Erweiterung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG auf Bauleistungen
Zum Zwecke der Betrugsbekämpfung sind die Regelungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers durch Art. 14 Nr. 2 HbeglG 2004 (BStBl 2004 I S. 120) u. a. auf bestimmte Bauleistungen von im Inland ansässigen Unternehmern ausgedehnt worden (§ 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG). Diese Änderung ist am in Kraft getreten, nachdem die hierzu erforderliche Ermächtigung des Ministerrates der Europäischen Union am im Amtsblatt EU Reihe L 94/59 veröffentlicht worden ist. Einzelheiten zu der Gesetzesänderung regeln die , BStBl 2004 I S. 453 (ab : Abschn. 182a Abs. 3 ff. UStR 2005), und , BStBl 2004 I S. 1129; allgemeine Fragen zur Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG sind in Abschn. 182a Abs. 18 ff. UStR 2005 geregelt.
1. Voraussetzungen der Neuregelung
1.1 Welche Leistungen fallen unter die Neuregelung des § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG?
Betroffen sind steuerpflichtige Werklieferungen und sonstige Leistungen, die sich unmittelbar und nachhaltig auf die Substanz eines Bauwerks auswirken, d. h. durch die Leistung muss die Substanz eines Bauwerks oder Bauwerkteils erweitert, verbessert, beseitigt oder erhalten werden (sog. Bauleistung). Dies verlangt, dass im Rahmen der Leistung (substanzverändernde oder -erhaltende) Arbeiten an einem Bauwerk durchgeführt werden; diese Arbeiten muss der leistende Unternehmer nicht selbst erbringen, sondern kann sie auch an einen Subunternehmer vergeben.
Obgleich § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG nicht ausdrücklich Bezug auf den Bauleistungsbegriff des § 48 EStG nimmt, ist der Begriff der Bauleistung bei der Bauabzugsteuer und bei der Anwendung des § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 UStG weitgehend gleich auszulegen. Dementsprechend sind die in § 1 Abs. 2 und § 2 der Baubetriebe-Verordnung genannten Leistungen regelmäßig Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 UStG, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden.
Als Bauleistungen kommen nur solche Werklieferungen und sonstige Leistungen in Betracht, die gem. § 3 Abs. 7 S. 1 bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c UStG am betroffenen Grundstück ausgeführt werden. Bei der (Werk-)Lieferung von Maschinen, Betriebsvorrichtungen, Einrichtungsgegenständen. Bauteilen u. ä. liegt deshalb eine Bauleistung nur vor, wenn der Lieferer auch den Einbau und die Montage vor Ort übernommenen hat und den damit verbundenen Arbeiten ein derartiges Gewicht zukommt, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Grundsätze in Abschn. 30 Abs. 4 UStR von einer unbewegten Werklieferung am Ort des Einbaus auszugehen ist.
Reine Lieferungen (z. B. von Baumaterial) und bloße Duldungsleistungen (z. B. Vermietung von Baugeräten) stellen hingegen keine Bauleistungen dar. Ausgenommen sind ferner reine Planungs- und Überwachungsleistungen, wie sie z. B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten. Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren erbracht werden (§ 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S 1 2. Halbsatz UStG). Weitere Beispiele für die Abgrenzung enthält die nachfolgende alphabetische Übersicht:
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Leistung | BMF- Schreiben vom | BMF- Schreiben vom | |||||
ja | nein | ||||||
Abbrucharbeiten an
einem Bauwerk | X | ||||||
Analyse von
Baustoffen | X | RZ 11 | |||||
Anzeigentafel
(Einbau) | X | ||||||
Arbeitnehmerüberlassung
(auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen) | X | RZ 12 | Tz. 1.2.6 | ||||
Aufzug
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Ausbauarbeiten an
einem Bauwerk | X | ||||||
Autokran | Tz. 1.2.4 | ||||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung mit Bedienungspersonal, wenn die Güter lediglich nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungshilfen am Haken befördert werden | X | |||||
Bauaustrocknung | X | ||||||
Baugeräte
einschließlich Großgeräte wie Krane oder selbstfahrende | RZ 12 | Tz. 1.2.3 | |||||
Arbeitsmaschinen | X | ||||||
• | bloße Vermietung | ||||||
• | Vermietung mit Bedienungspersonal für substanzverändernde Arbeiten | X | |||||
Bauleitung (als
selbstständige Leistung) | X | RZ 11 | |||||
Bauschuttzerkleinerung | X | ||||||
Baustellenabsicherung
(als selbstständige Leistung) | X | Tz. 1.3.6 | |||||
Baustoffe
(Lieferung) | X | ||||||
Bauteilelieferung
(z. B. Maßfenster, -türen, Betonfertigteile) | RZ 12 | ||||||
• | liefernder
Unternehmer schuldet lediglich das Bauteil | X | |||||
• | liefernder Unternehmer schuldet auch den Einbau | X | |||||
Beleuchtungen,
Lieferung und Einbau | Tz. 1.3.4 | ||||||
• | einzelner
Beleuchtungskörper | X | |||||
• | von Beleuchtungssystemen (z. B. in Kaufhäusern und Fabrikhallen) | X | |||||
Bepflanzungen
(Anlegen und Pflege) | X | RZ 12 | |||||
Beton | RZ 12 | Tz. 1.2.2 | |||||
• | bloße
Anlieferung (einschließlich direktes Verfüllen) | X | |||||
• | Anlieferung und fachgerechtes Verarbeiten durch Anlieferer | X | |||||
Betonpumpe | RZ 12 | Tz. 1.2.1 | |||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung
mit Bedienungspersonal | ||||||
○ | Beton wird lediglich
nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungsgehilfen befördert | X | X | ||||
○ | für substanzverändernde Arbeiten | ||||||
Betriebsvorrichtungen
(Einbau) | Tz. 1.3.2
und 1.3.5 | ||||||
• | beweglich | X | |||||
• | fest mit dem Grund und Boden oder Bauwerk verbunden und die Lieferung wird gem. Abschn. 30 Abs. 4 UStR am Ort des Einbaus ausgeführt (z. B. bei großen Maschinenanlagen, die zu ihrer Funktionsfähigkeit aufgebaut werden müssen, oder bei Gegenständen, die aufwändig installiert werden) | X | |||||
Bodenbeläge
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Blitzschutzsysteme
(Errichtung) | X | ||||||
Brunnenbau | X | ||||||
Dachbegrünung | X | RZ 7.12 | |||||
Einbauküche
(Einbau mit fester Installation) | X | ||||||
Einrichtungsgegenstände,
die ohne größeren Aufwand mit dem Bauwerk verbunden oder vom Bauwerk getrennt werden können | X | Tz. 1.1 | |||||
Elektrogeräte | Tz. 1.3.4 | ||||||
• | Lieferung mit
Anschluss | X | |||||
• | Lieferung und Einbau in eine
fest installierte Einbauküche | X | |||||
Elektroinstallation | X | ||||||
Energielieferung | X | RZ 12 | |||||
Entsorgung von
Baumaterialien | X | RZ 12 | |||||
Erdarbeiten
im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks | X | RZ 7 | |||||
Erdungsanlagen
(Errichtung) | X | ||||||
Fassadenreinigung | RZ 10 | ||||||
• | mit Veränderung
(z. B. Abschliff) der Oberfläche | X | |||||
• | ohne Veränderung der Oberfläche | X | |||||
Fenster
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Fertighaus/-teile | RZ 12 | ||||||
• | bloße Lieferung | X | |||||
• | Aufbau | X | |||||
• | Lieferung und Aufbau | X | |||||
Feuerlöscher
(Einbau) | X | ||||||
Gärten
(Anlegen) | Tz. 1.2.5 | ||||||
• | Es wird ausschließlich
der Boden bearbeitet und bepflanzt (einschl. Aufschütten von Hügeln und Böschungen sowie das Ausheben von Gräben und Mulden zur Landschaftsgestaltung) | X | |||||
• | Es werden daneben auch Abmauerungen, Pergolen, Wintergärten, Gartenhäuser, Platz- und Wegebefestigungen, Folien- und Betonteiche, Schwimmbecken, Brunnen, Umzäunungen und ähnliche Bauwerke hergestellt, instandgesetzt, geändert oder be- seitigt und diese Umsätze werden als eigenständige Leistung im Rahmen eines Leistungsbündels oder im Rahmen einer einheitlichen Leistung als Hauptleistung erbracht | X | |||||
Garagentor
(Einbau) | X | ||||||
Gaststätteneinrichtung
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Gerüstbau | X | RZ 12 | |||||
Hausanschluss
durch Versorgungsunternehmen, sofern es sich um eine eigenständige Leistung handelt, unabhängig davon, ob der betreffende Hausanschluss im Eigentum des Versorgungsunternehmens verbleibt | X | RZ 7 | |||||
Heizungsanlage
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Holz- und
Bautenschutz | X | ||||||
Hubarbeitsbühne | |||||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung mit Bedienungspersonal, wenn die Bühne lediglich nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungshilfen eingesetzt wird | X | |||||
Kanalbau | X | ||||||
Kran | Tz. 1.2.4 | ||||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung mit Bedienungspersonal, wenn die Güter lediglich nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungshilfen am Haken befördert werden | X | |||||
„Kunst am
Bau” | RZ 9 | ||||||
• | Künstler schuldet
lediglich Planung und Überwachung | X | |||||
• | Künstler schuldet zusätzlich
die Ausführung des Werks | X | |||||
Ladeneinbauten
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Lichtwerbeanlage
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Lkw | |||||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung mit Fahrer, wenn der Lkw lediglich nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungshilfen eingesetzt wird | X | |||||
Lkw-Ladekran | |||||||
• | bloße
Vermietung | X | |||||
• | Vermietung mit Bedienungspersonal, wenn die Güter lediglich nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfüllungshilfen am Haken befördert werden | X | |||||
Luftdurchlässigkeitsmessungen nach § 5 EnEV und Anhang 4 hierzu | X | Tz. 1.3.7 | |||||
Materarbeiten | X | ||||||
Markise
(Einbau) | X | ||||||
Maschine
(Einbau) | Tz. 1.3.2 | ||||||
• | beweglich | X | |||||
• | fest mit dem Grund und Boden oder Bauwerk verbunden und die Lieferung wird gem. Abschn. 30 Abs. 4 UStR am Ort des Einbaus ausgeführt | X | |||||
Materialcontainer
(Aufstellen) | X | RZ 12 | |||||
Materiallieferungen
(z. B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte) | X | RZ 12 | |||||
Messestand
(Aufstellen) | X | RZ 12 | |||||
mobiles
Toilettenhaus (Aufstellen) | X | RZ 12 | |||||
Netzwerkinstallation | Tz. 1.3.3 | ||||||
• | Installation stellt
einheitliche Leistung dar (weil der Leistende z. B. das komplett installierte Computernetzwerk schuldet) und die Kabelverbindungen werden in Wand oder Boden verlegt | X | |||||
• | Installation als
Mehrzahl eigenständiger Leistungen | ||||||
○ | Verlegen der | X | |||||
Kabelverbindungen in
neue oder bestehende | X | ||||||
Kabelschächte, unter
Putz oder im Boden | X | ||||||
○ | Lieferung des Servers und
der Netzwerk-PC | ||||||
○ | Anschluss der Netzwerk-PC an den Server | ||||||
Neubau eines
Bauwerks | X | ||||||
Pflasterarbeiten | X | ||||||
Photovoltaikanlagen
(Errichtung) | X | ||||||
(selbstständige)
Planungsleistungen im Zusammenhang mit Bauleistungen | X | RZ 11 | |||||
Prüfingenieur | X | RZ 11 | |||||
Reinigung von
Räumlichkeiten oder Flächen, z. B. Fenstern | X | RZ 12 | |||||
Reparaturen
an Bauwerken oder Teilen vor Bauwerken | RZ 12 | Tz. 1.2.7 | |||||
• | Nettoentgelt für den
einzelnen Umsatz mehr als 500 EUR | X | |||||
• | Nettoentgelt für den
einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 EUR | X | |||||
Rodung und Abtransport
von Bäumen und Wurzeln ohne Zusammenhang mit der Errichtung eines Bauwerks | X | ||||||
Rohrreinigung
(ohne substanzerhaltende Arbeiten) | X | ||||||
Rolltreppe
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Sauna
(Einbau) | X | ||||||
Schaufensteranlagen
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Schuttabfuhr durch
Abfuhrunternehmer | X | RZ 12 | |||||
Spielplatzgeräte
(Einbau), wenn fest mit dem Grund und Boden verbunden, z. B. durch ein Fundament | X | ||||||
Straßen- und
Wegebau | X | ||||||
Tapezierarbeiten | X | ||||||
Teichfolie
(Einbau) | X | ||||||
Telefonanlagen | Tz. 1.3.3 | ||||||
• | Installation stellt
einheitliche Leistung dar (weil der Leistende z. B. die komplett installierte Telefonanlage schuldet) und die Kabelverbindungen werden in Wand oder Boden verlegt | X | |||||
• | Installation als
Mehrzahl eigenständiger Leistungen | ||||||
○ | Verlegen
der Kabelverbindungen in neue oder bestehende Kabelschächte, unter Putz oder im Boden | X | X | ||||
○ | Lieferung der Endgeräte | ||||||
Teppichboden
(Verlegen) | X | ||||||
Tür
(Einbau) | X | RZ 7 | |||||
Überspannungsschutzsysteme (Errichtung) | X | ||||||
Überwachungsleistungen
im Zusammenhang mit Bauleistungen | X | RZ 11 | |||||
Umbau eines
Bauwerks | X | ||||||
Verkehrssicherungsleistungen | Tz. 1.3.6 | ||||||
• | Maßnahmen zur
dauerhaften Verkehrssicherung (z. B. Anbringen von End(„Weiß-”)Markierungen und Endbeschilderung) | X | |||||
• | Maßnahmen zur
vorübergehenden Verkehrssicherung anlässlich von Straßenbau- und Baumfällarbeiten, Sonderveranstaltungen u. ä. (z. B. Anbringen sog. Gelbmarkierung, Auf- und Abbau, Vorhaltung, Wartung und Kontrolle von Verkehrseinrichtungen wie Absperrgeräte, Leiteinrichtungen, Blinklicht- und Lichtzeichenanlagen, Aufstellen von transportablen Verkehrszeichen, Einsatz von fahrbaren Absperrtafeln. Vermietung von Verkehrseinrichtungen und Bauzäunen) | X | |||||
Versorgungsleitungen
(Verlegen, Beseitigen, Substanzerhaltung) | X | Tz. 1.3.1 | |||||
Video-Überwachungsanlage
(Einbau) | X | ||||||
Wartungsarbeiten
an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken | RZ 12 | Tz. 1.2.7 | |||||
• | Nettoentgelt für den
einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 EUR | X | |||||
• | Nettoentgelt für den
einzelnen Umsatz mehr als 500 EUR und im Rahmen der Wartung werden | ||||||
○ | Teile verändert,
bearbeitet oder ausgetauscht | X | |||||
○ | keine Teile
verändert, bearbeitet oder ausgetauscht | X | |||||
(s. IV A 6
– S 7279 – 6/06 –, DStR 2006 S. 327) | |||||||
Wasserlieferung | X | RZ 12 | |||||
Zaunbau | X |
Die o. b. Bauleistungen müssen inländische Grundstücke betreffen, weil die Neuregelung nur solche Werklieferungen und sonstige Leistungen erfasst, die im Inland steuerbar und steuerpflichtig sind (vgl. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG und § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG).
Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich nur teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, ob eine der erbrachten Leistungen als Hauptleistung angesehen werden kann (vgl. dazu Abschn. 29 Abs. 3 UStR 2000). Diese Hauptleistung gibt dann der gesamten vertraglichen Beziehung das Gepräge. Handelt es sich bei der Hauptleistung um eine Bauleistung, so geht die Steuerschuldnerschaft unter den übrigen Voraussetzungen des § 13b UStG insgesamt auf den Leistungsempfänger über (vgl. RZ 13 des . Ist keine Hauptleistung feststellbar, ist der Vertrag in seine einzelnen Leistungen aufzuteilen und über die Bauleistungen und die anderen Leistungen getrennt abzurechnen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bestehen im Einzelfall
Zweifel, ob eine Bauleistung i. S. von
§ 13b Abs. 1 S. 1
Nr. 4 UStG vorliegt, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Vertragsparteien einvernehmlich von einer Leistung i. d. Sinne ausgehen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Leistungsempfänger den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr anmeldet (RZ 20 des . |
1.2 Was ist ein Bauwerk?
Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfasst sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende Anlagen, die aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellt sind (vgl. RZ 7 des , wie z. B.
Anlagen zur Ver- und Entsorgung von Grundstücken
Böschungsbefestigungen
Brücken
Brunnen
Folien- oder Betonteiche (ohne Bepflanzung)
Garagen
Gebäude
Kanäle
Maschinen und sonstige Betriebsvorrichtungen, sofern sie mit dem Grund und Boden fest verbunden sind (z. B. Windkraftanlagen, Strommasten, Klärwerksanlagen, Werbetafeln)
Platz- und Wegebefestigungen
Straßen
Tunnel
Umzäunungen
1.3 Welche Bedingungen muss der leistenden Unternehmer für die Verlagerung der Steuerschuld erfüllen?
Der leistende Unternehmer muss im Inland ansässig sein, d. h. er muss in der Bundesrepublik einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung haben (vgl. § 13b Abs. 4 UStG). Ist der leistende Unternehmer im Ausland ansässig, so tritt zwar u. U. ebenfalls eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ein. Diese ist jedoch in § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG geregelt und an wesentlich geringere Anforderungen geknüpft.
Der leistende Unternehmer darf ferner kein Kleinunternehmer sein, bei dem die Umsatzsteuer gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird (§ 13b Abs. 2 S. 4 UStG). Zur Vermeidung von Missverständnissen empfiehlt es sich, in der Rechnung auf die Kleinunternehmerschaft hinzuweisen.
1.4 Welche Bedingungen muss der Leistungsempfänger für die Verlagerung der Steuerschuld erfüllen?
Werden Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG von einem im Inland ansässigen Unternehmer im Inland erbracht, so ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er im Zeitpunkt des Leistungsbezugs Unternehmer ist und selbst Bauleistungen im o. b. Sinne erbringt (vgl. § 13b Abs. 2 S. 2 UStG). Dabei sind Gesellschaft und Gesellschafter getrennt zu sehen, weil sie umsatzsteuerlich jeweils eigenständige Rechtssubjekte darstellen. Personen- und Kapitalgesellschaften haben deshalb § 13b UStG nicht anzuwenden, wenn ein Unternehmer Bauleistungen für den privaten Bereich eines Gesellschafters erbringt.
Der Leistungsempfänger muss Bauleistungen nachhaltig erbringen oder erbracht haben (vgl. RZ 14 und 17 des . Hiervon ist auszugehen, wenn
der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10 % der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen hat. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussgrenze, bei deren Unterschreiten der Leistungsempfänger nur in den Fällen der nachfolgenden Tz. 2 als bauleistender Unternehmer anzusehen ist (vgl. Tz. 2.1.1 des . Bei der Prüfung dieser Grenze sind nicht nur die steuerbaren entgeltlichen Ausgangsumsätze des Leistungsempfängers, sondern auch seine steuerbaren unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9 UStG zu berücksichtigen;
oder
der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt. Die Verwendung der Freistellungsbescheinigung durch den Leistungsempfänger muss ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgen. Der leistende Unternehmer kann daher nicht zwingend davon ausgehen, dass sein Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt, wenn dieser ihm zu einem früheren Zeitpunkt für ertragsteuerliche Zwecke die Freistellungsbescheinigung vorgelegt hat.
Hat der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer für einen nach dem ausgeführten Umsatz eine Freistellungsbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke vorgelegt, kann der leistende Unternehmer in der Folgezeit davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt. Insoweit bedarf es keiner erneuten Vorlage der Freistellungsbescheinigung. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Freistellungsbescheinigung nicht mehr gültig ist.
Verwendet der Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung i. S. von § 48b EStG, obwohl er tatsächlich kein Bauleistender ist, so schuldet er gleichwohl die Steuer für den empfangenen Umsatz. Dies gilt dann nicht, wenn der Leistungsempfänger eine gefälschte Freistellungsbescheinigung verwendet und der leistende Unternehmer hiervon Kenntnis hatte (vgl. Tz. 2.1.2 des .
Erbringt der Leistungsempfänger als Unternehmer nachhaltig Bauleistungen, so wird er Steuerschuldner für sämtliche von ihm bezogenen Bauleistungen. Dies gilt selbst dann, wenn er umsatzsteuerlich lediglich als Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG geführt wird (vgl. § 13b Abs. 5 und § 19 Abs. 1 S. 2 UStG) oder die Bauleistung für seinen nichtunternehmerischen oder einen anderen unternehmerischen Bereich bestimmt ist (§ 13b Abs. 2 UStG; s. a. RZ 15 und 18 des .
Für folgende Leistungsempfänger gelten besondere Regeln:
Erbringt bei einem Organschaftsverhältnis nur ein Teil des Organkreises (z. B. der Organträger oder eine Organgesellschaft) nachhaltig Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG, so ist der Organträger als Leistungsempfänger Steuerschuldner nur für die Bauleistungen, die dieser Teil des Organkreises bezieht (vgl. RZ 16 des . Für die an den übrigen Organkreis erbrachten Bauleistungen tritt keine Verlagerung der Steuerschuld ein. Bei der Berechnung der 10 %-Grenze sind nur die Umsätze zu berücksichtigen, die der betreffende Teil des Organkreises erbracht hat (Tz. 2.4 des .
Wohnungseigentümergemeinschaften, die Bauleistungen am gemeinschaftlichen Eigentum in Auftrag gegeben, sind insoweit nicht als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b UStG. Betreffen die Bauleistungen jedoch das Sondereigentum der Mitglieder oder das Eigentum Dritter, so kann unter den übrigen Voraussetzungen ein Anwendungsfall des § 13b UStG vorliegen (vgl. RZ 17 des sowie Tz. 2.5 des .
Erbringen Unternehmer ausschließlich Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind sie von der Steuerschuldnerschaft des § 13b Abs. 2 UStG ausgenommen (RZ 17 des . Dies gilt insbesondere für Bauträger, die ausschließlich eigene Grundstücke bebauen, um sie im bebauten Zustand zu verkaufen. Erbringt der Bauträger daneben nachhaltig Bauleistungen auf fremden Grundstücken (z. B. als General- oder Rohbauunternehmer), so hat er für sämtliche Bauleistungen, die er von anderen Unternehmern bezieht, § 13b UStG zu beachten.
Erschließungsträger, die Erschließungsanlagen auf fremdem Grund und Boden errichten und diese anschließend entgeltlich oder im Wege einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG auf die betreffende Gemeinde übertragen (vgl. dazu Tz. II.2 des , BStBl 2002 I S. 631), sind Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 S. 2 UStG für sämtliche empfangenen Bauleistungen, wenn die steuerbaren Umsätze aus der Übertragung von Erschließungsanlagen (sowie ggf. aus weiteren Bauleistungen) im vorangegangenen Kj. mehr als 10 % des steuerbaren Gesamtumsatzes betragen haben. Dasselbe gilt, wenn der Erschließungsträger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt.
Erbringen juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Gebietskörperschaften) im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art nachhaltig Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG, so ist die juristische Person des öffentlichen Rechts als Leistungsempfänger Steuerschuldner nur für die Bauleistungen, die dieser Betrieb gewerblicher Art bezieht (RZ 18 des . Für die vom hoheitlichen Bereich oder von anderen Betrieben gewerblicher Art bezogenen Bauleistungen tritt keine Verlagerung der Steuerschuld ein.
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Bestehen im Einzelfall
Zweifel, ob der Leistungsempfänger die
Voraussetzungen für die Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 S. 2 und 3 UStG erfüllt, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Vertragsparteien einvernehmlich von einem Anwendungsfall des § 13b UStG ausgehen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Leistungsempfänger den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr anmeldet (RZ 20 des . |
1.5 Sind Unternehmer, die eine nachhaltige Bautätigkeit erst vorbereiten aber noch nicht ausüben, bereits als Leistungsempfänger Steuerschuldner?
Der Leistungsempfänger wird in diesen Fällen erst ab dem Zeitpunkt Steuerschuldner, in dem er seine erste nachhaltige Bauleistung ausführt (RZ 14 letzter Satz des . Bauleistungen, die bis zu diesem Zeitpunkt an den Unternehmer ausgeführt werden, sind (noch) vom leistenden Unternehmer zu versteuern. Dies gilt auch in Neugründungsfällen.
Bauarbeitsgemeinschaften sind dagegen als Leistungsempfänger stets Steuerschuldner. Dies gilt bereits für den Zeitraum, in dem sie noch keinen Umsatz erbracht haben, und auch für die Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG, die sie entgeltlich von ihren Gesellschaftern beziehen (vgl. Tz. 2.3 des .
1.6 Unter welchen Voraussetzungen können die beteiligten Vertragspartner in Zweifelsfällen Vertrauensschutz erlangen?
Hat ein Leistungsempfänger für einen an ihn erbrachten Umsatz § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Abs. 2 S. 2 und 3 UStG angewandt, obwohl die Voraussetzungen hierfür fraglich waren oder sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, gewährt die Finanzverwaltung unter folgenden Voraussetzungen Vertrauensschutz (vgl. RZ 20 des :
Beide Vertragspartner waren sich über die Anwendung des § 13b UStG einig. Hierfür reicht es aus, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktiziert und damit stillschweigend gebilligt haben, und
es ist keine Gefährdung des Steueraufkommens eingetreten, weil der Leistungsempfänger den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet hat.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat das Finanzamt die Steuer für die Bauleistung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gegenüber dem leistenden Unternehmer festzusetzen, wobei die Umsatzsteuer vom Rechnungsbetrag zu berechnen ist (vgl. Abschn. 182a Abs. 27 UStR 2005).
2. Fragen zur Anwendung der Neuregelung
2.1 Wo haben der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die Umsätze nach § 13b UStG in ihren Steueranmeldungen einzutragen?
Die Umsätze aus Bauleistungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, sind vom leistenden Unternehmer in Zeile 41 des Umsatzsteuer-Voranmeldungsvordrucks einzutragen. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung sind diese Umsätze in Zeile 53 der Anlage UR anzugeben.
Der Leistungsempfänger hat die Umsätze, für die er die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, in Zeile 50 des Umsatzsteuer-Voranmeldungsvordrucks bzw. in Zeile 25 der Anlage UR zur Umsatzsteuer-Jahreserklärung anzumelden. Die abzugsfähigen Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG sind in Zeile 58 der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. in Zeile 66 der Umsatzsteuer-Jahreserklärung einzutragen.
2.2 Was ist bei Anwendung der Übergangsregelung in RZ 26 des zu beachten?
Gem. § 27 Abs. 1 S. 1 UStG gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Abs. 2 S. 2 und 3 UStG für sämtliche Bauleistungen, die nach dem Inkrafttreten dieser Regelung am ausgeführt werden. Zur Vermeidung etwaiger Anlaufschwierigkeiten für die betroffenen Unternehmer beanstandet es die Finanzverwaltung im Rahmen der o. a. Übergangsregelung nicht, wenn Bauleistungen, die bis zum ausgeführt wurden, noch vom leistenden Unternehmer versteuert werden. Voraussetzung hierfür ist:
Zwischen den Vertragspartnern besteht Einvernehmen, dass die Bauleistung vom leistenden Unternehmer versteuert werden soll. Für das Einvernehmen reicht es aus, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen (vgl. Tz. 5 des .
Es tritt keine Gefährdung des Steueraufkommens ein, weil der leistende Unternehmer den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr anmeldet.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat das Finanzamt die Steuer für die Bauleistung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gegenüber dem Leistungsempfänger festzusetzen. In der Person des leistenden Unternehmers entsteht eine weitere Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG, wenn über die Bauleistung eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener USt erteilt wurde. Diese Steuerschuld entfällt erst, wenn der fehlerhafte Steuerausweis beseitigt ist (§ 14c Abs. 1 S. 2 i. V. mit § 17 Abs. 1 S. 3 UStG).
2.3 Welche Angaben muss die Rechnung des leistenden Unternehmers enthalten? Führen fehlende oder fehlerhafte Rechnungen zum Verlust des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger? Wie ist bei fehlender Rechnung die Umsatzsteuer zu berechnen?
Führt der Unternehmer Umsätze i. S. des § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 UStG die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in der die Steuer nicht ausgewiesen ist, also nur der Nettobetrag abgerechnet wird (§ 14a Abs. 5 UStG). Im Übrigen muss die Rechnung alle Pflichtangaben des § 14 Abs. 4 UStG – ohne Steuerausweis – enthalten. In der Rechnung ist ferner auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen (z. B.: „Auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG wird hingewiesen. Der Steuersatz beträgt 19 %.”) Für den Fall, dass in der Rechnung dieser Hinweis fehlt, wird der Leistungsempfänger von der Steuerschuldnerschaft nicht entbunden. Im Fall des gesonderten Steuerausweises durch den leistenden Unternehmer wird die Steuer von diesem nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet, ohne dass dem Leistungsempfänger ein Vorsteuerabzug aus der Rechnung zusteht. Bemessungsgrundlage für die vom Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer ist in diesen Fällen der Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer (Abschn. 182a Abs. 27 UStR 2005). Ein Beispiel für eine ordnungsgemäße Rechnung findet sich am Ende dieser Übersicht.
Der Leistungsempfänger kann die von ihm nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldete Steuer als Vorsteuer abziehen, wenn er die Bauleistung für sein Unternehmen bezieht und zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG). Den Vorsteuerabzug kann er in der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Umsatzsteuer-Jahreserklärung geltend machen, in der er den Umsatz versteuert hat (Abschn. 182a Abs. 35 UStR 2005). Das Recht zum Vorsteuerabzug besteht unabhängig von einer Rechnung; fehlende oder fehlerhafte Rechnungen führen deshalb nicht zum Verlust des Vorsteuerabzugs (Tz. 4.1 des .
Liegt dem Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Erklärung für das Kalenderjahr, in der er die Steuer für die empfangene Bauleistung anzumelden ist, keine Rechnung vor, muss er die Bemessungsgrundlage ggf. schätzen. Die von ihm angemeldete Steuer kann er im selben Besteuerungszeitraum unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen (Tz. 4.2 des .
2.4 Wie sind Abschlagszahlungen zu behandeln, die zwar vor dem Inkrafttreten der Neuregelung geleistet wurden, die betreffende Bauleistung aber erst nach dem erbracht wird? Wie müssen in diesen Fällen die Endrechnungen gestaltet werden?
Gesetzliche Regelung:
Wurde das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und die Bauleistung erst nach dem ausgeführt, so ist der Leistungsempfänger gem. § 27 Abs. 1 S. 2 UStG für diesen Umsatz insgesamt Steuerschuldner. Dies gilt selbst dann, wenn die vor dem geleisteten (Abschlags-)Zahlungen beim leistenden Unternehmer bereits der Mindest-Ist-Besteuerung des § 13b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG unterlegen haben. In diesen Fällen hat der leistende Unternehmer die Besteuerung der von ihm vereinnahmten Abschläge zu berichtigen. Die Berichtigung ist dabei gem. § 27 Abs. 1 S. 3 UStG im Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung vorzunehmen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der leistende Unternehmer den fehlerhaften Steuerausweis in seiner (Abschlags-)Rechnung beseitigt hat. Ansonsten entsteht mit Leistungsausführung eine zusätzliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG, die erst mit der Berichtigung der (Abschlags-)Rechnung entfällt. In seiner Endrechnung darf der leistende Unternehmer keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 5 UStG); die gezahlten Abschlagszahlungen sind nur dann mit ihrem Brutto (einschließlich Umsatzsteuer) anzurechnen, wenn die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Schlussrechnung nicht an den Leistungsempfänger zurückerstattet wurde (Tz. 3.1 des . In der Rechnung ist ferner auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen.
Der Leistungsempfänger hat die Umsatzsteuer für die vor dem geleisteten Entgeltzahlungen für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung anzumelden (§ 27 Abs. 1 S. 3 UStG), während für spätere Anzahlungen und den Schlussrechnungsbetrag die Entstehungsregeln des § 13b Abs. 1 S. 1 UStG gelten. Soweit der Leistungsempfänger aus den Abschlagszahlungen den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 UStG vorgenommen hat, ist dieser für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem der leistenden Unternehmer seine fehlerhafte (Abschlags-)Rechnung berichtigt, spätestens jedoch für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung.
Vereinfachungsregelung lt. RZ 22 des :
Nach der vorbezeichneten Vereinfachungsregelung beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn es für die vor dem vom Leistungsempfänger gezahlten Entgelte oder Teilentgelte bei der Mindest-Ist-Besteuerung durch den leistenden Unternehmer verbleibt und beim Leistungsempfänger nur das um diese Teilentgelte verminderte Entgelt der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG unterliegt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der leistende Unternehmer die Mindest-Ist-Besteuerung durchgeführt und den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert, d. h. in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet hat. In diesem Fall bleibt auch der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers aus der Abschlagsrechnung des Leistenden bestehen. Es bestehen keine Bedenken, wenn in der Endrechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird und auch die vor dem vereinnahmten Anzahlungen nur mit Ihrem Nettobetrag abgesetzt werden. Ein Beispiel für eine ordnungsgemäße Endrechnung findet sich am Ende dieser Übersicht.
Gem. RZ 27 des können die Vertragspartner die vorstehende Vereinfachungsregelung unter den genannten Voraussetzungen einvernehmlich auch über den hinaus auf die bis zum vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte anwenden.
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ABC Fliesen
GmbH | ||
Musterstraße 123 12345 Musterstadt | ||
USt-IdNr. DE
123456789 | ||
Firma Mustermann Bauunternehmung KG Musterweg 321 | ||
12345 Musterstadt | ||
Rechnung
Nr. MM 001/07 | ||
Bauvorhaben: Lagerhalle Kaiserstraße,
Spedition Möller | ||
Nach Abschluss des oben
genannten Bauvorhabens berechnen wir
für unsere | ||
Fliesenarbeiten im
Monat Juli 2007 lt. Angebot vom
Nr. MM 001/06: | ||
Festpreis | 28.000,00 EUR | |
Umsatzsteuer | 0,00 EUR | |
Rechnungsbetrag | 28.000,00 EUR | |
Gemäß
§ 13b Umsatzsteuergesetz sind Sie Schuldner
der Umsatzsteuer mit einem Steuersatz von 19 %! | ||
Vielen Dank für Ihren Auftrag. |
Übergangsregelung für Bauleistungen nach dem mit Abschlagszahlungen vor dem
(RZ 22 des , BStBl 2004 I S. 453)
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Bauleistung | 250.000 EUR |
./. erhaltene
Abschläge [1] | – 200.000 EUR |
= Rechnungsbetrag | 50.000 EUR |
Die Umsatzsteuer für den Rechnungsbetrag schuldet der Auftraggeber nach § 13b UStG.
Der Steuersatz beträgt 16 %
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Rechn.
Nr. | gezahlt | MWSt-Satz | Netto | MWSt | Betrag | |||||||
203–115 | 1. Abschlag | 16 % | 100.000 | 16.000 | 116.000 | |||||||
204–042 | 2. Abschlag | 0 % | 100.000 | 0 | 100.000 | |||||||
200.000 | 16.000 | 216.000 |
Oberfinanzdirektion
Hannover v. - S
7279 - 4 - StO 183
Fundstelle(n):
HAAAC-60569