nur noch unwesentliche Tätigkeit mit späterer Ausweitung auf eine völlig andersartige, dann wieder sehr viel umfangreichere Tätigkeit wird im Ergebnis der Geschäftsbetrieb in einer Weise ausgetauscht, die mit der vom Regelbeispiel des Satzes 2 vorausgesetzten vollständigen Einstellung und Wiederaufnahme wirtschaftlich vergleichbar ist.
Das zu § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 a.F. ergangene Senatsurteil in DStR 2007, 531, in dem der Senat bei einer im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit nur noch geringfügigen Tätigkeit eine Betriebseinstellung verneint hat, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Die insoweit abweichende Beurteilung rechtfertigt sich daraus, dass anders als bei § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 a.F. im Bereich des § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. auf die Generalklausel des Satzes 1 zurückgegriffen werden kann, die auch solche Fälle zu erfassen vermag.
bb) Die damit als wirtschaftlich vergleichbar an die Stelle der Wiederaufnahme tretende Ausweitung des Geschäftsbetriebs erfolgte mit überwiegend neuem Betriebsvermögen, das die Klägerin im Anschluss an die Übertragung sämtlicher Anteile mit Vertrag vom und im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser erworben hat.
aaa) Nach der bisherigen Rechtsprechung, an der der Senat festhält (vgl. Senatsurteil vom I R 106/05, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt), ist unter Betriebsvermögen i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. ausschließlich das Aktivvermögen zu verstehen. Überwiegend neues Betriebsvermögen liegt vor, wenn das zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen Restaktivvermögens übersteigt (vgl. Senatsurteil in BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829). Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen (Senatsurteil in BFHE 196, 178, BStBl II 2002, 392).
bbb) In das zu betrachtende Aktivvermögen ist auch das Umlaufvermögen jedenfalls dann einzubeziehen, wenn es zu einer Änderung des Unternehmensgegenstandes (Branchenwechsel) gekommen ist und deshalb die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens für das Unternehmen prägend sind (Dötsch in Gocke/Gosch/Lang, Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, 2005, S. 113, 126 ff., insbesondere 128; ders. in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 4 KStG nF Rz 76 f., 77; für eine generelle Einbeziehung z.B. Frotscher, DStR 2002, 10, 12; ders. in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8 KStG Rz 188a; Biermann/Rau, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2002, 509, 512 f.; anscheinend auch BStBl I 1999, 455 Tz. 09; a.A. Herzberg, DStR 2001, 553, 556 f.; ders., DStR 2002, 1290, 1291 ff.; Roser in Gosch, § 8 KStG Rz 1431; B. Lang in Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1273.1.7.1 ff.). Soweit der bisherigen Rechtsprechung etwas anderes entnommen werden könnte (Senatsurteil in BFHE 196, 178, BStBl II 2002, 392; offenlassend Senatsurteil vom I R 112/03, BFHE 206, 533, BStBl II 2004, 1085; vgl. auch Senatsbeschluss vom I R 58/01, BFHE 197, 248, BStBl II 2002, 395), hält der Senat daran nicht mehr fest.
Mit dem von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. verwendeten Begriff des Betriebsvermögens wäre eine generelle Einschränkung auf das Anlagevermögen nicht zu vereinbaren. Vielmehr spricht der Wortlaut für eine Betrachtung des gesamten Aktivvermögens. Zudem wird die von § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. geforderte wirtschaftliche Identität nicht nur vom Anlagevermögen eines Unternehmens bestimmt, sondern ebenfalls durch dessen Umlaufvermögen (vgl. Frotscher, DStR 2002, 10, 12). Auch wenn zum Umlaufvermögen nur Wirtschaftsgüter gehören, die nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen (vgl. § 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs —HGB—), kann dennoch den dort erfolgenden Veränderungen jedenfalls im Falle eines Branchenwechsels wesentliche Bedeutung für das Gepräge des Unternehmens zukommen (in diese Richtung auch Dötsch in Gocke/ Gosch/Lang, a.a.O., S. 113, 126 ff., insbesondere 128; ders. in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 8 Abs. 4 KStG nF Rz 76 f., 77). Dies zeigen nicht zuletzt Konstellationen, in denen wie im Streitfall statt der Anschaffung von eigenem Anlagevermögen dieses lediglich an die Gesellschaft verpachtet wird und eine Änderung im Unternehmensgegenstand sich ausschließlich in den Veränderungen des Umlaufvermögens niederschlagen kann.
ccc) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin überwiegend neues Betriebsvermögen erworben, indem ihr noch im Jahr 1996 Vorratsvermögen von 5,8 Mio. DM durch die E-GmbH & Co. KG übereignet wurde. Das zugeführte Umlaufvermögen überstieg bei weitem das zum vorhandene Aktivvermögen von ca. 3,3 Mio. DM. Dass dies auch bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Anteilsübertragung am galt, ergibt sich bereits aus den vom FG festgestellten vergleichsweise geringen Umsätzen aus der lediglich noch ausgeübten Tätigkeit (Absatz der Restbestände, Vertriebstätigkeit), die nicht zu einer wesentlichen Erhöhung des Aktivvermögens geführt haben konnten. Zwar kann im Streitfall wegen der fortgeführten Vertriebstätigkeit möglicherweise nicht von einem vollständigen Branchenwechsel gesprochen werden. In jedem Fall wurde aber der Geschäftsbetrieb der Klägerin in einer Weise ausgetauscht (dazu bereits unter II.2.b aa), die es ebenso wie ein Branchenwechsel rechtfertigt, das zugeführte Umlaufvermögen als für das Unternehmen prägend anzusehen und in die Betrachtung einzubeziehen.
3. Als Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. ist der zum festgestellte verbleibende Verlustabzug nur insoweit für den Verlustabzug im Streitjahr 1996 heranzuziehen, als dieser von dem anteiligen Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen war, der auf den Zeitraum bis zur Anteilsübertragung am entfiel. Im Übrigen ist der Verlustabzug ausgeschlossen.
§ 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. sieht den Ausschluss des Verlustabzugs nicht erst ab dem Zeitpunkt der Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale und dem damit eintretenden Verlust der wirtschaftlichen Identität vor (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 455 Tz. 33; ebenso z.B. Schloßmacher in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 KStG Rz 430; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 8 KStG Rz 193). Vielmehr versagt § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. den Verlustabzug vom Zeitpunkt der Anteilsübertragung an, bei der hier noch anwendbaren alten Fassung der Vorschrift also regelmäßig rückwirkend (so z.B. Bock/Meissner, GmbHR 1999, 1069, 1073 f.; Simon in Heckschen/Simon, Umwandlungsrecht, 2003, § 13 Rz 137; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 651 ff.; im Ergebnis auch Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz 954; offengelassen im Senatsbeschluss vom I B 115/04, BFHE 209, 53, BStBl II 2005, 528).
Zwar geht die wirtschaftliche Identität nach der Regelungskonzeption des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. erst verloren, wenn die darin benannten tatbestandlichen Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Zuvor besteht für eine Übergangsphase aber zumindest eine wirtschaftliche Teilidentität, die als solche noch nicht ausreicht, um den Verlustabzug auszuschließen. In Einklang hiermit ordnet § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG 1996 a.F. (§ 8 Abs. 4 Satz 4 KStG 1996 nF) die entsprechende Geltung der vorherigen Sätze für den Verlustausgleich an und bestimmt hierfür ausdrücklich den Zeitpunkt der Anteilsübertragung. Auch wenn man diese Regelung als unsystematisch ansieht (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 8 Abs. 4 KStG nF Rz 181 ff., 184, 187) und auch wenn in § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. eine vergleichbare ausdrückliche Zeitbestimmung fehlt, kann für den Verlustabzug nichts anderes als für den Verlustausgleich gelten. Es wäre auch nicht sachgerecht und widerspräche der Regelungsintention, den letztlich missbräuchlichen „Verlusthandel” zu unterbinden (vgl. dazu Senatsurteil vom I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602), würden Verluste, die bereits die neuen Anteilseigner nach dem Erwerb der Anteile erwirtschaftet haben, vom Abzug ausgenommen. Genau das wäre aber das Ergebnis, wenn man auf denjenigen Zeitpunkt abstellt, in dem der Verlust der wirtschaftlichen Identität nach Maßgabe des Regelbeispiels in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. vollendet ist (vgl. auch , EFG 2001, 1238; Dötsch, ebenda, Rz 184; B. Lang in Ernst & Young, a.a.O., § 8 Rz 1301 ff., 1301.2.1.8).
Ohne Bedeutung für den Umfang des noch zulässigen Verlustabzugs ist es daher, zu welchem Zeitpunkt das zugeführte Umlaufvermögen das vorhandene Betriebsvermögen überstieg. Entscheidend ist allein, welcher Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte auf die Zeit bis zur Anteilsübertragung am entfiel. Aus der Niederschrift über den Erörterungstermin vor dem deren Inhalt Teil der für das Revisionsgericht maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 37, 38), ist ersichtlich, dass die Beteiligten sich in tatsächlicher Hinsicht darauf verständigt haben, das Ergebnis der Zwischenbilanz zum auch für den zugrunde zu legen. An diese in zulässiger und wirksamer Weise geschlossene tatsächliche Verständigung sind sowohl das FA als auch die Klägerin nunmehr gebunden (vgl. etwa , BFH/NV 2000, 537). Es ist daher davon auszugehen, dass der auf den Zeitraum bis zum entfallende anteilige Gesamtbetrag der Einkünfte dem vom FA angesetzten Betrag entspricht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 988
BB 2008 S. 31 Nr. 1
BBK-Kurznachricht Nr. 1/2008 S. 8
BFH/NV 2008 S. 166 Nr. 1
BStBl II 2008 S. 988 Nr. 21
DB 2007 S. 2808 Nr. 51
DStR 2007 S. 2152 Nr. 48
DStRE 2008 S. 55 Nr. 1
EStB 2007 S. 436 Nr. 12
FR 2008 S. 222 Nr. 5
GmbH-StB 2007 S. 366 Nr. 12
GmbHR 2008 S. 48 Nr. 1
HFR 2008 S. 151 Nr. 2
NJW 2008 S. 320 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 48/2007 S. 4244
SJ 2008 S. 10 Nr. 2
StB 2008 S. 4 Nr. 1
StBW 2007 S. 4 Nr. 25
StC 2008 S. 12 Nr. 2
StuB-Bilanzreport Nr. 23/2007 S. 912
RAAAC-63872