BFH Urteil v. - IX R 21/07

Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit, wenn Fahrzeug verkehrsrechtlich auf Schuldner zugelassen ist, sich aber nicht in dessen Besitz befindet

Gesetze: KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Auf die AI-GmbH (im Folgenden A) war ein LKW zugelassen. Mit wurde über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser erklärte dem Geschäftsführer der A am , dass er das Fahrzeug aus der Masse freigebe. Das Fahrzeug wurde aufgrund einer Anzeige der Haftpflichtversicherung, dass das Versicherungsverhältnis am beendet worden sei, von der Kreisverwaltung zur Fahndung ausgeschrieben. Es ist bislang verkehrsrechtlich nicht abgemeldet worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug, um das es hier geht, für die Zeit ab dem auf jährlich 210 € gegenüber dem Kläger fest. Seinen Einspruch begründete der Kläger u.a. mit der zugleich erklärten Freigabe aus der Masse. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die Kraftfahrzeugsteuerpflicht könne nicht durch die Freigabe, sondern nur durch eine Aufhebung des „Haltens” mittels Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsstelle herbeigeführt werden.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Das Fahrzeug sei nicht für die Masse genutzt worden und habe auch nicht der Verwaltung des Klägers unterlegen. Es sei bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens versteigert worden. Dieser Sachverhalt sei dem Kläger von der A mitgeteilt worden, als er mit dem (angefochtenen) Steuerbescheid erstmals von der Existenz des LKW erfahren habe. Mangels Unterlagen könnten genaue Angaben nicht gemacht werden. Darauf komme es aber nicht an, weil das Fahrzeug jedenfalls nicht nach § 35 der Insolvenzordnung (InsO) zum Insolvenzvermögen gehört habe. Das FG habe deshalb den vorgetragenen Sachverhalt unzutreffend für unerheblich gehalten und ausschließlich auf die Haltereigenschaft abgestellt. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass er das Fahrzeug aus der Masse freigegeben habe.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom und die Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend das FA als berechtigt angesehen, den Kläger für die ab Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch zu nehmen.

Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht für den LKW auch für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) bei einem —wie hier— inländischen Fahrzeug, solange es zum Verkehr zugelassen ist; Steuerschuldner ist die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).

Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen. Dagegen spricht entgegen der Revision nicht die fehlende tatsächliche Verfügungsbefugnis des Klägers. Deshalb durfte das FG offenlassen, ob der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug habe sich wegen Versteigerung bereits vor der Insolvenzeröffnung nicht mehr im Besitz des Schuldners befunden, zutreffend ist.

Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom IX R 4/07 (BFHE), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der Senat folgt damit der Entscheidung des (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), wonach dem Gesetz die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen ist, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt „im Geschäft” des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Daran ändert sich auch —wie das FG zutreffend entschieden hat— durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts (vgl. das , unter III. 2. b dd (3) a.E.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 112 Nr. 1
HFR 2008 S. 170 Nr. 2
KÖSDI 2008 S. 15924 Nr. 3
QAAAC-63868