Keine Umdeutung einer Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde; keine Wiedereinsetzung bei Irrtum des steuerlichen Beraters über das zulässige Rechtsmittel
Gesetze: FGO § 56, FGO § 115, FGO § 116,
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Finanzgericht (FG) die Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wegen Einkommensteuer 2002 und 2003 als unbegründet abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.
Gegen das ihnen am zugestellte FG-Urteil haben die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten —einen Steuerberater— fristgerecht, am , Revision eingelegt.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben der Geschäftsstelle des beschließenden Senats vom darauf hingewiesen worden war, dass das FG die Revision nicht zugelassen habe, hat der Prozessbevollmächtigte mit seinem Schriftsatz vom beantragt, seine Revision als Nichtzulassungsbeschwerde zu behandeln.
Mit einem weiteren Schreiben der Senatsgeschäftsstelle vom wurde dem Prozessbevollmächtigten sodann mitgeteilt, dass eine Umdeutung einer nicht zugelassenen Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf die rechtlichen und verfahrensmäßigen Unterschiede zwischen beiden Rechtsmitteln nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht in Betracht komme.
Mit Schriftsatz vom hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger erwidert, dass eine unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels grundsätzlich nicht schädlich sei. Sein Antrag vom auf Umdeutung habe somit allenfalls die Rechtsmittelbezeichnung richtigstellen und nicht einen neuen Antrag bewirken können. Für den Fall, dass der BFH dies anders sehen sollte, weise er —der Prozessbevollmächtigte— darauf hin, erstmals durch das Schreiben der Senatsgeschäftsstelle vom davon erfahren zu haben, dass das FG die Revision nicht zugelassen habe. Für diesen Fall verweise er im Übrigen auf sein Fax-Schreiben an den BFH vom selben Tag. In diesem Fax hat der Prozessbevollmächtigte Folgendes vorgetragen:
Die „Mitteilung, dass das FG die Revision nicht zugelassen hat, ist mir am bekannt gegeben worden. In der Zeit vom bis einschließlich befand ich mich im Urlaub. Am gleichen Tag der Kenntnisnahme wurde mein Antrag als Behandlung einer Nichtzulassungsbeschwerde gestellt. Es wird hiermit Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt ...”.
Mit einem weiteren Schreiben ebenfalls vom hat der Prozessbevollmächtigte seine Nichtzulassungsbeschwerde begründet.
II. Die Revision ist unzulässig und mithin durch Beschluss zu verwerfen (§§ 124 Abs. 1, 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Gemäß § 115 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten die Revision an den BFH nur zu, wenn das FG oder auf Beschwerde der BFH sie zugelassen hat. Hierauf hat das FG in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen.
Im Streitfall haben weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen. Wird die Revision weder im Tenor noch in den Gründen des Urteils zugelassen, so ist ihre Zulassung nach ständiger Rechtsprechung des BFH versagt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom III R 50/98, BFH/NV 2000, 341; vom III R 16/04, BFH/NV 2004, 1539).
2. Eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein Steuerberater —bei dem die Kenntnis der Prozessordnung vorausgesetzt wird— das Rechtsmittel eingelegt und ausdrücklich als Revision bezeichnet hat (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII R 7/95, BFH/NV 1995, 995; vom I B 112/96, BFH/NV 1997, 796; in BFH/NV 2004, 1539).
Eine Umdeutung scheitert darüber hinaus auch daran, dass zwischen einer Revision und einer Nichtzulassungsbeschwerde erhebliche rechtliche und verfahrensmäßige Unterschiede bestehen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X R 115/94, BFH/NV 1995, 626; in BFH/NV 2004, 1539). An dem grundsätzlichen Unterschied zwischen Revision und Nichtzulassungsbeschwerde hat sich durch die Neufassung der §§ 115 und 116 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom (BStBl I 2000, 1567) nichts geändert (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1539).
3. Einer Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger muss auch dann der Erfolg versagt bleiben, wenn man ihre (erstmalige) Erhebung in den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom erblickt. Denn zu diesem Zeitpunkt war die in § 116 Abs. 1 Satz 1 FGO für ihre Einlegung statuierte Monatsfrist bereits abgelaufen.
Die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger dieserhalb begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO kann deshalb nicht gewährt werden, weil der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Fristversäumnis verschuldet hat und sich die Kläger dieses Verschulden gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müssen (vgl. hierzu z.B. Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 56 Rz 8, m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist die Fristversäumnis auf den verfahrensrechtlichen Irrtum des Prozessbevollmächtigten der Kläger zurückzuführen, das FG habe die Revision zugelassen. Insoweit trifft den Prozessbevollmächtigten ein Verschulden, weil er bei gehöriger Sorgfalt und der gebotenen Kenntnis des Prozessrechts dem FG-Urteil eindeutig hätte entnehmen können, dass das FG die Revision nicht zugelassen hatte und er deshalb —unter Beachtung der einschlägigen Frist— nicht die Revision, sondern eine Nichtzulassungsbeschwerde erheben musste (zum Irrtum über das zulässige Rechtsmittel vgl. auch Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 56 Rz 20, „Rechtsirrtum über Verfahrensfragen”, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 2333 Nr. 12
UAAAC-62150