BFH Beschluss v. - V S 17/07 (PKH)

Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für juristische Person oder eine parteifähige Vereinigung

Gesetze: FGO § 142

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) betrieb in der Rechtsform der GmbH & Co. KG ein Unternehmen. Weil sie weder Umsatzsteuererklärungen abgegeben, noch ordnungsgemäß Bücher geführt und Jahresabschlüsse erstellt hatte, schätzte der Beklagte, Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) —ebenso wie das zuvor zuständige FA— die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung der Ermittlungen der Steuerfahndung und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für 1992 bis 1996.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision nicht zu.

Hiergegen erhob der Geschäftsführer der Antragstellerin —für diese— persönlich Nichtzulassungsbeschwerde und beantragte zugleich Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 142 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.V.m. § 117 Abs. 2 der ZivilprozessordnungZPO—) hat die Antragstellerin nicht beigebracht.

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 und § 114 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO erhält eine inländische juristische Person oder eine parteifähige Personenvereinigung —wie hier die Antragstellerin— auf Antrag PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint und die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf amtlichem Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO).

a) Der Antrag war zulässig, obwohl er nicht von einer der in § 62a FGO bezeichneten Personen eingelegt worden ist.

aa) Zwar muss sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte nach § 62a FGO durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt nach § 62a Abs. 1 Satz 2 FGO auch für die Einlegung der Beschwerde. Hierauf hat das FG in der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung hingewiesen.

bb) Der Vertretungszwang nach § 62a FGO gilt jedoch nicht für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, mithin auch für den Antrag auf PKH (vgl. z.B. , V R 8/96, BFH/NV 1996, 847).

b) Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH sind jedoch nicht erfüllt.

aa) Wird für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde PKH beantragt, kann zwar bei unverschuldetem Versäumen der Beschwerdefrist gemäß § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Das setzt aber nicht nur voraus, dass der Antragsteller zumindest in laienhafter Weise innerhalb der Beschwerdefrist einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dartut (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom V S 11/04 (PKH); vom V S 12/04 (PKH); vom X S 1/99, BFH/NV 1999, 1355; vom V S 17/99, BFH/NV 2000, 345; vom X S 6/99, BFH/NV 2000, 962), sondern auch, dass er alle für die Entscheidung über die PKH erforderlichen Unterlagen vorlegt. Dazu gehört vor allem, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO vorlegt. Geschieht das nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. z.B. , BFH/NV 1986, 631, mit Hinweisen auf die einhellige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe, und , Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).

Da die Antragstellerin innerhalb der Beschwerdefrist keine Erklärungen nach § 117 Abs. 2 ZPO vorgelegt hat, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

bb) Im Übrigen ist die Bewilligung von PKH für eine juristische Person oder eine parteifähige Vereinigung —wie hier die Antragstellerin— nur zulässig, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Das erfordert, dass über die am Prozess wirtschaftlich Beteiligten hinaus ein erheblicher Personenkreis durch die Unterlassung der Prozessführung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.  (PKH), BFH/NV 2003, 1338, m.w.N.). Umstände dafür, dass im Streitfall eine solche Gefahr bestünde, sind weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr handelt es sich um einen typischen Einzelfall.

c) Da die Beschwerdefrist (für die Nichtzulassungsbeschwerde) inzwischen abgelaufen ist, muss der Senat bei der Entscheidung über die Anträge auf PKH unter Beachtung der vorgenannten Rechtsprechung davon ausgehen, dass die Antragstellerin bei Einlegung einer formgerechten Beschwerde durch einen der in § 62a FGO bezeichneten Prozessvertreter keine Aussicht auf Erfolg hätte und diese Beschwerde deshalb als unzulässig zu verwerfen wäre.

2. Ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht schon deshalb nicht, weil die Einsicht in die Steuerakten in diesen Verfahren nicht der Verwirklichung des Rechtsschutzes dienen kann (vgl. , BFH/NV 2001, 813, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2001, 589).

3. Der Beschluss über die Ablehnung der Bewilligung von PKH ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstelle(n):
JAAAC-63853